Messerbaukurs bei Richard Kappeller (viele Bilder!)

  • Hallo zusammen,


    gemeinsam mit einem Freund war ich letzte Woche zu einem 2-tägigen Messerbaukurs in Salzburg, bei Richard Kappeller. Wer sich mal die Homepage von Richard anschaut stellt schnell fest, dass hier ein echter Meister seines Fachs am Werk ist. Nicht umsonst hat er glaube ich 2015 und 2016 bei der Leserwahl im Messer Magazin in der Kategorie "fixed" den ersten Platz belegt. Die Kurse findet man ebenfalls auf seiner Homepage und sie werden über's Jahr verteilt sehr oft angeboten. Ich denke 2, 3 Mal pro Monat, so dass man einen passenden Termin finden kann. Kurse für den Bau eines Folders werden auch angeboten, gehen dann über 3 Tage und sind naturgemäß etwas teurer. Aber da dies unser erster Anlauf für ein selbstgebautes Messer war, haben wir uns zunächst einmal an das Thema "fixed" herangewagt.


    Wenn man den Termin gefunden und gebucht hat, muss man im Vorwege nicht viel mehr tun als sich Gedanken zu "seinem" Entwurf zu machen und den zu Papier zu bringen. Richard steht natürlich vor dem Kurs bereit, telefonisch oder per Mail zu unterstützen. Z.B. um Materialfragen zu besprechen oder auch aufzuzeigen welche Maße beim Entwurf nicht überschritten werden sollten (z.B. eine bestimmte Länge, die dann seine Härteöfen nicht mehr hergeben). Sicher kann man auch mit einer Skizze zum Kurs anreisen und die dann mit seiner Unterstützung finalisieren. Bei mir war es so dass ich eine fertige Zeichnung meines Entwurfes dabei hatte und zusätzlich Selbige bereits auf eine Pappschablone geklebt und ausgeschnitten hatte.


    So jetzt nehme ich Euch mal mit auf eine kleine Bilderreise in die Werkstatt.


    "Werkstatt" ist schon fast tiefgestapelt. Richard's Werkstatt befindet sich in einem Gewerbegebiet von Salzburg und ist äußerst großzügig gehalten. Wir waren übrigens 13 Kursteilnehmer. Aber die konnten dort locker untergebracht werden, ohne dass man sich auf die Füsse tritt, wie Ihr sehen werdet. Neben Richard unterstützen übrigens 2 Mitarbeiter, so dass insgesamt 3 Helfer zur Verfügung stehen, den Kursteilnehmern mit Rat und Tat unter die Arme zu greifen. Kann also nix schiefgehen :)


    Hier sieht man die linke Hälfte des ersten Teils der Werkstatt, mit Werkbänken, hinten links der Bereich mit den Härteöfen und wo Damastmesser geätzt werden. Hinter dem Holz verkleideten Pfeiler die 3 Bandschleifer, mit Absauganlage:


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    Vorderer Teil des selben Raumes:


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    Härteöfen und "Ätzbereich":


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    Bandschleifer:


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    Weiß nicht, wie diese Maschine heißt. Damit kann man die Oberfläche von Rohlingen oder Griffschalen planen:


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    Hier der zweite, noch größere Teil der Werkstatt, u.a. mit einem Gravurarbeitsplatz, einem Goldschmiedearbeitsplatz und einer großen Holzzuschneidemaschine. Rechts seht Ihr einen Teil der Treppe hoch zu einer kleinen Gallerie:


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    Auf dieser Gallerie stehen 2 Vitrinen mit fertigen Messern, Kaffemaschine usw.


