Review: Fällkniven F1z

  • The english version of this review can be found at Pine Survey.com .


    Es ist jetzt schon eine Weile her, dass ich euch ein Messer vorgestellt habe und bis jetzt waren es entweder immer solche, über die noch nicht soooo viel geschrieben wurde oder sogar komplett außerhalb des gewöhnlichen Beuteschemas liegen. Heute schere ich einmal aus diesem Schema aus und liefere euch etwas anderes.


    Beim folgenden Messer kamen mir zwei Sprichwörter in den Sinn, als ich es bekommen habe: “Sieh, das Gute liegt so nah.” und “Never change a running system”.
    Ersteres, weil ich ausgerechnet hier in Wien über das Messer gestolpert bin und Zweiteres, weil es sich um ein Modell handelt, dass seit Jahren immer wieder unter den Top 10 der vorgeschlagenen Messer ist, wenn sich jemand verzweifelt auf der Suche nach einem Arbeitstier befindet und im Zuge dessen die Online Community um Hilfe bittet.


    Das Fällkniven F1.



    Fällkniven war lange Zeit nicht wirklich auf meinem Radar und zwar aus demselben Grund wegen dem ich jahrelang Bark River Knives vernachlässigt hatte: Der ballige Anschliff hat mich zu unrecht verunsichert und immer vom Kauf abgehalten. Hinzu kommt, dass man Messer ja am Liebsten vorher in die Hand nimmt, bevor man sie kauft. Insofern hat es bis vor Kurzem kein Fällkniven in meine Sammlung geschafft.


    Sieh, das Gute liegt so nah.
    Als ich also neulich wieder einmal bei Lorenzi Stahlwaren in Wien vorbei kam (ein definitiver Pflichtbesuch für alle Wien Besucher btw), hatte ich die Möglichkeit diese Bildungslücke zu schließen. Abgesehen davon stellte ich plötzlich fest, dass es die Messer hier nicht nur in großer Stückzahl vorrätig gab, sondern dass ich mich de facto beim österreichischen Großhändler (seit 1999) von Fällkniven AB befand.


    In Zeiten des Internets übersieht man oft, was vor der eigenen Haustür liegt. Bei Lorenzi war man dann auch gleich so freundlich und hat mir das F1 für dieses Review in die Hand gedrückt!


    Never change a running system - oder vielleicht doch?
    Das Fällkniven F1 ist seit 1995 das offizielle Survival Messer der schwedischen Luftwaffe. Die ersten Messer wurden noch in Solingen von der Firma Linder gefertigt, aber bald wurde die Produktion in das japanische Seki verlagert, wo man dann auch VG-10 als Klingenmaterial verwendete. Mittlerweile wird das Messer aus einem VG-10 3-Lagen Laminat gefertigt, was vor allem die seitliche Belastbarkeit steigern soll.


    Das Messer wird auch als PM-Stahl Variante angeboten, aber ich will hier nicht zu sehr ins Detail gehen, weil es vom eigentlichen Test und meiner Vorstellung hier ablenken würde.


    Das Fällkniven F1
    Das F1 ist ein klassisches, skandinavisches Drop Point Design im mittleren Größenbereich und wird mit einem aufgespritzten, synthetischen Griff und einer Zytel Scheide geliefert. Hierbei wurde der erfolgreiche Spagat zwischen Stärke, Funktionalität und Kosteneffizienz vollbracht. Aber zunächst einmal die Grunddaten.


    Specs:

    • Gesamtlänge: 210 mm (8.3")
    • Klingenlänge: 97 mm (3.8")
    • Klingenstärke: 4.5 mm (0.18")
    • Gewicht: 150 g (6oz)
    • Stahl: Lam. VG-10
    • Härte: 59 HRC

    Die Klinge
    Das Messer hat - wie bereits erwähnt - eine zeitlose Drop Point Klinge, wie man sie von vielen Outdoor Messern her kennt. Dieses Design hat sich bewährt und ist mehr als praktikabel, wie man später noch sehen wird.



    Der 3 Lagen Laminat Stahl wurde nicht komplett ballig ausgeschliffen. Das Messer ist zunächst flach geschliffen und geht erst zur Schneide hin in einen balligen Schliff über, der gleichzeitig die unterschiedlichen Lagen zum Vorschein bringt und fast (!) den Eindruck einer Hamonlinie erweckt.



