Überleben, Erfordernis oder Outdoor-Sport?

  • Wissen ist Macht
    heißt es so schön und das eigene Wissen um diese eigene Macht verursacht jene
    Portion Selbstsicherheit, um fernab der gewohnten Umgebung zurechtzukommen.
    In unserer Kultur übertrumpft man sich mit Bildungsgraden und akademischen
    Weihen, aber wer ist denn in der Lage, ein Wildtier zu fangen oder zu erlegen
    und es bis zur fertigen Mahlzeit hin zu verarbeiten? Nur eine kleine
    Minderheit! Ist das bereits Degeneration?

    Unseretechnisierte und industrialisierte Gesellschaft hat diese „primitiven“

    Erfordernisse aufgehoben, sie versorgt uns schnell, effizient und bequem. Aber
    wie versorge ich mich in der dritten Welt oder im tiefsten Kaukasus? Wenn ich
    in solchen Regionen nicht die fundamentalen Überlebenstechniken beherrsche,
    sind die Risiken einfach zu groß.

    Die meistenunserer Mitmenschen waren noch nie in einer kritischen Versorgungslage,

    geschweige denn in einer lebensbedrohlichen Situation. Die meisten
    Stadtmenschen haben keine Ahnung vom Feuermachen, Unterkunft bauen oder Essbares
    zu finden. Mancher Abenteurer erwartet regelrecht solche widrigen Umstände, um
    sie wie eine sportliche Herausforderung, mit Bravour zu meistern. Dazu gehören
    sehr wache Sinne und eine spezielle Ausbildung. Ersteres sollten Sie von Hause
    aus mitbringen, das Zweite ist in seriösen Survivalseminaren erlernbar. Deren
    Lernziele basieren auf spezielle Fertigkeiten, Selbstvertrauen und
    Einfallsreichtum.

    Bei der Auswahleiner Survivalschule sollte man auf deren unterschiedliche Grundtendenzen

    achten. Mittlerweile haben sich drei differenzierte Zielrichtungen ergeben. Die
    Erste nutzt die spektakulären Resourcen einer grandiosen Umgebung, das heißt,
    daß Bergsteigen, Kajaktouren, Canyoning, Moutainbiking oder Ähnliches, die
    praktische Priorität darstellt, aber im Zusammenhang mit dem abendlichen Lagerfeuer
    als Survivalkurs proklamiert wird. Der Spaßfaktor mag hoch sein, der eigentliche Zweck
    wird aber nicht erfüllt.

    Die zweiteZielrichtung geht ins Pseudo – Militärische. Ich hatte bei mehreren Events das

    zweifelhafte Vergnügen solche Leute zu treffen und stellte zu meinem Erstaunen
    fest, daß einige selber nie Armeeangehörige waren, da sie zum richtigen
    Zeitpunkt entweder krank oder kriminell wurden und somit durch die hoheitlichen
    Raster fielen. Ihr fehlendes Know - how kompensieren sie durch
    martialische Tarnanzug - Auftritte und übertriebene Hilfsmittelverwendung.

    Seriösausgebildete Einzelkämpfer, Ranger etc. haben wirklich viel Sinnvolles und

    Nutzbares mitzuteilen, sind aber trotzdem bei allen Aktivitäten, zu sehr
    materialabhängig. Diese Umstände sind beileibe nicht den Männern anzulasten,
    sondern den verantwortlichen militärischen Strukturen. Seit Anno Tobback
    gehören zu jeder militärischen Planung die Begriffe „Personal“ und „Material“ untrennbar zusammen. Gerade der
    Ausfall dieses Materials, seine Ermangelung, sollte aber das eigentliche
    Schulungsziel sein.

    Die dritteVariante unter den Survivalschulen vermittelt Bushcrafting, ein Sammelsurium

    von ausgebufften Fähigkeiten welche zum täglichen Geschäft der Jäger – und
    Sammlerkulturen gehörten und gehören. Das Ganze, zeitgerecht dem 21.
    Jahrhundert entsprechend modifiziert, ist für mich das einzig wahre, richtige
    Rüstzeug.

