Review: Zero Tolerance 0200 (Ken Onion Design)

  • Bitte nicht schlagen - aber ich mache hier ernsthaft ein Review eines mittlerweile seit 8 Jahren verfügbaren Messers. Aber ich sehe dieses Forum - ganz persönlich - auch als eine Art Datenbank von informativen Userpics und subjektiven Meinungen - dazu möchte ich auch hiermit beitragen. Nachdem ich ja in den letzten Monaten einige Reviews von Böker-Collaborations (Coye, Krein, Bawidamann, Urbanovsky) gemacht habe, ist endlich mal wieder ein anderer Hersteller dran: Zero Tolerance in Zusammenarbeit mit Ken Onion.


    Ich kaufe, wie man vielleicht anhand der anderen Reviews sieht, lieber Fixed, aber wenn ich mir doch mal wieder einen Folder gönne, dann einen, der ein Fixed ist - wenn ihr versteht, was ich meine :D Das diesem Kriterium augenscheinlich entsprechende Zero Tolerance 0200 stand schon sehr lange auf meiner Wunschliste, aber die Preiserhöhungen bei ZT im Frühjahr dieses Jahres haben mir da durchaus einen Strich durch die Rechnung gemacht - ganz pauschal und ohne Wertung. Nun kam ich durch einen Deal hier im Forum bei einem guten Preis zu einem kaum gebrauchten Exemplar aus der Zeit der alten Preise.
    2014-11-27 - Zero Tolerance 0200.jpg 2014-11-27 - Zero Tolerance 0200 - Ken Onion.jpg
    Insgesamt fällt im Vergleich zu einem Pohl Force Alpha 3 (hier mit tollen grünen Schalen von Cu.Sca.Di, Klinge-Griff-Verhältnis 1:1,32) die doch etwas geringere Größe auf, trotz der ähnlichen Konzeption als "Klopper". Fast 2 cm weniger Länge im geschlossenen Zustand bei einer nur 1 cm kürzeren Klinge spricht im Verhältnis jedoch mehr für das ZT0200 (Klinge-Griff-Verhältnis 1:1,27). Ein TFDE F9 wirkt neben den beiden geradezu zierlich. Ein konzeptionell ähnliches Fixed ist wohl das ER TASK C, das mit ähnlicher Klingenlänge und -stärke aufwarten kann.
    2014-11-27 - Zero Tolerance 0200 - Vergleich, PFA3, ERTFDEF9.jpg 2014-11-27 - Zero Tolerance 0200 - Vergleich, PFA3, ERTC.jpg



    Klinge
    Geöffnet wird die Klinge per Flipper oder Daumenpin. Auch wenn sie nicht kugelgelagert ist, sondern nur auf Bronze-Washern läuft, flippt die Klinge auch ohne Schleuderbewegung auf wie Schmitz' Katze.
    Die mittelspitze Klinge, deren Optik durchaus vergleichbar ist mit dem Pohl Force Alpha 2, weist auf ihren 10,2 cm Länge eine Droppoint-Form mit stark ausgeprägtem Bauch und Recurve-Bogen auf und entspricht damit den augenfälligsten Design-Elementen, die man von Ken Onion unter anderen kennt. Der Recurve sorgt trotz der 4 mm Klingenstärke für gefällige Schneideigenschaften. Auch wenn der Flachschliff an der bis zu 3,2 cm hohen Klinge sehr hoch gezogen ist, so ist das ZT0200 knapp oberhalb der Schneidfase immer noch fast 1 mm stark. Das habe ich schon "besser" gesehen - wobei das eben relativ ist, da man dabei immer berücksichtigen muss, welchen Kompromiss zwischen Meißel und Messer der Hersteller finden wollte. Jedenfalls schneidet das ZT0200 für einen solchen "Brecher" recht angemessen durch diverse Nahrungsmittel - trotzdem würde ich dem Messer auch zutrauen, "taktischere" Aufgaben zu vollführen.
    Dazu trägt auch bei, wie die Klinge im Griff sitzt. Eine massive Achsschraube, ein Stoppin, der sich in einer "Tasche" versenkt und 2 mm dicke Liner - das ZT0200 wirkt stabiler als so mancher Framelock. Außerdem mag ich Linerlocks. Framelocks mögen stabiler sein, aber Linerlocks bedienen sich einfach komfortabler.
    2014-11-27 - Zero Tolerance 0200 - Linerlock.jpg