    Das Messer hat zudem eine Schleifkerbe, was nicht nur den Gesamteindruck massiv positiv beeinflusst, sondern auch das Schärfen gehörig erleichtert und zudem das Ricasso im Zuge des Prozesses schont. Das Logo der Firma Fällkniven, mitsamt Modellnummer wurde auf die linke Seite der Klinge gelasert.


    Der Klingenrücken wurde betont kantig gehalten, damit man mit einem Feuerstahl problemlos Funken schlagen kann. Auch hier kann man die verschiedenen Lagen des Laminatstahls sehen, wenn man einen genauen Blick auf den Rücken wirft.
    Man findet auf der Klinge keine Rillen bzw. ein “Jimping”. Ehrlich gesagt, würde dies in meiner Meinung auch nicht zum Gesamtbild des Messer passen, aber das ist meine persönliche und subjektive Meinung dazu. Jedenfalls ist es mir bis jetzt noch nicht abgegangen. Zur Spitze hin ist das Messer nicht ganz symmetrisch geschliffen, aber das erwarte ich mir auch nicht, von einem militärisch konzipierten Serienmesser, sondern von einem custom Sammlerstück.


    Der Griff
    Das Messer ist eine Fulltang Konstruktion und der Griff wurde auf den Erl aufgespritzt. Das Material nennt sich laut Fällkniven “Thermorun” und greift sich warm und rutschfest an. Zudem wurde eine diamantartige Struktur auf das Griffstück gearbeitet, was die Haptik zudem verbessert.



    Ich würde nicht sagen, dass das Messer ausgeprängte Fingerrillen hat, aber für die Finger wurde eine ergonomisch geschwungene Form geschaffen, in die sich die Hand intuitiv schmiegt. Auch wenn man kein Parierelement vorfindet, so wurde dennoch eine kleine Andeutung als Fingerschutz geschaffen, damit man nicht in die Klinge rutscht.



    Des Weiteren findet man ein Lanyard Loch mit einer Hohlniete vor, damit man das Messer zudem vor Verlust beim Arbeiten schützen kann bzw. beim Gebrauch zusätzlich sichert. Es mag auch mit meiner Handgröße zusammenhängen, aber zumindest bei mir legt sich die Fingerspitze des kleinen Fingers intuitiv auf die Öffnung der Hohlniete, wodurch sich der Grip noch viel besser anfühlt.



    Der Erl des Messers schaut am Ende des Griffstücks heraus. Dadurch hat man eine nicht zu unterschätzende Schlagfläche, um leichtere Hammerarbeiten durchführen zu können.



    Griffarten
    Hat man das Messer in der Hand, verwendet man aufgrund der Griffform ohne nachzudenken den Fechtgriff. Aufgrund der Klingenlänge benötigt man zudem keinen Choil, um für feinere Arbeiten nach vorne zu greifen.



    Für wirklich feine Arbeiten lässt sich die Klinge aufgrund des flachen Griffes auch sehr angenehm zwischen Daumen und Zeigefinger greifen, während das Ricasso und der Übergang zum Griff am Daumenballen liegen.



    Auch ein Reverse Grip ist problemlos durch die Griffform möglich, sofern man diesen verwenden möchte bzw. muss.



    Die Scheide
    Die Scheide ist aus Zytel und ein Spritzgussmodell. Sie ist extrem leicht, bietet eine großzügige Gürtelschlaufe aus Gurtband und eine Sicherungsschlaufe mittels einem Riemen mit Druckknopf.



    Eine kleine Lippe auf der Seite der Scheide arretiert das Messer zudem sehr leicht am Parierelement. Dadurch wird es zwar nicht gesichert, aber hindert das F1 an lauterem Klappern. Gänzlich kann dies die Geräuschentwicklung jedoch nicht verhindern.



    Die Scheide ist ein Paradebeispiel für eine pragmatische Massenproduktion. Form follows function und diese Funktion erfüllt die Scheide mehr als gerecht.



    Ein interessantes Detail wurde mir bei Lorenzi im Geschäft gezeigt: Die Scheide ist genau so dimensioniert, dass der Diamant Schleifstein von Fällkniven an der Front aufgeklebt werden kann. Die zwei Löcher, die man am Ende vorfindet, um eine Schnur zur Befestigung am Bein oder Equipment zu verwenden, werden leicht davon überdeckt.



