Allgemeine Frage zu Liner-Lock

  • Hallo Forenten,


    was Klappmesser, insbesondere Liner- und Frame-Lock angeht, habe ich bisher kaum Erfahrung.
    Daher möge man mir meine blöde Fragen hier verzeihen...


    Was ich so gelesen habe sollte bei den beiden genannten Verriegelungsarten der Lock bei einem neuen Messer möglichst weit am Anfang stehen? Ist das richtig?
    Anbei mal ein Foto von einem nagelneuen Real Steel H6 Free. Das Messer verriegelt zuverlässig, der Lock steht aber schon reichlich weit in der Mitte. Akzeptiert man sowas oder ist das schon ein Grund zum Meckern / Umtauschen?


    IMG_0781.jpg


    Danke für die Hilfe und schöne Grüße
    Alex

  • Zumindest persönlich würde ich das nicht monieren. Die Hinterseite der Klinge ist hinreichend abgeschrägt, um ein zu schnelles weiteres "Durchwandern" zu verhindern, und der Liner selbst sieht nicht zu schräg oder gar vorn durchgebogen aus. Daher sehe ich keine Gefahr des Durchbiegens bei Belastung über das für dieses Verschlußsystem normale Maß hinaus. Ist zudem ein stabiler Liner mit genügender Stärke, nicht so ein fludderdünnes Dingelchen wie bei manch anderem Messer :)
    Also hätte ich kein Problem mit diesem Exemplar...

  • Das ist absolut normal und im Rahmen. Klar, manche Linerlocks stehen am Anfang, viele in der Mitte und die ganz billigen wandern durch. :)

  • Schau dir mal die tiefen Lockstände von den Chris Reeve Messer an. Werden ab Werk alle mindestens so tief geliefert wie bei deinem Messer. Witziger weise will die Allgemeinheit trotz dem immer gerne einen extrem frühen Lock, um genug Reserven zu haben. Nur bei Chris Reeve wird dieser späte Lockstand gerne gesehen und meist mit den vergleichsweise niedrigen Toleranzen begründet.


    Ich hatte hier mal eine kleine Umfrage gestartet, ob bei den Leuten die Locks mit der Zeit wandern.
    Wandert bei euch der Liner/Frame Lock?
    Leider ist das nicht auf große Resonanz gestoßen. Ich habe da auch meine Vermutung warum und habe mir deshalb mein eigenes Bild zum Lockstand gemacht. ;)

    In der Gülle schwimmt die größte Scheiße immer oben.

  • Nach den Meinungen hier und in deiner Umfrage bin ich reichlich entspannt. Ich Klappe das Messer nicht täglich 20 Mal auf, von daher sollte der Lock lange halten. Es ist wahrscheinlicher, dass ich das Messer wechsle, weil mir ein anderes besser gefällt, als weil der Lock hinüber ist...


    Grüße Alex

  • Relax :)
    Das Ding hat einen guten Ruf, ich kenn auch erfahrene Anwender, die eins benutzen.
    Die Sache mit dem "zu weit" durchgehenden Lock ist auch viel bedeutsamer bei sehr dünnen Linern, wie sie bei anderen - auch renommierten - Herstellern früher häufiger verbaut wurden. Steht der dann SEHR diagonal, wirken hohe Hebelkräfte eben nicht linear in die Längsachse des Liners, sondern leicht schräg dazu. Dann befürchtet man eben z.B. ein Lösen bzw. ein Durchbiegen des Liners.
    Aber dieser hier ist doch "fett" wie ein Frame Lock und steht zudem auch bei diesem Messer jetzt nicht SOOO schräg. Also alles gut....
    Ich hab Liner versuchsweise schon durchgebogen, aber dünne und absichtlich. Könnte mir bei diesem hier nicht wirklich einen irrtümlichen Impuls vorstellen, der den beim Arbeiten entsprechend beeinflussen sollte....

