Hallo,
neulich habe ich mir ein paar günstige Messer aus China kommen lassen.
Bisher habe ich ja immer "vor Ort" eingekauft und mich bei den bekannten Herstellern aus Deutschland, Frankreich, den USA und der Schweiz umgesehen.
Doch zur Abwechslung wollte ich auch mal schauen, wie gut die Verarbeitung der aus westeuropäischer Sicht extrem günstigen Messer aus China inzwischen ist. Deshalb hier einmal ein Review des Brother 1502. - Eines Messers, das ich vorher so nicht kannte. Wie ich nachträglich erfahren musste, ist es ein Nachbau eines bekannten Messers von Kershaw.
Mir ist die Problematik der "Kopier-Kultur" durchaus bekannt, mir geht es aber in diesem Fall einfach um eine sachliche Betrachtung des Messers. Jeder muss natürlich für sich selber entscheiden, ob er so ein Messer kaufen möchte oder nicht.
Hier nun der Review
Bei dem Messer handelt es sich um ein eher moderat großes Taschenmesser, aufgebaut wie die klassischen (Jagd-)Taschenmesser aus Solingen: Der Körper des Messer besteht aus vernieteten Messing-Platinen, die Griffschalen sind ebenfalls mit vernieteten Stiften aufgesetzt und das Messer hat eine Backlock-Verriegelung.
Was das Messer aber abhebt, sind die modernen Materialien für die Griffaschalen (matt poliertes G10), das eigenwillige Griffdesign sowie die Tatsache, dass es nicht aus Solingen stammt sondern eben aus China.
Eine Sache die mir aufgefallen ist und die mich ein wenig irritiert: Warum wurde als Lanyard-Öse ein Rohr aus einem anderen Metall eingesetzt? Soll das einen designerischen Effekt erzeugen oder ist das einfach Achtlosigkeit?
20160525MP7094.jpg
Bezugsquelle:
Das Messer habe ich bei Gearbest gefunden, hier der Link zur Produktseite: http://www.gearbest.com/pocket…ing-knives/pp_354980.html
Es kostet 17,33 US-Dollar, was derzeit ca. 15,30 Euro entspricht.
Technische Daten:
Länge geschlossen: 10,7 cm
Länge geöffnet: 18,8 cm
Gewicht: 105 g (Laut Herstellerangabe)
Klingenstahl: 440C (laut Herstellerangabe)
Klingenlänge: 8 cm (von der Klingenspitze zum Griff gemessen, reine Schneide ohne Ricasso: 7,1 cm)
Klingenhöhe: 1,8 cm (am Klingelansatz vor dem Ricasso gemessen)
Klingendicke: 2,8 mm (Am Rücken des Klingenansatzes vor dem Ricasso gemessen)
Griffmaterial: matt poliertes schwarzes G10
Griffdicke: 11,7 mm (gemessen auf Höhe des Backlocks)
Aufbau und Bedienung:
Das Messer wird zweihändig geöffnet (Nagelhau in der Klinge), es fällt also nicht unter die Einschränkungen des §42a. Es war ab Werk etwas schwergängig, mit ein paar Tropfen Öl konnte das aber schnell korrigiert werden. Jetzt ist das Messer immer noch stramm (wie man es von einem neuen, vernieteten Messer eben erwartet), lässt sich aber gut bedienen und hat kein Spiel.
Die Klinge läuft ziemlich spitz zu und ist direkt über der Schneide sehr fein ausgeschliffen, was das Messer sehr "allround-tauglich" macht. Es ist (aus meiner Sicht) gut als EDC-Messer geeignet, das zudem aufgrund des etwas konturierten Griffes auch noch gut in größeren Händen liegt (ich habe Handschuhgröße 10,5-11).
Messer geöffnet, linke Seite:
20160525MP7088.jpg
Messer geöffnet, rechte Seite:
20160525MP7089.jpg
Verarbeitung:
Neben der oben schon erwähnten "seltsamen" Abweichung bei der Fangriemen-Öse hat das Messer einen kleinen optischen Makel am Backspacer hinter dem Hebel des Backlocks:
20160525MP7086.jpg
Auch sind auf der Innenseite der Messingplatinen teilweise noch Werkzeugspuren sichtbar:
20160525MP7095.jpg
Aber das sind alles kleine optische Mängel, die die Funktion des Messers nicht beeinträchtigen. - Ich denke hier ist dann eben der extrem günstige Preis zu erkennen, den man für das Messer zahlt.
Andererseits sind andere Dinge (die die Funktion des Messers betreffen) durchaus auf ordentlichem Niveau: Der Backlock hat eine ordentliche Feder und die Klinge liegt in geschlossenem Zustand mit dem Ricasso auf einem Stopp-Pin auf, so dass die Klinge nicht die Innenseite des Backlocks bzw. der Feder berührt:
20160525MP7090.jpg
Das würde ich mir für meine Laguiole-Messer (die den zehnfachen Preis kosten) auch wünschen.
Und auch der Klingenstand ist ordentlich. Die Klinge ist in geschlossenem Zustand nicht 100% zentriert, aber doch nahe dran:
20160525MP7093.jpg
Ich hoffe, Euch gefällt mein erster Review.
Wenn es noch Fragen zu dem Messer gibt, versuche ich gerne, diese zu beantworten.
Gruß
NordWicht