Schweizer Taschenmesser sind weltbekannt und erfreuen sich außerordentlich großer Beliebtheit. Die Sackmesser, wie sie in der Schweiz genannt werden, sind enorm vielseitig einsetzbar, von guter Qualität und passen in der Regel in jede Hosentasche. Für alle Freunde der Schweizer Messer gibt es nun Anlass zur Freude. Denn mit der Firma SWIZA, die bereits seit 1904 besteht und mit dem Fertigen von Uhren begann, gibt es nun einen neuen Hersteller der kleinen roten Multitalente.
Was die neuen Messer können, wo Stärken und Schwächen liegen und ob die Messer den Produkten des renommierten Herstellers Victorinox das Wasser reichen können, soll im vorliegenden Bericht untersucht werden. Als Ausgangsbasis für die Erstellung dieses Reviews dienten die beiden Modelle SWIZA D02 und SWIZA D03. Für technische Details (Abmessungen, Werkzeugumfang, etc.) bitte der jeweiligen Verlinkung folgen.
Das SWIZA Schweizer Messer D02.
Das SWIZA Schweizer Messer D03.
Beim Öffnen des Paketes waren Spannung und Erwartungen groß. Was wird SWIZA abliefern? Revolution oder am Ende nur ein Imitat der bereits etablierten Schweizer Messer? Hält man ein Sackmesser von SWIZA in der Hand, fällt einem sofort das Material der Griffschalen und deren Haptik auf. Die Schalen sind vollständig aus einem gummiartigen Material gefertigt, das durch seine leicht raue Textur einen anständigen Halt beschert. Ein Vorteil dieses Materials im Vergleich zum ansonsten bei Schweizer Taschenmessern häufig verwendeten Cellidor ist darüber hinaus die reduzierte Anfälligkeit für Kratzer, wodurch die SWIZA Messer länger neu wirken.
Sehr wahrscheinlich eines der überzeugendensten Argumente sämtlicher Taschenmesser von SWIZA ist die verriegelbare Klinge, mit denen die neuen “Klapper” standardmäßig ausgestattet werden. Die Idee einer feststellbaren Klinge ist sicherlich - auch bei Schweizer Taschenmessern - nicht neu und bereits an einigen Victorinox Messern zu finden. Nichtsdestotrotz ist es sehr erfreulich, dass man bei SWIZA vor dem Kauf eines Messers nicht recherchieren muss, ob das gewünschte Modell über einen Feststellmechanismus verfügt oder nicht. Vorzüge einer Verriegelung liegen auf der Hand: Es schafft Vertrauen und erhöht die Sicherheit beim Arbeiten mit dem Messer, wenn einem ungewollten Einklappen der Klinge vorgebeugt wird. Ein Merkmal was wahrscheinlich etliche Verletzungen verhindern wird.
Beim Ausklappen der 7,5 cm langen Klinge rastet der Verschluß ein, der diese feststellt. Die anschließende Entriegelung ist kinderleicht und funktioniert durch einen Druck mit dem Daumen auf das Schweizer Kreuz, wodurch ein sogenannter Linerlock-Mechanismus die Klinge frei gibt.
Die Klingenverriegelung des D02.
Die Auswahl an Werkzeugen bei SWIZA Messer ist bisher noch überschaubar. Es gibt prinzipiell 4 verschiedene Grundmodelle, die widerrum in vier verschiedenen Farben (rot, blau, schwarz und weiß) erhältlich sind. Dadurch wächst das Portfolio von SWIZA auf letztendlich 16 Modelle an, so dass für jeden etwas dabei sein sollte. Eine Säge wie man sie z.B. bei vielen Schweizer Taschenmesser von Victorinox findet, sucht man bei SWIZA (noch) vergebens. Da die Firma im Bereich der Herstellung von Taschenmessern allerdings noch brandneu ist, wird die Zukunft sicherlich weitere Modelle mit sich bringen.
Auch beim Ausklappen der Klinge wird man positiv überrascht. Man erhält eine vielfältig einsetzbare und äußerst schneidfreudige Klinge. Diese fällt im Vergleich mit der eines 91er Modells von Victorinox deutlich größer und lässt diese unterdimensioniert wirken. Wie alle Werkzeuge eines SWIZA Sackmessers ist die Klinge mit einem stonewashed Finish versehen und lässt sich durch den angebrachten Klingendurchbruch gut öffnen. Dafür werden allerdings zwei Hände benötigt, was wiederrum einen rechtlichen Vorteil mit sich bringt, wenn man das Messer gerne im Alltag mit sich führen möchte (Stichwort §42a). Einzig und allein der Klingenschliff ist etwas unsymmetrisch angebracht. Betrachtet man den Klingenrücken und die Schneide, wird einem diese kosmetische Unsauberkeit deutlich. Für die Praxis sollte das aber absolut keine Rolle spielen und letztlich nur dem Messerenthusiasten etwas aufstoßen. Der Fairness halber sei erwähnt, dass einem solche Unsauberkeiten auch bei Messern von Victorinox unterkommen können. Die Klingen des D03 und D04 kamen scharf, wurden allerdings nach ein paar Zügen über einen Keramikstein noch wesentlich schärfer, so dass sich das Messer nun geradezu ins Schnittgut beißt. Wie es beim verwendeten 440er Stahl zu erwarten war, ging das Nachschärfen recht schnell und unkompliziert.
