Hallo Leuts,
ich möchte euch heute mal kurz ein Calico Forge MK44 vorstellen. Nicht nur, weil ich von dem Messer begeistert bin, sondern auch, weil ich vor der Anschaffung etwas entsetzt war, wie wenig man gemeinhin vom Messermacher Andy Franco im Web findet. Die Info geht nahe Null.
Grundsätzliches:
Stahl: 5160 High Carbon Schmiedestahl
Gesamtlänge: 27,95 cm
Klingenlänge: 14,61 cm – davon scharf ca. 12 cm
Klingenstärke: max. 6 mm
Messergewicht ohne Kydex: 356 g
Griffmaterial: G10
Scheide: Kydex
Kaufentscheidende Beweggründe:
Eigentlich braucht man keine – weiß ja jeder. Dennoch ging ich schon Jahre mit dem Gedanken schwanger, weil Handgeschmiedetes einfach von der Aura des unglaublich geilen umgeben ist. Wer das Bild von Andy Franco kennt, wie er mit seinem Hufeisenbart und vollkommen verdreckten Klamotten in einer vollkommen abgedunkelten Hinterhofbutze am Amboss steht und den Hammer schwingt, der ist entweder sofort angefixt oder eben nie. Für mich gilt erstgenanntes. Zumal die Werbeslogans à la „Made in the West, made for the West“ (oder so ähnlich) irgendwie Lust auf Kautabak, billigen Fusel, einen Vollbart und eine Büffeljagd machen.
Ich war jedoch lange unsicher, welches Modell es werden soll, da im Web nicht so richtig zu erfahren war, wie sich die einzelnen Modelle unterscheiden. „Auf dem Papier“ sind die Unterschiede eher homöopathisch, mit fachkundiger Beratung (Danke, Georg) aber gravierend.
Ich bin Jäger und wandere gerne. Ein Messer dieser Art muss für mich schneiden, schneiden, schneiden und nochmals schneiden. Darüber hinaus sollte es in der Lage sein, mir im Dickicht den Weg frei zu machen, eine Sau in der Schwarzdornhecke abzufangen oder kleine Hölzer für ein Feuer vorzubereiten. Bilder von hanebüchenem Batoning wird es hier nicht geben, denn das wird dieses Messer niemals erleben. Dafür gibt es Beile.
Ferner habe ich die Schnauze voll von Stählen des Kalibers S35VN oder CPM3V. Ich komme mit der Instandhaltung einfach nicht zurecht. Bei mir muss es schnell gehen und einfach sein. Deswegen war mir der Carbonstahl in diesem Fall gerade recht. Stundenlanges Rumwichsen an irgendwelchen Stählen, die trotz intakten Anschliffs nach 4 Stunden Sharpmaker immer noch keine reife Tomate schneiden können, sollen sich verpissen. Nur meine überspitzte Meinung. Das mag natürlich jeder anders sehen.
Das Messer:
Die Klingenstärke von 6 mm haben alle Messer der MK-Serie. Jedoch finde ich, dass diese Materialstärke erst ab einer gewissen Größe ästhetisch wirkt und funktional ist. Dass das MK44 mit seinen „nur“ 14 cm Klinge auch gleichzeitig das schlankste aus der Reihe ist, hat mir die Entscheidung leicht gemacht. Es ist sehr fein ausgeschliffen, geradezu bescheiden in der Hand und für die Größe nicht unbedingt schwer. Verglichen mit meinen Jagdnickern aus dem Hause Puma zumindest. Es wäre vermessen, zu sagen, das MK44 sei ein Slicer, aber es ist nahe dran. Laut Marketing-Gag ist es dazu gemacht worden, um Schutzwesten und dergleichen zu durchstechen. Im Alltag heißt das, dass man die Maisdose kinderleicht piercen kann, wenn man mit dem Nachwuchs ein bisschen Karpfen ärgern will. Für das Aufbrechen von Wild eher nachteilig, aber jetzt auch nicht so schlimm. Mein erster Jagdnicker war ein Diefenthal und die Spitze ist ähnlich derb. "Grünes" hatte ich deshalb trotzdem noch nie auf dem Rehrücken. Man muss halt damit umgehen können...
Auffallend ist der Handschmeichler-Faktor. Es gibt keine harten Kanten und der Griff ist in jeder Position einfach nur samtweich. Ich vermute mal, dass nicht einmal ein Blinder einen Übergang zwischen G10 und Stahl ertasten könnte. Wirklich sagenhaft.
Das Griffstück verjüngt sich ganz leicht leicht Richtung Klinge. Ma greift immer ein bisschen vor und landet dadurch automatisch mit dem Zeigefinger im gerundeten Parierstück. Intuitives und sicheres Greifen ist quasi garantiert.
Was ich persönlich sehr mag, ist, dass die Klinge nicht perfekt ist. Man sieht, dass hier jemand von Anfang bis Ende persönlich Hand angelegt hat. Ein Perfektionist, der Vitrinenleichen sammelt ist hier vielleicht nicht unbedingt an der richtigen Adresse.
Für mich macht genau das ein Custom aus. Es ist eben nicht perfekt. I love it.
Die Kydex:
Ausgelegt auf maximale Flexibilität bleiben eigentlich keine Wünsche offen. Out of the Box ist alles möglich und ein Tek Lok ist machbar, aber nicht notwendig. Sauber verarbeitet, mit Stellschraube zum Einstellen der Strenge, sehr schlank, mit sattem Klick und vielseitigen Tragemöglichkeiten, egal ob Molle oder (breiter) Gürtel.
Fazit:
Schliff, Klingenform und Handling sind extrem praktisch. Instandhaltung ebenfalls. Die Beschichtung ist etwas anfällig und grob. Jeder Zug aus der Kydex wird signiert. Mittelfristig werden über den Anschliff hinaus weitere Klingenteile frei liegen. Wer Lebensmittel schneidet, schmiert mit Kamelienöl und gut ist. Einziger Negativpunkt für mich ist der Glasbrecher. Ich brauche ihn nicht und hätte ihn gerne abschraubbar. Das Messer wird vorzugweise rückseitig und horizontal im Rücken getragen und ich muss mich erst dran gewöhnen, beim intuitiven Griff nach dem Messer nicht im spitzen Dorn zu landen.
Ansonsten – alles gut.
Boris