Lennartz / Eickhorn „Hunter“ – ein Wolf im Jagdhundpelz



  • Noch in der Entwurfsphase hat Tony Lennartz mir freundlicherweise Zeichnungen des „Hunter“ gezeigt und mir einzelne Erwägungen erläutert, die in die Detailgestaltung dieses Messers eingeflossen sind. Aus zwei Gründen hat mich die Sache sofort interessiert:


    Erstens habe ich Tonys Akribie in der Detailgestaltung und das beispielhafte Einfließen seiner jahrzehntelangen Anwendererfahrungen in seine Entwürfe ja schon bei der Unterstützung für ihn im GTK-Projekt kennenlernen dürfen. Und meine „Ansprüche“ sind da keineswegs niedrig, da ich mir selbst ja bei der Teilnahme an solchen Projekten (z.B. den Raptoren, der OR-Serie und dem Tiger von Martin von BS) auch schon Mühe gebe, jedes Gestaltungsdetail möglichst funktional zu optimieren.


    Zweitens: Der Entwurf selbst, das schlanke handliche Messer, „hatte einfach was“….
    Ein Full-Tang-Messer mit 5 mm Klingenstärke und halbhohem Flachschliff ließ ausreichende Robustheit auch für meinen Geschmack erhoffen – dabei wirkte das Messer aber selbst auf den Abbildungen dank seiner schlanken Maße und seiner kompakten Größe sehr führig und „schnell“.


    Interessanterweise ähnelt es in seinen Abmessungen und dem „Grundtyp“ der schlanken Form mit kleinem Parierelement (PE) bei stabiler Gestaltung erstaunlich dem „Yoroi Doshi“, das Martin von Blade Systems vor etwa anderthalb Jahren für mich als Stiefelmesser gebaut hat.



    (...hier mit BS "Yoroi Doshi")


    Außerdem bin ich in der Zeit des „Erstkontakts“ mit dem „Hunter“ auch gerade mit dem Smersh 3 des russischen Herstellers NOKS probeweise umgegangen, einem modernen Einsatzmesser, das jedoch in der Form traditioneller nordischer/skandinavischer Messer gestaltet ist und das mich bei der Erprobung (und übrigens auch im weiteren Gebrauch) sehr befriedigt hat.



    (...hier mit NOKS "Smersh 3")



    Daher verwundert es sicher nicht, daß das „Hunter“ für mich sofort Assoziationen zu nordischen / russischen Messern erzeugte



    (von oben: Peltonen Sissipuukko M 95, "Hunter", NOKS "Smersh 3", Fällkniven F1, Lindblom 5000)

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  • Der erste direkte Kontakt mit dem Messer – bei einer Besprechung bei den „Eickhörnern“ – bestätigte und verstärkte sofort diesen Eindruck, ergänzte ihn aber um einen Aspekt, der sowohl unter dem Gesichtspunkt der Sozialakzeptanz als auch dem der leidigen rechtlichen Bewertung von Messern äußerst positiv zu wirken versprach:


    Während das tigergestreifte „Yoroi Doshi“ bei gleicher Klingenlänge aufgrund seiner rückenscharfen Spitze erstens eine Hieb- und Stoßwaffe ist und zweitens bei der Benutzung im Biergarten auch schon mal nervöse Nachbarsblicke auslösen kann, ist das „Hunter“ sowohl nach seiner technischen Gestaltung (mit der jagdlich begründeten Kehlung z.B.) als auch insbesondere nach der rechtlich besonders relevanten Hersteller-Zweckbestimmung als Gebrauchsgegenstand (Jagdmesser) eine „Nicht-Waffe“ mit Ausrufezeichen.


    So wird es auch beworben, das IST schließlich auch der Zweck des Entwurfs – und wird durch augenfällige Details wie das erhabene Eichenlaub auf der äußeren Griffschale auch dem unkundigsten oder eifrigsten Zeitgenossen mit und ohne „Ermittlungspersonenstatus“ so deutlich wie möglich präsentiert. Dabei bleibt die Klingenlänge praktischerweise (knapp) unter den berüchtigten „12 cm“ (im Unterschied leider zum Smersh 3…), so daß das „Hunter“ weder als Hieb- und Stoßwaffe noch aufgrund „zu großer“ Klingenlänge den Tragebeschränkungen des 42 a unterfällt (…meine Meinung dazu setze ich als bekannt voraus…).




    (...hier noch einmal mit "Yoroi Doshi" und "Smersh 3", siehe auch Post 1)



    Andererseits legen die obigen Vergleichsbilder die Einschätzung nahe, daß es kaum etwas an Anwendungen gibt, die das „Hunter“ im Gegensatz zu den beiden „Vergleichsmodellen“ nicht leisten könnte.


    Der Riesenunterschied ist, wie gesagt, neben der rechtlichen Einstufung nicht die Funktionalität, sondern die Optik: Mit seiner auf Anhieb erkennbaren jagdlichen Ausrichtung, dem edlen Erscheinungsbild, einer Gestaltung in einer gelungenen Synthese zwischen traditionellen Gestaltungselementen und moderner Ausführung, mit optisch wie funktional einfach hochwertig und interessant wirkenden Details wie dem dreidimensional gefrästen Griff und insbesondere der ausgeprägten Kehlung sieht das Messer in seiner „untaktischen“ Lederscheide sehr gut und attraktiv aus. Es wirkt dabei offenbar auch auf „messerunkundige Dritte“ viel unbedrohlicher als meine normale „Hardware“. Das hat sich später übrigens auch so vollauf bestätigt, wie die anderen obigen Überlegungen auch…




    (Brotzeit auf den Rabenklippen, Harz - absolut "biergartentauglich" erregt das "Hunter" zwar Neugier, aber kein Mißtrauen...)


    Keine Sorge, ich habe durchaus nicht meinen Leidenschaften abgeschworen – finde es aber durchaus praktisch, für Gelegenheiten wie das offene Tragen bei einer Wanderung mit anschließendem Biergartenbesuch oder für andere private Verwendungen in einer „empfindlicheren“ sozialen Umgebung AUCH ein leistungsfähiges Fixed zur Verfügung zu haben, das weder Zucken noch Fragen auslöst, außer vielleicht der Frage, ob man sich dieses schöne Messer vielleicht einmal anschauen dürfe. Aus ähnlichen Gründen habe ich ja auch Folder wie das große Fox Forest 577 in meinen Bestand aufgenommen. Nach meiner Einschätzung wird es viele zivile Anwender geben, die diese Kombination aus Leistungsfähigkeit und Sozialakzeptanz ebenfalls zu schätzen wissen werden.




