Das Heranziehen von „Indizien“ bestimmter technischer Gestaltungsmerkmale bei Gebrauchsmessern zur zwanghaften waffenrechtlichen Zuordnung der Eigenschaft als „böse“ HuS-Waffe wird anscheinend ja zuweilen ein wenig unsauber und unscharf durchgeführt: Das Bemühen, die vorgegeben unlogische Systematik beizubehalten und zu dem unerklärt-gewünschten Ergebnis möglichst weitreichender Einschränkungen zu gelangen, wird zuweilen jeder Praxisnutzen ausschließlich auf unerwünschte Anwendungen bezogen, während er meist seine Vorteile ganz allgemein in der Anwendung entfaltet. Messerrecht – nicht nur in Deutschland! – hat etwas von Hexenfurcht und in seiner Anwendung dann auch etwas von Hexenverfolgung, sowohl in seinem irrationalen Aufbau als auch darin, natürlich zur Verfolgung lauterster Interessen, dem verpönten Gegenstand nur bloß KEINE Chance zu lassen, unangefochten davonzukommen….
Schwimmt das böse Weib, ist es eine Hexe und muß verbrannt werden, geht es unter, ist es allerdings auch tot….
Übertrieben? Es gibt US-Bundesstaaten, in denen Messer (oder auch Schußwaffen) ausschließlich offen getragen werden dürfen, weil es sonst heimtückisch wäre – in anderen dürfen sie nur verdeckt getragen werden, weil es sonst bedrohlich wäre....Beide Parteien behaupten natürlich, ihre Auffassung sei logisch, notwendig und „alternativlos“…
In Deutschland hingegen kursieren Aufsätze von Fachleuten, die ebenso verzweifelt versuchen, Gebrauchsmessern bei bestimmten technischen Merkmalen etwas „Böses“ zu unterstellen,während sie alle aus ihrer beruflichen und fachlichen Praxis wissen, daß dann tatsächlich die Tötungsdelikte ebenso „gut“ und weit häufiger mit Küchen- oder Steakmessern begangen werden und die 9/11-Täter keineswegs zweischneidige riesige Rambo-Messer geschwungen haben, sondern schlichte Teppich-Cutter, die von ihrer Hersteller-Zweckbestimmung her nun sowas von Nicht-Waffen waren…
Klingenbeschichtung zur Rost- oder Reflektionsvermeidung (….oder ganz schnöde, weils hübsch ausschaut für die „Tactical“-Klientel, die das einfach ästhetisch bevorzugt…)? – das MUSS ja was Böses sein, klar, so wie die natogrüne Taschenlampe dadurch natürlich auch automatisch zur Panzerfaust wird…Ausgeprägter Handschutz, damit man bei härteren Arbeiten nicht auf die Schneide rutscht ? – das MUSS ja dem sichereren Meucheln dienen, weil man sich natürlich beim Gebrauchsmesser-Verwenden niemals schneidet. Kindermesser-Entwickler sind da gescheiter. Eine Schneide auf der Rückenseite? – das riecht nach Strolch, ääh, Dolch…obwohl natürlich haufenweise Gefriergutmesser kursieren, die den Klingenrücken für eine Säge- und die Hauptschneide für eine Wellenschliffseite nutzen, und Tauchermesser, die auf dem Rücken fürs Leinenkappen den Wellenschliff unterbringen und eine glatte Arbeitsschneide an der Hauptseite haben. Dass Taucher sich damit außer in Bond-Filmen seltenst metzeln, bügelt man dann gern auch zur Herstellung einer übersichtlichen Anwendungsgrundlage glatt. Wohlgemerkt: Amis bis Russen sind da nicht aufgeschlossener als wir, sondern ebenso unlogisch-dogmatisch.
Wozu der Prolog? Nun, wegen des Rings…Wir kommen drauf. Die „üblichen Verdächtigen“ sind nämlich schnell dabei, alles mit einem Ring nach Kräften zu einem Karambit zu erklären – und das dann unsinnigerweise auch „automatisch“ zur HuS-Waffe. Auch das Mumpitz, aber wen stört das?
Nun habe ich seit einiger Zeit ein Benchmade SOCP mit Fingerring am Griffende, das allerdings von seiner Hersteller-Zweckbestimmung her diesmal eindeutig primär eine HuS-Waffe ist, insgesamt vor allem aber ein sehr praktisches und stresssicheres kleines Messer, das man auch nicht so schnell wieder aus der Hand verliert, wenn man mal irgendwo herumklettert, anstößt oder sich mit irgendwas einsäut, das „normale“ Griffe glitschig machen würde.
Nun haben BM / Thompson zwar auch eine einschneidige Version entwickelt, mein Vertrauen in eine aufgeschlossene Betrachtungsweise bei Begutachtung und das Erkennen, daß man diese einschneidige Version ja gerade zur Vermeidung der Dolch- und damit Waffeneigenschaft des Messers geschaffen hat, ist jedoch begrenzt. Meine Vermutung: Spätestens, nachdem sowas erstmals aus einer Rockerkutte gefischt wird, wird man sich dann schon bemühen, das Böse zu entdecken…
Andererseits ist sowas ja schon sehr praktisch…und ich hab vor ein paar Jahren mit Martin Stierlin ja nicht zufällig oder versehentlich ein paar Messer mit Ring entworfen, sondern aus der Überzeugung heraus, daß für JEDEN Anwendungsbereich sehr praktisch ist, ein Messer so halten zu können, daß es selbst bei extremer Benetzung mit Fett, Öl, Blut oder Matsch NICHT aus der Hand rutscht und beim Verwenden auf Gerüsten, am Berg uns sonstwo über armen Mitmenschen nicht der Hand entgleitet und jenen dann aus dem Scheitel ragt…
Oookay, ich bin eitel und bilde mir ein, ein wenig von Messern zu verstehen – allerdings bilde ich mir nicht ein, die Sache mit dem Ring sozusagen „erfunden“ zu haben. Vielmehr gibt es Griffringe, und zwar ausdrücklich auch bei Gebrauchsmessern, aus praktischen Gründen schon seit Jahrhunderten. Und gerade bei schlanken Messern mit gerader Klinge gibt es im Jagdmesserbereich seit Jahrzehnten insbesondere in den USA in der Kategorie „Bird & Trout“ von diversen Herstellern auch solche in sehr schlanker gerader Form mit Griffring am Hinterende. Das hier bekannteste ist das von Cold Steel,
http://www.coldsteel.com/produ…/bird-trout.html?___SID=U
lange vorher gab es so etwas aber auch schon von Marbles,
https://www.smkw.com/marble-s-bird-trout-knife
aktuell jetzt übrigens auch sehr schön von Bark River.
https://www.knivesshipfree.com/bark-river-knives-ringtail/
Das alles sind eindeutig Jagdmesser, KEINE HuS-Waffen. Die Hersteller-Zweckbestimmung ist eindeutig, die jagdliche Verbreitung und Verwendung über Jahrzehnte belegt.