Andere Länder, andere Sitten

  • Hallo Leute!


    Ander Länder andere Ti... äh Sitten! ;)


    Das gilt für vieles und scheinbar auch für Stahlsorten.


    Kann mir jemand sagen woran das liegt? Hat das ggfs. was mit der Mentalität der Handhabung / Einstufung und Nutzung der Messer zu tun? Scheinbar werden auch Stähle in anderen Ländern anders geschätzt.


    Das ist zumindest meine Erfahrung, wenn man auch in ausländischen Foren ließt.


    In den USA scheinen z.B. D2 oder 1095er richtig beliebt zu sein. Hierzulande sind sie auch weit verbreitet, werden aber oft nicht so sehr geschätzt.


    In Japan scheinen weichere Stähle eher beliebt zu sein.


    In Deutschland scheinen modernere Stahlsorten beliebt zu sein.


    Es kann sein das ich mich täusche, aber so kommt es mir vor.


    Was meint ihr dazu?


    Viele Grüße,


    Red Bull

  • Nach meinem Empfinden und nach gut 6 Jahren, die ich mich mit Messern beschäftige und auch in US-Foren unterwegs bin, würde ich zwischen tradionellen Stählen und modernen unterscheiden. Bei den modernen sind in den USA häufig die Produkte von Crucible in Verwendung, da trifft man ständig auf mit Messer mit CPM-154/3V/S30V usw. Stahl. Bei den traditionellen Stählen ist das ganz klar der 1095. Zu tun hat das wohl eher mit der Geschichte der Messer in dem Land, das USMC Messer aus WW II. hatte so einen Stahl und noch viele andere Hersteller haben diesen Stahl benutzt und tun es noch heute, sofern sie nicht Konkurs angemeldet haben und aufgekauft wurden (z.B. Schrade, Camillus).


    Was meinst du mit weichen Stählen Japan? Keine Sorte ist ja per se "weich", es kommt ja darauf an, wie sie gehärtet wird, mal abgesehen von Stählen wie 420J2 oder 3Cr13. Bei denen hat man ja kaum Kohlenstoff um die hart zu bekommen.


    Bei uns in Deutschland besteht ja, im Gegensatz zu den USA, kein so großer Markt für Messer. Was wären denn für dich denn moderne Stähle (pulvermetallurgische) ? Bei uns läuft ja eher bei den traditionellen Stählen viel über 1.4116/1.4110/1.4125 usw., und bei traditionellen Messermodellen wie dem Mercator auch über C-Stähle.


    Insgesamt sollte man einfach bedenken, welche Stähle die Anbieter und Hersteller vor Ort benutzen bzw. die, die auf dem heimischen Markt am stärksten vertreten sind. Der N690 von Böhler ist z.B. hier in Europa wesentlich mehr vertreten als in den USA, was daran liegt, dass viele italienische Hersteller wie z.B. Extrema Ratio diesen Stahl verwenden.


    Die Gründe für das Vorherrschen bestimmter Sorten sind vielschichtig und von kulturellen und ökonomischen Eigenheiten (Globalisierung) abhängig und vor allem von Sorte zu Sorte sehr unterschiedlich. Ich finde das Thema spannend und habe da immer ein Auge drauf, da die Luft für echte Innovationen auf dem Stahlmarkt schon recht dünn ist. Aber das ist ein anderes Thema...


    Gruß
    Carsten

    "It is useless for sheep to pass resolutions for vegetarianism, as long as the wolves remain of a different opinion." William Ralph Inge

  • Wenn man sich die großen Messermacher aus den USA anschaut, dann sieht man daß sie gerne W 2 Stahl verwenden, vor allem bei Messern, bei denen man den Hamon sehen soll, hierzulande kenne ich keinen Messerhersteller der diesen Stahl, bekannt auch als Silberstahl, nutzt. Wenn man sich die Customs aus den USA anschaut, dann trifft man sehr oft auf andere Kohlenstoffstähle und ich meine daß diese Stähle in vielen Bereichen den High Tech Stählen noch immer überlegen sind. Schade daß es in der Massenproduktion kaum etwas von diesen Carbonstählen in Angebot ist, hier wie dort. Ich würde mich freuen wenn sie doch öfter zum Einsatz kämen auch wenn der Preis vielleicht höher liegen würde.