    ("Hunter" mit Fox Forest 577, einem großen nostalgischen Folder mit Bowie-Klinge)


    So also kam es, daß ich mich – obschon selbst kein Jäger – in ein erklärtes Jagdmesser „verguckt“ und mich gefragt habe, wie es sich denn – abseits der „Primäranwendung“ im jagdlichen Bereich als EDC machen würde. Darüber hinaus würde sich eine Eignung für MEINEN primären Interessenbereich dann auch schnell durch einen Direktvergleich mit Messern wie den obigen ergeben, und natürlich aus der Führigkeit und Stabilität des „Hunter“…

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  • Als dann endlich die ersten „Hunter“ lieferbar waren, war Tony so großherzig, mir eines der ersten Exemplare zu schenken, was aber hier sicher nicht als „Prämie“ für ein Review mißverstanden wird. Es folgten zwei Monate der Erprobung, das Review hätte ich Euch gern schon früher zur Verfügung gestellt, wurde aber leider gesundheitlich ein wenig ausgebremst.
    So freue ich mich, Euch das Messer zumindest jetzt endlich auch aus meinem Betrachtungswinkel präsentieren zu können.





    Also zunächst zur Vorstellung in Maßen und Daten:


    Gesamtlänge mm: 230
    Klingenlänge (bis Vorderkante Griffschalen) mm: 118
    Schneidenlänge (linear) mm: 110
    Klingenhöhe (an der Schneide) mm: 24
    Klingenstärke mm: 5
    Größte Höhe (am PE) mm: 33
    Klingenmaterial: Böhler N 695 (entspricht 440 C)
    Härte: mutmaßlich 58-59 HRC (keine Herstellerangabe)
    Grifflänge (bis Schalen-Vorderkante) mm: 112
    Griffhöhe (min/max) mm: 18/27
    Griffstärke (min/max) mm: 14/20
    Griffmaterial: Micarta, gemasert, grün oder schwarz, einseitig mit erhabenem Eichenlaub
    Balancepunkt ab PE mm: -22 (in der Zeigefingermulde)
    Gewicht netto / brutto g: 200/280
    Finish: matt gestrahlt
    Scheide: Leder-Köcherscheide mit Druckknopf um PE, Lasche für Cross-Trageweise, eingearbeiteter „Haken“ für Trageweise im Innenbund / hinter dem Gürtel
    Laschenweite (diagonal/gerade) mm: 70/90
    Preis €: 168 / 185 (Tony Lennartz / Eickhorn)



    Leider sind im Netz bislang nur wenige – und dann noch widersprüchliche – Daten vorhanden. Während die Klingenstärke auf der Herstellerseite gar nicht (??) und bei Tony Lennartz mit 5 mm angegeben wird, sind es laut der Linder – Händlerseite 4 mm. Nach eigener Messung, leider ohne Schieblehre (schon gut: Messschieber), liegt Tony erwarteterweise richtig – es scheinen mir die messertypischen „3/16“, also 4,8 mm zu sein, möglicherweise aber auch wirklich volle 5…. Insgesamt sind – zumindest derzeit – die Datenangaben auf der Herstellerseite (Eickhorn) unzureichend, nicht einmal die Rockwellhärte ist angegeben, sollte aber materialtypisch bei 58-59 HRC liegen. Gerade bei einem Jagdmesser, dessen Anwender erfahrungsgemäß Schnitthaltigkeit besonders wichtig finden, ist das eine unverzichtbare Information. Wenn man allerdings bedenkt, daß der derzeitige Vertriebsleiter im Herbst 2010 eine völlig unbearbeitete 2009er Website „geerbt“ hat und was er mittlerweile daraus gemacht hat (…und der Forenpräsenz…und neuen Modellen….und, und…), sehe ich den deutlichen Nachholbedarf eindeutig als „Altlast“.

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  • „Out of the Box“ – der Ersteindruck


    Vor dem „Auspacken“ schon mal eine Kritik – nämlich die am Namen des Messers: Tony hat das Projekt „Jagdmeister“ genannt, ein Name, der einen erheblichen Alleinstellungswert hat und an die traditionellen Wurzeln des Messers angenehm erinnert. Was den Hersteller bewogen haben mag, diesen prägnanten und individualisierenden Namen gegen die Allerweltsbezeichnung „Hunter“ auszutauschen (172 Suchtreffer z.B. bei knifetom.net….), mag er allein wissen. Wenn man nun also auch leider ein „Hunter“ bestellen muß (eins aus dem Heer der ölfunddrölfzigtausend anderen Produkte mit diesem Namen…) – bekommen hab ich MEIN „Jagdmeister“, und so wird er denn auch ab jetzt und auch hier heißen….




    (Clevere Daumenrampe: Guter Halt beim Ziehen wie beim Drücken)



    Das auf Abbildungen eher grazil wirkende Messer legt sich beim ersten Ergreifen fast überraschend satt und vertrauenerweckend stabil in die Hand. Die Daten stehen ja eigentlich auch dafür, der Eindruck auf den Bildern trügt aber doch: Mit 200 g hat mein „Jagdmeister“ das gleiche Gewicht wie ein weit größeres GTK, oder – um mal in der gleichen Größenklasse zu bleiben – wie ein immerhin viertelzölliges Extrema Ratio Shrapnel. Mit einem Balancepunkt 22 mm hinter der Schalen-Vorderkante, noch knapp hinter dem Scheitelpunkt der Zeigefingermulde, ist das Messer dabei auf optimale Führigkeit balanciert.


    Der haptische Eindruck des Griffs ist sehr angenehm, was neben der Kontur (…für die Gestaltung von Griffkonturen hat sich Tony absolut meine Anerkennung und ein wenig natürlich auch meinen Neid verdient…) vor allem an der 3D-Gestaltung der Griffschalen mit ihrem handschmeichelnden mittleren „Bauch“ liegt.




    (Kurvig wie die Monroe - Griffgestaltung in 3D)



    Der Eindruck der Verarbeitungsqualität des Messers bezüglich Finish und Passungen ist wirklich gut, die Schalen sind aufwändig gefräst und an den Kanten gut angepaßt, Überstände des Erls sind mit dem Fingernagel so gerade eben tastbar. Das Oberflächenfinish ist sauber und gleichmäßig, die Kehlung ist absolut sauber gearbeitet, die Schneide sitzt exakt mittig.


