Hallo zusammen und Mahlzeit,
ich will hier kurz ein paar Zeilen zu einem Messer schreiben, dass mich die letzten Wochen oft begleitet hat und das sich bewährt hat in jeder Hinsicht.
Es geht um das RC-3 von RAT-Cutlery. Dabei handelt es sich wie unten zu sehen um ein feststehendes, kompaktes Messer mit Droppointklinge und Micartagriff.
Folgende Maße wurden der kleinen Ratte gegeben:
GEsamtlänge 20,5 cm, davon Klinge 9,5 cm, davon scharf 8,2 cm
Klingenhöhe 3,15 cm
Klingenstärke 3mm verjüngend zur Spitze
Dicke 1,4 cm an den Griffschalen
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Wie bin ich auf dieses Messer gekommen? Dazu muss man erstmal wissen, wie ich an das Messer gekommen bin: Ein Tausch mit einem sehr angenehmen Forenkollegen aus der Umgebung, nämlich s_f hat es mir möglich gemacht, meine Hand an diese Klinge zu legen.
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Ich war schon länger neugierig darauf, da ich folgende Eigenschaften in einem Messer vereint haben wollte:
Kohlenstoffstahl, dünne, schneidfreudige Klinge, Droppoint, Micartagriff, einfache Gestaltung und kompakte Größe.
Das RAT, soviel kann man vorweg nehmen, hat alle diese Anforderungen bisher bestens erfüllt.
Ich will ein wenig auf die einzelnen Punkte meiner Anforderungen eingehen.
Warum wollte ich einen Kohlenstoffstahl?
C-Stahl oder Kohlenstoffstahl besitzt ein feineres Gefüge als die meisten rostbeständigen Stahlsorten. Die großen Ausnahmen sind da die pulvermetallurgischen Stähle, bei denen über ein Sinterverfahren und eine sehr schnelle Abkühlung negative Wechselwirkungen mit den Legierungselementen vermieden werden, die sonst zu großen harten Karbid-Molekülen führen würden. Kohlenstoffstahl ist sehr niedrig, wenn überhaupt legiert mit anderen Bestandteilen außer Kohlenstoff. Daher sind die Moleküle kleiner bei geringerem Aufwand als bei den PM-Stählen und zudem ist der Stahl auch im Feld leichter nachschärfbar, ohne dass man auf Diamant zurückgreifen muss.
Die Pflege gestaltet sich einfach: Trockenwischen und säubern nach Gebrauch, bei Verwahrung und Lagerung am besten mit Kamelienöl (für Lebensmittel) oder Tuf-Cloth einbalsamieren und gut ist das.
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Warum eine dünne Klinge?
Die Schneidfreudigkeit einer Klinge hängt maßgeblich von ihrer Geometrie ab. Diese wird von Klingenhöhe und Klingenstärke beeinflusst, sowie in einem geringeren Maße im Rahmen der Anwendung von der Schneidgeschwindigekeit und -art. Je schneller man das Messer durch das Schnittgut zieht, desto länger ist der Weg, den ein fiktiver Punkt auf der Schneide zurücklegt im Verhältnis zur Tiefe, in der die Klinge in der gleichen Zeit in das Schnittgut eindringt. Ein längerer Weg bei gleicher Klingenstärke wie beim Druckschnitt ergibt eine höhere Schneidleistung. Beim Druckschnitt, bei dem das Messer durch Druck ohne Zug seinen Weg sucht, muss der Anwender die gesamte Keilwirkung der Schneide und Klinge überwinden, der Weg, den die Klinge hat, um das Schnittgut zu teilen ist bedeutend kürzer und direkter. Ein Druckschnitt verlangt mehr Kraft oft und einen feineren Stahl, eine feinere Schneide, die bei Kohlenstoffstahl gegeben ist.
Ich besitze einige Messer jenseits der 4 mm Rückenstärke. Natürlich schneiden auch diese angeschliffenen Brechstangen, aber gerade wenn es mal an Gemüse wie Karotten oder hartes Brot geht, splittert alles, als wenn man das Zeug mit Dynamit teilen wollte. :stabby: In der Realität hat sich bei mir die Kombination aus einem dicken und einem dünnen Messer bewährt.
