Warum wird bei zb macheten so gerne 1055er kohlenstoffstahl verwendet? (oder 1055 vs 1095)

  • Eine frage an die stahlexperten hier:


    warum zum teufel wird bei macheten und beilen so gerne 1055er kohlenstofftahl (oder ähnliches) verwendet, statt zb einem 1095er kohlenstoffstahl oder einem 5160er???


    wo liegt hier der vorteil? ausser vll im preis???


    ich meine, wenn ich das richtig verstehe, wird ein 1055er nicht so scharf wie zb ein 1095er und ist auch weniger schnitthaltig. eine höhere zähigkeit/belastbarkeit könnte die antwort sein, aber meine erfahrung ist, dass bei beilen wie cold steel, aber auch gränsfors bruks relativ schnell chips und dents zustande kommen, also kann der vorteil ja hier nicht liegen oder???? hab auch nie steine damit gehackt oder so :huh:


    macht das einfach keinen sinn oder übersehe/ missverstehe ich da was???


    vielen dank im vorraus, bin gespannt auf eure antworten, gruss Dominik

  • Experte bin ich zwar nicht aber wozu brauchst du bei einer Machete einen 1095-er Stahl? Der Unterschied zwischen 1055 und 1095 liegt hauptsächlich im Kohlenstoffgehalt außerdem hat der 1055 auch 0,25 % Silizium welches u. a. für die Elastizität im Stahl verantwortlich ist. Laut Datenblättern hat der 1095 Stahl kein Silizium . Der Kohlenstoffgehalt beim 1055 Stahl müsste aber dennoch auf mind. 60 HRC härtbar sein, der 1095 kann da schon viel mehr bieten, nur, hast du dir mal überlegt auf welche Härte Macheten mit 2 - 3 mm Klingestärke gehärtet und angelassen werden? Du brauchst da sicher keine Härte von 60 HRC, ich meine, wenn du damit arbeiten willst, der 5160 käme natürlich auch für eine Machete in Frage, ob er teurer ist, das weiß ich nicht, aber 1055, ja, sogar 1050 müsste da vollkommen ausreichen.


    Und vergiss nicht, eine Machete ist kein Beil und kein Tommahawk, ist also überhaupt nicht für Holz hacken gedacht. Es gibt ja auch russische Macheten, aber die sind etwas ganz anderes, die wären auch fürs Holz hacken gut, aber ob man die in einem Wald, in Mitteleuropa wirklich so braucht wie in den Riesenwäldern Russlands, na, das wage ich zu bezweifeln. Die sind aber auch nicht 2 mm dick weil man damit kein Holz hacken könnte, sie würden im Holz einfach stecken bleiben.


    Zum Schluss sei noch gesagt, bei Kohlenstoffstählen hängt sehr viel von der Wärmebehandlung ab, aber ich sehe keinen Sinn eine Machete auf 62 HRC zu härten und auf 60 HRC anzulassen und das bei einem Stahl der spröder ist als der andere. Beim anderen werden es auch vielleicht 52 - 54 HRC sein, sag ich jetzt mal so laienhaft daher und das müsste vollkommen ausreichen.


    Ich sage immer, besser einmal mehr nachschleifen und ein Messer in der Hand haben, als gar nichts mehr zum nachlscheifen haben weil die Klinge gebrochen ist.

    vae victis

    3 Mal editiert, zuletzt von Kibo ()

  • ja, eben genau sowas hab ich mir selber ja auch gedacht, das mit dem silizium habe ich übersehen.


    aber irgendwie macht das für mich alles noch keinen sinn, dass es zäher ist, ok. dass es nicht so hoch gehärtet wird macht denk ich bei macheten natürlich sinn.


    aber in der praxis funktioniert es doch scheinbart nicht so wie es sollte/ könnte, oder? ich meine, auch beile und tomahawks (gränsfors bruks, cold steel) neigen bei mir mal zum chippen/ denten, das kann doch wohl nicht wahr sein!


    mit nem überdimensionalen messer aus 5160, oder mit einem busse zb (das ja bekanntlich zwischen 58 und 60 hrc liegt!), kann ich doch auch hacken und missbrauchen wie sau, ohne dass es bricht oder chippt/ dentet...


    ich verstehe deine argumente absolut, aber für mich macht es trotzdem nur begrenzt sinn, vor allem bei meiner praxis erfahrung... wie geht es den anderen mit ihren macheten/ beilen?


    gruss Dominik

  • Das liegt dann höchstwahrscheinlich an der Qualität der Wärmebehandlung bzw. Nichtqualität :rolleyes:


    Wenn man die Wärmebehandlung nicht im Griff hat, nützt einem der beste Stahl nichts!



