Das Mora Garberg

  • Der Ort Mora in Schweden verfügt über eine sehr lange Tradition in der Herstellung von Schneidwaren. Bereits im 17. Jahrhundert stellten die Menschen in dieser Gegen Messer her. Das dort ansässige Unternehmen Morakniv selbst produziert seit über 100 Jahren Messer, die sich für gewöhnlich durch einen sehr günstigen Preis und hoher Qualität auszeichnen. Sehr wahrscheinlich ist diese Kombination der ausschlaggebende Grund, weshalb sich die Messer aus Mora solch großen Beliebtheit erfreuen. Ein für diese Messer typisches Charakteristikum ist die Steckerl-Konstruktion, auf der die Messer aufbauen. Bei dieser zieht sich der Stahl, aus dem die Klinge gefertigt ist, nicht bis zum Griffende durch. Dass diese Bauweise zu schwach sei, um für ein wirklich stabiles Messer tauglich zu sein, wird gerne von Kritikern der Mora-Messer angeführt. Um dieser Ablehnung zu begegnen hat Mora nun ein Modell entwickelt, das dem Typus eines robusten Messers noch gerechter werden soll: Das Garberg, bei dem der Erl am Griffende - wie als Beweis - sogar noch ein Stückchen übersteht.



    Bereits beim Auspacken des Garbergs werden diejenigen, die mit anderen Modellen des Herstellers vertraut sind, eine spürbare Gewichtszunahme bemerken, mit der das Messer daher kommt. Man muss zugeben, dass sich das Garberg tatsächlich solider, ja beinahe vertrauenserweckender anfühlt. Dass anderen Modellen von Mora dabei eine mangelnde Stabilität zu unterstellen sei, kann dabei keinesfalls behauptet werden. Aber das Garberg liegt im Vergleich zu seinen Geschwistern einfach satter in der Hand. Es ist wirklich erstaunlich, was ein “bisschen” mehr an Stahl im Griff bewirken kann.


    Die Klinge
    Beim Betrachten des Messers fällt die für Mora-Verhältnisse etwas üppiger dimensionierte Klinge auf. Das vorliegende Exemplar ist 11 cm lang, knapp 2,3 cm hoch und 3 mm stark. Natürlich sind das keine Dimensionen eines Rambomessers. Das Garberg stellt aber auch gar nicht diesen Anspruch. Es sind vielmehr die Maße eines Messers, das den Kompromiss zwischen Robustheit und Vernunft sucht. Allzu weit hat sich Mora von seinen sonstigen Klingenabmessungen (verglichen z.B. mit dem Bushcraft Black) dabei nicht entfernt.



    Beim Klingenstahl setzt das Garberg auf den 14C28N der Firma Sandvik, die diesen als die ultimative Kombination aus Härte und Korrosionsbeständigkeit bewirbt. In jedem Fall genießt der Stahlproduzent Sandvik in der Messerwelt ein hohes Ansehen und konnte in der Vergangenheit stets durch Qualität überzeugen. Im Gegensatz zu einigen modernen “Superstählen” lässt sich der 14C28N relativ leicht schärfen und kann auf eine ordentliche Schärfe gebracht werden. Beide Eigenschaften passen hervorragend zu einem Outdoormesser. Positiv hervorzuheben ist dabei auch, dass zumindest das vorliegende Exemplar des Garbergs vom Hersteller äußerst scharf geliefert wurde. Die Schneide weist dabei eine kaum wahrnehmbare Sekundärphase auf, die dem Scandi-Schliff mehr Robustheit verleihen soll.



    In der Tat beisst sich die Klinge, trotz eines derberen Winkels als man ihn von Mora sonst gewohnt ist, ordentlich ins Holz. Noch steiler hätte man den Anschliffwinkel allerdings auch nicht wählen dürfen. Insgesamt ist er für feinere Aufgaben, wie sie zum Beispiel in der Küche anfallen, weniger geeignet. Eine Zwiebel wird beispielsweise eher gespalten, als geschnitten. Das ist allerdings bei einen Scandischliff auch nicht überraschend.
    Freunde des Kohlenstoffsthals dürften beim Garberg etwas enttäuscht sein, da dieses aktuell ausschließlich im rostfreien 14C28N erhältlich ist. Wer pflegeleichte Messer bevorzugt, fährt mit dem 14C28N allerdings gut.