    Ich äußere mich ja recht selten zum Stahl eines Messers - ich bin weder Metallurg noch Schmied und es gibt hier im Forum auch genügend Experten (und andere erfahrene Anwender), die das deutlich besser wissen als ich. Aber ich habe ja auch Vorlieben. Und irgendwie hängen geblieben ist an mir die etwas irrationale Vorliebe für 154CM. Eine Klinge aus diesem Stahl gab es damals als "Bonus" für den Kauf der CX-Version des Leatherman Skeletool, dessen Klinge sich bis heute wirklich bewährt hat. Der Stahl bleibt lange scharf und lässt sich vergleichsweise leicht schärfen. Andere Stähle mögen besser sein: Der beliebte CPM-S30V (den ich bspw. an meinem Fantoni C.U.T. Fixed durchaus auch zu schätzen gelernt habe) bleibt beispielsweise viel länger scharf, aber für meine Fähigkeiten im Schärfen ist er recht aufwändig zu bearbeiten; eine Klinge aus 440C lässt sich dagegen sehr leicht wieder auf Vordermann bringen, aber bleibt eben nicht lange so. 154CM ist für meine Verhältnisse ein toller Kompromiss mit einer Tendenz in Richtung besserer Nachschärfbarkeit.

    "Having a suitable light is analogous to being able to change the weather."
    --- Andy Stanford, Fight at Night

    2 Mal editiert, zuletzt von derLichtschalter ()

  • Der Griff gehört zu den großen Stärken des ZT0200. Die runde Optik der Klinge setzt sich hier fort und sorgt für eine ausgeprägte Zeigefingermulde, einen dicken Bauch und ein schmales Ende. Dabei verschwindet die Klingenwurzel im geschlossenen Zustand mehr oder weniger im Griff, wobei das Jimping noch hervorragt.
    2014-11-27 - Zero Tolerance 0200 - Pivot.jpg 2014-11-27 - Zero Tolerance 0200 - Clip.jpg


    Die an den Rändern abgerundeten Griffschalen sind nicht nur spaltfrei und ohne Überstände angepasst, sondern auch eingemuldet, um am Zeigefinger einen bequemeren Griff zu gewährleisten und im hinteren Bereich mit über 20 mm Dicke das Abrutschen vom Griff zu verhindern. Dabei liegt der Bauch mit fast 19 mm Dicke satt in der Hand. Die Strukturierung der Schalen sorgt für sicheren Halt auch mit Handschuhen und wird optisch oft mit Krokodilleder bzw. generell Echsenhaut verglichen. Ebenfalls trägt dazu die Daumenrampe bei, deren Riffelung bei bloßer Hand nicht unangenehm ist. Allerdings befindet sich die Riffelung nur auf dem Klingenrücken und wird nicht im Griff fortgesetzt, was mit Handschuhen spürbar weniger Griffigkeit bietet.
    2014-11-27 - Zero Tolerance 0200 - Ramp.jpg 2014-11-27 - Zero Tolerance 0200 - Back.jpg


    Die Griffsicherheit mindert das aber nicht im geringsten: Zur Sicherung des Griffs nach vorne sorgen insbesondere die ausgeprägte Fingermulde und der Flipper, der im ausgeklappten Zustand als Handschutz fungiert und die Daumenmulde effektiv erweitert. Meine Handschuhegröße beträgt im Übrigen 8,5-9.
    2014-11-27 - Zero Tolerance 0200 - Sabre Grip (open).jpg 2014-11-27 - Zero Tolerance 0200 - Sabre Grip.jpg


    Auch im Reverse-Griff lässt sich das Messer gut greifen. Ich brauch's nicht - aber es geht gut.
    2014-11-27 - Zero Tolerance 0200 - Reverse Grip (open).jpg 2014-11-27 - Zero Tolerance 0200 - Reverse Grip.jpg