    Gruß


    AccuBond

  • Hallo Dominik,


    ich hatte noch NIE ausbrüche an Beilen.
    Ich behaupte mal, wenn ein Beil aus 1055 chippt, ist in der WB was falsch gelaufen.
    Bei Beilen mit eingeschmiedeter Schneidlage ist das natürlich etwas anderes. Da werden ja recht harte Werkzeugstähle verwendet.


    Einmal hab ich mit meiner Condor Parang volle Kanne in die Stacheldraht-Reste gehauen, die sich in meinen Brombeeren verstecken.
    Das hat mir 2 tiefe Scharten bescheert. Fast so tief wie die Drähte dick waren.
    Aber die Schneide war gestaucht bzw. zur Seite gebogen. Ich konnte also einen Teil mit dem Hammer wieder beiholen. So muss das auch sein finde ich.


    Überharte Beile oder Macheten sind was für die Wand wenn du mich fragst.
    Ob die als Waffen was taugen weiß ich nicht. Aber als Werkzeug sind sie nix.
    Ich würde nie eine Machete oder Parang aus einem harten Stahl kaufen.



    LG Aries

  • mit nem überdimensionalen messer aus 5160, oder mit einem busse zb (das ja bekanntlich zwischen 58 und 60 hrc liegt!), kann ich doch auch hacken und missbrauchen wie sau, ohne dass es bricht oder chippt/ dentet...


    Dafür wird dir nach relativ kurzer Zeit der Arm abfaulen, wenn du mit so einem Messer versuchst, die Arbeit einer Machete zu machen. Eine klassische Machete dagegen ist zunächst mal ein schwabbeliges dünnes Stück Stahlblech mit einer rudimentären Schärfe. Es ist im Prinzip nicht mal wichtig, wie hoch dieses Teil gehärtet ist: Die (schneid-)Leistung entsteht hier durch die geringe Klingendicke und die Länge der Schneide, sowie dem Schwung bei der Benutzung. Damit meine ich die Benutzung für genau die Aufgaben, für die sie entwickelt wurde: Ernten von Zuckerrohr und ähnlichen Nutzpflanzen und das Bahnen von Wegen durch krautiges, unverholztes Gestrüpp, Gräser und Blattwerk - nicht aber zum Entasten von Bäumen oder für Steinmetzarbeiten.


    Ein höher legierter Stahl und eine höhere Härtung als bei 1055 ist einfach nicht notwendig und wäre einfach bloß teurer. Die Leute, die täglich eine Machete benutzen (müssen), wissen meist sehr gut, was damit geht und was nicht. Und wenn doch mal eine Delle drin ist, dann greift man zur Feile und bessert die Stelle aus. Das ist erstens kein Drama und zweitens dauert es auch auf diese raue Art und Weise eine Ganze Weile, bis durch die Feile aus der Machete ein Filettiermesser geworden ist.


    Anders gefragt, mal ehrlich: Wer schaut schon nach jedem Durchgang Rasenmähen unter dem Gerät nach, ob das Messer auch ja keine Dellen hat und wenn ja, bessert diese auch noch direkt selbst aus? ;)


    Für alles Andere gilt natürlich, dass es beim gleichen Stahl je nach Hersteller eines Messers SEHR daauf ankommt, wie dieser die Wärmebehandlung im Griff hat. Wenn eine Machete eine Delle bekommt, ist das aber meist ein Anwenderfehler...

  • Würde mal sagen, es kommt nicht nur bei C-Stahl, sondern bei jedem Stahl auf die Wärmebehandlung an. ;) Daneben auch auf die Geometrie und schließlich auf den Einsatzzweck und das Nutzerverhalten. Scharf bekommt man eine Klinge aus 1055 mit Sicherheit genauso wie eine aus 1095 oder Stahl XY. Wie es im weiteren Gebrauch damit bestellt ist, ist dann ne andere Frage.
    Warum sollte eine Firma Macheten aus 1095 herstellen, den möglicherweise sogar noch potenzialentsprechend härten, wenn sie dann mit youtube-bashing wg. angeblich zu spröder Klingen überhäuft würde? Nebenbei habe ich noch kein Messer aus 1095 in der Hand gehabt, das annähernd so schnitthaltig war, wie möglich (Ontario/Rat, Bark River). Das wird bei Macheten nicht anders sein, als bei Messern: Industrielle Hersteller bleiben in Sachen WB und Geometrie oft deutlich unter dem Potenzial des Stahls, um Reklamationen zu reduzieren. Ob es auch eine Kostenfrage ist, sei dahingestellt.
    Klar, reine Macheten müssen nicht aus dem tollsten Stahl hergestellt sein. Dennoch denke ich, das Bessere ist des Guten Feind und wenn der Anwender weiß, was er tut, spricht nichts dagegen. Zumindest hab ich an meinem Parang aus 100V1 nichts auszusetzen, demnächst gibt es eine leichte Bolomachete aus 1.2550 und geträumt wird schon länger von einer Axt aus 1.2552. 8)

