The english version of this review can be found at pinesurvey.com .
Lange habe ich mich beim Kauf eines Bark River Messers zurück gehalten. Es gibt einfach zu viele interessante Modelle, so viele Möglichkeiten der Griffvariationen, verschiedene Längen spezifischer Modelle und Messer für jede denkbare Verwendung.
Ich konnte sozusagen den Wald vor lauter Bäumen nicht sehen und habe mich deshalb immer wieder nicht durchringen können. Abgesehen davon, war der ballige Anschliff eine gewisse Abschreckung, da es von mir subjektiv als umständlich wahrgenommen wurde, obwohl es im Endeffekt nicht schwerer ist als jede andere Art ein Messer zu schärfen.
Als ich dann die ersten Bilder der neu aufgelegten Boone Modelle sah, wußte ich, dass so eines bei mir einen Platz finden wird. Und Dank Jenni war dem auch so.
Die klassische amerikanische Bowie Form, die maßgeblich die ersten Kampfmesser der amerikanischen Streitkräfte geprägt hat, sowie die mit dem Modell harmonierenden Griffmaterialien, hatten es mir einfach angetan. Laut Bark River kann man die Wurzeln der Designanleihen bis in die späten 1800er verfolgen, welche vor allem in den Messern von „Wade & Butcher Knives“ aus Sheffield, Großbritannien ihren Ursprung fanden.
Als ich letztendlich mein spezielles Modell zum ersten Mal sah, war es um mich geschehen. Die Kombination der Griffmaterialien war mir persönlich neu und das Messer einfach stimmig. Aber dazu später mehr.
Zunächst ein paar Grunddaten:
Gesamtlänge: 23,9 cm
Klingenlänge: 12,7 cm
Grifflänge: 11,2 cm
Dicke: 0,5 cm
Stahl: A2
Griff: Leder und Micarta
Scheide: Leder
Das Messer kommt mit einer klassischen 5 Zoll Klingen- und 4,5 Zoll Grifflänge daher und überrascht mit einer herrlichen Leichtigkeit, die es sehr führig macht. Deutsche User werden hier zwar zum Opfer des nichtmetrischen Systems der Amerikaner, denn mit 12,7cm ist das Messer nicht legal führbar - in meinen Augen ist dies jedoch kein Grund es nicht zu kaufen.
Klinge:
Die gesamte Klinge ist bis auf das Ricasso ballig ausgeschliffen. Eine dezente „Blutrille“ gibt dem Messer den klassischen Look, den man von ihm erwartet - ohne sie würde einfach etwas Entscheidendes fehlen.
Der Klingenrücken ist kantig gehalten, damit man ihn für das Abschaben eines Feuerstahls verwenden kann.
Man merkt an der Symmetrie der Klinge und kleineren Spuren auf ihr, dass dieses Messer nicht einfach industriell ausgefräst und zugeschliffen, sondern wirklich per Hand in seinen Auslieferungszustand gebracht wurde. Allein deshalb hat die Klinge hat ihren einzigartigen Charme und Charakter.
Griff:
Dasselbe kann man vom Griff sagen. In dieser Version ist das Parierelement beidseitig ausgeführt - es gibt auch eine „Hunter“ Variante, bei der selbiges nur zum Fingerbereich hin ausgerichtet ist.
Das Griffmaterial setzt sich bei meiner Version aus zwei verschiedenen Materialien zusammen: Einerseits findet man klassische Lederringe, die über den Erl des Messers gesetzt und gepresst wurden, andererseits sind diese von kleinen Micarta Spacern benachbart sowie mittig von einem größerem schwarzen Micarta Segment unterteilt.
Das Griffgefühl ist sehr warm und angenehm, die einzelnen Elemente sind wunderbar versiegelt und verschmelzen kantenfrei miteinander. Am Ende findet sich ein hochglanzpolierter Knauf, mit dem der Griff an dem Erl festgeschraubt ist.
In der Hand:
Wie schon gesagt, ist das Messer sehr leicht und führig. Der Griff ist glatt, ich würde ihn aber im selben Atemzug nicht als rutschig bezeichnen. Die gängigen Arten, das Messer zu greifen sind alle problemlos möglich:
Klassischer Hammergriff
Reverse Griff
Vorgeschobener Griff
Lederscheide:
Bark River Knives ist in meinen Augen eine der wenigen Firmen, die eine wirklich brauchbare Scheide mit ihren Messern mitliefert. Die Scheide wird von Sharpshooter Sheaths für Bark River produziert, ist aus Leder und bietet alles was man für dieses Messer benötigt.
Sie trägt nicht auf, das Messer sitzt bereits ohne die Sicherungslasche fest in der Scheide und das verwendete Leder ist hochwertig und auch ordentlich behandelt (es hat diesen wunderbaren Geruch, den man beispielsweise von den Ka-Bar Griffen kennt).
Die Sicherungslasche wird diagonal über das Parierelement geführt und nicht wie bei so vielen Scheiden über den Messergriff, knapp unterhalb des Knauf.
Die Gürtelschlaufe hat eine Aussparung, die an die Länge der Sicherungslasche angepasst ist. Nach oben hin verjüngt sich diese jedoch, so dass man die Lasche hinter der Schlaufe angelehnt bleibt und somit nicht im Weg ist, wenn man das Messer in der Scheide versorgen will. Ein wirklich simples aber durchdachtes Detail, dass die Lebensdauer der Lasche sicher um einiges erhöhen wird.
Resümee:
Ich muss gestehen, dass das Boone bei mir zunächst Liebe auf den zweiten Blick war. Als ich es ausgepackt hatte, trat zunächst eine Ernüchterung ein, die sich am ehesten mit dem Satz: „Ein Messer wie jedes andere auch“ beschreiben ließe (Durch Jahre der Sammlertätigkeit bin ich leider schon dementsprechend abgestumpft).
Je öfter ich es mir jedoch ansehe, desto weniger möchte ich es aus den Händen legen. Die eindeutigen historischen Anleihen, die Linienführung und die verwendeten Materialien geben dem Messer einfach einen ungehörigen und einzigartigen Charme.
Hinzu kommt, dass das Messer nicht nur durch das Leder einen organischen Touch bekommt, sondern auch durch die kleinen Makel, die man hier und da findet und die einem zeigen, dass das Messer nicht der Ursprung eines nüchternen CNC Programms ist, sondern dass hier wirklich ein Mensch von Anfang bis Ende an der Erschaffung des Messers beteiligt war.
Diese Tatsache gibt dem Messer einfach eine eigenen Seele und den Charakter eines Einzelstücks. Wenn ich genauer darüber nachdenke, bin ich der Überzeugung, dass durch diese kleinen individuellen Merkmale tief im Inneren des Menschen Instinkte angesprochen werden, die sich über die Jahrtausende - in denen uns Messer mittlerweile begleiten - in unserer DNA festgeschrieben haben.
Insofern ist es wirklich schön, neben den technisch perfektionierten Messern - mit absoluter Symetrie und ausgeklügelten Materialien - auch solche zu haben, die einen an die eigenen Wurzeln erinnern, so abgehoben es auch klingen mag.
Nachdem ich jetzt viel philosophischer geworden bin, als ich eigentlich wollte, werde ich an dieser Stelle Schluss machen.
Ein detaillierter Fieldtest wird noch folgen sobald ich wieder die Zeit und Möglichkeit habe, in den Wald zu gehen. Bis dahin müsst ihr euch mit diesen Bildern begnügen.
Vielen Dank für eure Zeit und Geduld. Stay tuned!