Die US amerikanische Firma SOG Knives ist seit gut drei Jahrzenten fester Bestandteil der internationalen Messerszene. Während seit jeher feststehende Einsatzmesser zum Kerngeschäft des Unternehmens gehören, wurde das Portfolio über die Jahre durch Klappmesser und Multitools erfolgreich erweitert. Dass die Firma aus dem Bundesstaat Washington auch heute noch am Puls der Zeit ist, beweist der Hersteller mit dem neuen SOG Pillar, dem mit S35VN einer der modernsten pulvermetallurgischen Stähle spendiert wurde. Ob das Messer neben High-End Materialien auch durch Funktionalität punkten kann, soll in diesem Review untersucht werden.
Der erster Eindruck
Ich war sehr gespannt, was mich beim neuen SOG Pillar erwarten würde. Doch schon beim Befreien des Messer aus seiner Verpackung wurde klar: Das Pillar macht keine halben Sachen. Was die Verarbeitungsqualität anbelangt spielt das Messer in der oberen Liga. Hier wurde ein wirklich sehr hoher Maßstab bezüglich Fit & Finish angelegt. Asymmetrische Schliffe, ein Makel in den Oberflächen oder sonstige Fehler in der Verarbeitung sucht man hier vergebens. Das trifft erfreulicherweise auch auf die dem Messer beigefügte Kydex-Scheide zu, die das Messer spielfrei und sicher aufnimmt.
Die Klinge
Genau 12,5 cm ist die Klinge des Pillars lang, die durch ihre geschwungene Linienführung an vergangene SOG Modelle erinnert. Modern dagegen ist der verwendete CPM Hochleistungsstahl S35VN, der im Bereich der Klinge in einem Two-Tone Finish gehalten wurde. Dieses besteht aus einem Stonewash-Finish, das mit dem übrigen, maschinellen Schliffbild kontrastiert. Wirklich jeder Schliff scheint auf der jeweils anderen Klingenseite an exakt der gleichen Stelle zu verlaufen. Präzision ist definitiv eines der Schlagwörter, die das Pillar für sich beanspruchen darf. Das sieht man unter anderem auch an der sauber rausgearbeiteten Klingenspitze.
Für diejenigen, die ein Messer und keine taktische Brechstange bevorzugen gibt es positive Nachrichten: Die Schneide des SOGs ist für ein Serienmesser sehr vorbildlich ausgeschliffen. Die sekundäre Fase ist kurz gehalten, ihr Winkel vernünftig gewählt. Im Gegensatz zu vielen Einsatzmessern auf dem Markt gibt das Pillar als Schneidwerkzeug wirklich eine hervorragende Figur ab, was nicht zuletzt der bescheiden wirkenden Klingenstärke von 4 mm geschuldet ist.
Ein aus meiner Sicht sehr unnötiger Designaspekt stellt die zu groß geratene Aussparung in der Klinge zwischen Griff und Schneidenbeginn dar. Dieses Element, das auch als “Choil” bezeichnet werden könnte, hätte aus meiner Sicht getrost weglassen werden können. Die Aussparung ist nämlich so groß, dass man vom wertvollen Bereich der Schneide in Griffnähe einiges einbüßt. Darüber hinaus ist der entstandene Choil auf der Klinge zu kurz, als dass man beispielsweise seinen Zeigefinger darin komfortabel unterbringen könnte. Die Klinge ohne Choil und mit höchstens einer kleinen Schleifkerbe versehen, hätte für mich das Pillar zum absolut perfekten Allround-Messer gemacht. Zugegebenermaßen war mir dieses “Feature” bereits vor der Bestellung des Messers bewusst und somit keine negative Überraschung. Von manch einem Messerfreund wird diese Aussparung vermutlich auch begrüßt.
Der Griff
Trotz der moderaten Griffstärke von 16 mm liegt das Pillar in meinen Händen wie angegossen. Zugegeben, ich liebe das Gefühl von Canvas-Micarta in meiner Hand, doch es ist nicht nur das Griffmaterial, sondern auch die Form des Griffs, die das Messer sicher und angenehm in der Hand ruhen lassen. Den verschraubten Micarta-Schalen wurde an einigen Stellen durch eingebrachte Fräsungen zusätzlicher “Grip” verliehen. Diese Fallen allerdings recht sanft aus und wirken keinesfalls störend.
Die Riffelung am Klingenrücken sind für meinen Geschmack allerdings zu aggressiv gewählt. Mit Handschuhen lässt sich das verschmerzen. Ohne wird es bei dauerhafter Benutzung dieser “Jimpings” definitiv zu Schmerzen kommen.
Der Griffabschluss wird durch den großzügig überstehenden Flacherl gebildet, der über einen Durchbruch zur Aufnahme eines Lanyards verfügt. Mit diesem Bereich des Messers lässt sich aber auch ziemlich effektiv und punktuell auf Gegenstände wie z.B. Glas einschlagen.
Die Scheide
Wie bereits angesprochen, steht die Scheide dem Messers hinsichtlich der Verarbeitungsqualität in nichts nach. Das Kydex wurde sauber ausgefräst und vernietet. Befestigt wird die Scheide über einen mitgelieferten und bereits montieren Adapter aus Kunststoff, der sich nach dem Schließen zusätzlich auch noch verriegeln lässt. Dadurch hängt das Messer wirklich sehr sicher am Gürtel oder Rucksack. Als kleines aber praktisches Feature wurde die Kydexscheide in der Nähe der Scheidenmündung mit einer Daumenrampe versehen. So hat man ordentlich Haftung, wenn man das Messer mittels Daumen aus der Scheide drücken möchte.
Einzig und allein der ins Kydex geprägte Schriftzug “SOG” scheint für mich falsch herum ausgeführt worden zu sein. Das ist natürlich abhängig von der Betrachtungsweise, doch werde ich den Verdacht nicht los, dass hier der Prägestempel verdreht angesetzt wurde. Ein Fehler, über den ich in Anbetracht der sonstigen Qualität gerne hinwegsehe.
Fazit
Das Sog Pillar ist ein Home Run “made in USA”. Fit & Finish, Materialien und Funktionen sind nicht nur aus Gründen der Effekthascherei gewählt worden, sondern machen das Pillar zu einem hervorragenden und außergewöhnlichen Messer. Es ist schneidfreudig, agil und dennoch robust. Auch die Handlage weiß zu begeistern.
Der Choil zwischen Griff und Klinge hätte nicht sein müssen und schränkt die Vielfältigkeit des Messers ein Stück weit ein. Letztlich bleibt dieses Merkmal allerdings Geschmackssache und ist vermutlich auch dem Genre “Tactical” ein Stück weit geschuldet. Unterm Strich ist für mich das Messer trotzdem ein gelungener Hybrid aus Einsatzmesser und Allrounder. Ich kann es somit besten Gewissens empfehlen. Viel besser kann ein Serienmesser dieser Klasse für mich kaum werden.