  • also, was macheten angeht:


    ja ich weiss, dass das werkzeuge sind, und wofür die sind, und dass die IM PRINZIP gut so sind, wie sie sind...


    ich sehe sie halt gerne, oder würde sie halt gern als quasi mehr sehen, nicht nur als machete, sondern eher als grosses messer, wenn ihr versteht was ich meine. nun ja, ich muss mich wohl mit der realität abfinden, dass das allgemein eben nicht so ist! ich vergesse manchmal, dass nicht jeder anwender oder hersteller jedes geschärfte stück stahl als mehr als ein einfaches werkzeug ansehen möchte, so wie ich!


    und dass die dinger massenproduziert sind, und eventuell lange nicht optimiert was die WB angeht und so... ok. also, wenn ich quasi einen mix aus zb machete und messer will, muss ich wohl zu customs, busse/swamprat, oder sowas wie den zombietools greifen... :)


    habe mir eben zwei beile nochmal angesehen: bei meinem cold steel pipe hawk, das sind dents, keine chips. aber in meinem gränsfors bruks hab ich definitiv chips drin! :thumbdown: von dem hätte ich mehr erwartet eigentlich, auch wenn ich zugeben muss, dass es malträtiert wurde!


    danke für eure antworten! gruss Dominik

  • Die Unterschiede zwischen einem großen Messer und einer Machete sind sehr groß, da geht es nicht nur um die Länge. Das ist bei langen Messern und Schwertern genauso. Ein Messer ist nun mal ein Messer.


    Wenn du im Wald, in unseren Breiten, arbeiten willst dann nimm dir ein großes Haumesser oder ein großes Bowie. Was den Stahl angeht, vor allem Kohlenstoffstahl, da gibt es eine große Auswahl. Was die Leute anscheinend nicht wissen ist, daß ein Kohlenstoffstahl viel schwieriger zum Härten ist als ein rostträger Stahl. Man kann aber beim Kohlenstoffstahl durch die Wärmebehändlung viel mehr rauskriegen als man denkt, das weiß jeder gute Schmied. Das Problem bei der Massenherstellung ist daß man nicht einzeln auf die Wünsche der Kunden eingehen kann und da es eben Massenware ist, kann man auch nicht jedes Stück das rausgeht testen.


    Versuche dich mal selbst an einer Wärmebehandlung eines langen Messers aus Kohlenstoffstahl. Ich hab mal ein zeitverzögertes Video gesehen auf dem das Abschrecken einer Katana gezeigt wurde. Unglaublich was der Stahl da durchmacht und wie er sich verbiegt, zurückbiegt und dann noch mal in die gegengesetzte Richtung biegt, wie wir sie von der Klinge einer Katana kennen. Wenn man das mal gesehen hat, dann hat man eine andere Meinung zum Thema Kohlenstoffstahl und seine Wärmebehandlung.


    Lass dir ein Custom von einem guten Schmied machen oder mache dir selbst eines, du wirst es nicht bedauern. ;)


    Was BUSSE angeht, nun ja, erkläre einem guten Schmied was du von dem Messer willst, lass ihn den Kohlenstoffstahl aussuchen, es soll mindestens 8 mm dick sein, lass es auf 58 - 60 HRC differenziell härten, dann kannst du es so missbrauchen wie ein BUSSE.Nur hast du schon mal an den Preisunterschied zwischen einem BUSSE oder eines Customs und einer Machete gedacht? Mein lieber Freund ...

    vae victis

    8 Mal editiert, zuletzt von Kibo ()

  • Macheten aus 1095 gibt es von Ontario, zumindest steht das in der Beschreibung drin.


