Faule Bande!
Da kursieren mittlerweile seit geraumer Zeit einige dieser Messer, die Nutzer sind zufrieden, die Messer sind mit Sicherheit hier eine Vorstellung wert.....und alle lehnen sich zurück und warten, daß ein silberbärtiger Senior den Juchten-Stecken zur Seite legt und zumindest mal den Start hinlegt...
Das Messer ist sozusagen der kleine Bruder des bekannten Scrama, hat noch einen rostträgen Zwilling und auch noch ein etwas größeres Brüderpaar (ebenfalls rostträge und Carbon) mit 140 mm Klingenlänge...
Aktuell war das Ding so begeht, daß zeitweise nicht geliefert werden konnte, während überall mal im Neuerwerbungs-Thread oder auch in anderen Foren (man sagte mir, es gebe welche...) sehr positive Kommentare veröffentlicht wurden, ich hier aber bislang eben keinen Thread finden kann. Selbst hat mich "Hanomag" auf das Ding scharf gemacht, der eins besitzt und seine Erfahrungen damit auch eher als "Randnotiz" publiziert hat. Der Kumpel hat viele Vergleichsmöglichkeiten und geht mit dem Messer auch im Alltag um, hat sich sehr positiv geäußert und mich einfach neugierig gemacht. Also gewartet und dann mit Wiedereintreffen einer neuen Charge eins geordert.
(oben: Peltonen Sissipuukko M95, Mitte: Terävä Jääkäripuukko 110 Carbon, unten: NOKS Smersh 3)
Nun gut....
Erst einmal ein Link zu den Specs und einigen vollmundigen Beschreibungen des Anbieters:
https://www.varusteleka.com/en…ko-110-carbon-steel/53634
Zunächst mal war die Tastatur nicht kaputt, und ich hab auch nicht beim Zachel-Glücksrad das Ä gekauft und Dauerklingeln erzeugt:
Terävä (finnisch für "scharf") ist eine Eigenmarke der Fa. Varusteleka aus Finnland, einer reichlich schrägen Finnen-Kombo mit notorisch politisch inkorrekten Artikel-Begleittexten und leider auch ein paar etwas zweifelhaften Artikeln im Sortiment, allerdings immer wieder eben auch interessanten. Ich hab welche von meinen Kongo-Plünnen von dort, krieg seitdem haufenweise Spam, habe aber auch kongobunte Vorräte noch für ein paar Jahre....Jääkäripuuko heißt sowas wie "Jägermesser", wobei sich das "Jäger" auf die entsprechenden finnischen Infanterie-Einheiten bezieht, wie sie 1940 den Russen reichlich Kopfzerbrechen gemacht haben (wenn ihnen Sniper-Meister Simo Häyhä selbige nicht gleich fachmännisch perforiert und sich seinen Namen "Belaja Smert", weißer Tod, wieder mal verdient hat...) Also vom Namen her - und nicht nur von diesem - ähnlich wie das berühmte "Sissipuukko" M95 oder M07 von Peltonen...
Womit wir ein schönes Stichwort haben: Ich wollte seit Jahren ein 42a-konformes Sissipuukko und hab vor einigen Jahren sogar über einen Importeur Kontakt mit Peltonen aufgenommen, der sich jedoch nicht für eine weitere Version begeistern ließ. Das ist mehr als schade, denn das Sissipuukko ist imo ein ausgezeichnetes Outdoor-Messer mit sehr guter Ergonomie und Haptik auch bei starker Kälte und/oder Nässe, schneidet gut, ist handhabungssicher und hat eine pfiffige Scheide. Peltonen, ein Ex-Berufssoldat mit Auslands-Einsatzerfahrung, hatte sich zum Ziel gesetzt, die über Jahrhunderte erprobten Vorteile des Puukko in ein Messer aus modernen Materialien zu übertragen und deren Vorteile wie Rutschfestigkeit, besserer Handschutz, stärkere Klinge usw. mit den übernommenen traditionellen zu verbinden - und das ist ihm gelungen.
Ein Puukko mit Gummigriff also, wertiger, schwerer und robuster als ein Mora - eine ausgezeichnete Idee, aber kein singuläres Ereignis, denn vor dem M95 hatten auch die Russen so etwas schon lange ausprobiert und mit ihrer Reihe der Smersh-Modelle 1-4 ebenfalls Puukkos mit Gummigriff und starker Klinge auf den Markt gebracht. Auch das sind sehr brauchbare Gebrauchsmesser, weit davon entfernt, nur zum Meucheln von Spionen zu taugen, wie der Name assoziieren läßt, sondern umfassend alltagstauglich und praktisch.
Ich hab die Modelle 3 und 4 und bin sehr zufrieden damit, wie gesagt auch fürs Stöckchen oder das Schaschlik, nicht nur für Agenten, mit denen ich glücklicherweise auch im Gegensatz zu Schaschliks nur geringen bis keinen Kontakt habe
Blöderweise sind Sissipuukko und Smersh (ab 3) zu lang für dieses unseres Land, das seine Tradition der Fahrten- und Pfadfindermesser verleugnet und sich jetzt hysterisch vor allem über Zwergen-Zacheln zu Tode fürchtet, während die wirklich Bösen keine Probleme haben, sich nicht ein Smersh, sondern lieber gleich ne Kashi zu besorgen....
