Juchten "Old Merc"




  • Mit Roman habe ich ja schon seit mittlerweile mehreren Jahren über die klassischen Vietnam-Bowies gefachsimpelt. Mittlerweile hat er ja einige wunderschöne Messer in ungefähr den Abmessungen der klassischen Vietnam-Bowies gefertigt, also mit Klingenlängen zwischen sechseinhalb und siebeneinhalb Zoll, aber quasi von Beginn an haben wir auch über davon inspirierte Modelle mit anderen Klingenlängen nachgedacht. Vielleicht auch vor dem Hintergrund, daß die alten Jagdmesser mit oberen Bögen, die die Schöpfer der klassischen Vietnam-Bowies inspiriert haben, auch nicht alle gleich lang waren - und es z.B. mit Modellen wie dem Randall 4-8 auch spätere Modelle mit anderen Klingenlängen und ähnlicher Gestaltung der oberen Bögen gibt, die einen genaueren Blick wert sind....mehr als das, es gibt da einige wirklich schöne Messer :)



    (Old Merc hier noch mit kurzem Knauf)


    Mit dem M1 hat Roman mir vor geraumer Zeit ein sehr kompaktes und ultrarobustes Messer mit 8 mm Rückenstärke und 12 cm Klingenlänge gebaut. Ich weiß bis heute nicht, ob mich die Klinge, die bei kompakter und alltags- und wandertauglicher Länge für mich den Charme der Vietnam-Bowie-Form sehr schön einfängt, oder der Ledergriff mehr faszinieren soll. Durch diesen Ledergriff habe ich sozusagen "Blut geleckt" - so etwas Ergonomisches und Angenehmes habe ich bislang an Ledergriffen noch nicht in der Hand gehabt. Die "Kehrseite" der Fertigung eines nasatauglich-präzisen exakt auf 23 mm bemessenen Fingermulden-Radius, die ich in schrillen Schreien und Wutanfällen in der Schmiede, mindestens aber mittelalterlich finsteren Flüchen zu erahnen vermag, habe ich schnöde ausgeblendet und genieße einen Griff, der paßt wie ein Maßhandschuh :) Das Messer führe ich mittlerweile seit geraumer Zeit und bin vollauf zufrieden damit!



    Von Beginn an haben Roman und ich aber auch über größere Modelle nachgedacht, auch größere als das besagte Randall 4-8....und haben über die gattungstypischen Bögen an einem Neun- oder Zehnzöller gesprochen.



    Vor einiger Zeit hat sich dieser Gedanke zunehmend konkretisiert. Aus einem besonderen Anlaß heraus wollte ich mir in diesem Jahr ein besonders schönes Messer gönnen, gepfiffen auf 42a und EDC-Tauglichkeit, es sollte einfach ein Messer sein, das ein fettes Lächeln auf mein ebensolches Gesicht zaubern sollte bei jeder Gelegenheit, bei der ich es zur Hand nehme.



    Am Ende der Vorplanungen kristallisierte sich ein Entwurf mit elfeinviertel Zoll (285 mm) Klingenlänge bei einer maximalen Klingenhöhe von 48 mm und einer Rückenstärke hinaus, die sich von 8 mm an der Wurzel auf unter Viertelzoll im vorderen Bereich verjüngt. Dabei war mir besonders wichtig, zwar ein Messer in der Zwölfzöllerklasse zu bekommen, das jedoch möglichst leicht und führig sein sollte. Mit dem ebenso klingenlangen Mountain Man habe ich ja bereits ein großes, wuchtiges Bowie mit einer Schwungmasse im Kilobereich.


    Der vordere Rückenbereich ist geschärft (12 cm, vierdreiviertel Zoll), der nächste Bogen mit ebenfalls 12 cm ist eine Schor, könnte aber bedarfsweise leicht nachgeschärft werden. Durch diese Gestaltung und das Verjüngen der Klinge nach vorn hat Roman trotz der beachtlichen Maße das Kunststück fertiggebracht, das Gesamtgewicht des Messers auf vergleichsweise federleichte 680 g herunter zu bekommen, das finde ich phantastisch. Messer wie das TOPS Armageddon oder das Ontario Marine Raider Bowie wiegen bei mehr als anderthalb Zoll geringerer Klingenlänge nicht deutlich weniger!



