BRKT Bravo One mit Stahl S35VN und CPM3V - Wie schärfen?

  • Danke für das Datenblatt. Habt ihr euch mal die Tabelle oben Rechts angeschaut, wo die Impact Toughness beschrieben wird?
    Hier kann A2(60HRC) einfach doppelt so viel Impact aufnehmen wie D2(60HRC). Und der 3V bei gleicher Härte nochmal fast doppelt so viel wie der A2.


    Das bestätigt nur mein Gefühl, dass ich keine Messer aus D2 haben will, PM im Moment Stand der Technik sehr gute Ergebnisse produziert, und Werkzeugstähle wie der A2 immer noch ihre Daseinsberechtigung haben.


    semaphore, wenn du was hast schreib mal was es ist und warum du dich dafür entschieden hast. Danke.


    Gruß
    Stefan

  • Zitat

    Das bestätigt nur mein Gefühl, dass ich keine Messer aus D2 haben will, PM im Moment Stand der Technik sehr gute Ergebnisse produziert, und Werkzeugstähle wie der A2 immer noch ihre Daseinsberechtigung haben.


    :thumbup:


    Genau so sieht es aus, du hast es treffend umschrieben.


    ich wollte es jetzt nicht im Thread schreiben weil es sonst zu sehr ins OT geht. Folgendes hatte ich Valdez als PN geschickt, ich poste den kleinen Aufsatz jetzt hier auch nochmal.... So sollte sich der Kreis schließen.


    D2 ist eigentlich kein Stahl der für feinschneidige Werkzeuge wie Messer entwickelt wurde. Das bedeutet nicht, das er dafür vollkommen untauglich ist. Viele Hersteller haben aber bei D2 ihren Wärmebehandlungsprozess nicht im Griff und verschenken daher Potential. Das führt letztlich zu den Unkenrufen.


    D2 aka 1.2379 ist eigentlich für Schneidstempel mit einem Schneidenwinkel von 90° gedacht, feine Karbide und eine feine Gefügestruktur sind also zweitrangig, da diese bei so derber Geometrie nicht ausbrechen können. Dazu kommt, das D2 im martensitisch gehärteten Zustand einen hohen Anteil an Restaustenit hat. (Austenit ist die zur Härtung nötige Phase um dann den harten Martensit auszuscheiden) Das liegt daran, das das Ende der Umwandlung nach der Anschreckung in Öl (die bei etwa 200°C beginnt) erst bei etwa -180°C beendet ist. In einem gehärteten Teil ist Restaustenit unerwünscht, es ist also erstrebenswert, den Restaustenitgehalt so niedrig wie möglich zu halten.


    Geht man nun so vor, das man den Rohling bei etwa 1080°C 30 min. lang hält und dann abschreckt, liegt dieser Restaustenitgehalt bei etwa 30%. Austenit ist spröde und damit wie gesagt unerwünscht. Geht man nun hin und kühlt die Klinge in flüssigem Stickstoff und beläst sie dort etwa eine Stunde, kann eine vollständige Umwandlung erreicht werden. Es liegen dann nur noch Martensit und Karbide vor, kein Austenit mehr.


    Eine so behandelte Klinge ist recht verschleißfest, hat eine sehr gute Zähigkeit und ist etwa 61 HRC hart. Nachteil: Durch den niedrigen Chromanteil von etwa 12% (der größtenteils für die Karbidbildung in Anspruch genommen wird) ist die Klinge nicht sehr rostträge.


    Dem kann man entgegenwirken. Zum Erreichen von "Rostfreiheit" müssen mindestens 13%, nach anderen Quellen 15% Chrom in der Grundmasse (also nicht als Karbid gebunden) vorliegen. Bereits bei weniger Cr in der Grundmasse kann man aber feststellen, das die Korrosionsbeständigkeit wenigstens erhöht ist.


    Spinnen wir das nun weiter: Reduziert man die Härtetemperatur von den oben genannten 1080°C auf etwa 1030°C, löst sich weniger Chrom im Austenit und somit bilden sich bei der Umwandlung weniger Karbide. Es bleibt mehr Chrom "übrig". Dadurch ist die Korossionsbeständigkeit merklich verbessert. Auch nach dieser Wärmebehandlung kann man mit Tiefkühlen eine vollständige Umwandlung erreichen.


