Die Solinger Messerschmiede Eickhorn bietet eine große Auswahl verschiedenster Modelle aus deutscher Produktion. Das Angebot konzentriert sich dabei primär auf die Bereiche Militär, Rettungswesen und Outdoor. Ein besonderes Renommee erlangte Eickhorn durch das von ihr produzierte Infanteriekampfmesser KM 2000, das unter anderem beim Heer der deutschen Bundeswehr ausgegeben wird. Doch auch dem zivilen Markt kann Eickhorn einiges bieten. Ein recht unkonventionelles Modell ist dabei das Defender 130, das als Hybrid aus Messer und Beil betrachtet werden kann. Auf Grund seiner kompakten Größe und der vielfältigen Verwendungsmöglichkeiten dürfte dieses Konzept vor allem den modernen Abenteurer ansprechen. Neben den üblichen Schneidaufgaben soll sich das Defender 130 auch für gröbere Arbeiten nicht zu schade sein. Inwieweit das Konzept aufgeht, soll im Folgenden betrachtet werden.
Die Klinge
Das Defender 130 ist mit seiner 18 cm langen Klinge das größte Modell einer dreiteiligen Serie, deren Vertreter sich lediglich in ihrer Klingenlänge unterscheiden. Mit seiner Stärke von 4,7mm und dem Säbelschliff wurde das Defender 130 sehr robust konstruiert. Diese Stabilität lässt sich auch in der Form der Klingenspitze widerfinden, die sich aus einem steilabfallenden Klingenrücken entwickelt. Sie sollte auch härteren Gebrauch weitestgehend schadlos überstehen.
Dazu trägt auch der verwendete 1.4110 Klingenstahl bei, der bei vielen Herstellern häufig schlecht gehärtet und somit zu Unrecht despektierlich betrachtet wird. Er ist für ein Haumesser, das weitestgehend rostfrei und dennoch zäh sein muss, eine gute Wahl. Eickhorn härtet die Klingen der Defender durchgehend auf 56-58 HRC. Für Freunde von Carbonstählen, die für Haumesser normalerweise bevorzugt eingesetzt werden, wäre die Option auf einen “rostenden” sicherlich interessant gewesen.
Die Schärfe, mit der das Testexemplar ausgeliefert wurde, ist zwar nicht schlecht aber doch verbesserungswürdig. Das liegt hauptsächlich an einem zu steilen Schneidwinkel; wird aber durch eine nicht ausreichend abgezogene Schneide (Gratbildung sichtbar) verstärkt. Letzteres lässt sich leicht beheben, ersteres ist ohne spezielle Ausrüstung zeitaufwendiger. Zugegebenermaßen mag sich der bevorzugte Anschliffwinkel von Anwender zu Anwender unterscheiden.
Das Klingenfinish der wahlweise schwarz beschichteten oder blank belassenen Klinge wurde sehr sauber umgesetzt. Dass die Klingenflanken allerdings auf beiden Seiten nicht gleich weit hochgezogen wurden, kann bemängelt werden. Die Asymmetrie bewegt sich jedoch im vertretbaren Rahmen und hat funktionell keine Auswirkungen. Etwas auffälliger ist der recht rustikal belassene Klingen- und Griffrücken. Auch das ist - wenn überhaupt - nur ein optischer Mangel. Im Vergleich zum restlichen Finish verwundert es allerdings, dass die sonst so makellose Verarbeitungsqualität hier stiefmütterlich behandelt wurde.
Der Griff
Bei einem Messer, das kraftintensive Aufgaben wie Hacken und Hauen bewältigen soll, muss der Griffgestaltung eine besondere Bedeutung beigemessen werden. Denn entsprechende Arbeiten erfordern ein sehr festes Zupacken des Messergriffs. Damit der Umgang mit dem Schneidwerkzeug auch über längere Zeit weitestgehend ermüdungsfrei bleibt, muss sich der Griff angenehm greifen lassen. Sonst bekommt man es schnell mit erlahmenden und verkrampfenden Händen, sowie Blasen und Druckstellen zu tun.
Beim Defender liegt das einzige ernsthafte Problem in der Gestaltung des Griffs. Ursächlich hierfür sind mehrere Faktoren. Zum einen fällt die Gesamtstärke des Griffs - gerade für ein Messer dieser Klasse - auf Grund zu schmaler Griffschalen zu dünn aus.