    Der Griff
    Insgesamt kommt das Garberg, das auf Grund des Vollerls schon eine gewisse Zäsur in der Geschichte Moras bedeutet, relativ schlicht, beinahe unscheinbar daher. Dafür kann das Garberg mit einem neu entworfenen Griff aufwarten, den es bei anderen Mora Modellen bisher noch nicht gegeben hat - wohl aber zukünftig geben wird. Er liegt voluminös in der Hand und kann in verschiedenen Griffpositionen angenehm gehalten werden. Die Haptik ist dabei aber insgesamt Mora-typisch geblieben und erinnert mich ein bisschen an die des Mora 510.
    Erfreulicherweise verfügt das Griffende über einen Durchbruch, so dass bei Bedarf ein Fangriemen durch den Griff gezogen werden kann. Sicherlich keine lebensnotwendige Eigenschaft aber für einige Anwender sicherlich ein “nice to have”. Wie eingangs erwähnt, ragt ein Teil des Klingenstahls über das Griffende hinaus. Dessen Kanten sind verhältnismäßig scharf geschliffen worden, was das Anreissen eines Feuerstahls ermöglicht. Für diesen Zweck ist allerdings der ebenfalls im 90° Winkel gehaltene Klingenrücken wesentlich besser geeignet.
    Ob es sich beim verwendeten Griffmaterial des Garbergs um einen neuen Kunststoffmix handelt oder ob letztlich auf den altbewährten zurückgegriffen wurde, ist für mich nicht nachvollziehbar. Jedenfalls besteht er laut Herstellerangaben aus den beiden Komponenten Polyamid und TPE Gummi. Eine spürbare Veränderung im Vergleich zu den alten Mora-Griffen kann subjektiv jedenfalls nicht festgestellt werden.



    Die Scheide
    Einen starken Kontrast zum gewöhnlichen Erscheinungsbild des Messer bildet das neu entwickelte und modular aufgebaute Scheidensystem des Garbergs, das als Multi-Mount-Scheide bezeichnet wird. Auf den ersten Blick muss der anwender schon etwas grübeln, wie nun die einzelnen Teile zusammenpassen und wofür sie gedacht sind. Das Grundgerüst bildet ein düsenförmiger und den üblichen Mora-Scheiden recht ähnlicher Plastikköcher, in den das Messer beim Hineinstecken einrastet. Am Köcher, der an der Basis über zwei Löcher zum Wasseraustritt verfügt, lässt sich wahlweise eine übliche Gürtelschlaufe oder eine Lederschlaufe anbringen, die den kompletten Griff umspannt. Hervorzuheben ist, dass beide Schlaufensysteme wiederum an der Plastikscheide einrasten und somit sicher mit ihr verbunden sind.




    Als Zugabe legt Mora eine Schiene bei, die beispielsweise an einem Fahrrad montiert werden könnte. Sie nimmt das Messer mittels Klettverschlussband schnell auf, was dessen Transport erleichtern soll. Das komplette Scheidensystem ist für Rechts- und Linkshänder gleichermaßen geeignet. Optional ist das Garberg aber auch mit einer klassischen Lederscheide erhältlich.




    Preisgestaltung
    Nachdem Mora mit dem Garberg endlich die Kritik eines fehlenden “Full Tang” Moras abstellen konnte, hat sie sich mit der Preisgestaltung des Garbergs bereits im Vorfeld erneuter Kritik ausgesetzt. Wie bereits erwähnt, zeichnet sich Mora für gewöhnlich durch sehr günstige Messer aus, die für gewöhnlich im Bereich von ca. 7 bis 40€ angesiedelt sind. Beim Garberg peilt Mora allerdings in Richtung 100€, was bereits im Vorfeld schon zu heftigen Diskussionen in diversen sozialen Medien führte. Die Kunden waren so einen Preis von Mora bisher nicht gewohnt. Das Argument, dass vergleichbarer Produkte anderer Hersteller häufig zu ähnlichen oder sogar höheren Preisen gehandelt werden, konnte viele kritische Stimmen nicht besänftigen. Unbeachtet blieb häufig auch, dass entsprechende Produkte der Konkurrenz nicht selten aus Niedriglohnländern importiert werden, während Mora durchweg im vergleichsweise teuren Schweden produziert. Das Garberg ist sicherlich - entgegen vieler Mora-Messer - kein Schnäppchen mehr. Dafür sind die Änderungen am Messer im Vergleich zu anderen Mora Modellen einfach nicht groß genug. Wäre das Messer jedoch von einer anderen Firma auf den Markt gebracht worden, hätte es die empörten Aufschreie vermutlich nicht gegeben.


