Das Scout von Jordan Knives - und Action!!!

  • Guten Abend,


    es ist jetzt Zeit, dass ich euch endlich den angekündigten Schneidtest von Rabans Scout nachreiche.


    Ich will vorab nicht viele Worte machen, nur soviel:
    ich bin begeistert! :surprise: Das Ding ist ein Traum, schnitthaltig, ergonomisch im Rahmen des Möglichen (Raban und ich haben wohl nicht die gleichen Hände) ;) und extrem widerstandsfähig.


    Doch lasst uns in medias res gehen und mich ein paar Worte zu den Tests verlieren:
    Da es sich ja leider nicht um mein Messer handelt, wollte ich natürlich keinen Missbrauch ins SPiel bringen. Ich habe daher versucht, eine kleine Liste von Aufgaben zu erarbeiten, die ein Messer dieser Größenklasse können sollte und die damit normale wären, im Alltag draußen vorkommen.


    Das bedeutet natürlich, dass es kein Zerstörungstest ist. Hier wurden keine Autotüren durchstochen oder Panzerketten weggehebelt.Vielmehr war ich darauf aus, die Schärfe des Messers bis in die Spitze zu testen und es auch im Alltag der Küche ein wenig arbeiten zu lassen.
    Schließlich fällt es manchem Messer nicht schwer, Bäume zu fällen, dafür kommen sie bei Karotten an ihre Grenzen. Aber es ist das alte Lied: nicht jede Klinge ist für jede Arbeit geeignet und die eierlegende Wollmilchsau muss erst noch gezüchtet werden.


    Wir beginnen also. Zuerst eine kleine Vorstellung des Szenarios:
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    Da es sich um ein Outdoormesser handelt, was ich schlicht und einfach an der Geometrie festmache, war die erste Aufgabe ein kurzer Anfangstest der Schärfe an Papier:
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    Die Klinge ist höllisch scharf. Bei der kurzen Klingenlänge ist man bei langen Schnitten gezwungen, in einem eher drückenden als ziehenden Schnittverfahren zu arbeiten. Dabei versagen oft und gerne Klingen, die eine grobe und dicke Schneide aufweisen. Ein Messer ist meiner Erfahrung nach entweder gut im Druckschnitt oder im Zugschnitt. Druckschnitt ist die Königsdisziplin, denn hier erkennt man eine feine, polierte Schneide, eine gute Wärmebehandlung und einen geeigneten Stahl. Wer das nachvollziehen möchte, kann ja mal mit einem 20€-Herbertz aus 420er mit derselben Klingenlänge Druckschnitttests machen...die SChnittkante am Papier beim Jordan war jedenfalls sehr gleichmäßig und glatt.
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    Was hier vor uns liegt, ist der Weihnachtsbaum von 2010. Ich hatte ja bereits vor 2 oder 3 Jahren einen kurzen Test gemacht an dem damaligen Festgewächs. Zu diesem Zeug muss man folgendes wissen: Es handelt sich um Holz, das in der Kälte lag und trotzdem noch sehr biegsam ist und voller Saft steckt. Auch wenn das Ding nadelt wie blöd, haben die Zweige noch ne Menge Elastizität in sich. Doch dazu bei den einzelnen tests noch Genaueres.
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    Dann ging es dem Baum an den Kragen. Was macht man mit so einer Messergröße? Ganz bestimmt wird man nicht anfangen, Bäume zu fällen. Ich traue das dem Ding zwar zu, allerdings ist das würde ich sagen Missbrauch mit Blick darauf, dass man einfach zu wenig Klinge hat für derart grobe Arbeiten.
    Man wird wohl am ehesten ein paar Zweige abtrennen, zum Beispiel, um sich einen Tannen- oder Fichtennadeltee zu machen. Das Messer am griff gepackt und durchgezogen - glatte Schnittkanten an den Zweigen. Dem Scout fehlt etwas Wucht, aber die Schärfe macht das wett. hier wurde nicht gehackt in dem Sinne, eher schnelle Schnitte mit leicht ziehender Komponente.
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    Da wurde auch das eine oder andere Mal einfach die Nadel gekappt, die im Weg war, anstatt sie aus dem Weg zu schieben.
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    Dann nahm ich mir einen Zweig am unteren Ende vor, der am Astansatz noch etwas mehr Widerstand entgegensetzen konnte. Wieder fehlte etwas Wucht, aber das Ding beisst richtig böse. Wie gesagt, der gegner war hartnäckig, dieses Nadelholz macht keinen Spaß zu bearbeiten in dem Zustand, auch meine Bruks Gränsfors Axt hatte gut was zu tun und konnte kaum ins Holz eindringen.
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    Beim zweiten Ast nebenan ging es weiter. Hier griff ich auf den Gummihammer zurück und verpasste dem Messer Schläge auf den Rücken, den Griff nur locker haltend um nur die Schärfe arbeiten zu lassen.
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    Ich hab mitgezählt: 5 Schläge hats gebraucht...das ist eine erstaunliche Leistung. man bedenke, die Schläge waren nicht volle Kraft vorraus, sondern eher Tatscher...
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    Am Messer nix zu sehen, absolut niente...
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    Wir kommen in den feineren Bereich. Schnitzen ist eine Maßgabe für jedes Messer dieser Klasse. Und hier zeigt sich auch nochmal sehr gut eine feine Schärfe und geschlossene Schneide. Denn um anständig zu greifen muss die Schneide sehr glatt sein und gut in die Holzstruktur eindringen.
    Man sieht den langen Schnitt, es brauchte etwas mehr Kraft in diesem Holz, aber es war eine Freude mit dem Scout. Ein Vergleich mit meinem Bravo1 zeigte, dass es dem BarkRiver vorraus war in Sachen Schärfe und hatte die bessere Klingengeometrie.
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    Es ging ans Anspitzen eines Stockes. Gleiches Holz und die Klinge war scharf genug, dass ich mit ihr ohne große Mühe nur die oberste Borkenrinde abheben konnte, man kann das am Stock an der grünen Färbung der Zwischenschicht ganz gut erkennen.
    Die Schnitte gingen mühelos, da gabs auch kein Geräusch von Metall auf Holz oder so, die Klinge schneidet nicht, sie gleitet, um Cola Zero zu zitieren: Wie es sein soll :D
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    An der Beschichtung waren leichte Abnutzungsspuren zu sehen, aber das erwies sich als Holzspuren, die abwaschbar waren. Sonst - nix.
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    beste Grüße, Alex
    Was willst Du mit dem Dolche, sprich! - Kartoffeln schälen, siehst Du's nicht?