Kurz und gut: Ich hab eher selten Panzerketten mit dem Messer zu wechseln als Brot zu schneiden Und wenn man schon C-Stahl nimmt, dann bitte auch in einer korrekten Klingengeometrie.
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Droppoint erklärt sich von selbst: Relativ sozialverträglich weil wenig pööse Kanten und Ecken.
Micartagriffe - wozu?
Micarta ist ein Fasermaterial in Verbindung mit Epoxidharz. Die Fasermatten werden in das Harz gelegt und wenn dieses aushärtet, entsteht ein Werkstoff, sehr stabil, bruchunempfindlich ist. Darüber hinaus ist er unempfindlich gegenüber Sonnenstrahlung, Säuren, ist leicht zu reinigen, und gewährleistet bei guter Strukturierung einen sehr guten Griff. Er entbehrt das kalte Griffgefühl von Stahl- oder Aluminiumgriffen. Beim RAT 3 sind die Schalen sehr gut konturiert. Die Linienführung ist einfach gehalten und hat von leichten Bögen abgesehen eine Geradlinigkeit in sich, die geradezu einlädt, das Messer in der Hand durch die Gegend zu wirbeln und die Griffarten zu wechseln.
Ich mag diese einfachen Griffe, die die Hand nicht in eine bestimmte Griffhaltung zwingen. So ergonomisch auch ein Griff angepasst sein mag, wenn er nur eine Haltung bequem zulässt, empfinde ich das als Einschränkung. Hier ist weniger mehr. Weniger Design, mehr Anwendung und Reduzierung des Prinzips Messer = Griff plus Klinge. Das RAT wirkt nicht überladen sondern ist auf das Wesentliche runterskaliert, es wirkt ehrlich, in Handlage - und Handhabung. Die Griffschalen sind mit Innensechskantschrauben befestigt, schließen bündig und sind gut angepasst.
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Mit seiner Größe ist es im Bereich der kompakten Messer anzusiedeln. Die Klinge hat für mich die perfekte Länge. Durch den Bauch der Droppointform bietet sie eine ausreichende Schneidenlänge für 99% aller Schneidaufgaben. Einfache Faustregel: Lang genug, um eine normale Semmel aufschneiden zu können, kurz genug, um Kontrolle ausüben zu können. Bei mir hat sich die Maßgabe als günstig erwiesen: Wenn ich meinen Daumen auf den Klingenrücken lege, sollte die gleiche Daumenlänge vorne nochmal zur Verfügung stehen.
Das ist beim RC-3 der Fall.
Bleibt das, was ein feststehendes Messer tragbar macht: Die Scheide... diese ist leider keine Meisterleistung von RAT Cutlery. Das Plastik wirkt billig, das Messer klappert. Die Scheide wirkt deutlich klobiger als der Inhalt und der Plastik wirkt zwar stabil, dennoch widerstrebt es mir, das Messer daran zu tragen allein und so klemme ich die Scheide unter den Gürtel, den Clip außen drüber. Allerdings ist diese Trageweise nicht angenehm: Durch die nicht unerhebliche Breite der Scheide drückt es an der Seite und der Gürtel muss ein gutes Stück weiter geschnallt werden. Beim Zurückstecken wirds auch noch mal fummelig mitunter, da die Scheide am Mund gerade abschließt ohne irgendwelche Wulste wie zum Beispiel bei den Scheiden von Markus Reichart, die hier als Vorbild genannt sein sollen.
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Fassen wir alles mal in einem Fazit zusammen:
Das RC-3 von RAT-Cutlery eignet sich für all jene, die ein scharfes und pflegeleichtes, schnörkelloses Arbeitstier suchen. Brechstangenanhänger und elegante Gentlemen sind hier eher nicht mit zu beglücken. Dem Rest kann man nur empfehlen, ein wenig Blick auf Rost in der Langzeitverwahrung in der Schublade zu haben (Ölschicht) und sich eventuell eine bessere Scheide machen zu lassen. Wer Kohlenstoffstahl mag und dünne Klingen, sollte dem Ding eine Chance geben, ich könnte mir vorstellen, dass viele das positiv überrascht wären.
Zuguterletzt noch ein paar Bilder auf die Schnelle.