Review: Böker Plus Pocket Bowie Outdoor (Tom Krein Design)

  • Update: Bei dem hier besprochenen Messer handelt es sich um das Pocket Bowie Outdoor - nicht die normale Version.



    Ein Böker-Messer aus der Feder von Tom Krein habe ich hier schon vorgestellt: das Sidekick. Kürzlich konnte ich das ebenfalls von ihm entworfene, aber nicht mehr produzierte und wohl nur noch in geringen Stückzahlen verfügbare Böker Plus Pocket Bowie zu einem sagenhaften Preis unter 20 € bei Bastian / Xpedition-Company abgreifen. Wer die Augen offen hält, findet im Netz aber sicher noch weitere gute Angebote. Auch der Neupreis ist in Anbetracht der Qualität jedenfalls nicht unangemessen.


    Klinge
    Ein Bowie-Messer hat ungeachtet der Legenden ja nicht unbedingt eine Clippoint-Klinge (wobei das landläufig jedenfalls DAS Charakteristikum ist), sondern zeichnet sich vielmehr durch seine enorme Länge aus. Insofern ist ein "Pocket Bowie" ein recht paradoxes Konzept - aber eines, das mir gefällt. Tom Krein hat hier ein Dreifingermesser entworfen, das durch eine sehr kompakte, fast Skalpell-artige Klinge (6,3 cm lang, 2 cm hoch) einen hohen Nutzwerk als "Hosentaschen-Fixed" entfaltet - die Schneidenlänge beträgt etwa 5,6 cm. Die Klinge wirkt unter anderem eben wegen der Clippoint-Spitze so filigran - dabei ist der "geclippte" Teil auch tatsächlich konkav und weist am Rücken eine Fehlschärfe falsche Schneide (danke für den Hinweis, nukm) auf.
    2015-06-01 - Böker Plus Pocket Bowie.jpg 2015-06-01 - Böker Plus Pocket Bowie - Klinge.jpg


    An den Klingenflanken befinden sich das Logo von Böker Plus (links) und Tom Krein (rechts), auf dem rechten Ricasso wurden außerdem die Seriennummer (hier 0118) und die Stahlbezeichnung (440C) eingelasert.
    2015-06-01 - Böker Plus Pocket Bowie - Böker Plus.jpg 2015-06-01 - Böker Plus Pocket Bowie - Krein.jpg



    Griff
    Der Erl geht in voller Stärke von 3,9 mm (Böker gibt an: 3,3 mm) durch den Griff. Die weißen Liner sind zwar bündig mit den G10-Griffschalen, jedoch kann man mit dem Fingernagel leichten Versatz zwischen den Linern/Schalen und dem Erl spüren. Das ist ein minimaler Schönheitsfehler, der bei einem so günstigen Messer aber absolut verzeihlich ist.
    2015-06-01 - Böker Plus Pocket Bowie - Rücken.jpg 2015-06-01 - Böker Plus Pocket Bowie - Erl.jpg


    Der Klingenrücken ist flach und glatt - hier gibt es kein Jimping - ähnlich wie beim Sidekick, das an dieser Stelle ebenfalls lediglich eine glatte Daumenrampe aufweist. Dadurch greifen sich die Messer recht angenehm gerade bei starkem Daumendruck, aber eben zu Lasten der Griffigkeit. Bei einem so kleinen Messer sind aber kaum schwere Arbeiten zu erwarten - insofern kann man das hinnehmen. Außerdem ist das G10 recht rau, was die Griffigkeit deutlich positiv beeinflusst. Unten findet sich als kleine Entschädigung für fehlendes Jimping ein Handschutz. Nur minimal ausgeprägt sind eine Zeigefingermulde und eine längere Mulde für zwei weitere Finger. Am Ende des Griffs wurde eine Hohlniete als Fangriemenöse ausgeführt.
    2015-06-01 - Böker Plus Pocket Bowie - No Jimping.jpg 2015-06-01 - Böker Plus Pocket Bowie - Lanyard Hole.jpg


    Tragesystem
    Für eine angenehme Trageweise sorgt die recht gut verarbeitete Lederscheide, durch die sich das Pocket Bowie bequemer am Gürtel tragen lässt als mit einer Kydex-Scheide samt TekLok. Die Gürtelschlaufe ist sogar groß genug, sodass ein zwei Zoll breiter Gürtel durchpasst. Auch in der Hosentasche macht das Pocket Bowie dank des geringen Profils eine gute Figur.
    2015-06-07 - Böker Plus Pocket Bowie - Scheide.jpg 2015-06-07 - Böker Plus Pocket Bowie - Gürtelschlaufe.jpg

    "Having a suitable light is analogous to being able to change the weather."
    --- Andy Stanford, Fight at Night

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  • Vergleich
    Im Vergleich mit anderen Messern fällt einmal natürlich die Verwandtschaft zum Sidekick auf, andererseits aber mit Blick auf das ER TFDE N das bei gleicher Länge deutlich schlankere Profil - was übrigens kein Qualitätsmerkmal sein soll: Das TFDE N ist nach wie vor mein liebstes EDC-Fixed.
    2015-06-01 - Böker Plus Pocket Bowie - Vergleich, Sidekick.jpg 2015-06-01 - Böker Plus Pocket Bowie - Vergleich, ER TDFDE N.jpg



    Griffhaltungen
    Der kleine Griff fasst sich meines Erachtens am besten im Fechtgriff - zur Not auch mal Reverse. Meine Handschuhgröße ist 8,5-9.


