Aus Fehlern lernen beim Scheidenbau - Sharpshooter für BJ Halo Boot Knife

  • Kürzlich habe ich, zunehmend angetan von Old School - Gestaltungen, ein BJ 15 Halo Boot Knife gekauft.
    Ein schönes kleines Ding...





    ....sozusagen die maximal auf Neckie-Größe eingedampfte Version eines BJ 14, das wiederum ein Randall 14 - Klon ist.


    Das Messer selbst ist wirklich wertig verarbeitet, paßt mir so gerade in die Hand und liegt dann aber sehr gut darin, es schneidet sehr ordentlich und ist einfach ein schönes altmodisches kleines Messer, das sich "eigentlich" sehr gut als EDC eignen würde.


    Nun ist "eigentlich" das Grab aller guten Vorsätze....und die Quelle des Verdrusses hätte ich vorher nun wirklich nicht angenommen, da ich auch schon mit dem BJ 1-7 Commando Handle sehr zufrieden bin, und zwar ausdrücklich einschließlich der Scheide, die Sharpshooter beistellt.


    Es ist eine Binsenweisheit, daß es deutlich mehr gute Serienmesser gibt als Serien-Scheiden. Die guten alten SOG-Zeiten oder wirklich beeindruckend wertige Lederscheiden von Kizlyar aus früheren Produktionszeiten sind leider so vergangen wie mein Haupthaar.
    Und es ist ebenso leider eine Binsenweisheit, daß die meisten Serien-Lederscheidenbauer und -Beisteller leider offenbar ca 1930 mit dem Nachdenken und dem Beobachten taktischer Anforderungen aufgehört haben und der Seriendurchschnitt in Leder daher hinsichtlich Messerhalt und -sicherung und insbesondere variablen Befestigungsmögichkeiten leider meist ein paar Generationen hinter diversem Plastik zurückhängt.


    Wir sind ja nicht zufällig so glücklich über Michl und Leon, die das das individuell auffangen und uns die Möglichkeit geben, solche Scheiden nicht nur mit Lederfett, sondern auch mit Hirnschmalz zu bekommen :)


    Nun gilt das normalerweise eben ausdrücklich nicht für die Sharpshooter-Scheiden, die ich bislang kannte: Wertig sowohl in Material als auch Fertigung und insbesondere auch bis ins Detail anwendungsfreundlich und durchdacht, so kannte ich das.


    Man sieht meinem BJ 1-7 ja an, daß es auch mal an die Luft kommt, und die Scheide ist klasse:



    Dann kam das Halo....


    Die Sicherungsschlaufe läuft horizontal einmal um den Griff und wird dann unter eine vorn oben auf der Scheide sitzende Lasche geführt und dort unter der Lasche mit einem Druckknopf an derselben befestigt. Zum Lösen wird die Lasche von oben oder von der Seite so weit abgebogen, bis der Druckknopf dann aufspringt. Dann zieht man das Parierelement des Messerchens irgendwie an der Sicherungslasche vorbei, was sogar einigermaßen passabel geht....


    Das Problem ist vielmehr, daß der Druckknopf sehr stramm sitzt und die Lasche ziemlich weich ist. Man muß sie wirklich elend weit abbiegen, bis das ganze überkomplizierte Arrangement dann END-LICH aufspringt:




    Da man die Lasche zuweilen fast 90 Grad abbiegen muß, um dann die ersehte Druckknopföffnung herbeizuführen, ist es fast ausgeschlossen, die Scheide z.B. so in Gürtel oder Stiefelschaft zu schieben, daß die Scheide innen sitzt. Das wäre für einen sicheren und diskreten Sitz aber manchmal wünschenswert. Seitenwahlfrei wird die Sache auch nicht mehr wirklich, da man noch am besten einen schrägen Druck auf die Lasche diagonal zum Riemenende hin aufbauen kann, um den Öffnungswinkel der Lasche nicht so elend groß werden zu lassen. Geht aber eben nur nach einer Seite....