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    Jetzt aber an die Arbeit. Um 9:00h ging der Kurs los, mit einer Begrüßung, gegenseitiger Vorstellung und einer Einführung zu den Materialien und zu den Maschinen. Danach wurde es dann ernst. Hier mein Arbeitsplatz. Jeder hat dort bereits eine Box stehen, mit Schleifpapier, Schleifklötzchen, Feilen usw. Die Handschuhe hatte ich mir selbst mitgebracht. Dort seht Ihr auch meine mitgebrachte Zeichnung plus Schablone:


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    Nachdem ich den Flachstahl-Rohling mit dem von mir gewünschten Torsionsdamast vom Richard bekommen hatte, wurde der Grundriss des Messer mit Hilfe der Schablone übertragen:


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    Dann ging es an die Bandsäge, zum groben Ausschneiden der Kontur:


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    Jetzt die beiden Bohrungen für die Pins setzen:


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    und am Bandschleifer etwas genauer in die beabsichtigte Form bringen, das nach der Bandsäge überall noch etwas Material übersteht. Schaut dann so aus:


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    Jetzt wird das erste Mal mit Schleifpapier etwas Hand angelegt ...... Es bleibt nicht bei diesem ersten Mal :)


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    Die Mitte für den Klingenschliff wird angerissen und der Flachschliff sowie die von mir gewünschte falsche Schneide werden angezeichnet:


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    Bis hierhin haben die Teilnehmer die Arbeitsschritte unter Anleitung und Rat von Richard und seinen Mitarbeitern selbst durchgeführt. Nun folgt mit dem freihändigen Schleifen des Flachschliffes und bei meinem Messer zusätzlich die falsche Schneide, der erste Arbeitsschritt den Richard mit all seiner Erfahrung und Routine übernimmt, weil hier die Chance für die Kursteilnehmer recht hoch ist, alles zu vergeigen :)


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    Da staunt der Laie, wie der Richard das mal eben so lässig aus der Hüfte schüttelt, mit einer Präzision, die ich mir so kaum vorstellen kann:


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    So schaut es dann aus:


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    Der erste Tag ist fast rum. Richard und seine Mitarbeiter machen das so routiniert, dass der Zeitplan voll aufgeht und alle Teilnehmer Ihr Messer für das Härten fertig haben. Jetzt ist es so um 16:30h herum:


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    So sieht es dann nach dem Härten aus:


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  • Wenn ich es richtig verstanden habe, kommen die Messer dann in einen Anlaßofen, um das Gefüge im Stahl wieder nach dem Härten etwas zu entspannen. Das wurde dann mit einem programmierten Ofen so erledigt, dass es automatisch am nächsten Morgen so losging, dass die Messer dann zum Kursbeginn des zweiten Tages um 9:00h fertig für die nächsten Arbeitsschritte bereit liegen. Damit sind wir dann in den zweiten Tag gestartet:


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    Dann, mal wieder, ne Runde Schleifen :)


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    Ich hatte mich ursprünglich bei den Griffschalen für Wüsteneisenholz entschieden (habt Ihr sicher eingangs auf der Zeichnung gelesen), mich aber dann vor Ort spontan für stabilisierte Mooreiche umentschieden. Hier hat Richard dann 2 Stücke von einem Klotz abgesägt:


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    Die Mosaikpins, die ich mir ausgesucht hatte, hab ich dann ebenfalls zugesägt. Klinge ein bisschen schützen, die beiden Mooreiche Griffschalen mit der Bandsäge grob aussägen und dann am Bandschleifer in die Grundform bringen:


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    Griffschalen und Mosaikpins mit dem Messer verkleben und ca. 15 Minuten aushärten lassen (2-Komponenten-Kleber):


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    Jetzt wird die Einheit aus Stahl und Griffschalen am Bandschleifer miteinander plan verschliffen, Die Griffschalen auf das gewünschte Maß, gebracht und dabei die gewünschten Konturen der Griffschalen herausgearbeitet. Dies ist der zweite Fertigungsschritt, den der Meister am Bandschleifer übernimmt. Denn hier mal kurz zu stark gedrückt, schief gehalten und futsch ist das Griffmaterial unwiederbringlich. Davon abgesehen macht er das wieder mit seiner unglaublichen Präzision locker aus der Hüfte, dreht das Messer gleichmäßig und schnell in allen möglichen Positionen an den Bandschleifer, schaut drauf, setzt wieder an und am Ende ist das Messer in seiner Grundform fertig. Das kann man selbst nur versemmeln und darum habe ich das gern dem Richard überlassen und bewundernd zugesehen.