    Leider sank die Zufriedenheit mit der Verarbeitung bei der Prüfung der Schärfe. Das ist ja kein Militärmesser, bei dem man mit den Vorteilen einer „robusten Feldmesserschärfe“ argumentieren kann, sondern ein Jagdmesser für einen möglichst wirksamen und leichten Schnitt. Kritik an der Auslieferungsschärfe von Eickhorn-Messern wurde hier schon wiederholt vorgetragen, das scheint sozusagen ein „bekanntes Problem“ zu sein – das leider bei meinem „Jagdmeister“ noch nicht gelöst war. Ohne Nachschärfen war das Messer auch für den Alltagsgebrauch kaum einsetzbar.





    Die Scheide aus stabilem schwarzen Rindleder (ca 3 mm stark) machte einen sauber verarbeiteten Eindruck, überzeugt aber in einigen Details nicht vollständig, auf die ich später noch eingehen werde. Sicher ist das Grundkonzept einer Cross-Köcherscheide beim GEK 2000 ein großer Wurf, ich glaube aber, Tony hat für das „Jagdmeister“ in seiner jedes Detail erfassenden Gestaltungsweise da eigentlich etwas anderes vorgesehen – und hoffe entweder auf eine Detailüberarbeitung der jetzigen Scheide, besser aber auf die Umsetzung eines Entwurfs von Tony. Später dazu – wie gesagt – noch mehr im Detail.

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  • Ein genauerer Blick….


    Griff:





    Der gut 11 cm lange Griff, wahlweise aus grünem oder schwarzem Micarta, bietet hinter dem kleinen PE, das aus der Klinge moderat (aber wirksam) ausgeformt ist, ab der Zeigefingermulde knappe 10 cm Auflagefläche für die Finger. Das ist nicht übermäßig viel, nach den Vergleichen bei anderen Messern mit Anwendern mit größeren Händen (aber meist schlankeren Fingern…) müßte dieser Griff aber auch diesen Anwendern gut „passen“ – mir jedenfalls paßt er ausgezeichnet.


    Durch die deutliche Zeigefingermulde gewinnt das PE eine effektive Länge von 12 mm und hindert den Zeigefinger auch bei Stichen in festes Schneidgut wirksam vor dem Abrutschen auf die Klinge, ist aber gleichzeitig so moderat geformt und vor allem auch gerundet, daß ein Verhaken an Kleidung ausgeschlossen werden kann – zudem übersteigt das PE auch nicht die Außenkante der umgreifenden Finger und bietet so keinen zusätzlichen Ansatzpunkt für ein Verhaken.


    „Gegenüber“ liegt eine s e h r clever gestaltete Daumenrampe: Eine Riffelung, die sich auch in dicken Handschuhen gut tasten und halten läßt, ist auf einer konvexen bogenförmigen Rampe angebracht.





    So hat man sowohl bei einem ziehenden Schnitt nach Übergreifen des Scheitelpunkts der Daumenrampe an deren Vorderseite ein sehr gutes Widerlager für den Daumen – als auch auf dessen Rückseite bei Anpressen des Daumens, wenn man die Klingenspitze durch hartes Schneidgut drücken will.


    Ich habe so etwas auch schon mit einer „gegenteiligen“ Lösung umgesetzt – einer konkaven Daumenmulde, die man sozusagen andersherum ebenso in beiden Richtungen verwenden kann. Beide Lösungen sind jedenfalls einer einseitigen Rampe praktisch überlegen, Tonys Lösung macht bei DIESEM Modell aber eindeutig mehr Sinn als eine konkave Mulde.




    (Beidseitige Wirkung: Daumenrampe beim Jagdmeister, Daumenmulde beim BS "OR RB Recurve Bowie")



    Der Griff bietet auf der Unterseite hinter der Zeigefingermulde einen haptisch sehr angenehmen mittleren Bauch und muldet sich vor der kleinen unteren Nase des Knaufs dann noch einmal, jedoch nicht so ausgeprägt wie vorn. Der ebenfalls geschwungene Griffrücken ergänzt diese Gestaltung stimmig.



    Der Knauf endet abgeflacht und bietet reichlichen Ansatz für eine unterstützende Hand, falls die Spitze durch sehr hartes Schneidgut zu treiben ist.


    Schon die Kontur (…ich sprach ja schon von einem gewissen Neid…) würde eine gute Handlage ergeben, das hat Tony aber beim „Jagdmeister“ nicht gereicht:
    Die Schalen sind 3D-gefräst und wiederholen seitlich die Bogenlinien der Unterseite. Auch seitlich wird also ein mittlerer „Bauch“ ausgebildet, zudem verbreitert sich der Griff vor der Zeigefingermulde zum PE hin (und erhöht damit dessen Wirkung) und auch zum Knauf hin (dito).





    Schon vor Kenntnis von Tonys Entwurf habe ich nach meinen Erfahrungen mit ähnlich geformten Messergriffen mit einem anderen Hersteller darüber diskutiert, daß nach meinem Eindruck gerade diese Gestaltung solche Messer haptisch und ergonomisch besonders angenehm bzw. wirksam macht – eben zu echten „Handschmeichlern“.


    Beispiele waren dabei das bereits erwähnte Smersh 3 von NOKS, vor allem aber auch das haptisch wunderbare Al Mar SOF Attack und das Chris Reeve Green Beret 5.5, das dem Al Mar nicht nachsteht.



    (Handschmeichler: Al Mar SOF Attack (15cm Klinge), "Jagdmeister", Chris Reeve Green Beret 5.5)


    Ich freue mich, daß Tony dieses Gestaltungsdetail durchsetzen konnte, vor dem – aus Kostengründen – wohl erst einmal jeder Serienhersteller zurückschrecken wird, wenn es um eine Umsetzung durch 3D-Fräsen von Micarta geht und nicht um eine Großserienfertigung von Schalen in Plastikspritzguß-Formung (bei der die „dritte Dimension“ eher weniger eine Kostenrolle spielt). Bei Micarta in Kleinserie wird das vergleichsweise richtig teuer – hat sich hier aber absolut gelohnt und hebt das Messer in seiner Haptik eben in den Kreis der edlen Handschmeichler.