    Daten zum Messer
    Klingenlänge: 11 cm
    Gesamtlänge 23 cm
    Klingenstärke 3 mm
    Klingenstahl: 14C28N
    Gewicht: ca. 169 g (Angabe des Herstellers)


    Fazit
    Bis auf wenige Ausnahmen bleibt sich Mora mit dem Konzept des Garbergs treu. Zwar hat das Messer nun den von vielen lang erwarteten Vollerl und ist darüber hinaus mit dem neu entwickelten Scheidensystem erhältlich. Bei den verwendeten Materialien ist man aber recht konservativ geblieben. Die bewährte Kombination aus Kunststoffgriff und Sandvik-Klinge ist auch beim Garberg beibehalten worden. Statt des 12C27 wird nun allerdings der 14C28N Stahl verbaut. Eine Variante in Kohlenstoffstahl ist leider bisher nicht verfügbar.
    Auch optisch bricht das Garberg nicht mit der Tradition und reiht sich still und leise ins übrige Portfolio der Firma ein. Unterm Strich erhält man mit dem Garberg für sein Geld sicherlich ein sehr robustes und wie gewohnt qualitativ ordentliches Mora-Messer.


  • Vielen Dank für dieses aufschlussreiche und toll bebilderte Review. Ich hatte schon das ein oder andere Mora-Messer in der Hand und habe auch schon öfter welche verschenkt, aber bisher hat keines bei mir selbst diesen gewissen haben-wollen-Reiz ausgelöst wie das Garberg. Noch bin ich nicht ganz überzeugt, weil ich mich - in einem Anflug von Vernunft - frage, was ich mit noch einem weiteren so dimensionierten Messer aus dieser Preisklasse anfangen soll, aber wer will schon vernünftig sein?

    "Having a suitable light is analogous to being able to change the weather."
    --- Andy Stanford, Fight at Night

  • Den Preis find ich jetzt schon ein bisschen heftig aber ist halt made in Schweden,
    ein komischer Beigeschmack bleibt trotzdem den die anderen Mora sind doch weiterhin günstig.

    Benchmade,ZeroTolerance,PohlForce,Hinderer,Spyderco,Hogue,Flytanium,SwissBianco

  • Made in Schweden bekomme ich auch bei FÄLLKNIVEN , das sehr bewährte F1 mit Lederscheide


    kostet dann mal so ca. 35 bis 40 Euro mehr.......


    Und da würde ich dann doch eher zum F1 tendieren !

    Scharf sei das Messer, edel , und gut !

  • Tach auch,


    ich konnte das Garberg auf einer Messer mal näher ansehen und befingern, muss aber sagen, daß es mir für den Preis zu wenig bietet.
    Ein einfaches Stück Stahl mit Scandianschliff und einem auf gespritzten Kunststoffgriff rechtfertigt für mich nicht den verlangten Preis.
    Made in Sweden hin oder her.


    MfG, IronDice

  • @ Solution :


    Mora und ER in die selbe Schublade zu stecken ist ,mit Verlaub, etwas sehr weit hergeholt !


    Mora bietet (meist ) ein gute Preis-Leistungsverhältnis ,und ER soweit auch .


    Sind aber doch keine Hersteller, die in " der selben LIGA " sind.

    Scharf sei das Messer, edel , und gut !

  • Grundsätzlich gebe ich euch recht, aber gerade bei dem Garberg sehe ich das doch etwas anders. Das ist näher an einem ER Fixed von der Herstellung als man denkt. Man nehme eine Klinge aus "Standard Stahl", ein paar Griffschalen drüber, ohne etwas anpassen zu müsst, dazu noch eine "einfache" Kunstoffscheide, um es mal etwas überspitzt aus zu drücken. Das gute P/L Verhältnis von Mora suche ich bei dem Messer vergebens. Auch bei Extrema Ratio von einem guten P/L Verhältnis zu sprechen, empfinde ich als sehr ambitioniert. Bitte nicht falsch verstehen, das soll auf keinen Fall heißen das die Messer schlecht sind. Im Gegenteil, ich finde sehr Funktionell, und die verrichten hervorragende Arbeit in ihrem Aufgabengebiet.

    In der Gülle schwimmt die größte Scheiße immer oben.

  • Ich nehm jetzt mal das ER Shrapnel, einfach mal, weil es ja doch recht verbreitet ist und soweit bekannt sein sollte.


    Daten ER :


    Technische Daten
    Gesamtlänge: ca. 21 cm
    Grifflänge: ca. 10 cm
    Klingenlänge: ca. 11 cm
    Klingenstärke: 6,3 mm
    Klingenstahl: N690
    Griffmaterial: Forprene
    Gewicht: ca. 200 g
    Kunstoffscheide mit Tek-Lok


    Preis im WWW so ca. etwas über 200 Euro. OK, kein Sonderangebot, aber ich habe ein gutes Griffmaterial und sogar WECHSELBARE Griffe. Trageweise der Scheide ist wechselbar.


