Das Philosopha – Ebenfalls heute: Warum ich Customs liebe

  • Zuerst wollte ich ja nur den Production Thread aufmachen, aber der Todd Begg Folder neben dem Laptop schaute mich derweil kritisch an und schien zu sagen: „Kannste nich‘ machen!“ Und ich so: „Stimmt eigentlich.“

    • Weil handgefertigte Messer, wie ein Freund es formulierte, immer „anders aussehen als das, was eine Maschine ausgekotzt hat“. Dem ist wohl nichts mehr hinzuzufügen. (Ich tu’s trotzdem.)


    • Weil man ab einem bestimmten Punkt des Messerfreaktums fühlen kann, ob ein Stahl geschmiedet ist oder nicht. Und das meine ich wörtlich.


    • Weil der Messermacher sich stunden- und tagelang mit dem Schaffensprozess auseinandersetzt, was man dem fertigen Produkt irgendwie auch ansieht. „One machine can do the work of fifty ordinary men. No machine can do the work of one extraordinary man.” - Mr Elbert Hubbard


    • Weil ich in meinem ganzen Leben kein ausbalancierteres Messer in der Hand gehalten habe als mein Giedymin Custom.


    • Weil ich mit dem Kauf keinen riesigen Konzern, sondern eine kleine Werkstatt unterstütze, die die gleiche Leidenschaft teilt wie ich, und außerdem mit ihrem Produkt zeigt, was stahlgewordene Präzision, Kreativität, Symmetrie, Geschick und Einfallsreichtum bedeuten.


    • Weil ein Custom manchmal sogar ein Quäntchen meiner eigenen Handschrift trägt, und wenn es nur ist, dass ich die Farbe des G10 oder die Form der Klinge selbst ausgesucht habe. Durch ein Custom entsteht eine Verbindung zwischen dem Messermacher/Schmied und mir als User. :thumbup:


    • Weil Customs eben nicht nur Werkzeuge, sondern auch Waffen, Ritualgegenstände und Kunstwerke sind, die auf direktem Wege von Menschenhand zu Menschenhand gehen und deshalb offenbar (hauptsächlich für den männlichen Teil der Bevölkerung) mit einer unerklärlichen Anziehungskraft ausgestattet sind. Daher bewegen sich die Namen der meisten Messermacher auch zwischen Hype und Bashing hin und her, weil sie für die Community eben viel mehr sind als Unternehmer oder bloße Hersteller eines Produktes.


    Disclaimer


    Das Obige ist ja als solches erstmal nur eine Sammlung meiner persönlichen Gründe, Customs zu mögen und täglich zu tragen. Von beleidigten Bemerkungen ausgemachter Productionliebhaber bitte ich an dieser Stelle abzusehen, und möchte höflichst auf folgenden Thread verweisen. Vielen Dank! 8o


    PS: Ergänzungen und Anmerkungen zum Thema „Warum ich Customs liebe“ sind dagegen ausdrücklich erwünscht und werden mit Spannung erwartet!
    :thumbup:

    MIND IS KING

    Einmal editiert, zuletzt von Dickreef ()

  • Nach dem ich gerade ein :thumbup: für Productions verteilt habe muß ich auch hier etwas schreiben.
    Auf der ewigen Suche nach dem perfekten Messer kommt man auch, je nach Vorlieben, nicht an Customs vorbei.
    Ich habe einen Spleen für Titan, Framelocks und kugelgelagerte Flipper. Da läuft man bei Productions schnell ins Leere.


    Also Custom. Das Custom an sich ist grandios. Was man will bekommt man auch. Soweit zur Theorie.


    Leider sind die Bezeichnungen der Messer bzw. deren Klassifikation nicht wirklich nachvollziehbar.
    Production, Mid-Tech, Custom,...
    Custom ist für mich ein nach meinen Vorstellungen gebautes Messer. Oder wenigstens ein nach meinen Vorstellungen adaptiertes. Customized eben.