Jägermesser und Mora Kansbol
Naheliegend ist es natürlich, ein modernes Puukko mit Gummigriff bei den Moras zu suchen und mit Modellen wie dem ausgezeichneten und konkurrenzlos günstigen Companion zu finden oder haptisch noch besser in einem der Bushcrafter.
Hier im Bild oben liegt das Terävä erst mal neben einem größenmäßig sehr vergleichbaren Kansbol - und schlägt es imo eindeutig insbesondere in Haptik und Ergonomie. Für mich auf jeden Fall die bessere Wahl - wenn es nicht ausdrücklich extrem leicht sein soll: Das Terävä wiegt netto schon 175 g, das ist etwas mehr als die 75 g netto und 110 g brutto eines Companion (Kansbol: 100/135 g)
Das Terävä liegt sowohl in bloßen als auch in dick behandschuhten Händen sehr angenehm und sicher, auch unter Belastung.
Die gut 4 mm starke Klinge (mir scheint sie fast eher 3/16 stark...) wirkt sehr robust. Der Erl geht durch den ganzen Griff und bildet hinten eine Fangriemenöse aus, mit der man auch mal einen Deckel weghebeln kann.
Die Gummimischung des Griffs ist härter als bei Extrema Ratio, Cold Steel oder Ontario, auch ein wenig härter als beim Peltonen, scheint es, und wirkt sehr robust.
Ich hör ja immer wieder Vorbehalte gegen Gummigriffe, weil sie zerbröseln könnten oder im Feuer schmelzen usw.
Tatsächlich hab ich aber auch im Einsatz noch nie einen der Forprene-Griffe meiner ERs irgendwie beschädigt, dafür sind sie auch unter schlechten Umständen sehr rutschsicher....
Die Klinge war im hinteren Bereich scharf genug, nach vorn hatten die Finnen irgendwie die Lust verloren. Ein paar Züge über den Fiskars-Rollenschärfer reichten aber zum Abstellen dieses Mangels. Ob das Ding 59 HRC hat, weiß ich nicht, es schärft sich jedenfalls recht unkompliziert.
Die Scheide ist aus durchaus ordentlichem Leder gemacht und hat einen stabilen Kunststoff-Liner im Bauch. Die Nieten sind gut gesetzt, der Verschlußknopf funktioniert sicher und hält ziemlich fest. Das Messer sitzt auch bei geöffnetem Knopf definiert genug in der Scheide, um beim Tipdown-Tragen nicht zu wackeln oder gar herauszurutschen. Mit offenem Knopf kann es hinreichend flüssig gezogen werden. Die Gürtelschlaufe bildet einen "Dangler", also eine nach oben ober den Scheidenmund ragende Schlaufe, sitzt aber an einem Metallring und läßt sich gut nach unten umlegen, um das Messer z.B. höher oder cross zu tragen.
Jägermesser und Mora Companion black
Insgesamt ist das Messer rustikal gemacht, der Anschliff der Spitze war bei meinem nix für Perfektionisten.
Das ganze Ding ist alles andere als eine Vitrinen-Schönheit und soll das auch gar nicht sein.
Das stabile und vertrauenerweckende Messer ist eher ein Arbeitstier, so ne Art schneidender Unimog - überzeugt damit aber!
Bislang ist der Ersteindruck durchweg sehr gut, wenn sich das so fortsetzt, kommt für mich das Modell sehr schnell auf die Vorschlagsliste für Leute, die ein robustes Messer für Outdoor-Aktivitäten zu einem "vernünftigen" Preis suchen.
Für die (deutsche) Stadt ist das bullige schwarze Messer vielleicht ein wenig "zuviel", wenn man dumme Blicke / Kommentare gern vermeidet (...was mich selbst ja weniger stört...) Da wäre dann ja eher ein Izula oder auch das Spyderco Moran eine Empfehlung wert...
Aber fürs Wandern, für den Wald, für die Arbeit auf einem Hof macht das Messer einen sehr guten ersten Eindruck.
Also alles richtig gemacht mit der Order bei den schrägen Finnen
Irgendwie läßt man dem rustikalen Teil kleine Schönheitsfehler und seine Trecker-Aura lächelnd durchgehen, schmeißt Messschieber und Lupe in die Ecke und klickt was anderes Rustikal-Finnisches an, beispielsweise sowas hier:
https://www.youtube.com/watch?v=e4Ao-iNPPUc
oder auch die "Rentner" hier :), sozusagen einen TCU-Klassiker....
https://www.youtube.com/watch?v=r9YyaknVx_o
Soooo, dann haben wir mal einen Startbeitrag, und ich bin gespannt auf EURE Eindrücke und Gebrauchserfahrungen. Meine kann ich nach der nächsten Schwarzwald-Tour dann gern beisteuern