    Fechtgriff
    2015-06-07 - Böker Plus Pocket Bowie - Fechtgriff, offen.jpg 2015-06-07 - Böker Plus Pocket Bowie - Fechtgriff.jpg


    Reverse-Griff
    2015-06-07 - Böker Plus Pocket Bowie - Reverse-Griff, offen.jpg 2015-06-07 - Böker Plus Pocket Bowie - Reverse-Griff.jpg



    Fazit
    Ich mag die Designs von Tom Krein wegen des hohen Nutzwerts, der ihnen innewohnt. Da ist das Pocket Bowie keine Ausnahme. Die schlanke Klinge und der dünne, aber trotzdem haptisch angenehme Griff machen einen großen Teil seines Charmes aus. Die Verarbeitung von Böker ist in Ordnung. Die Schärfe war zwar nur partiell zum Rasieren gut, Papier war jedenfalls keine Herausforderung.


    Danke fürs Lesen - ich freue mich über Rückmeldung. Und natürlich stehe ich für Fragen zur Verfügung :)




    Ein wenig Eigenwerbung: das gleiche Review in meinem Blog.

    "Having a suitable light is analogous to being able to change the weather."
    --- Andy Stanford, Fight at Night

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  • Danke für dein schönes Review, das ist ein interessantes Messer. Ich dachte heute noch über einen Kauf des Pocket Bowies nach - konnte mich aber mehr für das PSK begeistern.
    Mit deiner Vorstellung nimmst du mir zumindest die Entscheidung, daß nun doch beide erworben werden müssen ;) .

    nutze es aber nutze es nicht aus

  • Hehe, gerne doch. Danke für das Lob. Das PSK ist auch ganz nett, aber am Bulldog bin ich noch viel mehr interessiert - Tom Krein hat es mal als sein (damals aktuelles) Lieblingsdesign bezeichnet. Mit 260g wiegt es nur leider mehr als so manches Fixed aus der 12 cm Klasse. Mal gucken.

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    --- Andy Stanford, Fight at Night

  • Schönes Review, danke sehr. :thumbup:


    Ich hatte auch mal eines, hat mir gut gefallen, aber dann doch zu wenig den Weg in Tasche oder Rucksack gefunden. War mir wahrscheinlich doch zu kurz, der kleine Apfelkeiler.


    Angesichts des Preises kann man eigentlich nichts Ernsthaftes gegen das Messer sagen. Und bei 20 Euro schon 3x nicht.
    Ist die Lederscheide Originalzubehör? Meines hatte eine Kydex, die aber auch anders aussah, als die, die derzeit noch bei Böker zu sehen ist. Die Kydex war mein Hauptkritikpunkt. Die saß viel zu stramm und hielt auf kompletter Klingenlänge durch Klemmung, was beim ersten Ziehen bereits Längskratzer hinterlassen hat.

  • Danke :)


    Die Lederscheide ist original, ja. Meines Wissens wurde auch nur die Version mit Lederscheide so günstig abverkauft. Zur Kydex kann ich daher nichts sagen :)

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    --- Andy Stanford, Fight at Night

  • Danke für das Review!
    Ich bin ja wirklich ein Fan von den Krein-Designs, außer einem Grasshopper hat aber noch keines den Weg zu mir gefunden, und das Grasshopper hat sich direkt meine bessere Hälfte unter den Nagel gerissen...Das Bulldog macht auf mich einen tollen Eindruck, mal sehen wer von uns es zuerst bespricht. ;)

    "Pacifism is not something to hide behind." - Walter Sobchak

  • Schönes Review. Krein hat schöne und praxisnahe Designs!


    Ach ja, Vorsicht mit dem Begriff Fehlschärfe (gegenüber Schor oder falscher Schneide):
    http://www.wolf-borger-messer.de/tips.htm

    A warrior is not about perfection or victory or invulnerability. He's about absolute vulnerability- Socrates
    "I like to stretch a little bit before I go into the hood." - Mike Snody

  • Danke dir, auch für den Hinweis. Das hatte ich gar nicht auf dem Schirm. Wird sofort korrigiert :)

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    --- Andy Stanford, Fight at Night

  • Kein Thema - ich bin selber von Daniel Boll verbal 'abgewatscht' worden, weil ich einen schönen FIghter mit Fehlschärfe wollte :)

    A warrior is not about perfection or victory or invulnerability. He's about absolute vulnerability- Socrates
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  • Das ist dann einprägsam, kann ich mir vorstellen :D


    Zum Messer noch eine Information: Ich wurde heute darüber aufgeklärt, dass es sich bei diesem Pocket Bowie um das Modell "Outdoor" handelt, das statt der Kydex-Scheide eben mit dem Leder-Köcher kommt und außerdem tatsächlich auch mit 3,9 mm Klingenstärke von Böker beworben wurde. Dagegen hat die normale Version tatsächlich nur 3,3 mm Klingenstärke. Leider sind keinerlei Informationen mehr über das Outdoor-Modell bei Böker zu finden, weswegen mir dieser Aspekt beim Verfassen des Reviews auch gar nicht bekannt war. Danke für den Hinweis an xanopos.

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    --- Andy Stanford, Fight at Night

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