    Am Ende der Scheide ist eine großzügige Öffnung, die als Abfluss für Dreck und Flüssigkeiten gedacht ist.



    Das bringt mich zum letzten Punkt in Bezug auf die Scheide. Nach heutigen Maßstäben ist sie nicht wirklich gear kompatibel sondern rein für den Gürtel gedacht. Mit ein bisschen Einfallsreichtum kann man sie sicher an MOLLE Ausrüstung anbringen aber eine funktionale Kydex- oder Nylonscheide findet man hier nicht vor. Mir wurde gesagt, dass Fällkniven eine Kydex Scheide im Programm hatte, jedoch in weiterer Folge auf die Zytel Version umgestiegen ist, um die Produktion und damit die Kontrolle im eigenen Haus zu haben.


    Dennoch ist sie für Survival Zwecke ideal, da sie leicht zu reinigen ist und auch im Falle einer Jagd mit anschließend verdrecktem Messer am hygienischsten zu reinigen ist.


    Zuletzt sollte noch erwähnt werden, dass es selbstverständlich auch die Option einer Lederscheide gibt. Nachdem ich jedoch keine davon in der Hand hatte, werde ich nicht näher darauf eingehen.


  • Im Gebrauch
    Wie bei jedem anderen Review auch, habe ich das F1 mit in den Wald genommen und ein kleines Video mit den üblichen Spielereien gemacht.



    Als erstes habe ich mir einen abgebrochenen Ast von einer Buche geschnappt und ihn gekürzt, um einen Grabstock zu fabrizieren. Als nächstes nahm ich mir einige trockene Äste und machte mittels Batoning ein paar Scheite sowie noch kleinere Stücke, die ich zu Feathersticks verarbeitete. In weiterer Folge wurden von mir dann noch ein paar Späne von den Stöcken gehobelt.
    Nach diesen verschiedenen Arbeitsschritten, wurde dann Folgendes gemacht: Mit dem Stock wurde ein kleines Loch gegraben und nachdem die feineren Holzspäne mit trockenem Gras und den Feathersticks für ein Feuer vorbereitet waren, kam der Feuerstahl zur Verwendung.




    Die Kante am Klingenrücken produzierte genügend Funken, so dass zwei Versuche genügten, um mein Feuer in Gang zu bringen.


    Wie immer habe ich auch die Spitze ein wenig strapaziert und durch mehrere Stiche in einen toten Holzstamm auf die Belastbarkeit getestet. Auch wenn es immer planlos aussehen mag, kommt man doch hin und wieder in eine Situation in der man bohren und stechen muss und wissen sollte, ob die Spitze des Messers dabei mit macht.


    Letzten Endes habe ich dann noch einen Haselnuss Stock abgeschnitten und ein wenig feinere Angelegenheiten geschnitzt.


    Im Zuge all dieser Arbeitsschritte hat sich das F1 als ein würdiges Werkzeug erwiesen. Die Schneidfreudigkeit hat sich mehr als nur ausgezahlt. Der ballige Schliff und der Stahl machen das Messer zu einem Schneidteufel. Ich habe das auch gemerkt, als ich einen Dübel, der aus der Wand heraus stand, kürzen wollte. Sprichwörtlich mit einem Schnitt war selbiger abgeschnitten und ich beinahe um einen Finger kürzer.


    Die oben genannten Arbeitsschritte im Wald könnt ihr in diesem Video selbst sehen und euch eine eigene Meinung bilden.


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    Zu Hause angekommen wurde von mir noch ein großer Karton in seine Einzelteile zerlegt und in Streifen geschnitten. Die Zusammensetzung von Karton ist ja bekannterweise Gift für eine Schneide. Hat das Messer noch nach dem Wald rasiert, so war nach dem Karton nur mehr eine mäßige Gebrauchsschärfe vorhanden. Diese hielt sich jedoch konstant und das Nachschärfen war in weiterer Folge kein Problem.



    Resümee
    Das Fällkniven F1 ist mir seit sicherlich 10 Jahren ein Begriff. Immer wieder wird es Suchenden vorgeschlagen, einfach weil es ein Allrounder ist. Und noch ein sehr Guter dazu!


    Auch wenn ich oben “Never change a running system” geschrieben habe, durchlief das Messer einige Verbesserungen und Updates (Laminatstahl, PM-Stahl, Micartaausführugnen etc).