  • ...und weiter gehts :)


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    Der Papiertest danach: Schärfeverlust: 0


    Ich wollte dem Kleinen etwas zu knacken geben: Evtl braucht man fürs Lagerfeuer oder Feuerbohren einen etwas dickeren Ast. Hier musste der obere Teil des Weihnachtsbaumes herhalten.
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    Klinge angesetzt
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    ... und drauf mit dem Gummihammer, Batoning light sozusagen. Man sieht hier den tiefen Biss, biss sich die Klinge in dem ekligen Holz nicht mehr weiterbeißen konnte. Jedes andere Messer hätte es hier deutlich schwerer gehabt.
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    Der Baum wurde rundherum bearbeitet, es hat nie mehr als zwei Schläge gebraucht, um das Messer bis zum Maximum reinzutreiben.
    Dann war er durch, Schnittkante glatt wie ein Kinderpo, der Mittelteil ist, dem Holz geschuldet, gebrochen.


    Die Klinge, kein Verzug, nix. Hätte mich ehrlich gesagt auch gewundert, denn da war nix, was auch nur den leistesten Bieger hätte verursachen können, aber man weiß ja nie, wie wir seit dem Bericht über ein bestimmtes fernöstliches Produkt wissen :rolleyes:
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    An der Schneide - nix, blitzeblank, wie poliert. Keine Dents, keine Ausbrüche, keine Kratzer...einfach geil :love:


    Letzter Test am Holze:
    Zwei Schläge für dünne Zweige, um die Hackeigenschaften auszuloten.
    Bumbum, durch, ein paar leichte Klopfer aus dem Handgelenk.
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    Mein Fazit soweit:
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    Nachdem der Weihnachtsbaum zerlegt war, ging es jetzt in die Küche und urbanen Tätigkeiten. In diesem Sinne änderte sich auch das Szenario:
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    Eine Ausgangsschärfe musste ich nicht wiederherstellen, es gab einfach nichts wiederherzustellen :thumbup:
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    Und da ich es liebe, Werkzeuge "hart" ranzunehmen, ging ich erst auf die Karotten los. Karotten sind ja eine Königsdisziplin. Man braucht eine dünne Klinge und möglich wenig Keilwirkung, sonst springt einem die Karotte wie ein verschliffener Rohdiamant.
    Hier stieß das Scout an seine Grenzen, aber das was zu erwarten. Die Klinge ist einfach zu dick und auch die Schneidfase ist einfach für gröbere Arbeiten gemacht.
    Da ändert auch die ausgezeichnete Schärfe nichts: Ab einer gewissen Eindringtiefe hat die SChneide keinen Kontakt mehr zum Schnittgut und somit auch keinen Einfluss mehr. Dann entscheidet nur noch, ob der Klingenrücken das Gemüse sprengt oder ob die KArotte vorher einfach schon durchgetrennt wird, was wiederum nur bei möglichst dünnen Karotten geht.
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    Daher auch hier die ersten Ausbrüche - allerdings an der Karotte :D
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    Obwohl die Teile richtig abgesprengt wurden vom Rübengewächs, war es dennoch möglich, die Karotte anstandslos mit dem Jordan zu schälen. Ich finde es sehr schön, wenn ein robustes Messer auch gleichzeitig für derart feine Arbeiten einsetzbar ist. Das Putzen von KArotten ist eine Freude. Im richtigen Winkel geschabt und feinste Späne lösen sich von der Rübe
    BIld siehe nächster Post


    Der Spaltungsversuch war allerdings mehr just vor Fun :D Da hats das Gerübe endgültig zerbröselt.
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    Wir kommen zu den DIckmachern, den Kohlehydraten. Und so dick die Kruste auch war und das Brot fest, so leicht ging der Schnitt, allerdings hemmte hier die Beschichtung etwas den Lauf der Klinge. Da wurde richtiggehend etwas abgeschabt vom Brotinneren.
    Bild siehe nächster Post
    Wen juckts, auf ein Brot muss ja noch die Butter. Also rein in den Batz, Schneidprobleme gabs da keine bei Zimmertemperatur, aber ich wollte vor allem wissen, ob man sich mit einem nicht ganz im untersten Preissegment angesiedelten Messer auch einfach ein Brt schmieren kann.
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    Jap, man kann. Und hier zahlt sich der schöne Bauch der Klinge aus, da gibts keine Probleme.
    Anschließend noch die Wurst zum Brot und der Rübe
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    Gar kein Thema und nicht der Rede wert.


    Mahlzeit :D
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    Mein Fazit nach dieser leider viel zu schnell vergangenen Zeit:
    Andrew Jordan baut grandiose Messer. Ich hatte die letzten Tage auch Gelegenheit zur Zwiesprache mit anderen Anhängern des Jordan-Clans und habe wieder viel Neues und Interessantes erfahren und dazugelernt.
    Durch die Schnitttests wurde mein Entschluss noch bestärkt: Die Jordan Messer sind eine tolle Mischung aus Outdoormesser und Alltagsuser. Man kann damit Bäume bearbeiten und Stullen schmieren - und alles was dazwischen ist.
    Die Schärfe und Schnitthaltigkeit ist beispielhaft, die Ergonomie super, das Gesamtpackage stimmt einfach von vorn bis hinten.
    Mir tut es richtig weh, das Messer morgen seinem rechtmäßigen Besitzer wieder zukommen zu lassen und kann nicht begreifen, wie Peter aka Defender diesen Seelenschmerz immer wieder ertragen kann :D


    Da es sich hier um ein geliehenes Messer handelt, wollte ich keine gröberen Sachen machen mit dem Gerät, aber ich bin zu 120% davon überzeugt, dass es damit keine Probleme hat. Das sieht man ja auch an diversen Autotüren. ;)


    ich möchte an dieser Stelle Raban nochmal herzlichst für sein in Kauf genommenes Seelemartyrium danken, das er sicher durchlitten hat. Es fiel ihm nicht leicht, sich davon zu trennen auch nur für ein paar Tage und ich kann ihn gut verstehen.


    Umso mehr hoffe ich, dass ihn meine kleinen Beigaben und DAnkeschöns umso mehr dieses Entgegenkommen vergelten mögen.


    Ich danke auch allen, die sich in meinem anderen Thread zu Wort gemeldet haben und die das hier verfolgen.


    Zuguterletzt hoffe ich, dass AJ sich bald bei mir zurückmeldet wegen meines OPOs :D :love:


    In diesem Sinne hoffe ich in ein paar Monaten ein Review über ein OPO schreiben zu können :)


    Auf bald,


    beste Grüße, Alex

    beste Grüße, Alex
    Was willst Du mit dem Dolche, sprich! - Kartoffeln schälen, siehst Du's nicht?