    Man erhält nun eine sinnvolle Balance: Gute Korrosionsbeständigkeit (für einen 12% Cr Stahl....), vernünftige Verschleißfestigkeit bei immernoch hoher Zähigkeit. Die Karbide sind entsprechend klein und gleichmäßig verteilt, die von anderen Ingenieuren befürchteten "Daumennagelgroßen Ausbrüche" sind so natürlich völliger Unfug. Man erhält ein gut brauchbares Messer, und das zu wirklich guten Konditonen, denn 1.2379 ist wirklich billig.


    Als Beispiel: Ich habe mal zum Basteln eine Platte D2 gekauft, 4mm dick, kreuzgewalzt. Diese hat mich 10€ gekostet. Vanadis 23, ein Schnellarbeitsstahl mit dem ich experimentieren möchte, kostet bei 6,2mm Plattendicke bei etwa gleichen Plattenabmessungen 200€. Ebenfalls mit kreuzgewalzter Oberfläche.


    Das ist letztlich der Hauptgrund, warum der 1.2379 von vielen so gehyped wird. Jeder moderne, für Schneidwerkzeuge entwickelte PM-Stahl ist dem D2 haushoch überlegen. In jeder Hinsicht.

    2 Mal editiert, zuletzt von Stefan Roth ()

  • Danke Stefan für die Ausführlichen Erläuterungen- bei Dir merkt man, dass ein Fachmann am Werk ist.
    In diesem Fall wird auch meine innere Abneigung gegen D2 noch bestärkt- aber dieser Stahl stünde fürs Bravo ohnehin (Gott sei dank) nicht zur Verfügung.
    Härte, Zähigkeit, Verschleissfestigkeit, Schärfbarkeit... hin oder her- ich beschäftige mich ja auch durchaus gerne mit technischen Daten in meiner Freizeit aber das Zusammenspiel auch mit der Wärmebehandlung, Klingengeometrie, Anschliff die ja auch bei jedem Hersteller wieder anders ist gleicht das ganze für meine Begriffe und meinem Verständnis manchmal einem ziemlichen Rätselraten. Denn gerade bei der Wärmebehandlung bin ich ja letztlich darauf angewiesen auf den Hersteller zu vertrauen was die Qualität und Varianz der Ergebnisse angeht- und da fehlen mir als Endkunden letztlich einfach aussagekräftige Informationen.


    Aber vielleicht kannst Du, Stefan ja deinen Rat dazu geben was aus deiner Sicht für dieses Messer (BRKT Bravo One) der "Beste" Stahl ist? Mir ist wichtig, dass der Stahl keine (Mikro-)Ausbrüche erleidet, mit dem BRKT Set mit sinnvollem Aufwand schärfbar ist, einigermaßen Rostträge ist, und das Messer auch so einiges Abkann wenn es mal nötig sein sollte (ich weiß, sehr schwammige Formulierung).
    Mit CPM3V und A2 habe ich noch keine Erfahrung- mit S35VN beim CR Professional Soldier und da stören mich feine Mikroausbrüche- was aber auch am sehr fein ausgeschliffenen liegen mag.

    Honey, I can't go to bed yet - somebody on the internet is wrong!!

  • Ich würde in deinem Fall zum CPM 3V greifen, du solltest dir aber dessen bewusst sein, das der Stahl Patina entwickeln kann, er ist wie erwähnt nicht "richtig" rostträge, passt aber ansonsten am Besten in dein Anforderungsprofil. Mit etwas Pflege solltest du mit dem Stahl glücklich werden!

  • Gut, Danke!
    Ist die Patinabildung mit einem 1095er vergleichbar oder moderater? Denn ich muss sagen der 1095 und der Opinel Standardstahl "patinieren" mir etwas schnell- bei anderen Stählen meiner Messer (D2, VG10, 440C, S30V N695 etc.) war das bisher problemlos.

    Honey, I can't go to bed yet - somebody on the internet is wrong!!

  • Wesentlich geringer. Allein durch das PM-Verfahren wird das Korosionsverhalten eines Stahls schon besser. Dann ist der Stahl ja recht stark mit Mo und V legiert, und gerade Vanadium ist ebenfalls der Korosionsbeständigkeit zuträglich. Ich würde mir keine großen Sorgen machen.

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