    Es ist für mich auch nicht logisch daß Chris Reeve z. B. bei seinen Modellen Green Beret einen High Tech Stahl S 35 VN rostträgem Stahl einsetzt und der dann doch, damit die Messer doch etwas mehr aushalten, auf 55 - 57 HRC gehärtet und angelassen wird. Das kann man mit einem ganz einfachem Federstahl machen, wenn man das Messer dann noch diferentiell härtet, weiß nicht ob das bei einem rostträgem Stahl möglich ist, dann kommt man, so meine Meinung, zu einem viel besserem Ergebnis. Wahrscheinlich kann man dann das Messer in Massenherstellung nicht um einen so hohen Preis verkaufen, tja Marketing, Geld, Kapitalismus ...

    vae victis

    2 Mal editiert, zuletzt von Kibo ()

  • für welche Messer man welchen Stahl verwendet ist oft die primäre Frage, für Einzelstücke oder für die Serienfertigung. Bei Serienmesser ist es vorteilhaft wenn man Stahl verwendet der in guter und ausreichender Menge verfügbar ist, zudem für einen längeren Zeitraum. Man bekommt Standardstähle in allen Lieferformen und die Härtereien kennen sich damit aus. Was jetzt in einzelnen Ländern gerade am meisten verlangt wird spielt eigentlich nur eine Nebenrolle, Verfügbarkeit ist die Voraussetzung für Vorliebe.
    Inwieweit jetzt jeder, egal wo, mit welchem Stahl glücklich wird, das muss jeder für sich beantworten. Wir sollten auch nicht einfach kritiklos alles hinnehmen was wir vorgesetzt bekommen, grundsolides Basiswissen um die Anwendung des Stahls kann nicht durch irgendwelche Werbefritzen ersetzt werden, Stähle die man durch die Wärmebehandlung in diese oder jene Richtung abseits ihrer eigentlichen Bestimmung "hinbiegen" muss sollten eigentlich als sinnfrei betrachtet werden, aber das Marketing belehrt uns dass dem nicht so ist.
    Als Beispiel will ich einfach 440C und 154CM benennen, nur weil 154CM das hitzebeständigere Material ist soll es gleichzeitig der bessere Klingenstahl sein, denke sich dabei wer was er will.


    Die Zeiten dieser pragmatisch denkenden Männer wie Reiser oder der Gebrüder Böhler sind vorbei, wo kämen wir auch hin wenn alles so einfach wäre. Eine bunte schreiende Werbung ist einfach zugkräftiger als der Grundgedanke -wofür brauche ich die Klnge und demnach suche ich mir meinen Stahl aus-.


    Viele Grüße
    Roman


    PS: Dreimal habe ich cirka 40 Zeilen gelöscht weil, egal wie ich mich wendete und drehte, ich immer irgendjemand vor den Kopf gestoßen habe, zuviel persönliche Vorlieben und finanzielles steckt hinter dieser Stahlgeschichte und der Messer. Aber wie sagte schon Anatole France, "Es ist gut Dinge zu sammeln, aber es ist besser spazierenzugehen"


    PSPS: Kibo, die Silberstähle wie 1.2210, 1.1640 etc. werden wohl hier verwandt, nur sind sie nicht so geläufig weil es sie fast ausnahmslos nur in rund gibt, man muss sie also zuerst flachschmieden. Sie ergeben wie alle Klingen die aus dem runden Stab geschmiedet werden vorzügliche Schneiden. Leider ist der 1.1640 so gut wie nicht mehr verfügbar, aber der 1.2210 ist,trotz seines bescheidenen Hamons, immer noch gut für feine Schneiden

    panta rhei

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