  • Es hängt halt immer davon ab, auf was man sich einstellen möchte. Wenn ich viel in unterentwickelten Gegenden unterwegs bin, sollte ich vielleicht ein paar Kniffe beherrschen. Wobei es immer wieder erstaunlich ist, was mit ein bisschen Hausverstand und Selbstbeherrschung (die in keinem Kurs vermittelt werden kann) alles bewältigt werden kann. Deshalb halte ich diese ganze Survival-Geschichte für eine nette, sinnvolle Freizeitbeschäftigung. Aber zum Überleben muss man nicht hunderte Kurse absolviert haben. Und sogar das Militär legt keinen besonderen Wert mehr darauf...


    Letztes Wochenende musste ich im unwegsamen Gelände einen Hubschrauber einweisen. Der wusste nicht genau, wo wir waren, weil das Mobilfunknetz keine gute Abdeckung hatte. Da kann ich dann Kurse noch und nöcher machen (ich hätte es eigentlich gelernt und halte mich auf dem Gebiet für durchaus nicht unfähig) und Ausrüstung bis zum Umfallen mitschleppen - der HS wird nicht schneller kommen.


    Oder Wildtier jagen, ich hab schon einigen Leuten mein OA15 in die Hand gedrückt, die haben von Anfang an getroffen. Natürlich, davon, dass ich das nicht zur Verfügung hätte, gehe ich nicht aus. Die Sorge halte ich für akademisch. Und ein Reh zum Verzehr zubereiten? Im Ernstfall muss man es halt "ambulant" lernen ;)


    Man kann das ganze noch beliebig fortführen. Mein Fazit ist folgendes: Wenn sich jemand mit diesem Wissen sicherer fühlt, soll er es erwerben und hat hoffentlich Spass dabei. Das sei die Hauptsache.

    Ehre die Götter, liebe deine Frau, verteidige dein Land.
    (Hektor von Troja)

  • Liest sich gut Tony und macht mich im "hohen Alter" noch neugierig auf dein Angebot. Sollten wir uns an anderer Stelle über ein Mod-Seminar einig werden, begebe ich mich in deinen Kurs :)

  • Hallo Tony,


    ich versteh nicht ganz was deine Intension für den Artikel ist.
    Es ist richtig die meisten Menschen in den Städten können keine Wildtiere fangen, erlegen und fachgerecht weiter verarbeiten.
    Aber das ist keine "Degeneration" (was ich ein hartes Wort finde), sie brauchen es auch nicht. Warum auch? Kannst du deinen Computer reparieren bzw. weisst du wie dein Webbrowser programmiert wurde? Nein? Du brauchst es aber auch nicht, weil es Leute gibt die es für dich machen können.


    Das erinnert mich an die ewige Diskussion sind die Kinder von heute blöder als die Generation davor. Leidig.
    Survival-Kurse währen für mich auch nett und sollten mir Spaß machen, ich werde es wahrscheinlich nie brauchen aber gut ist es zu wissen. Mache auch 1 mal im Jahr meine Auffrischung beim DRK weil es ein gutes Gefühl gibt.


    Grüße Eberhard

  • Hi Eberhard,


    <schnipp>Du brauchst es aber auch nicht, weil es Leute gibt die es für dich machen können.<schnipp>
    Mache auch 1 mal im Jahr meine Auffrischung beim DRK weil es ein gutes Gefühl gibt.


    Für mich ist es ganz unterschwellig ein ähnliches Gefühl, ob ich nun einen EH-Kurs mache oder mich mit Survival oder SV beschäftige. Für jeden Aspekt gibt es Profis. Doch die sind einerseits nicht immer gleich vor Ort, andererseits haben alle drei Aspekte etwas mit -hm- Respekt und Verantwortung zu tun. Sowohl für mich als auch für andere. Sehr basale Sachen die einem die Füße wieder auf den Boden bringen (können). Für mich ist dieses Bewustsein das Gegenteil von der Degeneration. Mir fällt aber auch kein besseres Wort ein. Oder wie Du schriebst: "Weil es ein gutes Gefühl gibt."
    Sehr schwer zu beschreiben, aber als ich vor Jahren einem befreundeten Jäger geholfen habe einem Reh aus dem Mantel zu helfen stieg mein Bewustsein für das spätere Essen gewaltig.


    Etwas chaotisches Sammelsurium an Gedanken, zugegeben 8|.



    Tschüß,
    Winni

  • Der Mensch hat sich immer mehr spezialisiert...und sich seiner Lebenssituation wie seinem Lebensraum angepasst.Anpassen ist notwendig...manche geht wohl in eine falsche Richtung.



