Kleines Messer und Beil oder nur großes Messer?

  • So also ich würde wohl auch definitiv die Kombo kleines Messer und Axt bevorzugen.


    Mit einer Handaxt kann man definitiv wuchtigere Schläge aufbringen, als mit einem großen Messer mit gleichem Gewicht ! Selbst Batoning funktioniert mit fast jeder Axt, vorausgesetzt sie hat einen Hammerkopf ;)


    Für mich müsste das kleine Messer nicht mal ein Fixed oder super mega Klapper sein, ein kleines Vic würde mir reichen :)


    Beste Kombo überhaupt: Handsäge und mittelgroßes Fixed :D



    Gruß
    Toni

  • ich war in vielen Sommern mit "Abenteuer -Touries" im kanadischen Busch unterwegs und habe nie ein Beil oder gar eine Axt mitgenommen, weil ich da draussen keine Baustelle einrichten wollte und nie Pfähle in den Boden trieb sondern stehende Bäume u. Sträucher als Festpunkte nutzte. Auch mein Brandholz wurde nicht von einem Werkzeug gleich welcher Art geteilt, sondern das Campfeuer erledigte dass. Anstelle der unnötigen Werkzeuge habe ich lieber Fresserchen und Muni mitgenommen, da in den Bergen sowie und im unwegsamen Gelände jedes Gramm zählt. Das habe ich seit 1978 so gehalten und für "meine" Leute und für mich hat sich das bisher immer als vernünftig erwiesen. Die Spitze meines "grossen" Messers und der Flachschliff sind derartig ausgeprägt, dass ich damit feinste Arbeiten verrichen kann. Wenn ich einen besenstielartigen Stock benötige, so schlage ich den mit wenigen Hieben aus jedem Strauch, wenn meine Klinge allerdings 42a - konform ist, habe ich bereits mangels Klingenlänge bzw. fehlender Hiebenergie zu viel Zeit und Mühe zu erwarten u. derartiges geht schnell an die Nerven, muß also nicht sein. Wenn in meinem Beisein jemand im Busch mit einem Beil rumhackt, den jage ich mit kurzem Kommentar zum Teufel weil er unnötig stört und unnötige Spuren verursacht und das ist keine Couch - Theorie. :thumbup:

  • Die Ausrüstung von Ötzi: Eine Axt und ein kleines Messer...(mal vom Bogen abgesehen) Er und seine Zeitgenossen waren nun unwiderruflich die ultimativen Bushcrafter/Survivalexperten.


    Hi Daisetz,


    das mit dem "Survival" hat ja beim Ötzi nicht so ganz geklappt. Sonst wär' er nicht tot im Eis gelegen ...


    Ich widerspreche aber aus einem anderen Grund: Dass die Leute damals keine längeren Messer benutzt haben, liegt wohl daran, dass man aus Feuerstein keine machetenlangen Teile herstellen kann. Der ist zu spröde für lange Klingen und bricht entweder bei der Herstellung oder sehr schnell beim Gebrauch.


    Kupfer gab's - Ötzis Beil z.B. - aber das ist zu weich für lange Klingen, es gab zwar Kupferschwerter, bevor man Bronze einsetzte. Aber mit einem Kupferschwert war der alte Recke mehr mit Gradebiegen beschäftigt als mit etwas anderem. Für ein Messer, das scharf sein und bleiben soll, ist das auch damals kein geeignetes Material gewesen. Deshalb blieb nur Feuerstein, und da geht nix mit langen Klingen. Schwert- oder säbelähnliche Steinwaffen hat man mit sogenannten Mikrolithen gemacht - kleine, scharfe Steinstücke, die wie Sägezähne in einem Holzprügel oder Knochen befestigt wurden. Sehr effizient - aber das ist eine reine Mordwaffe (die erste nur für diesen Zweck konstruierte übrigens), und taugt nicht als Werkzeug.


    Hopsa, bissl lang geworden, aber vielleicht interessiert's jemanden. Fazit: Wenn man nun davon ausgeht, dass Ötzi andere Sorgen hatte als den § 42a, hatte er kein langes Messer, weil es damals keine langen Messer gab. Der Bursche hilft uns also nicht wirklich weiter.