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    Jetzt ...... der geneigte Leser ahnt es ...... mal wieder ne Runde schleifen :) Der Griff bekommt seinen Feinschliff und die Riefen die der Bandschleier im Holz hinterlässt werden egalisiert:


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    Schaut schon recht passabel aus, oder?


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    Die Rundung am guard noch etwas bearbeiten:


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    Klebeband von der Klinge entfernen und ....... genau. Schleifen. Klinge, falsche Schneide, alles noch mal fein verschleifen. Alle Riefen die der Bandschleifer am Erl hinterlassen hat, müssen natürlich weg. Dann werden die Mooreiche Griffschalen mit einem Lack, den man mit einem kleinen Pinsel aufträgt, versiegelt, damit sie beim folgenden Ätzen geschützt sind und nicht beschädigt werden:


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    Jetzt sind die Damast-Messer bereit zum Ätzen:


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    Nach dem Ätzen:


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    Mit irgend so einem Zeugs aus einer Sprühdose werden sie eingeschäumt. Damit wird wohl der vor dem Ätzen auf die Griffschalen aufgetragene Schutzlack wieder entfernt:


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    Ja und weil wir lange nicht mehr geschliffen haben ..... :) Wird jetzt noch einmal mit ganz feinem Schleifpapier Hand angelegt, um den "Grauschleier" zu entfernen und das Damastmuster herauszuarbeiten. Richard macht dann die Schneidfase am Bandschleifer und seine Mitarbeiter mit Schleifsteinen freihändig den Feinschliff und dann ist alles fertig:


    WIP,-44



    Ich habe mein Messer inzwischen zu Hause abfotografiert und stelle es Euch im Bereich "Feststehende Messer" mit ordentlichen Bildern vor. Schaut da doch noch mal vorbei:


    Erstes Selbsgebautes ..... oder besser, mit Unterstützung vom Profi Selbstgebautes.


    Tja. Das war es. Wenn man so etwas zum ersten Mal macht, dann hat man ein paar Erwartungen und gleichzeitig auch ein paar Unbekannte. So nach dem Motto "mit was ich wohl wieder nach Hause komme?" und "vermutlich sieht mein selbstgebautes Messer aus wie aus dem Werkkundeunterricht damals in der Schule. So von wegen Laubsägearbeiten und so."


    Aber weit gefehlt. Richard bekommt es hin, dass wirklich jeder Teilnehmer mit einem Messer nach Hause fährt, dass sich sehen lassen kann und wo man durchaus stolz drauf sein darf. Natürlich. Bei einigen kriegsentscheidenden Fertigungsschritten legt Richard selbst Hand an. Ist das gut? Und ob! Da würden die meisten Kursteilnehmer wohl grandios scheitern und dann gibt es Frust, man muss vielleicht noch einmal von vorn beginnen, was ja auch eine erneute Zahlung für das vergeigte Material nach sich zieht, usw. Das ist schon in Ordnung so.


    Der 2-tätige Kurs war perfekt organisiert und man merkt, dass sich hier die Prozesse eingespielt haben. Dadurch kein Stress. Alle Teilnehmer arbeiten ruhig und konzentriert und Richard und seine beiden Mitarbeiter halten alles in Schwung und sehen mit geübtem Auge, wo gerade Unterstützung nötig ist. Meinem Freund und mir hat es einen Riesenspaß gemacht und wir sind beide doch ziemlich stolz auf die beiden Messer, die wir mit nach Hause gebracht haben. Der Gedanke das zu wiederholen, ob noch einmal mit einem weiteren fixed oder gar mit einem folder, hat sich sofort festgesetzt.


    Ich hoffe es hat Euch etwas Spaß gemacht und ich freue mich auf Euer Feedback, hier zum Kursbericht und gern auch in dem separaten thread mit den Messerbildern.