Zum anderen wurden die Griffschalen nicht abgerundet, sondern nur etwas gebrochen, weshalb der Griff insgesamt recht kantig und wenig komfortabel anmutet.
Ein Griff zum Messer und praktische Erfahrungen bestätigt diese Befürchtung. Schon nach kurzer Zeit ist der Griff unangenehm in der Hand. Das hätte sich durch etwas mehr Griffvolumen und großzügiger gerundete - vielleicht sogar konturierte – Griffschalen relativ unproblematisch vermeiden lassen. Die Haptik des Defenders wäre dadurch jedenfalls enorm verbessert worden. Eine zugegebenermaßen etwas bedauerliche Erkenntnis, denn die Grundform des Griffs bzw. die Form des Erls ist durchaus gut gewählt.
Ebenfalls zu kritisieren ist die aggressiv strukturierte Oberfläche der G10 Schalen. Sie verleiht dem Messer zwar eine hohe Rutschsicherheit, bewirkt aber im Fall, dass das Defender ohne Handschuhe verwendet wird, eine schmerzende Hand.
In das Ricasso, dem Bereich zwischen Griff und Schneide, wurde eine Mulde für den Zeigefinger integriert, so dass das Messer sehr kurz bzw. nahe an der Schneide gefasst werden kann. Diese Griffposition, die feinere Arbeiten ermöglicht, ist beim Defender recht angenehm zu greifen. Das Messer liegt so fest und sicher in der Hand.
Am Griffende befindet sich ein Durchbruch, der die Aufnahme eines Fangriemens ermöglicht. Ein bei Haumessern sehr sinnvolles Zubehör, da das Messer so daran gehindert wird, beim Hacken unkontrolliert aus der Hand zu gleiten. Den Abschluss des Griffs bildet ein überstehender Erl, der zum Schlagen oder Zerstoßen genutzt werden kann.
Unter den Griffschalen ist der Erl übrigens, abgesehen von den Bohrungen für die Verschraubung der G10 Schalen, nicht durchbrochen.
Die Scheide
Wie bei zahlreichen Messern heutzutage üblich, wird das Defender in einer recht unspektakulären Nylonscheide ausgeliefert. Diese erfüllt zwar weitestgehend ihren Zweck, bleibt aber sowohl optisch als auch funktionell deutlich hinter der Qualität des Defenders zurück. Ihre größte Schwachstelle ist im verwendeten Klettverschluss zu suchen, der das Messer sicher in der Scheide halten soll. Hier wäre ein Druckknopf wesentlich zuverlässiger und langlebiger gewesen.
Immerhin klappert das Messer in der Scheide nicht, da sie statt mit einem Kern aus hartem Plastik, mit einer recht flexiblen, heftähnlichen Kunststoffeinlage versehen wurde. Wer auf MOLLE-Kompatibilität oder ähnliche Befestigungsmöglichkeiten wert legt, wird sich leider nach einer alternativen Scheide umsehen müssen. Denn die des Defenders verfügt ausschließlich über eine konventionelle Gürtelschlaufe.
Details zum Messer (Herstellerangaben)
Klingenlänge: 18,2cm
Klingenstärke: 4,7 mm
Gesamtlänge: 30,3cm
Stahl: 1.4110 @ 56-58 HRC
Gewicht: ca. 380g
Fazit
Das dem Defender 130 zu Grunde liegenden Konzept, ist für all diejenigen interessant, die auf der Suche nach einem relativ vielseitigen und dennoch kompakten Haumesser sind. Durch seine solide Bauweise erweckt es den Eindruck eines schier unverwüstlichen Werkzeugs, ohne dabei auf eine übertriebene Klingenstärke zurückgreifen zu müssen. Das kommt natürlich auch der Schneidfreudigkeit zugute. Respektable Ergebnisse liefern auch Hack- und Spaltarbeiten.
Um dem Defender aber wirklich gerecht zu werden, müsste seine Griffgestaltung noch einmal überarbeitet werden. Ein gutes Ergebnis ließe sich dabei schon durch kleine Veränderungen (mehr Volumen, abgerundete Griffschalen) erzielen. Sie würden aus dem Modell ein hervorragendes Messer machen. Der Grundstein hierfür wurde durch eine ansprechende Klinge und einer soliden Grundform des Griffs bereits gelegt.