    "Degeneriert" sicherlich soweit, so dass "er" manchen "Urinstinkt" ablegte oder nie an sich entdeckte oder trainierte...


    "Degeneriert" soweit...indem "er" heute schwer in der Lage ist sich gesund zu ernähren,obwohl das Lebensmittelangebot schier unglaublich groß ist ...Zivilisitationskrankheiten-Metabolisches Syndrom als Beispiel.




    Altes "Wissen" was früher( täglich) überlebenswichtig war, ist bei vielen oder fast allen verloren gegangen...Wetterbeobachtung,Nahrungsbeschaffung-Nahrungsbereitung,Kleiderherstellung,Vorratshaltung,Verhalten & Hilfe bei Krankheit/Unfall,Werkzeugherstellung...und manches mehr.


    Anstatt ist für viele die sichere Beherrschung des Mobils oder auch der Kommunikation heute "lebenswichtig".


    Ich lebte mal zeitweise in einem 7- stöckigen Hochhaus...ich merkte ganz schnell ,dass das nicht paßte...


    Wäre heute ein Ereignis wie ...."Schnee",Sturm,Starkregen, Wassermangel,Stromausfall,kein gefüllter Discounter ......die persönliche Katastrophe wäre wohl da.
    Bei vielen tritt schon der Notstand ein wenn sein Handy- Netz zusammen bricht,versagt.




    Manch einer glaubt heute wohl auch, man könne sich gegen alles versichern...und im warmen Auto ist die winterliche Glätte schnell vergessen oder verdrängt...
    "Technologyglauben" kann sehr verführerisch sein...


    Die Sehnsucht und/oder auch die vorhandene Notwendigkeit läßt manchen heute neu werten und wichten...und sich wieder neu ausrichten.

  • Ich find auch den dritten Ansatz, also Techniken der Jäger und Sammlerkulturen als die beste Variante.


    Aber Vorsicht, das kann den Blickwinkel verändern und die Technikgläubigkeit zerstören.

    Wasser ist weich und schwach, doch vermag es den härtesten Fels auszuhöhlen.
    Das Schwache überwindet das Starke und das Weiche überwindet das Harte.

  • Hi Lorhelm,


    das ist dann genau die Grenze wo aus einem "Werkzeug" wie Survival, Internet, Auto usw, ein "Selbstzweck" wird, wie Hobby, Studium, Beruf.
    Irgendwo auf Tonys Seite steht ein Bericht über sein Seminar, in dem ein Teilnehmer schreibt, dass eben genau ein Hüttenbau gelehrt wird, und nicht fünf verschiedene. Werkzeug statt Hobby. Wobei es ja auch ganz tolle Werkzeuge gibt, mit denen die Arbeit einfach Spaß macht :biggrin: ...



    IHMO,
    Winni -der immer mehr auf Technik verzichtet 8)

  • @ Windsaat


    Dieser Aspeckt ist richtig, habe ich aber nicht gemeint.


    Eher: "Technik rettet die Welt"


    z.B.: Apinismus: Ist die heldenhafte Eroberung des Gipfels.


    Aber der Gipfel hat die Menschen verändert, aus der Entfernung war der Blinkwinkel auf die Zivilisation anders und es entstand die Grundidee des Naturschutzes.


    Oder das Hybridsaatgut - sollte die Welt vor dem Hunger retten - aber eigentlich dient es nur wenigen Saatgutherstellern = Ölkonzerne.


    Das Gleiche ist die Gentechnik mit ihren Patent auf Leben - soll auch den Welthunger beenden - durch den Gentransfer sind aus Wildpflanzen am Wegesrand, unnatürliche seelenlose Pflanzen entstanden - das ist Umweltzerstörung ohne Rückweg.


    Oder Medikamente - Pflanzen sind mehr als die Summe ihrer Teile - kein Medikament kann eine Pflanze ersetzen und wir wissen sehr wenig über Pflanzen.

    Wasser ist weich und schwach, doch vermag es den härtesten Fels auszuhöhlen.
    Das Schwache überwindet das Starke und das Weiche überwindet das Harte.