    Ansonst ist es ziemlich einfach, wieso sollte man einen Stahl mit rund einem Prozent Kohlenstoff nehmen wenn das Primärarbeitsziel der Schneide hacken und nicht der Zugschnitt ist? Die erforderliche Härte einer Machete ist nun mal nicht so hoch, dann reicht es allemal einen Stahl mit rund einem halben Prozent Kohlenstoff zu nehmen.
    Einfach ist es dagegen nicht Macheten hoch zu härten, der Verzug dieser dünnen Klingen wäre bei einem Großteil der Charge hoch, man käme nicht nach mit dem Richten, was noch mehr Zeit, also Geld, kosten würde, mal abgesehen davon dass eine Machetenklinge gar nicht so einfach zu richten ist.


    Wer glaubt dass seine Machete zu "weich" ist kann es ja mal gern versuchen, Schneidenbereich warm machen und dann in Öl abschrecken, "schwupps und schief", in Wasser meist "schwupps und krack". Falls sich doch jemand darin versuchen möchte, Schneidenbereich warm machen bis er rot glüht, dann mit Gefühl die Klingenflanken abwechselnd auf das Löschwasser "klatschen", das reicht dann meist um sie einigermassen ohne Verzug zu härten. Jetzt ist natürlich die schwarze Farbe auf der Klinge weg, nach dem Abschrecken die Klinge mit Leinöl bestreichen und Holzkohlenasche in das Öl streuen, die Klinge auf cirka 250 Grad erwärmen, abwischen, fertig. Die Klinge ist jetzt einigermassen angelassen und hat wieder eine schöne schwarze Oberfläche.


    Der Fertigungsstandard bei Macheten schwankt, es gibt einwandfrei gehärtete die auch Arbeiten am Holz mitmachen, andere wiederrum knicken dabei schon ein. Aber wir reden von einer Klinge die mit Griff zwischen 10 und 40 Euro kosten, dieses Preissegment schließt beim besten Willen keine individuelle Härtung mit ein.


    Das Thema Schockbelastung bei Schneiden ist eine diffizile Geschichte, man kann hier nicht einfach einen hochkohlenstoffhaltigen Stahl nehmen, ihn fein ausschleifen und hoffen das wars, fein ausgeschliffene Schneiden haben keine hohe Belastungsresistenz bei Schockbelastung, hinter der scharfen Schneide muss da schon etwas mehr Material kommen was die Schneide durch die Spaltwirkung schützt. Die Stahlfrage ist in diesem Moment nicht so wichtig, ein Haumesser aus D2 kann bei entsprechender Materialverteilung hierbei eine genauso gute Figur machen wie eines aus C60, nur stellt sich dann wieder die Kostenfrage.


    Wenn es bei Klingen aus C 60 zu Ausbrüchen an der Schneide kommt, ich drücke mich mal vorsichtig aus, stimmt vermutlich etwas mit der Wärmebehandlung nicht. Genauso kann es sein dass etwas beim Schmieden nicht so gelaufen ist wie es sollte, wird bei einer Warmumformung ein Fehler gemacht ist er danach kaum noch zu beheben, egal mit welcher anschließender Wärmebehandlung. Materialfehler des Stahls möchte ich mal ausschließen, bei C60 kann ich mir das eigentlich nicht vorstellen.


    Ansonst gilt auch heute noch, was muß die Schneide können, dann kann man den entsprechenden Stahl auswählen und das/die Werkzeug/Klinge anfertigen. Ein Messer ist kein Steinmeißel und kein Drahtschneider.


    Viele Grüße
    Roman

    panta rhei

    Einmal editiert, zuletzt von juchten () aus folgendem Grund: was vergessen

  • Juchten und Kibo,


    vielen dank für eure antworten! genau deshalb stelle ich solche vll etwas "dummen" fragen hier ja, weil ich weiss, hier gibt es leute mit deutlich mehr als etwas ahnung, die mich erhellen können!!! :thumbup: vielen dank dafür, ihr zwei! :buds:


    ich hab mir schon gedacht, es gibt sicher gute gründe, warum das alles so ist, wie es ist, ich kannte sie eben nur nicht!
    (oder nur teilweise, das macheten für das, für das sie gemacht sind bestens geeignet sind, wie sie sind, wusste ich ja im prinzip selber, ich hätte sie halt gerne für mehr als das, für das sie gemacht sind ;-))


    eure ausführungen zeigen mir auch, warum zum beispiel die "zombietools" so teuer sind!


    gruss Dominik

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!