So langsam reicht es mit den Böker-Collaborations? Ok. Aber eine hab ich doch noch: Das Böker Plus Colubris aus der Feder des amerikanischen Messermachers DJ Urbanovsky - dem Gründer und einzigen Beschäftigten der Firma American Kami. "Kami" stammt aus dem Nepalesischen und bezeichnet dort eine Kaste von Waffenschmieden, die insbesondere für die Fertigung von Khukuri-Haumessern bekannt ist. Urbanovsky fand diesen Hintergrund wohl recht spannend. Das Colubris ist sein bekanntestes Custom- bzw. Midtech-Modell (neben anderen ähnlich spannenden Entwürfen) und wurde bereits letztes Jahr von Böker in einer Production-Version auf den Markt gebracht. Es hat leider erst jetzt den Weg zu mir gefunden - aber besser spät als nie. Das Custom/Midtech (?) hat rumpeltroll schon vor zwei Jahren hier präsentiert: Vorstellung American Kami "Colubris" - Das Böker-Modell hat balinzwerg schonmal mit dem Bastinelli/Max Assaulite Compact verglichen.
Das Messer kommt natürlich in der bekannten schwarzen Schachtel von Böker Plus, mit dabei ist wie üblich die schwarze Gürtelklemme.
Urbanovsky ist ja eigentlich bekannt für seinen Chisel-Grind. Beim Design des Colubris hat er dankenswerterweise darauf verzichtet und auch Böker hat das nicht anders umgesetzt. Die Klingenstärke beträgt anders als von Böker angegeben eher 4,9 als 4,6 mm. Die volle Stärke behält die Klinge bis etwa 5,4 cm hinter der Spitze. Immer noch die halbe Stärke hat man etwa 1,5 cm hinter der Spitze. Die Klingenlänge kann man auf unterschiedliche Weise messen: Je nach Ansatz kommt man da auf den angegebenen Wert von 10,9 cm oder eben nicht. Bis zum Handschutz beträgt die Länge jedenfalls etwa 11,3 cm, tatsächlich scharf sind davon nur 10,2 cm.
Die Sheepfoot-Klinge hat einen leichten Bauch, was die Schneideigenschaften positiv beeinflusst, und der Flachschliff ist an der höchsten Stelle immerhin auf 2,6 cm an der bis zu 3,8 cm hohen Klinge hochgezogen. Die Werksschärfe ist recht ordentlich. Das Stonewash-Finish sieht unempfindlich aus und lädt zu intensivem Gebrauch ein.
Die Griffschalen aus grünem G10 sind an drei Stellen mit dem durchgehenden Erl verschraubt. In den Kunststoff wurde anstatt eines "Groovings" oder einer ähnlichen Strukturierung das Logo von Urbanovsky gefräst. Das erhöht genausogut die Griffigkeit und sieht noch dazu recht pfiffig aus. Am Ende befindet sich kurz vor dem als "universelles Schlagelement" ausgeformten, hervorstehenden Stück Erl ein meines Erachtens viel zu kleines Lanyard-Loch. Die Schrauben sind jedoch allesamt hohl und erlauben so gewisse Gestaltungsfreiheiten für Lanyards oder andere Griffsicherungen. Ein ausgeprägtes unteres Parierelement verhindert jedoch bereits sehr effektiv ein Abrutschen auf die Klinge. Die wenigen Riffelungen (vier Dreiergruppen oben auf Klinge und Griff, eine Gruppe am Griff hinten unten) sind tief, rund und auch ohne Handschuhe sehr angenehm.
Die Scheide ist sehr lang und deckt den Zeigefingerbereich des Colubris vollständig ab. Deswegen sitzt das Messer nicht allzu schlecht in der Scheide - besser angepasst könnte sie meines Erachtens aber schon sein, da die Retention eher bescheiden (aber immerhin vorhanden!) ist. Über die Schneidenseite verteilen sich vier Hohlnieten, vor der Spitze und über der falschen Schneide sitzen je eine weitere Niete - Montagemöglichkeiten hat der Anwender somit genug. Die Daumenrampe ist recht gut ausgeformt - leicht ziehen lässt sich das Messer allemal.
Gedacht ist das Colubris für den Fechtgriff. DJ Urbanovsky beschreibt es so, dass aufgrund der sehr großen Daumenmulde ein sehr anschmiegsamer Griff des Messers möglich ist. Noch dazu hat man durch den weit vorne liegenden Daumen sehr gute Kontrolle über die Klingenspitze. Auch der Zeigefinger ließe sich bei Bedarf dort auflegen.
Auch im Reverse-Grip greift sich das Messer gut. Das Schlagelement am Griffende fasst sich dabei nicht zu unangenehm und kann dem Daumen als Ablage dienen. Meine Handschuhgröße ist im Übrigen 8,5-9.
Die Klinge gleitet mühelos durch einen Block mittelalten Gouda-Käse. Das Würfeln einer Zwiebel ist dagegen eher kein Vergnügen, das gleicht in der Präzision eher dem Spalten von Holz. Schnitzen tut das Colubris ganz gut - auch etwas feinere Arbeiten sind möglich - man sollte bei der Klingenstärke aber nicht allzu viel erwarten (und da käme der Chisel Grind ins Spiel...).
Den Vergleich mit anderen Messern muss das Colubris keineswegs scheuen. Es baut fast so groß wie das Bastinelli R.E.D., hat jedoch eher die Geometrie des etwas kleineren Extrema Ratio TASK C. Und auch wenn es das bei weitem günstigste dieser drei Modelle ist, kann ich mich über Verarbeitungsqualität oder Materialmängel nicht beschweren. Ich mag es
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