  • Hi Lorhelm,


    prinzipiell klingt das alles nachvollziehbar -aber ich weiss nicht auf welchen Aspekt Du hinaus willst. Meinst Du damit sowas wie "die innere Entwicklung der Menschen hat mit ihrer äußeren Entwicklung nicht Schritt gehalten"?


    Ich denke man muß sich davor hüten ein Bild der idealisierten Gesellschaft/Gruppe zu zeichnen. Egal ob es hier um Naturvölker geht, oder um Firmen. ich wage zu bezweifeln, dass eine Firma/Forschungsgruppe heute noch die Idee hat den Welthunger zu beseitigen. So naiv wird doch keiner mehr wirklich sein, oder?! Genau so wage ich zu bezweifeln, daß ein abgeschiedener Stamm mit allen Tabus und der endlosen, verdammt harten Arbeit, den Krankeiten oder Unfällen aus heutiger, besser unserer Sicht glücklicher ist als wir in unserer Gesellschaft. Ich würde wahrscheinlich nicht glücklich, wenn ich komplett so leben müsste.


    In Anlehnung an den Satz "alle wollen zurück zur Natur, aber keiner zu Fuß" würde ich vorziehen: "Ich will zu meinem Arzt oder Supermarkt, gerne zu Fuß oder mit dem Rad."


    Was aber fehlt, und damit sind wir wahrscheinlich einer Meinung, ist etwas Kontemplation und Kontakt zur Umwelt in dem Menschen- und besonders Medienchaos um uns herum.


    Bezüglich der Bergsteigerei kann ich Dir dieses Buch empfehlen, falls Du's nicht schon hast. Es beschreibt quasi nebenbei schön den Kontrast zwischen früher und heute.


    tschüß,
    Winni

  • Man muss das ganze mal in einen zeitlichen Zusammenhang setzen und überlegen welch wenige Generationen es her ist, wo der Mensch noch in der Lage war sich aus der Natur am kacken zu halten.
    Meiner Meinung nach hat das ganze sehr viel mit Entfremdung zu tun. Ich will nicht wissen wie viele Menschen weiter 3 mal täglich Fleisch Essen würden, wenn sie es mal selber erlegen müssten. Ich meine das jetzt ohne in den Darwinismus zu verfallen. So lässt sich das zudem auf viele Bereiche übertragen.


    Ich liebe unsere Zivilisation und bin sogar Fan von großen US Städten, aber grundsätzlich der Meinung, dass der Mensch so manches Wissen einfach nicht (be)achtet und belanglosen Dingen den Vorrang gibt. Wäre das nicht so, dann würde es uns meiner Meinung nach vielleicht besser gehen, da mehr Leute wie WInni und ich mal gerne ein Stück laufen oder mit dem Rad fahren würden :D

    Plan - Prepare - Execute

  • @ Windsaat


    Nein, es ist eine gesellschaftsbedingte Entwicklung - siehe unten.


    Natürlich können weder Hybridpflanzen noch gentechnisch veränderte Pflanzen den Welthunger beenden, aber so wurde und wird es uns verkauft!


    Tja, um am eigentlichen Thema zu bleiben – Naturvölker sind matriarchalisch ausgelegt -
    also alles ist beseelt, alles ist miteinander verbunden und die Erde ist das Paradies.


    Der Mensch fühlt sich als Teil der Natur.


    Ein Beispiel: Der Wald ist voller Vogelstimmen, wenn ihn ein Mensch im Beta – Hirnwellenmuster (der kleine Plappermann) betritt, wird es still und alle Tiere schauen dich an.



    Patriarchalischen Gesellschaften, wie unsere, sind stark hierarchisch gegliedert.
    Also Gott oder Götter ist/sind im Himmel und bestrafen Vergehen der Menschen – Hölle.


    Aktuelles Beispiel der Technikgläubigkeit:


    Donau – der Wasserschutzdamm schützt die flussnahen Dörfer nur eine gewisse Zeit, dann ist er aufgeweicht und bricht, vor allem wenn er nicht mit Bäumen bepflanzt ist oder seeehr teuer Betonschlitzwände hat.


    Glück und Zufriedenheit hat übrigens nichts mit materiellem Wohlstand oder der Gesellschaftsform zu tun.

    Wasser ist weich und schwach, doch vermag es den härtesten Fels auszuhöhlen.
    Das Schwache überwindet das Starke und das Weiche überwindet das Harte.

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