    Einmal editiert, zuletzt von Micha M. ()

  • Wobei Du mit dem Nachdenken darüber in bester Gesellschaft bist :)


    Es gibt durchaus auf ein Sicherheits-Maximum bedachte Anwender, die Liner-Locks ohne Zusatzsicherung zumindest im Hard-Use-Bereich ablehnen. Rein technisch ist Walkers Konzept des Liner Locks NICHT das belastbarste technisch mögliche System.
    Wenn es also GANZ heftig werden soll, kann man - unter dem Datenblatt-Maximalaspekt sozusagen - darüber nachdenken, vielleicht auch was mit dem guten alten Backlock (ggf. noch mit Zusatzsicherung wie bei ER) oder ein Cold Steel mit Tri-Ad-Lock in den Bestand aufzunehmen. Auch der Axis-Lock (Benchmade) macht im Praxisgebrauch selbst bei den sehr preisgünstigen Ganzo-Nachbauten einen sehr zuverlässigen Eindruck.


    Der andere Weg wäre Beibehaltung des Liner Locks als Verschlußsystem - und ein Modell mit Zusatzsicherung für Hard-Use. Es gibt verschiedene Systeme, sehr bekannt ist das LAWKS von CRKT, das nicht neben den Liner greift, sondern die Rotation der Klingen-Hinterseite blockt. Oder die "brachiale" Lösung von ER, einfach ein Loch durch Rahmen und Klingenwurzel zu bohren, durch das man bedarfsweise blockend einen Splint schieben kann, auch da dreht dann nix, selbst wenn der Liner "aufgeben" sollte :)


    Die Freunde des möglichst geringen Liner-Wegs bis zum Verriegelungsstand sollten zuweilen einmal folgendes bedenken: Ebenso groß wie die technische Besorgnis des Durchwanderns und dadurch ausgelösten Hangs zum Kollabieren bei hohem Druck ist die eines versehentlichen Lösens im Gebrauch. Bezeichnenderweise setzt die Zusatzsicherung von Gerber (beim AF-Combat-Folder z.B.) NICHT zwischen Liner und Bewegungs-Endpunkt an der Flanke des zweiten Liners an, was ein Durchwandern verhindern würde - sie setzt auf dem "Rückweg" an und setzt sich HINTER den Liner, um ein Zurückdrücken auszuschließen. Bei diesem von Praktikern gestalteten System wird das also im Praxisgebrauch bei diesem Verschlußsystem offenbar sogar als das größere Risiko angesehen.


    Das spricht eher für "Dein" Messer als dagegen :)

  • Danke für deine Gedanken.


    LAWKS kenne und schätze ich von meinem M16.


    Ansonsten gefällt mir ein Backlock auch sehr gut. Und gerade bei zweihändigen Messern sehe ich da auch keinen Nachteil. Ich habe z.B. ein Backlock MSP und ein altes Buck Titan, mit denen ich super zurecht kommen.


    Und damit wären wir bei einem weiteren "Problem":
    Gibt es überhaupt zweihändige, halbwegs 42a-konforme Messer mit doppelter Sicherung? Mir ist eigentlich keines bekannt (heißt aber nichts).



    Viele Grüße
    Alex

  • Wenn du wirklich sichere Zweihandfolder suchst, bist du bei ColdSteel an der richtigen Stelle.


    Wie Micha schon sagte, der Tri-Ad-Lock ist extrem stabil, die CS Messer sind z.T. sehr günstig zu kriegen, richtige Arbeitstiere. Die Daumen Pins kann man einfach abschrauben. Die Tri-Ad-Locks sind oft dermaßen stramm das die Messer definitiv nur zweihändig zu öffnen sind.


    Alternativ gäbe es noch das Pocketbushman von CS, der Lock ist so ziemlich der stabilste den ich mir vorstellen kann. Da bricht die Klinge bevor der Lock versagt.


    Die doppelte Sicherung ist also nciht unbedingt nötig um maximale Sicherheit bei einer Verriegelung zu bekommen.


    Am stabilsten sind natürlich Fixed.


