Review: Böker Plus Pogn DCW (Ben Bawidamann Design)

  • Habe ich die Kooperationen als Bökers größte Errungenschaft der letzten Zeit beschrieben? Ich muss mich bestätigen: Es ist ein stetig sprudelnder Quell der Freude. Als ich vor einigen Wochen die erste Ankündigung der Kooperation mit Bawidamann Blades* sah, war ich wirklich ganz aus dem Häuschen. So ein Bawidamann-Messer habe ich schon sehr lange im Auge, aber ganz so einfach kommt man an die ja gar nicht ran - vom nötigen Kleingeld mal abgesehen.


    In diese Bresche springt nun Böker in der Plus-Produktlinie mit dem Pogn DCW. Ist es an sich schon bereits durchaus erschwinglich, hatte ich die Gelegenheit, das Exemplar aus der Fotoaktion von Xpedition-Company zu erwerben. Bastian gehört in diesem Geschäft zu den leidenschaftlichen Händlern, die eigene Fotos der Produkte veröffentlichen, die sie verkaufen. Dazu müssen die Messer verständlicherweise ausgepackt werden, was sie zu "Gebrauchtware" macht, obwohl sie noch nie etwas geschnitten haben. Entsprechend großzügig finde ich es, dass Bastian diese Exemplare zu deutlich günstigeren Preisen abstößt - und es lohnt sich immer, da mal reinzuschauen, und sei es nur wegen der Inspiration. Da muss man bei vielen Angeboten ohnehin schnell sein - und diesmal habe ich es eben geschafft :thumbup:


    Im Gegensatz zum "Original" hat die Böker-Version keine zweischneidig geschliffene Droppoint-Klinge, was der deutschen Gesetzeslage durchaus entgegenkommt. Dennoch ist es keine plumpe Klinge, sondern wirkt durch die komplett durchgehende falsche Schneide auf der Oberseite ausgesprochen filigran und elegant. Dazu trägt natürlich auch der große Durchbruch in der Klinge bei. Ich habe bis heute nicht so recht verstanden, was dieses riesige Loch abseits der deutlichen Gewichtsreduzierung bewirken soll, aber die Optik weiß durchaus zu gefallen. Kann man damit vielleicht Schäkel öffnen? Hab leider keine da, mit denen ich es ausprobieren könnte... Interessant und neu für mich ist, dass die Schneide vor dem Fingerschutz "abgesetzt" ist. Und das ist auch beim Original genau so gestaltet. Bei meinen anderen Messern geht die Schneide entweder direkt in den Fingerschutz über und bildet mit diesem eine Linie oder ist jedenfalls durch eine Schleifkerbe abgesetzt - aber auch da nicht in der Höhe. Welche praktischen Auswirkungen hat das? Ich stelle mir vor, dass einerseits die leichtere Schärfbarkeit und andererseits die Möglichkeit, diese Ecke als Sekundärspitze zum Ritzen (bspw. von Klebeband) zu nutzen, für diese Ausgestaltung sprachen.


    Das stärkste funktionelle Design-Element ist allerdings der skelettierte und mit Paracord umwickelte Griff. Der mehrfach durchbrochene Griff bietet einer Menge Paracord Platz. Davon ist einer großer Teil so gewickelt, dass er "innen" liegt und daher weniger Schmutz und Reibung ausgesetzt ist. So bleibt die Wicklung länger haltbar und das Paracord ist im Notfall wohl auch zuverlässiger nutzbar. Abseits von dieser Funktion bewährt sich der Griff natürlich auch in seiner Hauptaufgabe. Er liegt satt in der Hand und weist Fingermulden auf, die auch das Bedienen mit Handschuhen gestatten. Die Riffelung ist nicht zu aggressiv, könnte aber bei längerer Arbeit schmerzhaft werden. Handschuhen dagegen bietet die Daumenablage ordentlichen Halt.


    Die Scheide entspricht nicht dem originalen Design, was ich im Grunde begrüßen kann, da das Original zunächst einmal aus dem wenig geliebten Boltaron besteht und meines Erachtens auch viel zu kantig ist. Es handelt sich beim Böker-Modell vielmehr um eine einfache, aber funktionale Kydex-Scheide mit ausreichend Wandstärke und entsprechender Retention. Ganz wackelfrei ist es nicht, aber es hält. Die Daumenrampe ist ein wenig zu klein geraten, reicht aber gerade so aus, um das Messer sicher zu ziehen. Dazu gibt es fünf TekLok-kompatible Montage-Löcher. Ich bin persönlich eher ein Freund von Pancake-Scheiden, aber man kann ja nicht alles haben.


    In der Praxis bewährt sich das Pogn leider eher eingeschränkt. Im Kücheneinsatz ist es absolut untauglich. Zunächst wegen des Lochs in der Klinge und eben auch wegen der Paracord-Wicklung, die natürlich nur schwer zu reinigen ist. Trotzdem geht das Messer ganz gut durch Tomaten und Mozzarella, wenn man es darauf anlegen möchte...


    Im Vergleich zu zwei anderen Messern: Das Pogn DCW baut samt Scheide in etwa so groß wie das Bastinelli R.E.D., trägt sich aber aufgrund des runderen Griffabschlusses etwas angenehmer unterm Hemd. Das Extrema Ratio Compact liegt für den besseren Vergleich da, da die Modellreihe sehr bekannt ist - in der Länge sind sich die Messer recht ähnlich, das Pogn DCW ist natürlich deutlich schlanker :)


    2014-10-18 - Böker Plus Pogn DCW.jpg 2014-10-18 - Böker Plus Pogn DCW - Bawidamann.jpg 2014-10-18 - Böker Plus Pogn DCW - Böker.jpg
    2014-10-19 - Böker Plus Pogn DCW - Erl.JPG 2014-10-19 - Böker Plus Pogn DCW - Kydex.jpg 2014-10-19 - Böker Plus Pogn DCW - Vergleich, ERC, R.E.D..jpg


    In-Hand-Fotos (Handschuhgröße 8,5-9):
    sabre grip
    2014-10-19 - Böker Plus Pogn DCW - sabre grip (open).jpg 2014-10-19 - Böker Plus Pogn DCW - sabre grip.jpg


    reverse grip
    2014-10-19 - Böker Plus Pogn DCW - reverse grip (open).jpg 2014-10-19 - Böker Plus Pogn DCW - reverse grip.jpg



    * Ben ist der Messer-Designer, Andrew Bawidamann macht die Military Pinups, wenn ich das richtig verstanden habe.


    Ein wenig Eigenwerbung: das gleiche Review in meinem Blog.

    "Having a suitable light is analogous to being able to change the weather."
    --- Andy Stanford, Fight at Night

    7 Mal editiert, zuletzt von derLichtschalter ()

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