    Ein Klingenstahl aus N690 mit dieser Stärke bietet auch nicht jeder Hersteller. Ob man das wirklich "braucht" , und ob das Gebotene einem den Kaufpreis "wert" ist, das muss natürlich jeder für sich selber entscheiden .......... ( man sucht sich ja auch aus, ob man einen Dacia fahren möchte oder einen BMW .... :S )

    Scharf sei das Messer, edel , und gut !

  • Ich gehe mit solutions Einschätzung konform.


    Man kann das Garberg durchaus mit dem F1 vergleichen. Viele jammern über die Staubsaugerdüse vom F1, da ist die Lösung aus dem Hause
    Mora nicht schlechter. Auch die Stahlfrage stellt sich meiner Ansicht nach nicht, Sandvik 14C28C vs. lam. VG10.
    Vom Fällkniven hat man ja schon vieles bezüglich Klingenausbrüche und Mikrochips gehört. Vom Sandvik hab ich noch nichts in der Art mitbekommen.
    Nun gehts noch um den Anschliff... Ballig hin, Scandi her. Das ist in erster Linie eine Frage der Nutzung. Bei der Klingenstärke vom Garberg dürfte das Schneiden eigentlich nicht zum Problem des Anschliffs werden.


    Und bei dem Preisunterschied von 40 bis 50 €... würde ICH persönlich eher zum Garberg greifen.


    Gruß Dominik



    P.S.: Zur Steinigung gehts DA lang :D

    Jesus hat davon gesprochen, die Welt vom Bösen zu befreien.


    Thor hat davon gesprochen, die Welt von den Eisriesen zu befreien.


    Ich kann nirgends Eisriesen entdecken, du etwa? ;)

  • Schade für die Jungs von Mora dass es nicht ganz so viel Rückhalt zu geben scheint in der Gemeinde.
    Mich persönlich spricht das Messer an. Pflegeleichte Materialen, vernünftige Klingen Stärke und ein Preis wie ihn heute fasst jeder verlangt.
    Wer hier ist der Meinung dass 150€ für den Gummigriff des F1 besser angelegt sind? Und 200€+ für 6,3 mm N690 ist auch kein guter Kilogrammpreis.
    Ich sehe moratypisch einen soliden User der optisch schon etwas mehr her macht.
    Warum sollte sich die Firma das nicht auch etwas besser bezahlen lassen? Schließlich haben sie auch den Wusch eines Fulltang und einer überarbeiteten Scheide umgesetzt.

  • Also das ist mal ein tolles Review, welches völlig an mir vorbei gegangen ist. Liest sich sehr gut und tolle Fotos. Danke fürs wieder ans Licht holen :)


    Zum Messer: Ich besitze es nicht, habe es noch nicht mal in der Hand gehabt, aber auch ich gehöre eher zu den Kritikern Moras aktueller Preispolitik. Alle neuen Modelle interessieren mich schon, aber ich stelle immer (Preis-) Vergleiche mit dem Mora Companion an, welches ich für ein geniales Messer halte und das etwa 10,- bis 15,- EUR kostet. Klar ist das kein Messer in Full Tang Bauweise und kann mit dem Garberg kaum verglichen werden, aber die Preisgestaltung sieht man ja auch bei anderen neueren Moras wie beispielsweise dem kleinen Eldris, für das etwa 25,- bzw. im Set knapp 40,- EUR aufgerufen wird.


    Mich würde interessieren, wie das Garberg eingeschlagen hat und wie zufrieden Mora damit ist. Vorstellen könnte ich mir, dass es bei einem Verkaufspreis von rund 60,- EUR mit einfacher Kunststoff-Scheide ohne viel Schnickschnack eingeschlagen hätte wie eine Bombe und wir alle eins kaufen müssten :)


    Als die Preise damals so langsam ans Licht kamen, war ich regelrecht enttäuscht. Umso glücklicher war der Griff zum Terävä Jääkäripuukko für 60,- EUR in Carbon steel 80CrV2 (70,- EUR für 4110 Stainless steel). Kein Schönling, ein Arbeiter Made in Finland und mein Garberg Ersatz.

  • Hallo



    danke für das gute review und für das vorstellen des Messers.
    Mir gefällt das Messer, aber ich würde bei dem Preis auch lieber zu einem F1 tendieren.


    Aber das ist meine Meinung.



    Beste Grüsse aus dem Kohlenpott
    Thomas

    Glück Auf

  • Mittlerweile kostet das Garberg nur noch 75 Euro. Damit ist es für mich jedenfalls um einiges attraktiver geworden und ich denke ich werde mir demnächst mal eins zulegen.

  • Ich habe das Garberg und sen kleinen Eldris-Knuppel seit es heraus kam.


    Ich würde beide nicht mehr geben! Mein F1 habe ich verkauft.


    Einfach nur tolle Messer und suuuper scharf !

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