    Im geschlossenen Zustand bekommt das ZT0200 Kubotan-Qualitäten. Der Daumen kann bequem in der Mulde am vorderen Ende ruhen, das runde untere Ende gewährleistet ordentlichen Impact, jedoch ohne Penetrationsrisiko.
    2014-11-27 - Zero Tolerance 0200 - Kubotan (open).jpg 2014-11-27 - Zero Tolerance 0200 - Kubotan.jpg



    "Tragesystem"
    Der Clip ist recht stramm, lässt sich aber problemlos einhändig über den Saum der Jeans-Tasche schieben. Außerdem lässt er sich vierfach versetzen oder eben ganz demontieren. Für diese Lösung habe ich mich mittlerweile entschieden, da ich das Messer in einem Holster tragen möchte. Vorläufig handelt es sich dabei um die erste Version des Holsters, das 75tactical für das Pohl Force Alpha entworfen hat. Das ZT0200 passt gut hinein und es trägt nicht übermäßig auf. Auf Dauer lasse ich mir vielleicht mal ein Pancake-Holster aus Leder anfertigen, damit das Messer mit noch etwas weniger Profil an der Hüfte Platz findet...




    Ein wenig Eigenwerbung: das gleiche Review in meinem Blog.

    "Having a suitable light is analogous to being able to change the weather."
    --- Andy Stanford, Fight at Night

    7 Mal editiert, zuletzt von derLichtschalter ()

  • Heja derLichtschalter


    Wieder ein super Review von dir. 8o Das ZT0200 gefällt mir auch gut.
    Muss mich noch in deinen Blog durcharbeiten.


    LG


    suomi70

    „Wenn du Frieden willst, redest du nicht mit deinen Freunden. Du redest mit deinen Feinden.“

    Einmal editiert, zuletzt von suomi70 () aus folgendem Grund: Korrektur

  • Ist eben ein Klassiker, zwar ein mit dem 030x verglichen "stiefmütterlich" behandelter, aber dennoch ein Klassiker. ZT sollte lediglich mal Deep Pocket Clips in die Modellpflege miteinfließen lassen, dann aber bitte nicht "umlackierte" minimalistische Kershaw Clips (verhaut imho optisch das 0770/CF schon etwas), sondern aus Titan und mit ansprechenderem Design.


    ich trage mein 0200 nur selten da es doch recht wuchtig ist, das 0301 wandert öfter mit.

  • Du findest das 200er wuchtiger als das 30x?


    Von den Abmessungen geschlossen sind die ja quasi genau gleich. Und vom Gewicht ist jetzt auch nicht mehr so viel Unterschied zu merken. Aber ausgeklappt hat das 200er eine elegantere Klinge, wenn man das in der Kategorie überhaupt so sagen kann :D


    Übrigens ich finde den Clip vom 550 Gen2 sehr gut, weiss ned was das für ein Material ist, denke aber kein Titan, sondern ein normaler Edelstahl.

    Und Gott sprach Es werde Licht! Und es ward Licht.
    Genesis 1:3

  • Danke fürs Review, ich mag das Messer sehr. Was mich etwas stört ist der "Buckel" oben am Griff. Bei längeren Arbeiten wie z.B. Schnitzen, drückt er unangenehm in die Hand. Vielleicht ist das aber nur bei mir so.

    Das Geheimnis der Freiheit ist der Mut.
    -- Perikles

  • Danke euch :)


    Was den Buckel angeht: So viel hab ich damit noch nicht geschnitzt. Bisher geht es eigentlich. Küchenarbeit macht das ZT0200 aber ganz easy (wenn auch etwas gröber) :D

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    --- Andy Stanford, Fight at Night

    Einmal editiert, zuletzt von derLichtschalter ()

  • Danke für die Vorstellung.
    Ich finde den Clip beim 0200 unangenehm stramm. Beim ziehen zieht es einem eher die Hose hoch als das Messer aus der Tasche, ähnlich dem Clip von Cold Steels Hold Out. Bei "tactical pants" mit verstärkten Säumen an den Stellen geht das dann gar nicht mehr.