Am Klingenanschliff kann SWIZA noch etwas nachbessern.
Die im D03 enthaltenen Werkzeuge Dosenöffner und Flaschenöffner wirken kräftig dimensioniert. Der Dosenöffner hat einen sehr steilen Anschliff, wodurch das Öffnen von Dosen etwas schwerer geht, als man das vielleicht von Victorinox Messern gewohnt ist. Auch ist der Anschliffwinkel etwas zu derb. Insgesamt wirken die Werkzeuge aber ordentlich verarbeitet. Im geschlossenen Zustand stehen Dosenöffner und Flaschenöffner deutlich aus dem Griff hervor und können in die Handinnenseite drücken, wenn man z.B. die Messerklinge längere Zeit verwenden möchte. Dafür müsste man das Messer aber auch sehr fest greifen. Wer das Taschenmesser nicht gerade für längere Schnitzarbeiten verwenden möchte, sollte damit aber keine Probleme haben. Die Stechborhahle ist im Gegensatz zu Flaschen- und Dosenöffner ordentlich scharf aber recht dünn gehalten. Inwieweit sich die Ahle allerdings für gröbere Belastungen eignet, bleibt abzuwarten. Sie wirkt etwas fragil.
Dosen- und Flaschenöffner ragen im geschlossenen Zustand deutlich aus dem Griff des SWIZA D03 hervor.
Alle SWIZA Taschenmesser kommen mit einer Pinzette. Diese mutet durch ihren rudimentären und etwas scharfkantigen Kopf zwar etwas einfach gehalten an, kann aber die an sie gestellten Aufgaben meistern und es ist mit Sicherheit ein nicht zu unterschätzender Vorteil generell ein solches Werkzeug an seinem Messer zu haben. Möglicherweise erfährt die Pinzette in Zukunft ja noch eine Überarbeitung. Bei dieser Gelegenheit könnte man dem Messer auch noch einen Schlüsselring oder ähnliches verpassen, um es z.B. an einer Schnur befestigen zu können. Ein Clip wäre ebenfalls denkbar.
Die Spaltmaße des SWIZA D03.
Bei den vorliegenden Messern fiel auf, dass die aus Edelstahl gefertigten Platinen ein gewisses Spaltmaß haben. Dies ist vermutlich wieder in die Kategorie “kosmetische Unsauberkeit” einzuordnen und für den Praxisalltag nicht von Relevanz, sollte aber der Vollständigkeit halber erwähnt sein. Genau so wie die Tatsache, dass der Korkenzieher des Modells D04 an der Platine schleift, wenn man ihn ausklappen möchte. Das kann natürlich auch nur auf das vorliegende Exemplar beschränkt sein. Stören tut es in jedem Fall nicht besonders. Ein großer Vorteil der SWIZA Messer stellt die vom Hersteller beworbene Spülmaschinenfestigkeit dar, wodurch eine gelegentliche Reinigung einfach und schnell von der Hand gehen sollte.
Der Dosenöffner/Schraubendreher des D03.
Fazit: Die Tatsache, dass es neben Victorinox wieder einen Konkurrenten gibt, nachdem Wenger vor einiger Zeit vom Markt verschwand, ist sehr erfreulich. Konkurrenz belebt das Geschäft und SWIZA bringt mit Sicherheit frischen Wind in den Taschenmesser Markt. Ob man nun letztendlich zum SWIZA oder dem altbekannten Victorinox greift, wird eine Glaubens- und Geschmacksfrage bleiben. Ungeachtet der Tatsache, dass in Sachen Verarbeitung Victorinox die Nase einen Hauch vorne hat, kann SWIZA als gute Alternative und ernsthafter Konkurrent angesehen werden, der mit frischem Design daherkommt. Preislich bleibt die Firma SWIZA fair. Das Einstiegsmodell liegt bei rund 28€, das teuerste kommt auf knapp 37€. So ist für jeden etwas dabei. Zu beziehen sind die Schweizer Messer über den deutschen Distributor, die Firma Herbertz.
Vielen Dank fürs Lesen und beste Grüße,
XP