    Die Bögen, wie das gesamte Messer, sind Roman ausgezeichnet gelungen, das Messer ist für seine Größe ungewöhnlich führig und wirklich SEHR scharf.



    Der Griff paßt nach Maß in meine "Kinderhand", durch die relativ tiefen und beidseitig herumgezogenen Fingermulden ist das Handling auch bei schnellen Schwüngen sicher. Zunächst war am "Old Merc" nur ein 10 mm kurzer gerader Knauf auf meinen Wunsch hin montiert - fliegen gegangen wäre das Messer auch so nicht. Ich habe nach kurzer Zeit aber bemerkt, daß ich mich (reine Kopfsache...) beim Schwingen zurückhielt, offenbar ein ähnliches Phänomen wie der weniger kraftvolle Stich bei "fehlendem" Parierelement bei geraden Griffen, auch wenn man es mangels tatsächlichem Verrutschen nicht gebraucht hätte....Roman war so verständnisvoll und großzügig, das Messer noch einmal zurückzunehmen und einen neuen eher klassischen Haumesserknauf dafür zu bauen: seitlich verbreiternd, 23 mm lang und mit einer typischen "Machetennase" am unteren Ende. So kann man es völlig beruhigt auch mit großem Schwung bewegen, für mich ist es so nunmehr perfekt.



    Trotz des noch immer vergleichsweise kurzen Griffs liegt der Schwerpunkt des Messers lediglich am Ende des mittleren Bogens und damit nur 45 mm vor dem PE, das ist nicht zuviel Vorderlast...


    Die Scheide, die in ihrer Stabilität dem Messer nicht nachsteht, ist unten so breit ausgeformt und symmetrisch gestaltet, daß das Messer darin seitenwahlfrei getragen werden kann, die Gürtelschlaufe ist zweigeteilt und gestattet wahlweise tiefes oder hohes Tragen am Gürtel.


    Roman, das ist wirklich saubere, gediegene Arbeit, die ich zu schätzen weiß.
    Vielen Dank für Deine Kunst, Sorgfalt und Geduld und im Ergebnis für dieses sehr schöne Messer.
    Auf Dein Wohl hebe ich mein Glas :)


  • Tolles Messer und eine schöne Vorstellung. Ich kann das mit dem nun längeren Griff gut verstehen.
    Restzweifel bei der Benutzung sind nicht immer begründet aber sie sind eben da. Wenn man einen Macher an der Seite hat, der das selbst beheben kann, um so besser. Das ist auch bei mir der einzige Weg solche Zweifel zu beseitigen, denn durch Hemmungen beim Benutzen wird man sie anders nicht los.


    Viel Spaß mit dem Teil! :thumbup:


    Roman: :hatsoff:

    Es gibt nichts Gutes, außer man tut es

  • Das ist wirklich ein richtig geiles Teil! Endlich mal jemand der auf große Messer steht!
    BEST KNIFE DESIGN 2014 , der Schmied muss Saarländer sein! ;)
    Micha, da hast du echt einen Wahnsinns Fighter bekommen!

  • Das ist mal ein Bowie!


    Da ich mich, was Romans Messer betrifft, ja sowieso nur noch in Form von Superlativen auszudrücken vermag, kann ich auch hier nur das Wort Spitzenklasse verwenden! Bezüglich des Griffes aus Lederscheiben, kann ich mich da nur anschließen. Auch ohne Fingermulden, wie bei meinem Puukko, ist die Ergonomie / Haptik des Griffes derart angenehm, dass man sich förmlich zwingen muss das Messer wieder aus der Hand zu nehmen.


    Wenn Dir der Anblick dieses Messers nicht jederzeit ein Lächeln ins Gesicht treibt, dann müsstest Du aber dringend zu einem Arzt. ;)



    Glückwunsch & viel Freude mit dem schönen Messer!