    Nun nennt aber jeder sein Zeug gerne Custom damit man mehr dafür verlangen kann.


    Striders, um als Strider-Fan nur ein Beispiel zu nennen, werden als grundsätzliche Customs gehandelt.
    Per Josh Lee:
    "We have catalog and non-catalog knives. Catalog meaning our regular designs, non-catalog meaning MSC and DDC. All Strider knives are custom knives, meaning that there is a large amount of hand finishing done on the knives."
    Was bitte soll an einem Standard SNG Custom sein? Das letzte von Hand anziehen einer Schraube oder polieren, oder... macht ein Messer in meinen Augen noch nicht dazu.


    Wenn ein Hersteller ein Modell ohne Adaptierungsmöglichkeiten oder nur in kleinen Grenzen (zB andere G10 Farbe) anbietet, kann er es doch per Definition nicht Custom nennen.
    Wenn ich mich mit der Konfiguration des Messers auseinandersetzen, Details bestimmen und ich es aus 100 anderen des gleichen Herstellers mit einem Griff herausnehmen kann, dann ist es Custom.


    Also :thumbup: zu Customs, aber zu echten Customs.

  • Ich finde, dass auch immer sehr viel davon abhängig ist, wieviel Perfektionist ich bin... :)


    Ich komme mit Serienmessern kaum noch klar, gibt zuviele davon, die Einzigartigkeit fehlt.
    Der Eingangspost beschreibt das eigentlich ganz toll. :thumbup:


    Mal abgesehen vom Schaffensprozess lassen viele viele custom Knifemaker einige Teile
    fräsen und cnc-fertigen. MMn muss und darf man auch hier noch vom Custom sprechen.
    Wenn ich dem Messer noch ansehe, dass es komplett von Hand bearbeitet wurde, finde ich
    das noch besser. Und das Messer kann noch so perfekt verarbeitet sein, ich hasse es
    wenn der Liner knarzt. 8|


    Wenn ich jetzt an den Punkt gelange, den Dickreef erreicht zu haben scheint, und meine
    Messer auch alle benutzen kann, dann bin ich glücklich. Ist nicht so einfach, wenn das Dingen
    mal 1000Euro und mehr kostet. :love:


    Zitat

    Leider sind die Bezeichnungen der Messer bzw. deren Klassifikation nicht wirklich nachvollziehbar.
    Production, Mid-Tech, Custom,...


    Da hast du wohl Recht.


    Obwohl einige einen guten Weg gehen, wie Burchtree...sein MidTech wurde komplett in Teiler gefertigt und
    er setzte es zusammen und sorgte (AFAIK) auch für das Endfinish. Der Preis von knapp 400$ völlig ok. Das einige
    Deppen dafür auch teilweise 1000$ bezahlen und damit den Preis hochtreiben, kann ich nicht verstehen.

    Toby

  • Nun nennt aber jeder sein Zeug gerne Custom damit man mehr dafür verlangen kann.

    Ja, danke dass du da nochmal drauf hinweist, ist ja ein wichtiger Punkt in der Frage!
    Das gerät manchem ja auch gelegentlich beim Verkaufen auf dem hiesigen Marktplatz mal durcheinander. Ein Schelm wer Böses dabei denkt! :D


    Nach meiner Erfahrung gibt es zwei Typen von Customs:


    Zunächst sind da komplett handgefertigte, oft sogar handgeschmiedete Messer, die mitunter auch nach dem Entwurf des Auftraggebers designt und gebaut werden. Das entspricht der ursprünglichen Bedeutung des englischen Wortes "custom" und bezieht sich eigentlich nicht nur auf Messer, sondern auch auf Fahrräder, Wintergärten, Handfeuerwaffen und alles Mögliche. Der Hersteller fertigt also etwas nach meinen Vorgaben. In der Messerwelt sind diese Art von Customs rar und werden meist nur noch von einzelnen (Hobby)Messermachern oder winzigen Werkstätten angeboten oder von solchen, die zwar rennomiert sind aber aus den verschiedensten Gründen nicht über ein bestimmtes Maß wachsen wollen.