    Hallo Leute,


    ich habe da und dort auch mal ein Beil dabei, wenn's passt. Aber grundsätzlich teile ich Tonys Bedenken und setze eher auf ein gescheites Messer. Ein Beil ist noch aus einem anderen Grund problematisch, vor allem, wenn man sich weitab der Zivilisation und medizinischer Versorgung bewegt. Besser ein kräftiges Messer - und wenn ich unbedingt Äste kleinmachen will, lieber eine gute Klappsäge als ein Beil. Die ist leichter, nirgends verboten, und die Verletzungsgefahr ist wesentlich geringer: Den angesägten Finger kannst du verbinden und weitermachen. Das Beil im Fuß oder Unterschenkel - da brauchst du schnell den Notarzt.


    Schönen Gruß
    Bergmännle

    Einmal editiert, zuletzt von Rorschach () aus folgendem Grund: Beiträge zusammengelegt

  • Hallo Bergmännle,


    auch wenn Ötzi auf dem Berg nicht überlebt hat, er ist exemplarisch dafür welche Ausrüstung man in seiner Zeit benutzt hat. Es ist natürlich richtig das mit Feuerstein nicht wirklich große Klingen gemacht werden konnten. Lange Klingen waren eh problematisch bis zur Entdeckung der Verhüttung von Eisen. Auch Bronze biegt sich, wenn sie auf Knochen trifft. Die Menschheit hat sich Jahrtausende lang mit kleineren Klingen, Äxten, Speeren etc. behaupten müssen. Mir geht es um die Tatsache, dass dies funktioniert hat, offensichtlich sonst wären wir nicht hier.


    Ob man große Klingen benützt hätte, wenn man welche hätte machen können ist müsig, weil wir das einfach nicht wissen können.


    Und nochmal, ich behaupte nicht von mir, dass es nur eine seeligemachende Technik gibt, auch der Ansatz von Tony hat seine Berechtigung, auch wenn es nicht die meine ist...


    Gruß


    Daisetz

  • ... da haste jetzt auch wieder recht. Funktioniert hat's wohl in der Stein- und Bronzezeit lange mit kurzen Messern. Ging ja nicht anders.


    Aber wenn man Naturvölker späterer Zeiten bis heute anschaut: Sobald es lange Messer gibt, werden sie auch eingesetzt. Vielseitiger und praktischer ist die lange Klinge - siehe Tonys Beitrag.


    Kompromissvorschlag: Man ist ja nicht unbedingt alleine unterwegs. Wenn wir in die Pampa gehen, hat oft einer ein langes, kräftiges Messer dabei und die anderen kurze. Eine Säge reicht, und wenn man's denn braucht, ein Beil für alle. Muss ja nicht jeder alles haben, und so hält sich das Gewichtsproblem letztlich auch in Grenzen.


    Schönen Gruß
    Bergmännle

  • Hi Daisetz,


    sicher haben Ötzi und Konsorten überlebt aber der Maßstab hinkt doch total, denn seit der Entstehung eiserner Klingen werden sie von Allen genutzt welche sie ergattern können. Ötzi hatte auch keine Gummistiefel u. hat überlebt, wobei ich sicher bin, dass er solche genutzt hätte, falls Romika damals schon produziert hätte.
    Apropos Sinnhaftigkeit eines mitzuführenden Beiles. Ich setze mich seit den frühen Siebzigern mit nordamerikanisc hen Indianerkulturen auseinander und man sagt mir aus anthropologischen Kreisen nach, dass ich von der Materie etwas verstehe. Mir ist bei all den Studien, Besuchen, Museumsstöbereien vort Ort usw. nie ein indianisches Handbeil vorgekommen. Die Engländer, Franzosen u. die Holländer fertigten u. vertrieben unterschiedliche Tomahawks aber wieso keine Handbeile? Nun wird Mancher denken, dass der Tomahawk auch als Handbeil diente aber das wäre ein Irrtum. Die Tomahawks waren durchweg mit flachen Klingen ausgestattet, genau wie die mittelalterliche, europäische Streitaxt, nämlich spezifiziert für trennende Hiebe und nicht zum Spalten. Die damaligen Handelsfirmen Nothwest-Company etc. hätten bedarfsorientiert auch Beile herstellen können aber es lag keine Nachfrage vor und trotzdem hatten diese Menschen mittels Brandholz ihre Tepees beheizt. Erst mit dem auftauchen der Siedler bzw. deren Öfen war der Bedarf für die heutige Beilform da.