    Gruß,
    Elric

  • Die Frage ist halt wirklich: Braucht mans?
    Manche Diskussionen werden hier recht bald "akademisch", da geht es dann um eingewandte Stabilitätsunterschiede in Regionen, die man mit manueller Einwirkung nicht mal mit Romans Oberarm oder T*s Körperkraft hinbekommt, geschweige denn mit den bescheidenen Möglichkeiten des alten Micha :)


    Für den Liner-Lock beantwortet sich das für mich eher in Richtung unbeabsichtigtes Lösen, da sollte man sich also anschauen, wie das Messer gestaltet ist und ob man ggf. beim Hantieren diese Gefahr laufen könnte...
    Aber wenn Du mit Deinen Backlocks gut klarkommst, brauchst Du fürs Menschenmögliche auch keine zweite Sicherung - sofern der Lösehebel SO gestaltet ist, daß man ihn nicht beim Hantieren versehentlich eindrückt. Ist eine Frage der Bauart des Hebels und der Postition am Messerrücken...
    Konstruktionen wie der Boye Dent, eine Mulde im Lösehebel, reduzieren das Risiko weiter.


    Was den eigentlichen Halt des Locks angeht, ist das beim Backlock dann schnell eine "Datenblatt-Diskussion". Gut, sie sind jetzt nicht alle so ultrarobust wie meinetwegen mein ER Nemesis...Das hält 70 bar hydraulischen Druck aus, bis auch ohne Zusatzsicherung der Backlock aufspringt. Aber bei jedem wertigen, stabilen Backlock sind das jedenfalls auch mehrere hundert Kilo.
    Ich aktiviere die Zusatzsicherung bei meinem Nemesis NIE und kenn auch Leute, die sie beim MPC oder beim Nemesis gleich ganz ausgebaut haben, um sie nicht versehentlich einzudrücken und dann im Bedarfsfall mit nem blockierten geschlossenen Messer dazustehen.

  • Die genannten CS- und ER-Messer werde ich mir mal anschauen.


    Aber ich folge da eigentlich Michas Ausführungen.
    EIGENTLICH brauche ich so einen ultra-stabilen Lock nicht. Ich nutze meine Klappmesser nur für "normale" und "zivile" Aufgaben. Beim Karton schnitzen oder Apfel schälen wird so ziemlich jeder popeliger Liner-Lock halten und wenn es in Richtung Bushcrafting in den Wald geht, nutze ich eh ein größeres Fixed.



    Grüße
    Alex

  • Das Pocket Bushman hat es mir irgendwie angetan, auch wenn es auf den Fotos ein wenig "billig" wirkt.
    Danke für den Tip.
    Wenn man da tatsächlich problemlos den Daumenpin abschrauben kann, kommt es auf meine Wunschliste!



    Grüße
    Alex

  • Manchmal muß ich ein wenig schmunzeln, wenn ich an vergangene Diskussionen über die Notwendigkeit des sozusagen technisch größtmöglichen Sicherheitspotentials zurückdenke (NICHT an Deine Anfrage hier!). Regelmäßig werden da allerlei technische Spitzfindigkeiten aufs Tapet gebracht, mit dem Ergebnis, sozusagen alles an Anwendung unterhalb eines mindestens viertelzölligen Full-Tang-Fixed mit mindestens einzölligen beidseitigen Parierelementen sei grundsätzlich ein Suizidversuch - auch bei Alltagsanwendungen wie Möhrenschrubben oder Käseschneiden :)
    Ich liebe übrigens viertelzöllige Full-Tang-Fixed! Und mein M1 von Roman hat ja aufgrund dieser Liebe satte 8 mm Rückenstärke. Alles gut....


    Aber manchmal wäre all diese Sorgfalt viel eher in der Anwendung angebracht, nicht vorher in der "Datenblatt-Diskussion" :) Ich hab schon viel mehr Messer-Unfälle durch unbedachte, beiläufig statt respektvoll-konzentriert durchgeführte oder ganz unnötig kraftvolle Anwendung gesehen als durch ungeeignete Messer.
    Wir sind schließlich keine Zerlege-Kolonne, in der man notwendigerweise mit hohem Tempo und viel Kraft arbeiten muß (und in der sich die Leute daher auch regelmäßig verletzen).