    Daß man dann auch gleich noch ein Eichenlaub in erhabenem Relief gefräst hat, setzt einen Akzent in Richtung jagdlicher Primärnutzung bzw. einer jagdlichen / countrystylischen Anmutung des Messers, der mir aus den eingangs angesprochenen Gründen bei diesem Modell sehr gut gefällt und gelegen kommt.




    Es läßt hoffen, wenn Hersteller dann doch manchmal erkennen, daß man zuweilen ein wenig mehr investieren muß, um einen Messerentwurf hinreichend werktreu umzusetzen und nicht durch eine z u starke Orientierung an Kostenminimierung einen großen Wurf einfach nur zur Massenware eindampft, der man jedes Alleinstellungsmerkmal nimmt. Ich halte es für einen Trugschluß, auf dem Messermarkt mit seiner internationalen Sättigung heute Kaufanreize primär über einen ein paar Euro günstigeren Preis erzielen zu wollen und dafür auf kostbare Details zu verzichten, die das Produkt aus der Masse der Mitbewerber hervorheben, die über das Net auf uns einströmen.


    Entsprechendes Lob gebührt hier Eickhorn – vermutlich aber auch Tonys Beharrlichkeit…: Beim „Jagdmeister“ mit seinem Micartagriff hat man nicht an der falschen Stelle gespart, und es hat sich wirklich gelohnt!


    An dieser Stelle vermutlich eine Überraschung für die Interessenfreunde, die meine Stil- und Farbvorlieben kennen (…“fröhliches Schwarz, lebhaftes Anthrazit“…): Nachdem ich das Messer als Proto (mit grünen Schalen) das erste Mal in der Hand hatte, habe ich mir vergleichsweise Bilder von Bark River – Jagdmessern angeschaut und kam auf Anhieb auf den Gedanken, das „Jagdmeister“ mit seiner sehr wertigen Anmutung könne sicher mit Schalen im Farbton „Antique Ivory“ (leicht gelbliches Altweiß?? …eben wie altes Elfenbein…) ebenso gut aussehen wie die entsprechenden „Barkies“. Interessanterweise war Tony auf exakt dieselbe Idee bereits gekommen und konnte nur verwandte Seelen oder Spionage vermuten. Spaß beiseite: Das Messer sieht edel aus und könnte eine Griffvariante sicher sehr gut vertragen, die an edle alte Elfenbeinschalen erinnert. Hoffen wir mal, daß sich die „Eickhörner“ überzeugen lassen, wenn sogar so ein eingefleischter Tactical-Style-Freund wie ich so etwas edel und erstrebenswert findet…..

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  • Klinge:


    Vor allem die Klinge ist es natürlich, die das Jagdmeister von seinen Mitbewerbern optisch und funktional unterscheidet, daneben aber auch dazu beiträgt, dem Messer ein sehr eigenständiges „Standing“ in der Wahrnehmung zu verschaffen.




    Sie ist sehr durchdacht nach den Bedürfnissen der vorgesehenen (jagdlichen) Primäranwendungen gestaltet, wir werden aber sehen, daß man mit dem Messer auch im nichtjagdlichen Alltag sehr viel anfangen kann.


    Das Messer ist – so viel erschließt sich auch mir als selbst nicht aktiv Jagender – nicht als jagdlicher „Spezialist“ (reiner „Saufänger“, spezielles Aufbruch- oder Abhäutemesser) gestaltet, sondern soll alle jagdlichen Anwendungen abdecken, vom Abfangen über das Aufbrechen, das Aus-der-Decke-Schlagen bis hin zum Zerlegen von Wild.


    Wie bei Tony gewohnt, wurde das in jedem Detail berücksichtigt:


    Die tiefe beidseitige Kehlung der Klinge, nach vorn oben offen auslaufend, führt beim Abfangen durch Kammerstich (Stechen in den Thoraxraum, also den die Lunge und das Herz umgebenden Brustraum des Wildes), zum Eindringen von Luft in den Stichkanal. Außen wird so eine Lunge, ob beim Reh oder beim Menschen, von Unterdruck bis zum Rippenfell umgeben, Luft soll da nur IN der Lunge sein, nicht drumherum, im sogenannten Pleuraspalt. Dringt Luft in diesen Unterdruckbereich, fällt die Lunge sozusagen zusammen, weil sie nicht mehr durch den „ansaugenden“ Unterdruck auseinandergehalten wird bzw. sich dorthin zum Atmen ausdehnen könnte– das nennt man „Pneumothorax“, bei einem Kammerstich mit einem Messer wie dem „Jagdmeister“ wird mit jedem weiteren Atemzug zusätzliche Luft von außen durch den Stichkanal eingesaugt, ein sog. „Spannungspneumothorax“. Das führt neben drastischer Reduzierung der Sauerstoffzufuhr vor allem zu einem Verzug der Hohlvene, die Blut zum Herzen zurückleitet – und damit zu rapidem Kreislaufabfall bis zum Kollaps in kürzester Zeit. Selbst wenn der Kammerstich also das Herz des Wildes nicht trifft bzw. die Aorta durchtrennt, tritt der Tod schnell und zuverlässig durch Kreislaufzusammenbruch ein (nicht durch quälend langsames Ersticken!).



    (Tiefe Kehlung: Kizlyar "Stalker 2" und "Jagdmeister")



    Übrigens gibt es auch militärische Spezialmesser, die diesen Effekt anstreben, entweder durch eine tiefe Kehlung, die man oft „Blutrinne“ nennt – oder durch eine rohrförmige Klingengestaltung bei Stoßklingen, ähnlich sozusagen einer überdimensionalen Injektionsnadel. Beim „Jagdmeister“ ist allerdings ganz klar – WOFÜR die Kehlung hier gemacht ist, in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht.