    Dann gibt es aber auch eine Idee von 'Custom', die sich in der (auch amerikanischen) Messercommunity immer mehr durchzusetzen beginnt, und die meint ein vom Messermacher handgefertigtes oder von Hand montiertes Messer oder ein maschinell gefertigtes Messer, bei dem der Maestro persönlich den Schliff anbringt, oder oder oder. Quintessenz scheint dabei jedenfalls zu sein, dass diese Art von Customs a) nicht vollständig maschinell gefertigt sind und b) der Messermacher an einem wesentlichen Teil des Produktionsprozesses beteiligt war. Dabei sind aber die Einflussmöglichkeiten auf den Entstehungsprozess denkbar gering, weil der Messermacher meist eines seiner existierenden Modelle entsprechend den Wünschen des Käufers anpasst. Oder auch nicht. Wenn ich einen guten Draht zu Mick habe, kann ich bei einem Strider Custom vielleicht Einfluss auf die Farbe des G10 nehmen. Vielleicht. Und bei einem Emerson Custom? Ja, da gilt ausschließlich "Hobson's Choice": "Take it or leave it!"


    In keiner Weise von Customs reden kann man bei einem Messer, das "customized" wurde, zum Beispiel durch das nachträgliche Montieren anderer Griffschalen. Die Griffschalen selbst sind "custom grip(s) / scales", das Messer insgesamt ist aber bloß "customized", weil der Hersteller des Messers nichts mit der Überarbeitung zu tun hatte.



    Wenn ich jetzt an den Punkt gelange, den Dickreef erreicht zu haben scheint, und meine
    Messer auch alle benutzen kann, dann bin ich glücklich. Ist nicht so einfach, wenn das Dingen
    mal 1000Euro und mehr kostet. :love:

    Ja Toby, das geht natürlich auch nur, weil meine Sammlung inzwischen so klein geworden ist. Und 1000€ Messer sind zwar nicht dabei, aber das mit den Vitrinenstücken kann ich natürlich auch total nachvollziehen! 8o

    MIND IS KING

  • So wie erwähnt trage ich auch hier meine Meinung bei. Es gibt hier anscheinend unterschiedliche Meinungen was denn überhaupt ein Custom ist. Nun für mich definiert sich ein Custom wie folgt. Es ist nicht in Serie von einem großen Hersteller gefertigt, sondern von einer Person, aber ebenfalls nicht in Serie. Es ist von Hand gemacht, damit meine ich aber auch ruhig CNC Maschinen, sofern der Macher die Zeichnungen angefertigt hat. Es handelt sich ja noch immer um ein Einzelstück. Daher gibt es nach meiner Definition zwei Arten von Customs.
    A. Komplett von Hand gefertigt (z. B. geschmiedet, oder mit Feilen und Säge gemacht)
    A. Auch selbst gemacht, aber mithilfe von Maschinen.


    Beide Arten sind tolle Messer, bei den CNC Varianten kann es sein, dass die Messer symmetrischer sind, was ich persönlich sehr gerne mag. Dennoch haben auch "rustikalere" nicht perfekte Messer ihren ganz einen Charme.

  • Customs sind für mich Einzelstücke die von Hand, natürlich heute auch mit Hilfe von Maschinen hergestellt werden, wir sind ja nicht mehr im Mittelalter. Was ich an solchen Messern mag ist eben daß ich selbst bestimmen kann, wie es aussehen soll, welches Material für den Griff oder welcher Stahl für das Messer verwendet werden soll. So etwas ist vor zwei Tagen fertig geworden, ich weiß aber nicht ob ich die Fotos zeigen soll, weil das Messer noch nicht bei mir ist, es kriegt noch eine schöne Lederscheide, die auch ich, selbst, gewählt habe, sollte bis Ende des Monats bei mir sein.


