Frage zu 1.2842-Stahl

  • Moin!


    Ich hoffe, die Stahlexperten unter euch können mir helfen...


    Ich habe mir ein Messer aus einem Stück 1.2842-Stahl gebaut (AISI O2, mehr bspw. hier: http://www.stahlnetz.de/a/98-W…ation-Stahllexikon-1.2842). Dabei gibt es einige Auffälligkeiten:


    - die WB hat definitiv funktioniert, wobei der Stahl aber nicht (sichtbar) glühte
    - das Messer war nach der WB nur noch sehr, sehr schwer zu bearbeiten, ist also sehr(!) hart geworden
    - nach gründlichem Schärfen (Sharpmaker) ist es das wohl schärfste Messer im Haus - es "gleitet" nur mit Eigengewicht gezogen durch eine Tomate ebenso wie durch Kartoffeln, allerdings...
    - entwickelte die Klinge bei dem Kartoffeltest einen unangenehmen Geruch und
    - Chilischoten haben die Klinge nach wenigen Sekunden angegriffen (Verfärbung konnte ich wieder abrubbeln)


    Fragen:


    - ist das so "normal" bei dem Stahl?
    - ist der überhaupt als Messerstahl zu benutzen? (Stand beim Händler jedenfalls drauf...)
    - ist der Geruch bei der Kartoffelverarbeitung ein Hinweis auf gesundheitsschädliche Prozesse?
    - wie kriegt man die Klinge resistenter gegen Chilis?


    OK, vielleicht kann mir ja jemand helfen?


    Vielen Dank und alle Grüße
    o:dee

    "When steel meets flesh make sure you hold the steel." (T. Pratchett)

  • Grundsätzlich ist der Stahl ein ganz hervorragender niedriglegierter Messerstahl. Bei Kontakt mit säurehaltigen Lebensmitteln kann es nach meinen Erfahrungen zu Verfärbungen kommen. Geruch konnte ich bis jetzt nicht feststellen. Hab aber auch noch nie Chillis oder Kartoffeln damit geschnitten.
    Der Stahl hat bei richtiger Wärmebehandlung ein feines Gefüge mit sehr guter Schnitthaltigkeit. Ich verarbeite diesen Stahl sehr oft:thumbup:


    Hast du denn eigentlich den Stahl nach dem Härten angelassen? Hört sich auch nicht so an als ob du viel Erfahrung mit dem Härten hättest?
    Ich lasse jedenfalls nach einigen kläglichen Selbstversuchen nur noch vom Profi härten. Nur nach Glühfarben härten erfordert wirklich Erfahrung und ein geschicktes Händchen.


    Gruß


    AccuBond

  • Hallo,


    die WB hat definitiv funktioniert, wobei der Stahl aber nicht (sichtbar) glühte


    Hm, war es vielleicht beim Härtevorgang taghell, so das Du die Glühfarbe nicht sehen konntest?
    Das ist nicht so gut, weil man die Temperatur nicht abschätzen kann.


    Um Stahl zu Härten braucht es schon eine gewisse Temperatur (Überhitzen muss aber auch unbedingt vermieden werden).
    Dann muss der Stahl eine gewisse Zeit bei der Temperatur gehalten werden, dann wird er abgeschreckt.
    Bald darauf erfolgt ein Anlassvorgang.


    Wenn Du die nötige Härtetemperatur nicht erreicht hast wird es wohl nur ein Normalisieren gewesen sein....
    ansonsten eine Ferndiagnose recht schwer ohne Bilder, Härteprüfung o.ä.
    Roman (Juchten) hat hier im Forum schon viel über Stahl und die Zusammenhänge geschrieben.


    Aber um noch auf Deine Frage zurück zu kommen:
    Der 90MnCrV8 (1.2842) ist ein Manganstahl, der färbt sich bei Säurekontakt dunkel bis schwarz.
    Das ist völlig normal.
    Um den Stahl vor weiterer Verfärbung zu schützen kann man den Stahl Manganphosphatieren, mit Fe3Cl-Lsg. dunkel ätzen, schwärzer als Schwarz geht nicht, oder wenns blank sein soll: Hartverchromen
    Der 1.2842 ist ein toller Stahl, aber halt nicht rostfrei.


    VG Chris

    T.I.T.A.N. #0003
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  • OK, schon einmal danke für die Antworten. Vielleicht rührt die Geruchsbildung von den verschiedenen Polituren/Ölen, die ich aufgetragen habe - mal sehen... Das Ätzen der Klinge hatte ich schon in den Blick genommen - blöd, dass ich jetzt schon die Griffschalen drauf habe, evtl. ätze ich nur die Schneide...