    Gilt es gerade nichts abzufangen, stellt sich natürlich die Frage, ob man dadurch mit dem Messer im Alltag weniger anfangen könnte – zwei Monate Praxisgebrauch lassen mich diese Frage verneinen:


    Stabilitätsprobleme gibt es bei der Klinge überhaupt keine, nicht bei Batoning, nicht bei anderem robusten Umgang. Das Messer sieht durch die Kehlung grazil aus, ist aber funktional stabil selbst nach meinen Vergleichen mit meinen diversen klingenstarken „Tacticals“: Es nutzt den Statikeffekt, der auch Doppel-T-Träger besonders belastbar macht, sozusagen ein Verbinden horizontal und vertikal besonders belastbarer Bereiche in einer Gesamtgestaltung. Die Techniker oder gar Statiker unter den Lesern mögen mir den vielleicht etwas unbeholfen wirkenden Erklärungsansatz verzeihen – es funktioniert aber jedenfalls besser, als ich es erklären kann…


    Andere Anwender mögen sich fragen, ob sich denn so eine tiefe Kehlung ausreichend einfach und gründlich reinigen läßt – was im jagdlichen Bereich wegen der Benetzung mit „Schweiß“, aber natürlich auch im Alltagsbereich wichtig ist. Beim Jagdmeister begünstigt die Breite der Kehle und ihre nach vorn offene Gestaltung das Reinigen: Man kann mit der Fingerkuppe (und ggf. einem Tuch oder Schwamm) „bündig“ die gesamte Wandung abwischen, nichts verfängt sich in zu scharfen oder tiefen Kanten. Auch mit meinen robusten Reinigungsmethoden (Spülschwamm und –tuch, ggf. Wurzelbürste usw.) habe ich das Messer stets wieder schnell sauber bekommen.





    Indirekt führt die Kehlung hingegen zu einer klingengeometrischen Notwendigkeit, die zumindest außerhalb des primären Anwendungsbereiches, z.B. bei der Verwendung als EDC, den Freunden von „Schneidteufeln“ weniger gefallen wird: Der Platzbedarf für die Kehle senkt die Anschliffhöhe auf die halbe Klingenhöhe, also 12 mm. Das ist nicht sehr viel Platz, um von 5 mm auf Null zu kommen – und führt zwangsläufig zu einem eher „breitschultrigen“ Anschliff – ausgeprägter als z.B. beim fast rückenhoch aus Viertelzollstärke angeschliffenen Extrema Ratio Shrapnel.



    ("Jagdmeister" mit Viertelzöllern: Extrema Ratio "Fulcrum C" links und "Shrapnel" rechts)


    Das wirkt sich, insbesondere bei härterem bzw. spröderem Schneidgut, stärker aus als beim Schneiden von Fleisch. Mich selbst stört es beim „Jagdmeister“ nicht wirklich, zumal ich ja häufig mit klingenstarken Messern – auch mit relativ niedriger Anschliffhöhe – umgehe. Da das „Jagdmeister“ im nichtjagdlichen Bereich vermutlich vor allem Anwender anziehen wird, die auch nordische Messer attraktiv finden (die sehr häufig auch mittelhoch angeschliffen sind), wird das wohl auch hier kein wirkliches Problem sein – wer allerdings ansonsten einen vielleicht auch noch hohlgeschliffenen 3 mm – Schneidteufel als EDC-Fixed führt, muß den Unterschied wahrnehmen und bedenken. Umso wichtiger wäre natürlich eine möglichst sorgfältige und gute werksmäßige Schärfung gewesen, das sollte Eickhorn berücksichtigen.


    Aufgewogen wird das zu einem Gutteil durch einen sehr gelungenen vorderen Schneidenbogen, über dessen optimalen Winkel Tony mit Sicherheit mit ähnlicher Sorgfalt nachgedacht hat wie bei seinem GEK. Zudem läßt sich durch die relativ geringe Klingenhöhe auch sehr gut mit dem Messer arbeiten – was sich im jagdlichen Bereich z.B. beim Aufbrechen von Wild sehr vorteilhaft auswirkt, funktioniert im Alltagsbereich natürlich ebenso positiv, insbesondere bei größerem Schneidgut, Richtungswechseln im Schnitt usw. So haben ja z.B. auch Ausbeinmesser nicht zufällig eine zwar stabile, aber niedrige Klinge.




    Dabei kann man durch die Kombination von sehr schneidgünstigem vorderen Schneidenbogen und relativ niedriger Klinge ergonomisch sehr günstig und präzise arbeiten, ob nun eben jagdlich z.B. beim Aufbrechen von Wild, beim „Ringen“ usw. – oder eben bei eher schwierigen, präzisen Schneidarbeiten im Allroundbereich.


    Die Spitze ist ein wenig abgesenkt, was im jagdlichen Bereich die Gefahr des Einstechens der Spitze bei Verwendung der Klinge mit nach oben gewandter Schneide erfreulich reduziert (Aufbrechen usw.). Im Alltagsbereich macht es sich ebenfalls günstig, die Spitze ein wenig in Richtung Mittelachse der Klinge zu senken: Durchsticht man widerstandsfähiges Schneidgut, wird die Gefahr des „Abkippens“ der Klinge reduziert.


    Die Klingenlänge ist dabei so bemessen, daß man das Messer erstens bis in die Spitze sehr präzise führen und zweitens ggf. den Zeigefinger schützend entlang des Klingenrückens bis unmittelbar zum Spitzenbereich anlegen kann, um z.B. beim Auftrennen der Decke ein Einschneiden ins Fleisch zu vermeiden bzw. beim Aufbrechen ein Einstechen in die darunterliegenden Organe zu vermeiden. Sowohl meine beiden jagenden Kollegen als auch der jagdlich erfahrene Interessenfreund Matthias „jackknife“ haben mir nachvollziehbar die Vorteile dieser moderaten Klingenlänge bei der „roten Arbeit“ immer wieder bestätigt.




    ("Jagdmeister" als "scharfer Finger")


    Handlich wird das natürlich entsprechend auch im Alltagsbereich – und (leider muß man das ja in Deutschland nun auch immer berücksichtigen) zusätzlich eben auch „rechtlich unbedenklich“….


    Insgesamt kann man mit der sehr stabilen Klinge also gerade etwas kompliziertere Schneidaufgaben gut erledigen, Richtungswechsel durchführen, bedarfsweise sowohl bei normaler Handhaltung kraftvoll / konventionell schneiden als auch mit dem „Jagdmeister“ arbeiten wie mit einem „scharfen Finger“.

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  • Die ganze gelungene Gestaltung wirkt vor dem Hintergrund der eingeflossenen jagdlichen Erfahrungen des Gestalters zum Teil klassisch-traditionell, die Details sind aber auf eine sehr moderne Art umgesetzt, das mattgestrahlte Finish unterstreicht diesen modern-technischen Aspekt. Das ist eine interessante Synthese, die auch dazu beiträgt, dem Messer eine edle, wertige Anmutung zu verleihen.