  • Hallo Tony,


    erst einmal beziehe ich mich in meinen
    Aussagen auf Europa, d.h. Mittelmeerraum, Mittel- und Nordeuropa.
    Kulturgeschichtlich zieht sich die Axt als Allroundwerkzeug vom alten Kreta
    durch, bis über das frühe Mittelalter hinaus zu den Wikinger, Franken
    etc. Mir macht es einfach Spaß dass ich mit Axt und Messer einem sehr alt tradierten
    Wissen folgen kann.


    Ob aber kulturgeschichtlich zwingend
    logische Schlussfolgerungen Sinn (Eisen/Stahl = große Messer) machen, dass wage
    ich zu bezweifeln, gerade am Beispiel Amerikas. Ich bin von Hause aus
    studierter Soziologe/Völkerkundler mit der Fachrichtung Altamerikanistik.


    Grade in der Amerikaforschung hat sich
    in den letzten Jahren immens viel getan: Die Inka hat Vorposten bis weit in das
    Amazonasbecken hinein, darüber hinaus gab es flächendeckend Stadtstaaten im
    Amazonasbecken, Mittel- und Nordamerika. Urbane Strukturen in ganz Amerika die
    durch Handel in Verbindung standen. Besonders die Nutzung von Sattelitentechnik
    hat hier einiges gebracht. Diese Hochkulturen sind entstanden, ohne eine
    Schriftsprache und ohne das Rad zu nutzen. Jetzt könntest du argumentieren, sie
    hatten die Kenntnis nicht darüber, sonst hätten sie diese Techniken genutzt.
    Sie wussten darum und haben trotzdem keinen Gebrauch davon gemacht. Man hat Spielzeug
    mit Rädern gefunden. Die Maya hatten eine Glyphenschrift entwickelt, die sich
    aber nicht als Gesamtkulturgut durchsetzte.


    Auch ist bekannt, dass in der
    urbanen Phase große Waldareale abgeholzt wurden, im Amazonasbecken überwiegend
    durch Brandrohdung oder eben durch Äxte im übrigen Amerika. Die Axt war schon
    bei der Cloviskultur bekannt und wurde auch in Amerika genutzt.


    Das war das
    Amerika bis 1492...


    Mit den einfallenden Europäern folgt
    recht bald der totale Zusammenbruch der urbanen indianischen Zivilisation auf
    beiden Kontinenten. Den größten Impakt hatte dabei nicht die militärische
    Intervention der Spanier, sondern die Krankheiten die sie mitbrachten. Als dann
    die Mayflower in Nordamerika anlandete fanden die ersten Siedler ein durch
    Seuchen zu großen Teilen entvölkertes Amerika, dessen verbliebene Bewohner in
    kleineren Gruppen nomadisierend umherzogen. Und mit der Besiedelung Nordamerikas lief es auch nicht wirklich besser für die Ureinwohner Amerikas. Alles was danach kulturhistorisch
    kam ist europäische Motiviert, ebenso wie der Tomahawk.


    Wie du deshalb darauf kommst, dass es keine
    indianischen Äxte gegeben hätte ist mir wirklich schleierhaft. Indianische
    Steinäxte (auch nach 1492) sind nachweisbar und da man schon zur Zeiten der
    North-West Company Holz nach Europa exportiert hat, hat man auch in Amerika
    Äxte und Beile vertrieben. Es kann natürlich sein, dass es interessanter ist,
    einen Tomahawk auszustellen, als ein Beil aus europäischer Produktion, das wäre
    nicht gerade ein Publikumsmagnet. Die öffentliche Darstellung der amerikanischen Ureinwohner ist gerade in USA und Kanada immer noch sehr zweifelhaft.


    Im Übrigen muss ich an der Stelle auch mal sagen, dass ich niemanden mit großem Messer verjagen würde, weil mich das grundsätzlich "stört". Wobei ich mit dir einhergehe, dass Sinnlose Zerstörung, im Sinne von unsinnigen rumhacken, mit welchem Werkzeug auch immer, auch nicht mir vereinbar ist.