    Die WB war im "Backyard Heat Treatment"-Style, mit Magnetprobe (eindrucksvoll, wenn der nicht mehr haftet...) plus Ölbad und dann anschließend zwei Zyklen à 60 Min. bei 200° im Backofen, dazwischen Ruhezeit bis Abkühlung auf Raumtemperatur. Also klassische "Hobbyvorgehensweise", die natürlich nicht mit einer Profibehandlung mithalten kann, grundsätzlich aber auch funktionieren kann.


    Danke und Grüße
    o:dee

    "When steel meets flesh make sure you hold the steel." (T. Pratchett)

  • Moin


    Wenn das Messer Außschließlich in der Küche genutzt werden soll,Gönn dem Stahl einfach die Patina Durch den Kontakt mit Lebensmitteln.Metallischer Geschmack Tritt dann nach Kurzer Zeit Nichtmehr auf.Nur Nicht mit Spüli oder Ähnlichen Reinigen,Heißes Wasser Reicht.


    Gruß Wulfher

    Lieber im Sumpf Übernachten,als über Nacht Versumpfen :D

  • der Stahl taugt selbstredend als Klinge, er ist überhaupt einer der "Tauger" für Klingen. Der 1.2842 ist in meinen Augen ein "Hans Damp in allen Gassen", angelassen auf knapp 200 Grad hat er fast Rasiermessereigenschaften, angelassen auf gut 280 Grad macht er auch als Haumesser eine gute Figur. Er lässt sich gut schmieden, was man nicht von allen Stählen sagen kann, und er taugt auch dazu, was man auch nicht von allen Stählen sagen kann. Dazu kommt dass man diesen Stahl, ein bißchen Fingerspitzengefühl vorausgesetzt, auch mit einfachen Mitteln härten kann. Selbst im Damast ist er eine sichere Bank, wenn der Teufel ruhig halten würden könnte man diesen Stahl auf seinen Huf schweißen.


    Er ist nicht korrosionsfest, gut, aber wenn man es so macht wie "Wulfher" schreibt, kann man auch mit diesem Stahl als Küchenmesser gut leben. Nur, wenn er nicht sichtbar geglüht hat, dann ist er zwar auch gehärtet, aber von einem optimalen Härteergebnis ist man dann doch ein bißchen entfernt. Er sollte durchaus auf seine Härtetemperatur gebracht werden, also hellkirschrot bis hellrot, so gut 800 Grad sollte er schon erreichen. Das Abschrecken sollte in Öl erfolgen, dann springt er gewöhnlich mit rund 64 hrc an, was ganz ordentlich ist. Das Anlassen würde ich, weil überall vorhanden, in einem Backofen je nach späterer Anwendung, machen.


    Viele Grüße
    Roman

    panta rhei

  • OK, danke noch einmal. Dann habe ich ja alles - für meine Möglichkeiten - richtig gemacht und wenigstens die überraschende Schärfe lässt sich erklären. Ich gönne dem Messer gerade ein Kaffeebad, so als vorsichtige Einstiegspatinierung. Die Bearbeitung war - wie geschrieben - an den Grenzen meiner Heimwerkstatt, von daher werde ich für das nächste Projekt einen "einfacheren" Stahl auswählen (Vorschläge willkommen).


    Herzliche Grüße und Dank!
    o:dee

    "When steel meets flesh make sure you hold the steel." (T. Pratchett)

  • wenn die Bearbeitung an den Grenzen der Werkstatt war, dann hing das nicht am Stahl, solange er nicht gehärtet war. 1.2842 lässt sich eigentlich sehr gutmütig bearbeiten. Ich feile fast immer noch jede Klinge in Endform, der Bandschleifer zieht mir vor allem den Zunder nach dem Schmieden runter. Der 1.2842 lässt sich problemlos feilen, vorausgesetzt man hat eine Qualitätsfeile und die ist nicht runtergewirtschaftet. Es kann durchaus sein dass eine Klinge mal eine Feile kostet, aber ein Feilenblatt von, z. B. Pferd in Werkstattfeilengröße, kostet rund 13 Euro, das ist verschmerzbar. Vor allem ist es verschmerzbar weil man aus einer Qualitätsfeile immer noch ein Messer machen kann.
    Ein "einfacherer Stahl" als 1.2842 fällt mir leider nicht ein, selbst die ganz niedriglegierten Stähle lassen sich nicht mit weniger Mühe bearbeiten.
    Viele Grüße
    Roman

    panta rhei

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