Hallo Leute!
Ich bin durch die Konversation mit einem Freund gerade nochmal auf ein Thema gestossen, dass mich eigentlich nur nebensächlich schon seit der Kindheit begleitet, jedoch immer wieder von mir genutzt wird.
Vom Bereich der extremen Tour bis hin zu den alltäglichen Risikofaktoren in Beruf, etc. konnte ich mit dieser Sache immer gut punkten und sehr oft richtige Entscheidungen fällen.
Das Grundschema sieht wie folgt aus. Man erstellt je nach Situation eine lange Liste auf Papier oder eine kurze Liste im Geiste. Man hat eine Tabelle mit zwei Spalten. In die linke Spalte gehört der Risikoeinfluss. In die Rechte Spalte kommt das entsprechende Mittel um diesem Risiko bei zu kommen.
Mal ganz plump zu einer schwierigen und langen Tour durch eine Wüste:
Risiko - Gegenmaßnahme - Risikofaktor
Hohe Temperatur - Entsprechende Kleidung - 2
Gefahr der Dehydrierung - Routenwahl und ausreichende Wassermenge - 2
Gifttiere - Know How und entsprechende Lagerwahl - 1
Beduinen (Diebstahl, Raub) - Material/Ausrustung anpassen und nicht zu touristisch kleiden - 2
hohe Ausdauer erforderlich - Training in der Vorbereitung anpassen und Probeläufe absolvieren - 3
Sandsturm - Verhaltensregeln achten, z.T. nicht kalkulierbar - 1
Sturzflut - Lagerplatz beachten; z.T. nicht kalkulierbar - 1
Verletzung - erprobte Notausrüstung, z.T. nicht kalkulierbar - 2
Meteoriteneinschlag - nicht kalkulierbar -1
Blinddarm Durchbruch - nicht kalkulierbar - 1
Hat man diese Liste erstellt, so schaut man sich an, wieviele Punkte sogar offen bleiben oder zum Teil nur schwer kalkulierbar sind. In diesem Fall sind das 5 Risiken, die nicht guten Gewissens auszuschliessen sind. Man kann dem Risiko (nicht nur den nicht abwendbaren!) nun noch einen Faktor geben und das ganze ein wenig rechnerisch abhandeln. Das Risiko des Meteoriteneinschlags ist dabei weniger hoch als in einem Wadi von einer Sturzflut erwischt zu werden (Übrigens sind in den großen Wüsten in den letzten Jahren viele Todesopfer nicht verdurstet, sondern ertrunken oder erfrohren).
Hat man alle Risiken der Liste gewichtet und bei Interesse mit Risikofaktoren multipliziert, so erhält man eine Prozentzahl, wie hoch das persönlcih eingeschätzte PERSÖNLICHE Restrisiko ist.
Leute vom Fach bezeichnen das, was ich als Risikofaktor bezeichne als einen ziemlich vagen Mix aus Eintrittswahrscheinlichkeit und Schadensausmaß.
Ich sehe in der Liste oben 10 Punkte, von denen 5 nicht durch Skills oder Ausrüstung kompensierbar sind. Die Einschätzung von Eintrittwahrscheinlichkeit und Schadensausmaß ist immer individuell!
Die Gewichtung von abwendbaren und nicht kalkulierbaren Gefahren/Risiken liegt also bei 50 - 50. Nimmt man nun die Faktoren mit ins Spiel, so kommt man auf 10 : 6 => ca. 37,5 % schwer-, bzw. unkalkulierbares Risiko.
Es geht hier nicht um eine detaillierte Lösung für einen Wüstentrip, sondern darum euch mitzuteilen, wie ich einen Teil meiner Vorbereitung treffe Bei meinem solo Winter Alpcross war die Liste etwa 3 DIN A4 Seiten lang und es bestand ein Restrisiko von etwa 20 %. ich persönlich habe mir zuvor gesagt, dass ich bei mehr als 20 % nicht antrete und da liegt momentan auch immer noch mein Limit.
Man darf sich gewisse Faktoren nicht schön rechnen oder sich selbst belügen und erhält so direkt zwei unterschiedliche Überblicke: Erstmal sieht man worauf man sich vorbereiten kann/muss/sollte und merzt so schonmal viele Risiken (teils auch mit hohem Faktor aufgrund der hohen Eintrittswahrscheinlichkeit) aus. Zudem erhält man einen Überblick was einem passieren könnte und kann sich selber definieren, wie stark man diese Punkte gewichtet.
Plane ich eine Reise in die übelste Gegend Mexicos, dann würde ich den Faktor der unkalkulierbaren Entführung mit 20 (von 20) gewichten und unterm Strich wahrscheinlich zu dem Ergebnis kommen, diese Option nicht zu wählen
Ich hoffe ich konnte mit diesem kurzen Abriss ein paar von euch eine kleine Hilfe aufzeigen.
Die Art der Risiko Kalkulation ist arg plump, aber für einen selber sehr schnell und effizient durchführbar - auch in der Entscheidungssituation selber. Durch die Aufstellung im Kopf kommt man in der Bredouille schnell zu einem klaren Kopf und evtl. zu einer rationalen, vernünftigen Entscheidung.
Gruß,
AJAX