    Seine Aktualtität und Praxistauglichkeit hat es in den 20 Jahren (!!!) Dienst jedenfalls nicht eingebüßt. Seit 1995 ist das Messer in der Ausrüstung schwedischer Kampfpiloten. Ich denke, das ist ein Statement für sich und nachdem ich in letzter Zeit die Freude hatte, das Messer selbst zu verwenden, kann ich auch verstehen, warum es sich so lange gehalten hat.
    Für Jäger dürfte das Messer aufgrund seiner Schneid- und Stichfreudigkeit sowie der pragmatischen Scheide wirklich interessant sein. Aber auch für jeden Outdoor Enthusiasten, der ein Werkzeug benötigt und nicht nur ein Sammlerobjekt, das in die Vitrine wandert.
    Das Messer trägt sich angenehm und unauffällig am Gürtel, ist angenehm in der Handhabung und mittlerweile eigentlich ein “must have” auf der Messerliste.


    Für mich war es jedenfalls einmal mehr ein schönes Beispiel dafür, dass europäische Designs und eine japanische Fertigung wunderbare Dinge vollbringen können. Insofern wird dies sicher nicht mein letztes Fällkniven sein. In dieser Hinsicht freue ich mich also umso mehr, einen langjährigen Großhändler in meiner Nähe zu haben.


    In diesem Sinne möchte ich mich bei euch für eure Aufmerksamkeit bedanken und auch Lorenzi Stahlwaren in Wien meinen Dank aussprechen dafür, dass ich euch das Messer vorstellen konnte!


    http://www.lorenzi.co.at/


    Bis zum nächsten Mal!

  • Danke für das ausführliche und toll bebilderte Review. Das Fällkniven F1 ist ja quasi schon ein Klassiker.


    Wofür steht eigentlich das "Z" bei F1Z?

    MfG, Joachim
    Nachrichten bitte per E-Mail.

  • Kenne es auch schon einige Jahre, konnte es aber noch nicht in die Hand nehmen.
    Vielen Dank für das tolle Review und die tollen Bilder.


    :thumbup:
    .

  • Danke für die Info´s. Um das F1 schleiche ich auch schon seit Jahren rum. Gekauft hab ich immer andere Messer. Jetzt muss ich mir doch endlich auch mal eins besorgen.
    Lg
    Bernd

    Es ist besser ein Messer zu viel als eins zu wenig zu haben.

  • Servus LowEndD,


    obwohl das F1 ja wirklich ein Klassiker ist und seit Jahren immer wieder empfohlen wird, habe ich noch nie ein so ausführliches und gut beschriebenes Review darüber gelesen! Vielen Dank!
    Ich selbst habe auch seit Jahren ein F1 und kann alles was Du schreibst/sagst nur bestätigen. Du hast meinem F1 heute mal wieder frische Luft beschert.


    Grüße
    Idox

    two is one - one is none

  • Hallo,
    danke für das Review.


    Gruß


    Marc

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    Ich investiere in Stahl und Licht

  • Sehr schöner Review, wie immer. Detailliert und neutral.


    Macht einen sehr brauchbaren Eindruck das Teil!

    Instinctively, most people retreat from threats - Fortunately, the best among us confront them

  • Es ist immer wieder unglaublich wie detailiert und profesionell David seine Reviews schreibt.Da wird jede noch so kleine Kleinigkeit beleuchtet - Danke und mehr davon! Schön über ein Messer zu lesen das ich SO noch gar nicht wahrgenommen habe.

  • Klasse Review.


    Ich habe eine Anfänger Frage...
    Die Klinge ist ballig geschliffen, sollte also nach meinem
    Wissen mittels der Mousepad Methode geschärft werden.
    Wie kommmt da der DC4 zum Einsatz, oder ist das egal?


    Das Problem habe ich nähmlich beim Wm1, das bekomme
    ich mit nem Wetzstahl super wieder scharf, mit der
    Mousepad Methode leider eher das Gegenteil.

  • Schon wieder ein äußerst proffesionelles und qualitativ hochwertiges Review aus deiner Feder.
    Du schaffst es irgendwie immer die Lust auf Messer zu wecken die ich so gar nicht auf dem Radar hatte, ein Fällkniven muss her. 8)

  • Sehr nettes Review !



    In der Klasse der " Universalmesser, rostträge " wäre auch noch vergleichbar der Cold Steel Masterhunter SAN Mai III ......

    Scharf sei das Messer, edel , und gut !

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