    Gruß
    Andreas

    Amicus certus in re incerta cernitur!

  • Ich sage einfach nur PRÄCHTIG!
    Eure "Weiterentwicklung" dieses Klassikers bleibt im wesentlichen dem Original treu und das finde ich toll.

    MfG, Joachim
    Nachrichten bitte per E-Mail.

  • Klasse Messer hast du dir da bauen lassen, irgendwann bekomm ich auch ein Vietnam Bowie von Roman :thumbup:



    Das "Design" mit den Abmessungen hab ich glaub ich schon irgendwo gesehen :D

    Mfg Andreas




    Ist das Spiel vorbei, landen Bauer und König in der selben Kiste.

  • Scheiß die Wand an!
    Ich weiß jetzt nicht, welches der unterschiedlich großen Messer mir besser gefällt. Sie sind alle herrlich!

    "Eet watt gor is, schnack watt wohr is und drink watt kloar is!"

  • Heja Micha


    Da hat dir Roman ein sehr schönes Vietnam-Bowies nach deiner Vorstellung gebaut. 8o Viel Spaß damit.



    LG


    Sacha

    „Wenn du Frieden willst, redest du nicht mit deinen Freunden. Du redest mit deinen Feinden.“

  • Gefällt mir super!
    Ein tolles Messer Micha meinen Glückwunsch


    LG
    Denis

    Messer? Reichart! / Kydex? Auch daher!
    Lederschmiede Untermain, sonst soll es keiner sein

  • Wieder mal ein sehr sehr schönes messer von roman...

    ICH HABE GAR KEINE SIGNATUR

  • ...tja,ab sofort darf Jasmin wohl definitiv keine grösseren Fleischstücke zerkleinern - da würde dann ein apokalyptisch/entsetztes "NEEEEEIIIIIN - ICH WILL !!!" durchs Münsterland schallen,welches selbst den Postboten Klötenkötter vor der Auslieferung weiterer Pakete an den Haushalt "Micha M." abhalten würde (wahrscheinlich lässt er sich danach in eine ruhigere Postfiliale versetzen; Grönland z.B.,oder die Färöer-Inseln...).


    Roman,klasse Arbeit :thumbup: Micha,viel Spass mit dem Teil :stabby:

  • ...den habe ich, mein Freund! :)


    Auch wenn das Vergnügen hoffentlich zeitlebens ein friedliches bleibt und zerteiltes Fleisch das für die heimische Tafel ist, kann ich mir natürlich ne Antwort nicht verkneifen, Centurio :)
    In Zeiten, in denen Messer noch viel häufiger eine Rolle im Kampf spielten, waren sie meist größer als die schlanken und sehr schnellen Vier- bis Fünfzöller, die wir möglichst unauffälligen urbanen Streuner heute meist bevorzugen. In den alten Fechtbüchern sind die Dolche auch als Sekundärwaffen meist "ein fußlang Eisen". Und die Geschichte mit Jim Bowie und seinem auch damals auffällig großen Messer, das ihm auf dieser berüchtigten Sandbank angeblich das Leben rettete, hat ja auch einen wahren Kern.
    Auch in den FMA wird neben dem Umgang mit den sehr schnellen kurzen Waffen auch der Umgang mit zwölfzölligen und längeren Klingenwaffen gelehrt. Was die an Wendigkeit nicht bringen, gleichen sie oft durch Reichweite und vor allem durch die Wucht im Hieb aus: Blocken bedeutet da nicht mehr das Dazwischenhalten des eigenen Unterarms, sondern Handverlust :) Man darf auch nicht vergessen, daß das Messer mit seinen 680 g noch erstaunlich gut manövriert werden kann und nicht lahm und nur wuchtig ist....


    Aber sei es drum, auch das Greybeard hat ja bislang nur Wildbret zerlegen müssen und dürfen, nach der Session hier im Garten mit einem mit dem Entermesser zerteilten Wildschwein schockt meine Nachbarn kaum noch was :)
    Jedenfalls ist das Old Merc auch im Friedlichen einfach ein Vergnügen, im Unfriedlichen sicher aber nicht sinnfrei...










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