Das Böker GEK EDC - kompakt, robust, hochwertig

  • Bereits seit vielen Jahren gehört das von Tony Lennartz entworfene German Expedition Knife (kurz GEK) zu einer festen Größe im Outdoorbereich. Da es seit jeher von Solinger Unternehmen hergestellt wurde, kann man schon von einer Tradition sprechen, die seit 2016 von der Firma Böker fortgeführt wird. Neben der klassischen Variante mit stattlichen 16,5 cm Klingenlänge ist das Böker GEK auch in der Ausführung “EDC” (für every day carry). Dahinter verbirgt sich eine kompaktere Version des Messers, die eine interessante Alternative für all diejenigen sein dürfte, denen das große GEK im Alltag zu sperrig ist oder die nicht mit dem in Deutschland geltenden Trageverbot in Konflikt geraten möchten.



    Die Klinge
    Satte 5 mm Klingenstärke bei 11,3 cm Klingenlänge. Dazu ein Säbelschliff, der es gerade so auf 60% der Klingenhöhe schafft und eine Klingenspitze, die über ordentlich Material verfügt. Das macht das Böker GEK EDC zu einem enorm stabilen Messer, das so schnell nicht kleinzukriegen ist. Freunde robuster Klingen wird das begeistern.



    Wer seine Priorität allerdings auf Schneidfreudigkeit legt, wird nur mäßig befriedigt werden. So hätte es auch mir persönlich sehr gefallen, wenn das GEK EDC optional in einer Flachschliff-Variante angeboten würde. Denn als Freund der fein ausgeschliffenen Klingen fällt mir das Messer durch den Säbelschliff - gerade in Bezug auf die kurze Klingenlänge - zu robust aus.


    Was mir allerdings sehr zu gefallen weiß, dass ist die Güte der Verarbeitung, die Böker hier an den Tag legt. Beim vorliegenden Exemplar wurde wirklich ein hohes Maß an Qualität erreicht, was sich in einem tadellosen Finish und sehr symmetrischen Schliffen äußert.



    Ein kleiner Kritikpunkt stellt die Daumenrampe dar, die zwar ordentlich verarbeitet, jedoch für mein Empfinden etwas zu aggressiv ausgefallen ist. Man sieht es ihr nicht an, doch bei längerem Gebrauch drückt sie sich unangenehm in den Daumen. Hier heißt es also Handschuhe anziehen oder Hornhaut zulegen.
    Erfreulicherweise wurde beim GEK EDC der Abstand zwischen Griff und Beginn der Schneide relativ kurz gehalten, was sich vor allem bei kräftigen Schnitten als sehr positiv herausstellt. Ebenfalls begrüßenswert ist die Wahl des Klingenstahls, die mit dem Böhler N690 zwar nicht exotisch, dafür aber sehr vernünftig ausfällt. Er zeichnet sich durch gute Verschleißfestigkeit und hohe Rostträgheit aus. Scharf wird er natürlich auch und lässt sich im Gegensatz zu extrem harten Stählen mit den üblichen Mitteln gut schärfen.

    Der Griff
    Vom Werk aus wird das GEK EDC mit schwarzen, skelettierten G10 Schalen versehen. Diese sind zwar praktisch und ebenfalls tadellos verarbeitet. Für mein Empfinden lassen sich durchbrochenen Schalen aber generell nicht so angenehm fassen, wie das bei geschlossenen Schalen der Fall ist.



    Böker und Tony Lennartz haben sich hierfür aber bereits etwas überlegt und geschlossene Griffschalen aus Micarta als Zubehör entwickelt. Diese sind zwar aufpreispflichtig, doch wirklich jeden Cent wert. Man erhält hier nämlich wunderschön gemaserte Schalen aus Canvas-Micarta, die ganz hervorragend in der Hand liegen. Dazu dürfte die Konturierung beitragen, über die die Griffschalen verfügen. Zusätzlich zu den Schalen gibt es noch einen extra Schraubensatz sowie den benötigten Torx-Schlüssel.



    Die Schrauben greifen dabei nicht wie üblich in Gewindebuchsen, sondern in Gewinde, die in den Erl geschnitten wurden. So etwas sieht man selten und unterstreicht die Liebe zum Detail. Einziger Nachteil: Sollte eine Schraube abbrechen, wird das herausdrehen schwierig. Genau so etwas passierte mir nämlich, als ich die Griffschalen austauschen wollte.