    Gruß Merc

    People are tribal. The more settled things are, the bigger the tribes can be. The churn comes, and the tribes get small again.
    IG: @mgph.edc

  • Ich habe den Clip im Moment auch wieder drangeschraubt, es aber bisher nur an einer normal-dicken Jeans und an meiner Fjällräven G-1000-Hose ausprobiert. Letztere ist ziemlich dünn und ich habe keine Probleme mit dem Versorgen des Messers (aktuell: hintere linke Hosentasche, also sogar erschwert, weil: "schwache" Seite). Bei der Jeans ist es schon ein bisschen schwieriger, aber ich behaupte, dass das eher an der Struktur des G10 liegt. Den Clip kann man ja vorsichtig durch biegen etwas schwächer machen...


    Außerdem flippt es. Vielleicht nicht so schön wie ein ZT030x (hatte ich zwar noch nicht, aber Speedsafe kenne ich von diversen Kershaws...), aber es flippt. Und ich mag das :D

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    --- Andy Stanford, Fight at Night

    Einmal editiert, zuletzt von derLichtschalter ()

  • Da musst du dann darauf achten wie sich das ziehen des Messers auf den Saum ausiwrkt, das G10 ist schon ziemlich rau, wenn der Clip stramm sitzt macht sich das schnell am Stoff bemerkbar.
    Den Clip etwas softer zu biegen ist schwer möglich, das G10 könnte man unterm Clip etwas abschleifen, das sieht aber imho nicht besonders schön aus. Da lob ich mir den Custom Titanclip den ich vor kurzem fürs 0300 bekommen habe, der ist zuimidnest ws das anlangt weit besser...dafür ist er optisch zu filigran für das Messer.

  • Ja, das Problem mit dem Verschleiß an der Hose sehe ich auch. Da ist es auch relativ egal, ob der Saum verstärkt ist, oder nicht. Auch 1000D Cordura ist irgendwann durch...
    Ziel ist weiterhin ein Lederholster - dann braucht es auch keinen Clip mehr. Ich berichte, wenn es soweit ist.

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    --- Andy Stanford, Fight at Night

  • Schönes Review - ich hab noch eins der ersten ZT200 (seinerzeit für rund 180 € gekauft),neben dem Extrema Ratio MPC ist das immer noch mein liebster Klapper. :thumbup:


    ...so ist das ZT0200 knapp oberhalb der Schneidfase immer noch fast 1 mm stark. Das habe ich schon "besser" gesehen


    Das mit der "dicken" Spitze könnte daran liegen,dass ZT bei den späteren Generationen der 200er die Klinge minimal gekürzt hat,da manch ein Kunde beim ziehen des Messers (bei Tip Up-Trageweise) mit dem Daumen in die Spitze des geschlossenen Messers gegriffen hat.Ich übrigens auch... :rolleyes:


    Die Griffstruktur war mir persönlich ein wenig zu glatt,daher hab ich die Schalen abgeschraubt und bin mit dem Dremel drübergegangen; das sieht nun so aus:


    zt..JPG zt...JPG


    Die Oberfläche ist nun ein wenig rauher.

    Einmal editiert, zuletzt von rumpeltroll ()

  • Danke, Rolf. Ich meinte mit dem 1 mm aber gar nicht die Spitze, sondern die Dicke der Primärfase oberhalb der Sekundär-/Schneidfase bspw. am Recurve-Bogen - das hätte ich vielleicht etwas genauer beschreiben sollen. Bei meinem Fantoni C.U.T. Fixed, das bei gleicher Klingenstärke nur geringfügig weniger hoch baut, ist die Primärfase direkt an der Schneide deutlich dünner, der Anschliff erfolgte also mit einem größeren Winkel.


    Dein ZT0200 sieht sehr elegant aus, top! Was mir da nur auffällt: Die Beschriftung auf der Klinge hat sich verändert. Bei dir "fehlt" der Schriftzug "Ken Onion Design" und die Stahlsorte und Seriennummer stehen an einem anderen Ort.

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    --- Andy Stanford, Fight at Night

  • Danke für die Vorstellung. Auch wenn das Messer im Moment nicht so mein Fall ist finde ich es immer schön, auch einmal etwas zu Modellen zu lesen, die so bekannt sind, das kaum noch jemand etwas dazu schreibt. Das führt im Extremfall dann dazu das es kaum Anwenderreviews zu bekannten Modellen existieren.
    Also nochmal vielen Dank für das Überwinden dieser vermeintlichen "es kennen ja alle schon"-Hürde

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