Review: Brother 1502 - ein ordentlich gemachter, günstiger "Remake" des Kershaw 1993-2

  • Hallo,


    neulich habe ich mir ein paar günstige Messer aus China kommen lassen.
    Bisher habe ich ja immer "vor Ort" eingekauft und mich bei den bekannten Herstellern aus Deutschland, Frankreich, den USA und der Schweiz umgesehen.


    Doch zur Abwechslung wollte ich auch mal schauen, wie gut die Verarbeitung der aus westeuropäischer Sicht extrem günstigen Messer aus China inzwischen ist. Deshalb hier einmal ein Review des Brother 1502. - Eines Messers, das ich vorher so nicht kannte. Wie ich nachträglich erfahren musste, ist es ein Nachbau eines bekannten Messers von Kershaw.


    Mir ist die Problematik der "Kopier-Kultur" durchaus bekannt, mir geht es aber in diesem Fall einfach um eine sachliche Betrachtung des Messers. Jeder muss natürlich für sich selber entscheiden, ob er so ein Messer kaufen möchte oder nicht.



    Hier nun der Review


    Bei dem Messer handelt es sich um ein eher moderat großes Taschenmesser, aufgebaut wie die klassischen (Jagd-)Taschenmesser aus Solingen: Der Körper des Messer besteht aus vernieteten Messing-Platinen, die Griffschalen sind ebenfalls mit vernieteten Stiften aufgesetzt und das Messer hat eine Backlock-Verriegelung.


    Was das Messer aber abhebt, sind die modernen Materialien für die Griffaschalen (matt poliertes G10), das eigenwillige Griffdesign sowie die Tatsache, dass es nicht aus Solingen stammt sondern eben aus China.


    Eine Sache die mir aufgefallen ist und die mich ein wenig irritiert: Warum wurde als Lanyard-Öse ein Rohr aus einem anderen Metall eingesetzt? Soll das einen designerischen Effekt erzeugen oder ist das einfach Achtlosigkeit? ?(
    20160525MP7094.jpg


    Bezugsquelle:


    Das Messer habe ich bei Gearbest gefunden, hier der Link zur Produktseite: http://www.gearbest.com/pocket…ing-knives/pp_354980.html
    Es kostet 17,33 US-Dollar, was derzeit ca. 15,30 Euro entspricht.


    Technische Daten:


    Länge geschlossen: 10,7 cm
    Länge geöffnet: 18,8 cm
    Gewicht: 105 g (Laut Herstellerangabe)


    Klingenstahl: 440C (laut Herstellerangabe)
    Klingenlänge: 8 cm (von der Klingenspitze zum Griff gemessen, reine Schneide ohne Ricasso: 7,1 cm)
    Klingenhöhe: 1,8 cm (am Klingelansatz vor dem Ricasso gemessen)
    Klingendicke: 2,8 mm (Am Rücken des Klingenansatzes vor dem Ricasso gemessen)


    Griffmaterial: matt poliertes schwarzes G10
    Griffdicke: 11,7 mm (gemessen auf Höhe des Backlocks)


    Aufbau und Bedienung:


    Das Messer wird zweihändig geöffnet (Nagelhau in der Klinge), es fällt also nicht unter die Einschränkungen des §42a. Es war ab Werk etwas schwergängig, mit ein paar Tropfen Öl konnte das aber schnell korrigiert werden. Jetzt ist das Messer immer noch stramm (wie man es von einem neuen, vernieteten Messer eben erwartet), lässt sich aber gut bedienen und hat kein Spiel.


    Die Klinge läuft ziemlich spitz zu und ist direkt über der Schneide sehr fein ausgeschliffen, was das Messer sehr "allround-tauglich" macht. Es ist (aus meiner Sicht) gut als EDC-Messer geeignet, das zudem aufgrund des etwas konturierten Griffes auch noch gut in größeren Händen liegt (ich habe Handschuhgröße 10,5-11).


    Messer geöffnet, linke Seite:
    20160525MP7088.jpg


    Messer geöffnet, rechte Seite:
    20160525MP7089.jpg


    Verarbeitung:


    Neben der oben schon erwähnten "seltsamen" Abweichung bei der Fangriemen-Öse hat das Messer einen kleinen optischen Makel am Backspacer hinter dem Hebel des Backlocks:
    20160525MP7086.jpg


    Auch sind auf der Innenseite der Messingplatinen teilweise noch Werkzeugspuren sichtbar:
    20160525MP7095.jpg


    Aber das sind alles kleine optische Mängel, die die Funktion des Messers nicht beeinträchtigen. - Ich denke hier ist dann eben der extrem günstige Preis zu erkennen, den man für das Messer zahlt.