    Ansonsten verfügt der Griff über einen überstehenden Erl, sowie einer zweiten Daumenrampe - sollte man das Messer “verkehrt” herum halten wollen.



    Die Scheide
    Beim Konzept der Messerscheide wählte das Gespann Böker/Lennartz einen etwas exotischen Ansatz. Während ein Messer in aller Regel vertikal am Gürtel hängt, wurde beim GEK EDC auf eine sogenannte Cross-Draw-Scheide zurückgegriffen. Das Messer ruht, sobald es in die Scheide gesteckt wurde, im 45° Winkel. Erstaunlicherweise bietet die Messerscheide keine alternative Trageweise, was sich durchaus zusätzlich hätte realisieren lassen. Somit muss der Kunde entweder den Cross-Draw mögen oder sich nach einer alternativen Scheide umsehen.
    Was die Verarbeitungsqualität angeht, kann die Scheide mit dem Messer leider nicht mithalten. Dazu sind die Nähte einfach zu minderwertig ausgeführt. Hier könnte noch etwas nachgebessert werden. Auch die Lasche, mit der das Messer in der scheide fixiert wird, ist nicht vollständig ausgereift. Sie ist beidseitig mit Druckknöpfen an der Scheide befestigt, was sie zwar für Links- und Rechtshänder kompatibel macht. Für den Fall, dass sich ungewollt beide Knöpfe öffnen, steht man allerdings ohne Lasche da und muss diese erst wieder suchen. Genau das ist mir passiert und insofern nicht nur ein theoretisches Problem.



    Details zum Messer
    Klingenlänge: 11,3 cm
    Klingenstärke: 5 mm
    Gesamtlänge: 23 cm
    Klingenstahl: N690
    Scheide: Leder, Cross-Draw-Modus

    Fazit
    Auch nach einiger Zeit, in der ich mich mit dem GEK EDC beschäftigt habe, hat sich an der Begeisterung für das Messer nichts geändert. Zwar wären ein Flachschliff, sowie eine wertigere Scheide wirklich sehr wünschenswert. Die hervorragende Verarbeitungsqualität, die außerordentlich schönen Micartaschalen mit ihrer erstklassigen Handlage und der gute N690 Klingenstahl machen das Messer aber in der Summe zu einem sehr hochwertigen Produkt - “Made in Germany”. Wie sich manch einer bereits denken wird, möchte das aber auch bezahlt werden. Trotz des gehobenen Preises ist das Böker GEK EDC empfehlenswert für all diejenigen, die ein kompaktes, dennoch sehr robustes und gut verarbeitetes Messer zu schätzen wissen.


  • Servus,


    vielen Dank für den erneut schön und informativ geschriebenen Bericht, den ich aus eigener Erfahrung so unterschreiben kann.


    Tatsächlich empfinde ich die Verarbeitungsqualität als sehr gut. Da hat Böker gezeigt, was sie können. Auch die optional erhältlichen Mircarta-Griffschalen sind - wie Du schon beschrieben hast - eine Bereicherung.


    Wie Du finde ich etwas schade, dass das Messer nicht so stark auf Schneideleistung ausgelegt ist. Da wäre aus meiner Sicht noch mehr drinn gewesen, ohne deutlich an Stabilität zu verlieren. Wobei es aus meiner Wahrnehmung heraus nicht nur am Säbelschliff liegt sondern auch an der Materialstärke hinter der Schneidphase. Wie gesagt... aus meiner Sicht. Andere hingegen halten das Messer genau so für perfekt, da es eben noch mehr "Reserven" bei härteren Anwendungen hat.


    Viele Grüße
    Dirk

  • Danke für deinen Bericht! Ich kann deine Erfahrungen nur bestätigen weswegen mich das Messer auch wieder verlassen hat. Kann aber auch voll verstehen wenn jemand begeistert davon ist. :thumbup:

  • Vielen Dank xplicit86 für den Text und die schönen Bilder :thumbup:


    dirdeck
    Die Materialstärke hinter der Schneidphase beträgt 0,9 mm und wird zur Spitze hin ein wenig dicker. Somit hat man nahe am Griff eine gute Schneidleistung und zur Spitze hin genügent Stabilität damit diese bei "Missbrauch" nicht gleich abbricht. Ich finde dies einen guten Kompromiss und gerade beim großen GEK macht es durchaus Sinn.
    Zumal auch die alten GEK´s von Eickhorn nicht viel weniger Material hinter der Schneidphase hatten. Die ersten Serien (A,B,C) waren deutlich robuster geschliffen als die späteren Serien (F-Serie) wo es immer feiner wurde und die Spitze zum Schluss für mich doch sehr filigran wirkte.