    Natürlich hätte man diesen Aspekt weiter durch eine entsprechende Materialwahl unterstreichen können, hier scheint sich der Hersteller aber eher für „Mainstream“ entschieden zu haben: Das Messer wird bei Eickhorn aus Böhler N 695 gefertigt, sprich: aus 440C. Das ist kein schlechtes Material, vor Jahren galt es sozusagen als optimal für Messerklingen und ist heute Standardmaterial vieler deutscher Hersteller für durchaus sehr gebrauchstüchtige Messer. Immerhin baut z.B. Böker selbst seine Jahresmesser (die teilweise auch harte Gebrauchstests mit Bravour bestehen) oder sogar Designer-Kooperationsmodelle wie den großen Kressler-Fighter aus diesem Material. Ich selbst hab seit gut 25 Jahren ein großes Outdoormesser aus 440C, das mich noch nie enttäuscht hat, gerade eben erst habe ich mir ein weiteres zugelegt. Auch bei im Gebrauchsbereich sehr angesehenen Machern wie Ray Ennis von Entrek oder Ryan Wilson von Wilson Tactical findet 440C Verwendung.


    Trotzdem ist das robuste und gut schärfbare Material, das man auf 58-59 HRC aushärten kann, zumindest kein herausragender Vertreter überdurchschnittlich schnitthaltigen Messerstahls. Gerade diese Schnitthaltigkeit spielt aber bei vielen Anwendern im primären, jagdlichen Anwendungsbereich eine besonders wichtige Rolle.



    (Einsatz-/Outdoormesser von Hill Knives aus ATS-34, sehr gute Schnitthaltigkeit)


    Materialien wie ATS-34 (wie z.B. beim Linder Super Edge) oder D2 (immerhin sogar bei Eickhorn verfügbar…) lassen sich höher aushärten und sind dann schnitthaltiger, längst haben aber auch – und zwar auch zu bezahlbaren Preisen – Materialien wie pulvermetallurgischer S60V Einzug in den Jagdmesserbereich gehalten (z.B. bei Böker), eine Preisklasse darüber, etwa um 200-250 Euro, sogar auch Materialien wie S90V (z.B. bei Müller).



    (Zwei sehr schnitthaltige Messer aus pulvermetallurgischem S30V: Chris Reeve "Green Beret 5.5" und Spartan Knives "Enyo")



    Dem „Jagdmeister“, der ja kein Brecheisen sein soll, sondern ein möglichst leistungsfähiges Jagd-Allround-Schneidgerät, hätte mindestens höher ausgehärteter D2 gut zu Gesicht gestanden, ATS-34 oder S60V natürlich erst recht. Die jetzige Lösung erbringt etwas durchaus Gebrauchstüchtiges, hat aber sozusagen Spielraum für ein qualitatives Upgrade.

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  • Scheide:




    Die schwarze Lederscheide umschließt den Griff bis knapp zur Oberkante des Eichenlaubs auf der äußeren Schale. Leider ist neben dem Griff in der Scheide die blanke Rückseite einer der Nieten zu sehen, mit der auf der Scheidenrückseite die Gürtelschlaufe angenietet ist. Das sieht nicht wirklich wertig aus und unterscheidet sich unschön von den schwarzen Abdeckungen der Nieten auf der Frontseite. Hinter dem kleinen PE des „Jagdmeister“ umschließt ein Druckknopfverschluß den Griff und sichert das Messer so gegen Herausfallen aus der Scheide, in der es aber ohnehin ausreichend definiert steckt. Um den Druckknopf zu öffnen, muß man mit dem Zeigefinger in die Köcherscheide haken und ziehen – was mit bloßen Händen kein Problem ist, in dicken Winterhandschuhen aber unnötiges Gefummel werden kann. Hier hätte man besser unterhalb des Druckknopfes das Leder in Form einer kleinen „Zunge“ noch ein wenig ausgezogen. So hätte man den Druckknopf einfach durch Zug im rechten Winkel zur Scheide selbst in Fäustlingen problemlos aufziehen können. Die vorliegende Gestaltung überzeugt nicht wirklich und jedenfalls deutlich weniger als z.B. die Rollenlösung beim Smersh oder beim finnischen Sissipuukko.




    (Funktionaler mit einer kleinen Zunge....)




    (Rollensicherungen beim NOKS und beim Peltonen Sissipuukko - sehr wirksam und angenehm in der Handhabung...)


    Auf der Rückseite findet sich die erwähnte aufgenietete Lederschlaufe, die Nieten sind diagonal angebracht, um die angedachte Cross-Trageweise des Messers zu unterstützen. Mit einer Laschenweite von 70 mm für Diagonal-Trageweise und sogar ca. 90 mm bei senkrechtem Tragen am Gürtel ist die Schlaufe für meinen Geschmack zu lang ausgefallen, die zu große Laschenweite führt zu einem erheblichen Spiel im Tragewinkel.




    Zudem fehlt leider eine Lösung, die ein Kippeln bzw. Verdrehen bei gewünschtem geraden Tragen am Gürtel verhindert: durch die oben ebenfalls diagonal angebrachten Nieten kann sich das Messer bei dieser Trageweise mit der Spitze nach vorn verschieben. Dies ließe sich durch Anbringen eines Klettpunktes oder Druckknopfes im oberen „Dreiecksbereich“ leicht abstellen: In geöffnetem Zustand könnte man diagonal tragen, in geschlossenem ergäbe sich eine gerade obere Auflagefläche für senkrechtes Tragen am Gürtel. Auch in der vorliegenden Form ist allerdings auch gerades Tragen am Gürtel möglich, jedoch eben mit der Gefahr des Abkippens des Messers.


    Vor dem PE ist die Scheide hakenförmig ausgeformt und kann daher auch ohne Verwendung der Gürtellasche z.B. in den Innenbund oder hinter einen Gürtel geschoben und mit dem „Haken“ gegen ein Durchrutschen gesichert werden. Das ist praktisch und hat sich beim GEK gut bewährt.



    (Cross-Tragen: Verdeckt nur begrenzt bequem möglich)




    (Zuviel Spiel auch bei einem breiten Gürtel)



    Man sollte die Möglichkeiten für eine „konventionelle“ seitliche Gürteltrageweise auf der Seite der Messerhand bei einer Scheide für das „Jagdmeister“ stärken. Das Messer eignet sich sehr gut als EDC und ist sehr „sheeplefreundlich“, sicher werden es viele Anwender konventionell und verdeckt tragen wollen – und nicht in einer Cross-Trageweise, die sich verdeckt nur begrenzt umsetzen läßt, wenn man das Messer nicht so weit zurückschiebt, daß ein Cross-Ziehen für Anwender mit nicht allzu langen Armen oder mit ein wenig mehr Leibesumfang recht unbequem wird.