    Andererseits sind andere Dinge (die die Funktion des Messers betreffen) durchaus auf ordentlichem Niveau: Der Backlock hat eine ordentliche Feder und die Klinge liegt in geschlossenem Zustand mit dem Ricasso auf einem Stopp-Pin auf, so dass die Klinge nicht die Innenseite des Backlocks bzw. der Feder berührt:
    20160525MP7090.jpg


    Das würde ich mir für meine Laguiole-Messer (die den zehnfachen Preis kosten) auch wünschen. ;)


    Und auch der Klingenstand ist ordentlich. Die Klinge ist in geschlossenem Zustand nicht 100% zentriert, aber doch nahe dran:
    20160525MP7093.jpg



    Ich hoffe, Euch gefällt mein erster Review.
    Wenn es noch Fragen zu dem Messer gibt, versuche ich gerne, diese zu beantworten.



    Gruß
    NordWicht

    4 Mal editiert, zuletzt von NordWicht () aus folgendem Grund: Integration der Bilder in den Text.

  • ....für ein Erstes Review. Man mönnte meinen, du hast das schon öfter gemacht. Hab ich gerne gelesen.


    Kleine Anregung ( keinesfalls Kritik )
    Ein zwei Inhandbilder oder Bilder mit anderen Messern zum Größenvergleich kommen immer gut. Ansonsten sehr schöne Bilder. Der Hintergrund ist echt Klasse gewählt dafür...


    Zum Messer kann ich nur sagen - typische Chinaware ( Wertfrei ). Ich hab auch sowas ähnliches. Schafft man sich mal an, weil man denkt - och, so für alle Tage und für das Geld....
    Aber so richtig zufrieden ist man dann stets doch nicht. ( Meine Mng....)
    Andererseits, wenns kaputt geht oder man es ganz verliert, ist es auch nicht so richtig schlimm.


    Ob es sich jetzt tatsächlich um 440C handelt, kann sowieso niemand mit "normalen" Mitteln überprüfen.


    Aber für Einsteiger oder halt Leute die ein schönes Messer haben wollen und nicht soo viel Geld verdienen oder einfach Sparfüchse - warum nicht...


    Beste Grüße,
    Andy

    Member of the "outer Bunch..."

  • Hallo Stinkeputz,


    danke Dir für die Blumen. :)


    Ja, ich sehe das auch so. Ein Messer für richtig viel Geld wird evtl. nicht mehr wirklich mit raus in den Schmutz genommen, weil man Angst um das gute Stück hat. Verständlich, wer möchte schon das handgemachte, teure Laguiole im Wald im Dreck verlieren oder die makellose Leichtgängigkeit eines Sebenza damit gefährden, dass er es am Strand in den Sand fallen lässt.


    Diese Messer sind aus meiner Sicht eben "Arbeitsmesser" so wie die Löwenmesser und die Messer von Otter, die unsere Großväter in der Tasche hatten und für alles verwendet haben, ohne sich um das Messer gedanken zu machen. Das war eben ein Werkzeug. Und wenn es stumpf war, dann wurde es auf einem halbwegs feinen Stein abgezogen.


    Die "in-Hand-Bilder" kann ich evtl. noch nachliefern bzw. bei zukünftigen Reviews zusätzlich machen, danke für den Hinweis.



    Gruß
    NordWicht

  • Schön gemacht. Danke. Vielleicht noch ein Bild vom Karton/Lieferumfang, wenn es so was gibt. Und ein zwei Worte zu den Schneideigenschaften und Werksschärfe. Wie gefallen dir die Schneideigenschaffen? :thumbup:

    Die TF Sucht ist zu Ende!

  • Hallo


    Schön gemacht. Danke. Vielleicht noch ein Bild vom Karton/Lieferumfang, wenn es so was gibt. Und ein zwei Worte zu den Schneideigenschaften und Werksschärfe. Wie gefallen dir die Schneideigenschaffen? :thumbup:


    Danke :)
    Das Messer war ab Werk so scharf, dass ich mit etwas Mühe Armhaare rasieren konnte.


    Durch Papier ging es annähernd kraftlos hindurch (frei zwischen den Fingern hängendes Standard-Druckerpapier). Nachdem ich es ein paar mal über ein Leder mit Schleifpaste abgezogen hatte ging es durch das Papier wie durch Flüssigkeit. :)


    Es ist aufgrund der dünn ausgeschliffenen Klinge sehr schneidfreudig, vergleichen würde ich es in der Beziehung z.B. mit dem Otter-Taschenmesser 162 ("Drei-Nieten-Messer").


    Geliefert wurde es in einem schwarzen Pappkarton der in meinem Fall beim Transport (Lieferung aus China im Luftpolster-Umschlag) ziemlich gelitten hatte. Siehe Fotos:


    Verpackung: Schwarzer, schmuckloser Karton aus Recycling-Pappe
    20160531MP7129.jpg


    Größenvergleich: Messer in der geöffneten Hand (Handschuhgröße ca. 10,5)
    20160531MP7131.jpg


    In der geschlossenen Hand:
    20160531MP7132.jpg


    Brother dürfte dei neue "Klonmarke" sein, da gibts einiges das von anderen stark inspiriert ist.


    Vermutlich, aber das trifft ja auf sehr viele der uns hier bekannten China-Marken zu, sei es San Ren Mu oder Ganzo. Kizer mag da eine Ausnahme sein mit originalen Designs.



    Gruß
    NordWicht

    2 Mal editiert, zuletzt von NordWicht ()

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