IEA NT 922/4
Das Night Tronic 922/4 wird wie sein Vorgänger NT 921, den es ablöst u. a. von Frankonia vertrieben. Der Objektivdurchmesser des 230 x 73 x 86 mm großen und 1100 g schweren Gerätes beträgt 65 mm, der Vergrößerungsfaktor 4- fach. Das Design orientiert sich eher an funktionellen als ästhetischen Gesichtspunkten. Das Gerät wird in einer Tragetasche ausgeliefert; darin finden sich neben dem 922/4 samt Butler-Creek Objektivschutzkappe eine in Folie einlaminierte, einseitige Beschreibung bzw. Bedienungsanleitung sowie ein sog. Fotoadapter, der die Koppelung an eine Kamera ermöglicht. So wird aus dem Nachtsichtgerät eine Art „Nachtsicht-Teleobjektiv".
Die Tragetasche bietet aufgrund der fehlenden Polsterung nur wenig Schutz vor Stößen oder anderen mechanischen Einwirkungen, und die Klettverschlussverriegelung des Doppelreißverschlusses ist nach jagdlichen Maßstäben (zu) laut – die Anschaffung einer gepolsterten, leisen Kameratasche (Fotofachhandel) und eines Umhängeriemen bzw. einer Handschlaufe (Bandschlaufe samt Klemmschließen etc. aus dem Baumarkt) ist dem frischgebackenen Besitzer anzuraten; zumindest aber eine nachträgliche Auspolsterung der Tasche mit Noppenschaumstoff o. ä..
Wie beim Zeiss dient eine AA-Batterie als Energiequelle, die ohne Nutzung des eingebauten IR Strahlers für rund ca. 40 Betriebsstunden reicht. Der eingebaute Spannungsregler erlaubt auch die Verwendung von 3 V Lithium-Batterien, für die aber eine andere Batteriefachabdeckung aufzusetzen ist.
Bei der eingebauten Bildverstärkerröhre handelt es sich um eine Röhre des Typs XX1441AH des europäischen Herstellers Photonis, in der IEA-Terminologie eine 2. Gen S CG A Röhre. Die Bezeichnung ist erklärungsbedürftig - Gen. 2 S Commercial Grade „A" ist kein technischer Begriff.
Nach Herstellerauskunft produziert Photonis in erster Linie 2. Gen Röhren für die militärische Spezifikation XR 5.
Röhren, die diese Anforderungen nicht erfüllen, werden nicht entsorgt, sondern je nach Eigenschaften hinsichtlich Kathodenempfindlichkeit, Auflösung, Signal-/Rauschverhältnis etc. in niedrigere Kategorien einsortiert und vertrieben. Der Typ XX1441AH ist eine solche Kategorie – je nach Eigenschaften wird bei hier auch noch einmal zwischen A und B unterschieden, also selektier t. Ähnlich den Röhren der sog. Supergen™ (diese tragen aber die Bezeichnung XX1665) weisen auch die XX14441 AH Multialkali-Fotokathoden auf.
Solchen „Ausschuss" aus Militärproduktion bezeichnet man oft als „Commercial Grade". Commercial Grade Röhren gegenüber den „Full Spec" Röhren, die alle Spezifikationen erfüllen, als 2. Wahl darstellen, wird diesen Geräten nicht gerecht, weil die Abweichungen oftmals auch nur kosmetischer Natur sind wie etwa ein paar schwarze Punkte im Sehfeld o. ä. Der Röhrenhersteller gibt für diese Röhren eine Mindestlaufzeit von 2000 h an.
Über eventuelle Schwächen hinsichtlich Signal-/Rauschverhältnis, Auflösung etc. gibt das beiliegende Datenblatt Auskunft. Gemäß diesem handelt es sich bei der hier eingebauten Röhre um ein - leistungsmäßig – recht gutes Exemplar mit einer hohen Restlicht-Empfindlichkeit und der guten Auflösung von 72 lp/mm. Beim Blick durch das eingeschaltete Gerät erkannte man einige dunkle Punkte, sog. Spots in Röhre – ein vorab besprochener eher kosmetischer Mangel; bei einem Auto nur ein paar Kratzer im Lack
Der Schalter muss zum Einschalten eingedrückt werden, bevor man ihn schwenken kann, dies schützt vor einer versehentlichen Betätigung. Bei vorsichtiger Bedienung verläuft der Einschaltvorgang praktisch lautlos. Beim Weiterschalten auf die zweite Stufe wird der IR-Strahler zugeschaltet. Dieser Strahler ist allerdings nicht nur aufgrund seiner niedrigen Leistung vergleichsweise wirkungsarm, als vielmehr auch weil sich das Objektiv im Strahlengang befindet und so einen Teil des Lichtkegels abschattet. Eine Leuchtanzeige im Okular weist auf die eingeschalteten Strahler hin.
Zwei Adapterschienen auf dem Gehäuse können Zubehör wie leistungsfähige Anbaustrahler etc. aufnehmen oder erlauben die Montage eines Stativanschlusses o. ä..
Brillenträger können die okularseitige Seitenlichtblende umstülpen. Diese Blende lässt sich auf dem Okular verdrehen. Die Einstellung der individuellen Sehschärfe am Okularverstellring gerät aufgrund des großen Verstellumfanges mitunter etwas fummelig, hier spielt auch die sich mit verdrehende Seitenlichtblende mit hinein. Die Einstellung der entfernungsbedingten Schärfe geschieht durch Drehen des Objektivs; ab ca. 6m Objektdistanz lässt sich das Bild scharf stellen. Wie beim Okular sind die Verstellwege recht weit. Die Verstellung ist leichtgängig, eine Verstellung „von selbst" durch Anstreifen an Kleidung o. ä. kam nicht vor.
Hinsichtlich der Beobachtungsleistung lieferte das 922/4 absolut überzeugende Leistungen. Nach kurzer Beobachtungszeit nahm kein Testseher die anfangs etwas störenden Spots mehr wahr. Die Röhre liefert ein ruhiges, rauscharmes Bild, das auch nach längerem Beobachten das Auge kaum ermüdet. Bei halbem Mond und bedecktem Himmel waren etwa die 400 m entfernten Tiere eines Damhirschrudels einwandfrei zu erkennen, auch hinsichtlich der Körperhaltung (äsend oder mit erhobenem Haupt). Die jüngeren Testseher beurteilten die Leistung des 922/4 etwas besser als das Zeiss-Gerät, insbesondere hinsichtlich des ruhigen Bildes und der möglichen Detailerkennung trotz niedrigerer Vergrößerung. Im direkten Vergleich zeigte sich der deutliche Unterschied beim Ansprechen der jeweiligen Bildverstärkerröhren auf zusätzliche IR-Lichtquellen. Im Lichtkegel eines IR-Lasers erkannte man mit dem 922/4 auch noch Details im Umfeld der 1100 m entfernten Biogasanlage – mit dem Zeiss sah man hier nur einen hellen, auf die Anlage projizierten Fleck.
Fazit: Das 922/4 überzeugt weniger durch Design oder vollständige Ausstattung, als vielmehr durch einen etwas militärisch-ruppigen Charme und eine sehr gute Leistung. Mit knapp 4000 € wendet sich IEA mit dem 922/4 an anspruchsvolle Puristen, für die Leistung an erster Stelle steht.