    Wie ich schon wieder sagen muss, Tony, was du machst ist doch ok, moderne Technik ermöglicht eben nur ausschließlich ein großes Messer zu benutzen und das dein Weg keine bloße Couchtheorie ist, das bezweifelt hier im Forum mit Sicherheit keiner. Was andere Methoden und deren Herleitung angeht: Leben und leben lassen! Oder?


    Irgendwie hat mir Chrome die Formatierung zerschossen, es lässt sich auch nicht nachträglich editieren...

    2 Mal editiert, zuletzt von Daisetz ()

  • Hi Daisetz,


    den Gebrauch von Steinbeilen zu pre - kolumbianscher Zeit stelle ich doch nicht in Frage, allerdings waren die Steinbeile weniger zum Holzhacken gedacht sondern eher um das Hirn des Feindes zu malträtieren. Die wenigen, aus Bodenfunden herrührenden "Handles und Stems" solcher Steinbeile sind meistens recht schlank gehalten und somit nicht für große Auftreffenergien am statischen Ziel (Holzstamm) gedacht sondern für den schwungvollen Hieb gegen den Menschen.
    Das von der Northwest-Company exportierte Holz wurde auch nicht von fleißigen Natives geschlagen sondern von den Weißen und dass diese Leute moderne Äxte benutzten steht ausser Frage.

  • Hallo Leute,


    vielleicht kommen wir da ein bisschen weit weg vom Thema. Ich geb' Tony Recht mit den Gummistiefeln etc. Zu Ötzis Zeiten und als ich jung war :) , gab's auch kein Handy, und wir haben Bergtouren trotzdem überlebt. Trotzdem ist es heute sinnvoll, im Hochgebirge eines dabei zu haben - weil es sie gibt und weil man damit einen Notruf absetzen kann. Die eigentlich hier gestellte Frage, welches Messer man mitnimmt und ob man ein Beil braucht, kann man wohl nur auf der Basis heutiger Möglichkeiten beantworten.


    Bergmännle

  • Moin,


    ich will mich hier auch mit keinem Zanken. Ob und was wir für eine Ausrüstung nutzen oder mitnehmen ist unserer Wahl überlassen. Tausende Menschen wandern jedes Jahr den Jacobsweg, weil das eine alte Tradition ist. Natürlich könnte man das auch mit dem Auto oder dem Bus machen und man könnte sich auch fragen, ob die Menschen im Mittelalter einen motorisierten Untersatz benutzt hätten, wenn so etwas verfügbar gewesen wäre. Solche Diskussionen sind aber müsig.


    @ Tony


    Was du meinst sind indianische Kriegskeulen. Die waren sowohl in Süd- und Nordamerika weit verbreitet. Leider hat man dann im 18 Jahrhundert alles unter den Begriff Tomahawk summiert. Das Thema Schäftung ist ein riesen Forschungsbereich, hier mal ein Wikipedialink mit einer langen Liste an Literaturhinweisen.
    http://de.wikipedia.org/wiki/S…-_und_Fr%C3%BChgeschichte)


    Ich gebe dir recht, das der typische Indianer nicht unbedingt den klassischen Luberjack darstellt. Was ich damit meine ist, dass die Indianer sehr schnell europaisches Equipment übernommen haben. Breits im 18. Jahrhundert unterschied sich die indianische Bevölkerung darin nicht sonderlich vom europaischen Siedler. Jede indigene Kultur wird in atemberaubender Geschwindigkeit Zerstört, wenn sie in Kontakt mit unserer "Zivilisation" kommt. Im Amazonasgebiet sehr aktuelles Thema. Solche Zustände will man aber nicht im Museum zeigen, sondern man will dort häufig andere Bilder erzeugen. Auch heute ist man nicht bereit, Indianer in westlichen Lumpen, Plastikmüll nutzend zu zeigen.

    Einmal editiert, zuletzt von Daisetz ()

  • @ Daisetz,


    ein alter Herr aus der Cree-Nation erzählte mir, dass er 1948 sein erstes Solinger Messer und seine ersten Gummistiefel erhielt und damit in seiner Band sagenhaft angegeben hätte. Mir schenkte er einen Stockman Folder von Schrade den ich heute noch habe. :thumbup:

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