    (Keine Sicherheit vor Abkippen bei gerader Trageweise, zu große Schlaufe)



    Es wäre begrüßenswert, eine Lederscheide wahlweise in schwarzer oder sattelbrauner Ausführung erhalten zu können – eine braune Scheide würde zur grünen oder der vorgeschlagenen Antique-Ivory-Griffvariante sehr gut passen, vor allem aber zum jagdlich üblichen braunen Lederzeug oder zu braunen Outdoor-Stiefeln und –Gürteln….


    In der jetzigen Ausführung ist die Scheide leider auch nicht seitenwahlfrei tragbar, im Gegensatz z.B. zur Lederscheide des Sissipuukko M 95 oder M 07.


    Insgesamt finde ich die Scheide „schwächer“ als das Messer und würde mir eine wie vorgeschlagen modifizierte oder besser noch eine von Tony speziell für das „Jagdmeister“ entworfene Scheide wirklich wünschen, das Messer hätte es allemal verdient.

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  • Anwendungen – Ein „Meister“ nur bei der Jagd?



    Alltagsgebrauch



    Ich habe das Messer im Erprobungszeitraum für alle anfallenden Alltags-Schneidarbeiten eingesetzt, und es hat sich gut dabei bewährt. Bei spröderem Schneidgut macht sich der relativ „breitschultrige“ Anschliff bemerkbar, das Schneidverhalten entspricht dann etwa meinen gewohnten Viertelzöllern. Vor allem aber ist das Messer sehr handlich. Der Griff drückt auch bei längerem und/oder härterem Einsatz nicht unangenehm, die Klinge läßt sich wirklich ausgezeichnet dirigieren. Mit dem vorderen Schneidenbogen lassen sich sehr feine oder schwierige Schneidarbeiten überdurchschnittlich gut erledigen.


    Das wegen seines Gewichts, der moderaten Klingenlänge und der fast hecklastigen Balance zum freihändigen Hacken weniger geeignete Messer nimmt, wenn man es mal abseits des Jagdlichen als Outdoormesser/Bushcrafter benutzt, auch den Schlagholzeinsatz nicht übel und beweist seine Stabilität.


    Die im Gebrauch verschmutzte Klinge läßt sich durch die Breite der Kehlung leicht und effektiv selbst ohne Hilfsmittel reinigen.




    Neben seiner überdurchschnittlichen Handlichkeit fällt beim „Jagdmeister“ seine besonders gute Sozialakzeptanz auf. Ich habe das Messer (das zwar mir vergleichsweise sehr kompakt erscheint, dem messerunkundigen und allenfalls „SAK-gewohnten“ Passanten aber vergleichsweise durchaus schon recht groß vorkommen kann) im Erprobungszeitraum mehrmals in Gartenwirtschaften und auch ansonsten privat in der Öffentlichkeit verwendet und auch unverdeckt getragen und sehr aufmerksam die Reaktion der Anwesenden beobachtet. Besonders im Gedächtnis geblieben ist mir der Brotzeitmessereinsatz in den feiertagsbedingt rappelvollen „Rabenklippen“ in Bad Harzburg, der keinerlei erkennbare Irritation auslöste, dafür aber ein Gespräch mit meinem Tischnachbarn im Pensionsalter, der gern das „sehr schöne Jagdmesser einmal anschauen“ und von seinem eigenen Brusletto erzählen wollte. Da ich selbst ja nicht nach „Mainstream“ ausschaue und auch mal ganz anders aussehende Messer verwende, kenne ich das auch erheblich distanzierter….


    Obwohl ich das Messer beim Wandern cross getragen habe, würde ich mir ansonsten für EDC-Anwendung aber eine Scheide wünschen, die für gerades Tragen am Gürtel besser gestaltet ist als die derzeitige.




    Das Messer selbst ist aber nach meiner Bewertung für Anwender sehr EDC-geeignet, die gern mit klingenstärkeren Messern umgehen, deren Klinge den „42a-Spielraum“ weitestgehend ausnutzt, in der Anwendung aber nicht „negativ“ wahrgenommen wird oder „Rechtfertigungsbedarf“ erzeugt.




    (Buck "Kalinga" mit modifiziertem Griff / Linder "Mark 1" / "Jagdmeister" / Fällkniven F1 "ChriBo Special")

    2 Mal editiert, zuletzt von Micha M. ()

  • Jagdlicher Gebrauch


    Da ich selbst nicht jage, beschränkt sich meine eigene Erprobung und Bewertung „ausgerechnet“ auf d i e Bereiche, die n i c h t primärer Anwendungsbereich des „Jagdmeister“ sind. Tony und ich fanden aber – wie angesprochen – eben auch, neben einer allgemeinen von mir zu leistenden systematischen Bewertung des Messers, die Frage seiner Allrounderqualitäten (er-)klärenswert. DAS war mein Part.


    Trotzdem wäre es natürlich bedauerlich, den primären Anwendungsbereich nicht über die grundsätzlichen Erläuterungen zum Sinn der Klingengestaltung hinaus auch noch durch konkrete Anwendungserfahrungen auszuleuchten.


    Ich werde das „Jagdmeister“ daher sukzessive sowohl meinen beiden jagenden Kollegen als auch Interessenfreund Matthias „jackknife“ zur Verfügung stellen und sie um einen Erfahrungsbericht bitten, den ich ergänzend dieser Bewertung beifügen werde.

    Einmal editiert, zuletzt von Micha M. ()

  • Wolf im Jagdhundpelz


    Es mag gerade die Leser, die meinen Interessenschwerpunkt kennen, gewundert haben, daß ich ein so ganz „untaktisch“ aussehendes, bürgerlich wirkendes und nach traditionellen Anforderungen des Waidwerks gestaltetes Messer so interessant finde, daß ich ihm ein ausführliches Review widme. Und so schließt sich der Kreis, und wir kommen wieder auf die Aussagen des Eröffnungsposts zurück und erinnern uns an die strukturellen und funktionalen Ähnlichkeiten des feschen Herrn „in Loden“ mit seinen Brüdern „in Feldzeug“ oder „in Nomex“….Und daran, daß die Unterschiede, die sich feststellen lassen, keine der Anwendbarkeit sind, sondern welche der optischen Anmutung und der ursprünglichen, primären, sozusagen „formalen“ Zweckbestimmung.