    Gruß
    Schweppo

    Einmal editiert, zuletzt von Schweppo ()

  • Das Review ist sehr anständig. Die Bilder sind wunderbar und der Text ist unterhaltsam und informativ zu lesen.


    Ein Review bei dem man, meiner Meinung nach, nichts vermisst.


    @ Schweppo


    Ich hoffe du meinst 0,9mm oder ?


    Wobei das schon ordentlich fett ist.


    Mir ist klar das Hersteller immer etwas Reserve für ungeschickte Anwender oder unsachgemäßen Gebrauch einkalkulieren, aber das GEK das ich hatte, hat wirklich nicht gut geschnitten. Gerade bei der Klingenstärke, dem Stahl und dem Sabbergrind, könnte man durchaus feiner ausschleifen.


    Ich habe große Messer aus 440C und Böhler N690 gemacht, die hatten hinter der Schneide 0,5- 0,6mm mit denen konnte ich problemlos hacken.


    In meinen Augen unnötig fett. Aber das trifft leider auf viele Messer zu.


    Mein GEK musste eben darum gehen. Vorallem die kurze Version braucht imo keine so "stabile" Klingengeometrie.


    Anwendungsbereich, die Eignung und auch vorlieben sind natürlich Faktoren die komplett individuel sind. Meiner Meinung nach sollte ein Messer in der Größe, aber vorallem gut schneiden.


    Gruß,
    Elric

  • Die Materialstärke hinter der Schneidphase beträgt 0,9 mm und wird zur Spitze hin ein wenig dicker. Somit hat man nahe am Griff eine gute Schneidleistung und zur Spitze hin genügent Stabilität damit diese bei "Missbrauch" nicht gleich abbricht. Ich finde dies einen guten Kompromiss und gerade beim großen GEK macht es durchaus Sinn.


    Hi Schweppo,


    danke für die Info zu der Schneidphase. Tatsächlich ist das Messer aus meiner Sicht eher robust mit einer Tendenz zu eher mittelprächtigen Schneideeigenschaften. Wobei das sicherlich immer "Geschmacksache" ist und vom vorgesehenen Anwendungsbereich abhängt. Und - wenn ich Tonys Philosophie zum GEK richtig verstanden habe - soll das Messer ja genau so gebaut sein, dass es auch für den robusten Einsatz bis hin zum Mißbrauch tauglich ist und einen nicht im Stich lässt. Will sagen: Die Stabilität steht vom Grundgedanken über dem letzten Zipfel Schneideleistung. Wenn man diesen Grundgedanken zu Grunde legt und berücksichtigt, darf man etwas schwächere Schneideleistunge dem Messer nicht vorwerfen.


    Für m e i n e Anwendungsfelder bin ich aber eher bei Elric:


    Ich habe große Messer aus 440C und Böhler N690 gemacht, die hatten hinter der Schneide 0,5- 0,6mm mit denen konnte ich problemlos hacken.




    In meinen Augen unnötig fett. Aber das trifft leider auf viele Messer zu.

    Ich bin der Meinung, dass beim GEK etwas weniger Stärke an der Phase nur unwesentlich weniger Stabilität bedeutet aber einen deutlichen Mehrwert bei der Schneideleistung gebracht hätte. Wobei ich immer ein gewisses Maß Sinn und Verstand bei der Anwendung voraussetze.


    Aber:


    Anwendungsbereich, die Eignung und auch vorlieben sind natürlich Faktoren die komplett individuel sind.

    Hab´ ich das Böker GEK noch (in dem Fall jetzt das Große)? Halte ich das GEK für ein gutes Messer? Beides mal: Ja! Ich hab jedoch einen neuen Schleifwinkel mit so 19 Grad +/- draufgemacht. Das hat in Summe dazu geführt, dass eben der Winkel flacher und etwas Material an der Phase abgetragen wurde. Das Ergebnis: Schneideleistung ist nun deutlich besser und batoning, hacken usw. ist dennoch kein Problem.


    Somit habe ich nun bei meinem Böker GEK die gute Qualität der Verarbeitung, einen ordentlichen Stahl, eine ausreichende Stabilität und nun auch eine gute Schneideperfomance. So gefällt mir das GEK! :thumbup:


    Viele Grüße
    Dirk

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