    Insgesamt eine viel zu komplizierte Sicherung für ein Stiefelmesser, zumal ernsthaft eh keiner ein mit Cllip irgendwo eingehängtes Messer bei einem Halo-Sprung tragen würde. Das Ding ist ein praktisches kleines EDC oder wäre jedenfalls eins, wenn man denn Lust hätte, es irgendwie mitzutragen. Dieses ganze Rundumriemen- und Laschengedöns ist also eh schon mal unnötig schwierig - und funktioniert dann eben auch nicht wirklich vernünftig.


    Das geht alles viel einfacher für ein Boot Knife!



    Z.B. eben ganz klassisch mit einem vertikal umlaufenden klassisch mittig druckknopfgeschlossenen Sicherungsriemen. Befestig man den auch noch hinten entweder drehbar oder seitenwahlfrei einziehbar, kann man sich die Druckrichtung zum Öffnen frei aussuchen.
    Ebenso kann man zwei Hälften eines horizontal über ein PE laufenden Sicherungsriemens oben mit einem Druckknopf schließen und dann von oben mit dem Daumen von allen Seiten aufdrücken, wie man das bei vielen Boot-Scheiden für Messer nach Art des Gerber Mk 1 sieht.


    Man kann auch einen diabonal über ein PE laufenden Sicherungsriemen vorn einfach mit einem Druckknopf auf der Scheide befestigen. Befestigt man den hinten drehbar, kann man sich die Seite des Herumführens wieder aussuchen.



    In den allermeisten Fällen braucht man gar keinen Sicherungsriemen, wenn die Scheide gut angepaßt ist und das Messer sauber allein durch Friktion hält. Beim Böker Bud Nealy auf dem Bild hab ich ein wenig nachgeholfen und den Mund der Scheide nass angeformt. Das Messer fällt auch tipup nicht heraus.


    Alle diese Lösungen sind voll seitenwahlfrei und funktionieren so einfach und instinktiv, wie zumindest ich das für ein Boot Knife haben will....


    Man kanns auch richtig gut machen: Al Mar hat bei der asymmetrischen Lederscheide für das Shugoto einen Sicherungsriemen einfach vorn UND hinten mit Druckknopf befestigt und so positioniert, daß man ihn wahlweise auf beiden seiten diagonal ums PE führen kann - und außerdem bedarfsweise einfach neben die leere Scheide klappen, in beidseitig angeknöpftem Zustand. Besser kann man sowas kaum lösen...






    Übrigens hat die Al Mar - Scheide dann auch noch diverse Hohlnieten fürs variable Befestigen an Mann oder Gear sowie beidseitige flach aufgenähte Gürtellaschen, die ich viel mehr schätze als die umgebogene Version. DAS ist mal ne praxistaugliche Lederscheide...


    Aber zurück zur kleinen Sharpshooter fürs Halo Boot Knife...leider...


    Denn die Enttäuschung geht weiter: Wie gesagt, zum Ziehen muß man das PE an dem umlaufenden Sicherungsriemen vorbeiführen, was kein Problem wäre, wenn die Scheide an ihrem Clip fest auf Stiefelschaft oder Hosenbund sitzen würde....



    Leider muß der Clip, um das zu erfüllen, hinter eien schmalen Hosengürtel greifen - sonst ist der Halt so fest wie ein Politikerwort.
    Hinter einen Hosenbund geklemmt (ohne Gürtel), hinter einem breiten Gürtel oder insbesondere eben (...das Ding heißt ja Boot Knife...) in einem Stiefelschaft findet der einigermaßen luschige Clip nicht genug Halt.
    Bei mehreren Ziehversuchen an einem Stiefel habe ich das Messer nur am Griff gefaßt und versucht, es aus der Scheide zu ziehen, die am auf dem Boden stehenden Stiefel angeclipt war. Statt das Messer allein zu ziehen oder den Stiefel mit anzuheben, kam fast immer die Scheide mit. Das geht gar nicht!