    Daß diese Unterschiede gleichzeitig auch zu einer völlig abweichenden „42a-Bewertung“ führen, ist so praktisch wie den „Sinn“ dieser Vorschrift entlarvend.


    So ist das „Jagdmeister“ sozusagen ein Wolf im Jagdhundpelz, der funktional mit anderen Wölfen wie dem Smersh 3 oder meinem BS-„Yoroi Doshi“ auch in anderen Anwendungen als den für ihn vorgesehenen durchaus mithalten kann….Mehr muß man dazu nicht sagen, denke ich.



    Zusammenfassende Bewertung


    Für mich ist das „Jagdmeister“ ein sehr intelligent und erfahren entworfenes schlankes und dabei stabiles Gebrauchsmesser. Es liegt mir sehr gut in der Hand, hat eine überdurchschnittlich gute „Anwendungsergonomie“ und ist dabei überaus führig und „schnell“. Aufgrund seiner edlen Anmutung, bürgerlich/jagdlichen Einordnung und interessanten Gestaltung ist es von hoher Sozialakzeptanz und eignet sich sehr gut für offenes Tragen. „Nebenbei“ sieht es einfach auch sehr gut aus…


    Als EDC finde ich es vor allem für Freunde nordisch gestalteter Messer interessant, sowie für Anwender, die ein möglichst „rechtfertigungsfreies“ Messer suchen, das trotzdem die vorliegenden Längenbeschränkungen voll „ausnutzt“.





    Die Materialwahl läßt zumindest noch Spielraum für Steigerungen, führt aber auch vorliegend zu einem in der Praxis gut brauchbaren Gebrauchsmesser – man wünscht sich trotzdem eine besonders schnitthaltige Version insbesondere für den Bereich der Primäranwendungen. Hingegen sollte m.E. auf jeden Fall die Scheide modifiziert werden, insbesondere im Hinblick auf bessere Tragemöglichkeiten im EDC-Bereich.


    Es hat sich mir der Eindruck aufgedrängt, daß die festgestellten verbesserungsfähigen bis –bedürftigen Punkte durchweg keine Frage des Entwurfs, sondern eine der Umsetzung beim Hersteller waren.


    MIR macht mein „Jagdmeister“ jedenfalls Freude und hat seinen Platz in d e m Ausrüstungssegment gefunden, aus dem ich ich Messer für private, offene Trageweise auswähle.



    Einmal editiert, zuletzt von Micha M. ()

  • Hut ab! für dein erstklassiges und ausführliches Review,Micha! :thumbup:


    Ich selber besitze das Hunter nun seit etwa zwei Wochen und habe mich eigentlich schon in Langgöns,wo Tony es mir am Treffen zeigte , sofort darin "verliebt".
    Es ist wirklich ein unglaublich stimmiges Design und liegt unverschämt gut in der hand :thumbup:


    Was ich bei meinem jedoch etwas bemängeln muss,ist die lieblose Verarbeitung der Griffschalen;sie sind unsauber gearbeitet,stellenweise nicht bündig mit der Vollangel und der Knauf ist sehr schief geworden(Schleiffehler).
    Die Klinge selber ist wiederrum sehr sauber ge-grindet und gebrauchsfertig angeschliffen gewesen(gute Gebrauchsschärfe).
    Die Steckscheide passt zu diesem Jagdmesser erstklassig - könnte mir hierzu nichts besseres vorstellen.


    Dass die Schrauben der Griffschalen etwas eingelassen sind,finde ich unlogisch - da sammelt sich Schmutz sehr schnell an(hätte Schrauben,die bündig mit der Griff-Oberfläche abschliessen bevorzugt). Daher verstehe ich auch nicht,warum das Lanyard Loch weggelassen wurde?!Dieses Loch wäre im Vergleich zu den versenkten Schrauben relativ einfach zu reinigen.


    Nichtsdestotrotz gefällt auch mir das Hunter sehr gut und ich bin gespannt,wie es sich in der Praxis machen wird.
    Leider kann ich es für seinen eigentlichen Zweck(die Jagdbeuten-Verarbeitung) nicht testen,aber es wird sich sicherlich auch so etwas aussagekräftiges hierfür finden lassen(irgendwelche Test-Ideen?)


    Gruß,Christian :) .

    Si vis pacem para bellum

  • Ein großes Dankeschön Micha für dieses wirklich sehr ausführliche, aber auch unterhaltsam formulierte Review. Das Hunter war bei mir auch auf dem Schirm, aber so einer Scheide wird es in der 12er Klasse wohl eher ein Linder Mark 1.


    Gruß,
    Carsten

    "It is useless for sheep to pass resolutions for vegetarianism, as long as the wolves remain of a different opinion." William Ralph Inge

  • Mensch Micha, Danke für das Hammerreview!


    Nun fällt mir die wahl Zwischen Diesem und dem GEK-Kurz nicht wirklich leichter.


    Was die Griffschalen in .Antique-Ivory (gerne mit Fangriemenöffnung :thumbup: ) angeht gehe ich mit Dir 100% konform.


    Findet man auch auf dem Boden leichter wieder, und das Eichenblatt ist super.........


    Klar können das unsere Scales Division machen, wie auch die Scheide unser Siegfried, aber alles pefekt von der Stange, gerne auch als special edition für extra Kohle, wär´ schon super.


    Wollen wir mal hoffen, ist ja Weihnacht

    Ich geh´nur noch chinesisch essen. Steakhouse ? neee, zu gefährlich, da hamse Messer und so......

  • Micha, das ist ein wirklich tolles Review.


    Ich habe mich ja für das Passaround angemeldet, jetzt freue ich mich noch mehr darauf.


    @ Toni: Das Jagdmeister ist dir wirklich gelungen, gratuliere!

    MfG, Joachim
    Nachrichten bitte per E-Mail.

  • Hallo Micha,


    vielen Dank für dieses äusserst informative Review. Das Messer fand ich schon auf Tonys homepage recht interessant aber Dein Review hat doch jetzt den "Haben-Wollen-Effekt" ausgelöst.


    Gruss
    Eight

    You can never have too many knives...
    ... unless you are drowning!

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