Ein drittes Messer von Böker Plus aus der Feder von Tom Krein hat seinen Weg zu mir gefunden: das Bushcraft XL.
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Ich gehöre ja eigentlich eher nicht zur Müllmann-Fraktion, aber auf der Suche nach einem explizit zivilen, aber hochfunktionalen Messer führte mich der Weg näher an Mora heran als mir lieb war. Ich wollte - trotz der Vorgaben - etwas zumindest auf dem Datenblatt "taktischeres" als ein Mora. Entschieden habe ich mich letztlich mal wieder für ein Messer von Böker, entworfen vom ehemaligen Krankenpfleger (?) und mittlerweile Vollzeit-Messermacher Tom Krein. Zwei seiner Designs besitze ich ja schon: das Sidekick und das Pocket Bowie Outdoor. Beide sind in ihrem jeweiligen Element ausgesprochen praktische Helferlein, wenn auch keine glanzvollen Vitrinenstücke - echte User eben. Das Bushcraft XL verspricht auf den ersten Blick, ebenfalls in diese Kategorie zu fallen.
Klinge
Die 440C-Klinge des Bushcraft XL ist bei einer Stärke von 4,2 mm ganze 11 cm lang. Sie ist auf der gesamten Höhe von ca. 2,7 cm flach geschliffen und weist im Gegensatz zu Sidekick und Pocket Bowie gar keine falsche Schneide am Rücken auf. Durch die Stärke erweist sich das Messer nicht unbedingt als besonderer Schneidteufel, macht dementsprechend aber auch mal eine härtere Gangart wie Hacken oder Batoning klaglos mit: ein wahres Bushcraft-Messer eben. Das Satin-Finish ist typisch Krein, behaupte ich, und macht sich in der Optik gut, dürfte auf Dauer aber etwas anfälliger sein als ein Stonewash-Finish.
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Die Droppoint-Form sorgt für eine nicht zu fein ausgeschliffene Spitze, die ggf. auch mal etwas gröbere Behandlung vertragen sollte.
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Leider war der Anschliff ab Werk nicht komplett symmetrisch. Die Schneideigenschaften zeigen sich davon weitestgehend unbeeinflusst - die Optik stört das leider. Das sollte aber nach ein oder zwei Durchgängen am Lansky komplett behoben sein. Dafür war die Schneide ab Werk schartenfrei, wenn auch nicht rasierscharf: Zum Haare rupfen reichte es gerade so.
Vor dem Ricasso finden sich auf den Klingenflanken wie üblich die Logos von Böker Plus und Tom Krein. Das Ricasso selbst ist wie die Schneide nicht ganz symmetrisch geschliffen; hier ist der Unterschied aber so minimal, dass es nicht einmal die Optik stört.
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Griff
Spannend finde ich, dass die Klinge vor dem Ricasso schlanker ausgeschliffen ist als der Erl selbst. Dieser geht in der vollen Dicke von 4,9 mm durch den Griff. Das macht das Messer sehr grifflastig, aber dementsprechend auch sehr führig für feinere Arbeiten. Hacken ist so leider nicht so einfach, bei längerem Griff aber machbar.
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Die Griffschalen sind aus orangefarbenem G10 und wie oben zu sehen konturiert. Das hat diverse Vorteile abseits der erwähnten zivilen Optik (erinnert mich immer an Fiskars) - insbesondere lässt es sich bspw. auf Waldboden leichter wiederfinden als ein bspw. beschichtetes Messer mit grünen Scales. Das G10 sieht gut aus, weist jedoch im Übergang zu den schwarzen Linern teils leicht schwarze Verfärbungen auf.
Die Griffschalen sind wie bei den anderen Krein-Messern zweifach vernietet. Dabei ist der hintere Niet als Hohlniet ausgeführt und taugt somit als Lanyard-Loch.
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Scheide
Viele Reviewer insbesondere auf YouTube beschweren sich über die "Thermoplast"-Scheide. Das sei kein Kydex und außerdem minderwertig. Wenn Böker nicht zwischendurch das Material geändert hat, wage ich jedenfalls, das zu bezweifeln: Das Material, das ich hier vor mir liegen habe, ist ziemlich sicher Kydex. Der Trick an Kydex ist ja gerade, dass es ein thermoplastischer Kunststoff ist... Insofern verstehe ich zumindest dahingehend das Gebashe nicht.
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Leider ist die Scheide wirklich nicht ganz so perfekt angepasst, wie man es gerne hätte: Beim Ziehen reibt der Handschutz unterm Ricasso kleine Stückchen Material ab. Das dürfte mit der Zeit nachlassen - die Frage ist aber, wie sehr die Retention davon beeinflusst wird. Ich werde es sehen und ggf. anpassen.
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Ab Werk ist die Retention jedenfalls herausragend. Das Messer klappert nicht in der Scheide, fällt beim Schütteln nicht heraus, lässt sich aber dennoch angenehm mit Daumendruck gegen die Scheide ziehen.
Was mir nicht passt, ist die Positionierung der Hohlnieten oberhalb der Klinge (also da, wo der Rücken ist). Die Hohlnieten sind hier nicht im passenden Abstand für TekLoks angebracht. Das ist schade, aber nicht zu ändern. Jedenfalls die Nieten an der Schneide sind im passenden Abstand, was für die meisten Zwecke ausreichen sollte.