    Böker löst das beim Bud Nealy mit einem erheblich kräftigeren Clip.
    Und CRKT, wahrlich ansonsten nicht unbedingt der Rolls Royce des Scheidenbaus, biegt am Clip einfach ein ausgestanztes Stück hakenförmig nach innen, das legt sich nicht nur hinter eine Gürtelkante, sondern auch gegen Nähte, Wülste usw. und sichert das Messer ebenfalls viel besser gegen Mit-Abziehen.


    Ich werde wohl bei Gelegenheit die kleine Scheide zu Roman senden müssen mit der Bitte, das ganze enervierende Sicherungsriemen- und -laschen-Gebamsel einfach zu kappen. Falls die Friktion nicht allein ausreicht, kleben wir eben noch nen Filz hinein. Und hinter den Clip kleb ich vermutlich noch nen Streifen Industrie-Klett.


    Aber es ist schon bedauerlich, daß ich da so nacharbeiten (lassen) muß, um dann bei dem stolzen Preis des Halo 15 eine auch für mich akzeptable und für meinen Gebrauch praxistaugliche Scheide zu haben.


    Übrigens habe ich die Sache auch Blackjack bzw. dem Hersteller Bark River vorgetragen. Man hat Fotos erbeten und sich dann einfach nicht mehr geäußert.

  • Da haben gleich mehrere nicht nachgedacht und treffen nun mit ihrem Produkt ganz unvermutet auf einen erfahrenen Praktiker...
    Da gibt es ja auch aus der Vergangenheit unzählige Beispiele, wo das ähnlich verlaufen ist.


    Konnte ja keiner ahnen, das es tatsächlich jemanden gibt, der ein Bootknive am Stiefel tragen möchte...


    Dieses Problem sollte aber relativ einfach in den Griff zu bekommen sein. Adäquate Lösungen sind ja schon erwähnt worden. Werde mich auch hüten, hier noch Vorschläge zu machen.


    Aber ärgerlich ist es trotzdem.


    Hatte mir das übrigends schon bei der ersten Vorstellung des Messers so ungefähr gedacht, weil mir das schon so umständlich vorkam.


    Aber individualisieren macht ja auch Spaß.


    Beste Grüße,
    Andy

    Member of the "outer Bunch..."

  • Hallo Micha,


    eine ernüchternde Darstellung der ansonsten so hochwertigen BR Sharpshooter-Scheiden. Noch schader (?) empfinde ich die Reaktion des Herstellers. Vielleicht kommt da ja noch was.
    Den Druckknopf kannst Du evtl. leichtgängiger machen, indem Du den Zapfen mit einer nicht-profilierten Flachzange vorsichtig zusammendrückst. Hat bei meinem Rucksack jedenfalls geholfen. Aber, wie Du ja bereits dargestellt hast, gibt es grundsätzlich smartere Lösungen. Schade eigentlich.


    Grüße
    Jan

    two is one - one is none

    Einmal editiert, zuletzt von Idox ()

  • huhu,
    sag ich auchmal was. der clip sollte Teil einer break-away latch sein. also ganz platt gesagt, da kommmt ne duenne Stahl lage unter dem Druckknopf. das gibt schonmal nen definierten Punkt zum loesen. da waren die alten scheiden von Haller wirkich mal besser als die von Gerber.
    andererseits ist das Leder anscheinend zu weich und es werden falsche Clips genommen. Die alten scheiden von Gerber hatten Clips von Bianchi, die hielten gnadenlos. Drittens ist das design vollkommen daneben. Wer will sowas haben? da haetten sie sich eher an den Scheiden fuer den MK35 Gambler oder den Gerber Mk 1 orientieren sollen. das Messerle ist aber geil!

    Einmal editiert, zuletzt von teachdair ()

  • Gar nicht OT, da ich das Messer nicht zuletzt zum Tragen daran und an braunen Engineer Boots gekauft hatte.


    Nur zupf ich es da eben leider - noch - beim Ziehen ab, geht also nicht.


    Die hier sind es:


    http://www.asmc.de/Bekleidung/…-Boots-braun-Repro-p.html


    War erst skeptisch, Repro "roch" so ein wenig nach billig...bin aber voll zufrieden.