    Trotzdem erleb ich Sachen wie beim Durchschneiden von Seil oder - immer wieder "gern genommen" - von Kabelbindern, bei denen man den Druck immer höher aufbaut, bis das Schneidgut dann schlagartig nachgibt, ohne daß sich wer Gedanken darüber gemacht hat, wo die Klinge dann mit allem Schwung weiter hingeht.....
    Oder Versuche, so etwas mit einem mäßig scharfen Messer zu machen - was einem dann auch wieder unnötig hohen Druck abnötigt. Nicht umsonst gilt gerade aus diesen Gründen ein sehr scharfes Messer in Profi-Anwendungsbereichen als weniger gefährlich als ein mäßig scharfes...
    Oder Verletzungen durch unbedachte Anwendung oder durch die Ablenkung, durch die man in der Sekunde blöderweise unkonzentriert und beiläufig mit dem Messer umgeht, die dann prompt ausreicht, damit abzurutschen und es sich in die zweite Hand oder sonst wohin zu jagen...


    Das mit dem völlig unnötigen Kraftaufwand (der dann eben auch zu Folder-Unfällen führen kann....) fällt mir auch immer wieder bei Messertest-Videos auf, in denen oft mit Messern umgegangen wird, also sollten sie nicht schneiden, sondern wie ein Projektil das Schneidgut durchschlagen. Oder es wird beim heute ja obligatorischen Batoning mit monströsen Schlaghölzern auf Messer eingedroschen (und natürlich auf der anderen Seite ihr Griff schraubstockartig festgehalten!), als gelte es, eine Enthauptung auf jeden Fall mit einem Schlag durchzuführen....Guuuut, beim Dekapitieren gibt es natürlich ab Schlag 2 Abzüge in der Haltungsnote, und es gibt historische Beispiele, daß entsprechend unfähige Akteure dem Schneidgut als Protestäußerung des aufgebrachten Auditioriums gleich nachfolgten....Im Bereich der Camparbeiten kann man aber mit mäßigem Kraftaufwand viel genauer und länger und angenehmer arbeiten, auch wenns dann mal eines Schlages mehr bedarf...


    Tatsächlich hab ich selbst mit Lindblom-Messern (einer günstigeren Mora-Schwester) schon Scheitholz gespalten, ohne dem Messer Schaden zuzufügen: eher lockere Griffhaltung, die das Messer nur positioniert, nicht drückt, und moderate Schläge. So kann man übrigens sogar mit stabilen Foldern arbeiten, für XPedition hat ich das mal mit nem Timberline-Folder gemacht, der das prima ausgehalten hat.


    Und das entspricht übrigens auch den Tips, die ich sowohl von nepalesischen Anwendungs-Experten als auch von Mike Perrin (ESEE) in lehrreichen Mails erhalten habe.


    Agiert man konzentriert und mit der notwendigen statt der maximalen Kraft mit Foldern, reduziert das das Risiko weitaus mehr als zusätzliche 20 Prozent "Datenblatt-Stabilität". Viel schneller ist so auch die Kraft aus einer Fehlbewegung genommen...


    Stattdessen seh ich seit Jahren in den Videos Leute mit Berserker-Kraft auf Messer einwirken, die sie dann abtun, weil man sie kaputt bekommt. Ja, Helau! Die kloppen mit halben Bäumen auf ein Mora-Griffstück und jammern dann, daß das Messer nix tauge....


    Das alles soll übrigens den ultrarobusten Messern nicht ihre Existenzberechtigung nehmen, von denen auch gerade wieder ein halbes Dutzend "zum Spielen" hinter mir auf dem Tisch liegt, ERs, Blade-System, Juchten-Messer....wunderbare Messer! Aber auch damit tut man sich weh, wenn man kopflos damit umgeht :)

  • Die meisten folder werden doch eh kaputt gespielt durchs aufflippen...
    So habe ich zumindest das Gefühl.


    Mir persönlich ist es wichtiger nicht eie der liner steht sondern das er unter last nicht wandert, bzw spinehak test besteht.


    MfG


    Kay

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