    Einmal editiert, zuletzt von Desert Storm ()

  • Moin Alex.


    Na,
    die ein paar Tage Abwesenheit vom Scout würde ich nicht unbedingt als Seelemartyrium für mich bezeichnen... :rolleyes:


    Oder doch? :D :D



    Ich kann nur das wiederholen, was ich schon bei Deinen ersten Eindrücken geschrieben habe:


    Freue mich, das ich ein wenig zu Deiner Entscheidungsfindung beigetragen habe. :thumbup:



    Danke für Deine Ausführungen und Bilder.


    :thumbup:

    Einmal editiert, zuletzt von raban ()

  • mal ein Messertest aus dem wahren Leben......


    Ich kann Deinen Test somit nur bestätigen und bin froh das Du nicht auch Autotüren oder Geldschränke damit aufbrechen wolltest.
    Diese Test´s sind von jedem von uns so weit weit weg......


    Ich trage täglich ein AJ, egal ob Scout oder Scorpion und bin noch nie entäuscht worden.
    Wenn Du DIr ein Scout oder ein OPO bestellst, hast Du ein Messer für´s ganze Leben :thumbup:

    .._. .._ _._. _._ ._ ._.. _._ ._ .. _.. ._

  • Ausgezeichnet gemacht, Alex! :thumbup:


    Zunächst mal kommt die Grundausrichtung des Tests auf DAS zurück, was mit einem Messer in den allermeisten Anwendungen gemacht wird - das Schneiden verschiedenen harten und weichen Schneidguts.
    Das mag banal klingen, tatsächlich scheint dieser Aspekt aber angesichts unserer "Sensationslust" an Spitzenbelastungen, aufsehenerregendem ertragenen Mißbrauch usw. in manchen Tests und auch bei einigen Kaufentscheidungen irgendwie in den Hintergrund zu rücken.


    Deine Versuche waren sehr informativ und durch Deine Erklärungen und die Bilder auch sehr nachvollziehbar dargestellt - an den Schlußfolgerungen und Überlegungen gibt's nichts zu rütteln.


    Insbesondere für den "Normalanwender", der das Messer im Alltags- und normalen Outdoorbereich verwendet, bietet Deine Vorstellung eine ausgezeichnete Orientierung - und das sind wir fast alle.


    Für Schnitthaltigkeitsvergleiche und zum Darstellen der Schneidleistung verwende ich übrigens ergänzend zum Papier gern auch noch Polyseil oder Sisalseil. So kann man z.B. eine festgelegte Anzahl kurzer Endchen vom Seil ziehend oder drückend abschneiden und anschließend durch Papierschnitt Rückschlüsse auf die Schnitthaltigkeit ziehen.
    Auch eine unten mit genormtem Gewicht beschwerte Schlaufe aus solchem Seil, die über die Schneide des waagerecht mit der Schneide nach oben fixierten Messers ohne zusätzlichen Druck geschoben wird, bringt anhand der Strecke, die bis zur Durchtrennung auf der Schneide zurückgelegt wird, aussagekräftige Vergleichswerte zur Schärfe.


    Der Bericht gefällt mir sehr, ich hoffe auf weitere Arbeiten von Dir und werde die Ergebnisse mit großem Interesse verfolgen!

  • Vielen Dank für den ausführlichen Bericht und die Bilder .
    Hat Spass gemacht zu lesen und hoffe auf weitere Berichte von Dir :thumbup:
    Und das Messer ist wirklich ein Traum !!

  • Salve zusammen,


    ich danke Euch und besonders Alex für eure Beiträge.


    Das Lesen des Artikels hat mir meine Zugfahrt etwas verschönert und war sehr informativ.
    Auch ich kann den meisten Messer- oder "Destruction"Tests nicht viel abgewinnen und frage mich oft nach der Sinnhaftigkeit - besonders bei den Destructiontests. Da ist mir Alex' "Test" ebenfalls deutlich näher da er ein realistisches Bild zeichnet. Natürlich hätte man ihn noch um weitere zweckmäßige Anwendungsbeispiele erweitern können - was aber nicht als Kritik verstanden werden soll.


    Also nochmals meinen Dank in die Runde und weiter so! :thumbup:

  • Außerordentlich schöner und interessanter Bericht, Alex! :thumbup:


    Da macht das lesen wirklich Freude!


    Und das Gesamtergebnis trifft es auch nach meiner Meinung gut auf den Punkt!


    Danke für Deine Mühe! :hi5:

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