    Hatte sie ungeplant am ersten Tag gleich sehr lange an, war damit beim Arbeiten unterwegs: Haben sich vom ersten Tag an sehr bequem getragen.
    Bis jetzt schwächelt auch nichts...
    Sind ein wenig höher als ein Haix High Walker.


    Ich trag sie wirklich gern.

  • Hallo Micha,
    ein interessanter Thread! Einerseits kann ich verstehen, dass Hersteller bei bestimmten Preisen nur bestimmte Qualität abliefern können (wobei ich persönlich der Meinung bin, dass sie es dann besser ganz sein lassen sollten.... :whistling: ).
    Andererseits wird sich halt auch wirklich selten Gedanken über eine einwandfreie Nutzung gemacht.
    Nehmen wir einmal das Beispiel des Halo:
    Der "Mechanismus" ist in dieser Form vollkommen sinnfrei und hätte höchstens funktionieren können, wenn nicht ein Stück Leder aus dem Hals, sondern dem Coupon genommen worden wäre (Unabhängig vom Druckknopf).
    Ebenso scheint es Harness Leder zu sein (durchgefettetes Rindleder), welches so oder so zu weich wird.
    Auch wenn es sonst gutes Leder ist. Also wurde bei dem Entwickeln der Scheide nicht wirklich nachgedacht, nicht das Zusammenspiel von Funktion und Materialien berücksichtigt.
    Und da bin ich der Meinung, dass es fast besser wäre ein solches Messer blank auszuliefern.


    Das waren nur meine zwo Cent zu der Verarbeitung.
    Ansonsten ein schöner Einblick sowie Vorstellung.
    Danke und Gruß vom Cowboy

    "Wir sind wohl alle für das geschaffen, was wir tun" - Ernest Hemingway

  • Hallo, Leon!


    Freut mich, daß Du mit Deinem Background Dir das angeschaut hast.


    Zweck des Threads war auch gar nicht mal primär das Meckern, sondern eine Gegenüberstellung der verschiedenen technischen Gestaltungen.


    Persönlich war ich ziemlich verwundert, weil ich bei diesem Hersteller sowas nicht erwartet hab und mir dementsprechend vorher nicht das Bild unter dem Aspekt angeschaut habe, ob so etwas überhaupt funktionieren kann.


    Die Scheide für das 1-7 Commando Handle ist wirklich klasse und funktioniert sehr gut, einmal abgesehen davonn, daß ich persönlich die Herstellung eines Gürteldurchlasses durch flaches Aufnähen eines Lederstreifens der Lösung mit dem Umklappen und dem oberen Bogen vorziehe: ist flacher, trägt also weniger auf, und neigt auch nicht über die Jahre in der Biegung zum Brechen.

  • Hallo,
    es kam in meinen Augen auch nicht als "Meckerei" rüber, lediglich eine Gegenüberstellung, welche ich als sehr gelungen empfinde.
    Die Scheiden, die sagen wir mal funktionieren, finde ich auch top gemacht, sie können nur funktionieren.
    Allein die Halo Scheide ist halt ein Fehlgriff was die Gestaltung angeht. Und diese geht einher mit dem Einsatzgebiet, in welchem das Messer sicher sitzen sollte und dennoch schnell verfügbar sein muss.
    Dennoch muss man natürlich immer eine Menge Verständnis aufbringen, nicht jeder Messerhersteller hat eine eigene Sattlerei, und zum Preis "darf" man da nichts sagen, der Aufwand ist recht hoch, besagter muss niedrig gehalten werden.
    Dann kommt es auch schon mal vor, dass zwar ein guter Clip verbaut wird, dieser sich aber aufgrund schlechten Leders mal eben verabschiedet, da dieses reißt (was auch mir schon passiert ist)
    Wie gesagt, es muss halt auch alles in einem Rahmen des bezahlbaren bleiben, wobei jedoch eine Scheide wie diese fürs BJ 1-7 definitiv zu glänzen weiß :thumbup:
    Letztendlich ist halt alles (oder es sollte so sein) eine Frage des Preises.
    LG

    "Wir sind wohl alle für das geschaffen, was wir tun" - Ernest Hemingway

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