    Wenn ich ein Custom fertigen lasse, ja, ich lasse es fertigen und nicht irgendein Konzern, dann muss ich mich natürlich auch viel mit manchen Sachen herumschlagen. Natürlich kann man eine Zeichnung machen, sie vorlegen, und sagen, ich will das, aber ob das überhaupt möglich ist, ob es Sinn macht, das sollte man auch wissen. Was mich so fasziniert ist eben daß ein guter Schmied etwas sehr Schönes schaffen kann, trotzdem wird es, wenn richtig gemacht, auch in der Praxis jedes Serienmesser umhauen.


    Für mich sind diese ganzen Vorbereitungen eigentlich eine Spielerei, wo ich sehe, was ist möglich, was macht Sinn und was nicht. Ich habe einen guten Schmied und der sagt nicht zu allem Ja, das geht. Ich meine, vieles geht, aber was dann zum Schluss rauskommt, sollte ja noch immer ein Messer sein und auch das liefern was man von diesem Messer erwartet. Ich mache auch selbst Zeichnungen, wobei ich mir immer wieder in den Ar... beiße weil ich nicht gut zeichnen kann, aber es ist eine Spielerei. Das gute daran ist, man sieht dann schon auch selbst wie schwierig manche Sachen sind oder was überhaupt Sinn macht.


    Ich bin dieser Leidenschaft des Messersammelns aber auch irgendwie des Messermachens, weil mich ja alles drum herum interessiert, verfallen und habe dadurch viel gelernt, auch über Serienmesser, über Metallurgie, verschiedene Materialien die beim Messerbauen zum Einsatz kommen. Es ist schon irgendwo eine Sucht aber ich kriege dann doch etwas wovon ich mir denke, daß es auch nach meinem Ableben einen Wert haben wird. Ich habe einen Sohn, der wird jetzt 10 Jahre alt und den interessiert das auch schon und irgendwann wird er das alles erben. Wenn ich mir mein Umfeld so ansehe, naja, von einem durchgesoffenem Wochenende hat man am Montag gar nichts mehr außer Kopfschmerzen ...

    vae victis

    Einmal editiert, zuletzt von Kibo ()

  • Ich halte es ähnlich wie Toby. Wenn man mal auf Customs fixiert ist, kann man kaum mehr was mit Serienmessern anfangen. Das hat für mich etwas mit "Seele", sprich spürbarer Handarbeit zu tun.
    Von daher ist für mich ein Custom, wie es sich auch im englischen Sprachgebrauch durchgesetzt hat, ein Handmade. Das heißt der Macher hat evtl. einige Modelle in seinem Repertoire und ich kann mit innerhalb diese Rahmens noch Material etc. aussuchen. Anders kann ich mir das insbesondere bei Foldern auch nicht vorstellen. Ein Klappmesser ist ein mechanisches Wunderwerk, mit sehr feinen Toleranzen, wenn alles gut funktionieren soll. Da geht Custom gar nicht anders als innerhalb erprobter und bewährter Modellreihen (Anso, Voxnaes, Burnley, Munroe, Burchtree etc. pp machen es so).


    Warum ich aber Customs liebe: man muss einfach mal ein Custom Haddock in der Hand gehabt haben und eins von Böker... Die Handarbeit spürt man, alles läuft weich, nichts hakt - Perfektion. Wobei Ausnahmen hier natürlich auch die Regel bestätigen: ich hatte teure amerikanische Customs, die von einem Sebenza locker in die Tasche gesteckt wurden, was die Verarbeitungsqualität angeht. Wenn es aber passt, dann ist der Unterschied wie zwischen einer Tudor und einer Patek.

    A warrior is not about perfection or victory or invulnerability. He's about absolute vulnerability- Socrates
    "I like to stretch a little bit before I go into the hood." - Mike Snody

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