    Viele Grüße,
    Stefan

    Einmal editiert, zuletzt von Daywalker ()

  • Echt beeindruckend was man sich erarbeiten kann, da bekomm ich gleich Lust runter in die Werkstatt zugehen.
    Momentan liegt da aber noch ein anderes Projekt rum.
    Die Mooreiche Griffschalen gefallen mir richtig gut, die Maserung passt perfekt zum Messerdesign.

    Benchmade,ZeroTolerance,PohlForce,Hinderer,Spyderco,Hogue,Flytanium,SwissBianco

  • Das klingt wirklich gut! Und ein tolles Messer ist es geworden!


    Kennt jemand von euch ähnliche Kurse in Deutschland?

    Oliver
    Habe keine Angst, etwas neues zu probieren. Ein Amateur hat die Arche gebaut, Profis die Titanic.

  • Hi Stefan,


    Schönes Messer und sehr ausführliches Review, danke fürs Zeigen.


    Ich kann so einen Messerbaukurs auch nur jedem Interessierten empfehlen, ich habe damals beim Peter Stienen einen solchen Kurs gemacht.


    Aber vorsicht, was den Messerbau angeht, kann das zur Sucht führen :D :thumbup:


    Viele Grüße


    Chris

    T.I.T.A.N. #0003
    Kleingewerblicher Anbieter Impressum

  • ....hat mich sehr beeindruckt.


    Das Arbeiten in solchen Werkstätten ist mir nicht fremd. Auch habe ich im Zuge meiner Lehre damals eine Schlosserische Grundausbildung durchlaufen und sämtliche Maschinen kennengelernt und bedient.


    Der Erfahrungsbericht ist sehr schön detailiert und angenehm zu lesen. Und das Ergebnis spricht für sich. Ein durchdachtes Konzept und sehr geschmackvoller Entwurf, der perfekt umgesetzt wurde.
    Die Griffschalen passen sehr gut zum Klingenmaterial und die Pins sind das I-Tüpfelchen.


    Ein Stück, das ich in Ehren halten würde...


    Wenn ich die Sammlung an Messern sehe, welche dort auf den Bildern ist, springt die Einzigartige Linienführung sofort ins Auge und spricht mich sofort an.
    "Sticht hervor" wäre jetzt ein Wortspiel... :)


    Danke für die Arbeit und die saucoolen Bilder.


    Beste Grüße,
    Andy

    Member of the "outer Bunch..."

  • Servus,
    sehr schön beschrieben, hat mit Sicherheit Spaß gemacht...Mir gefällt deine Messerform sehr gut ( für mich nur etwas kleiner )......Ist eigentlich zu schade zum benutzen.
    Glückwunsch

    Gruß Mario

  • Die Fotos sind allerdings sehr beeindruckend.


    Was Kurse in Deutschland angeht:
    Ich war gestern zufällig auf einer Messe in Neumünster, wo ich mich längere Zeit mit einem Schmied unterhalten habe, der auch solche Kurse anbietet:
    http://messer.moorschmied.de/
    (Und bevor Fragen kommen: Nein, ich bin nicht verwandt oder verschwägert mit dem Veranstalter oder bekomme Provision :) )

  • Ja, sieht so aus als kostet mich diese Vorstellung wieder mal eine Stange Geld... :)
    Danke für den umfassenden Bericht, die immer wieder begeisternden Bilder und vor allem den Impuls, mal wieder selbst gestalterisch tätig zu werden!

  • Tolles Messer ist das geworden. Weiter so?


    Wie fein habt ihr die Klinge vor dem Ätzen geschliffen uns wie lange geätzt? Seit ihr danach nochmal mit dem Schleifpapier rüber?


    Gruß
    AccuBond


    Gesendet von meinem SM-T580 mit Tapatalk

  • Moin!


    Geschliffen mit 200er, 400er und 600er Papier.


    Hab die Zeit für's Ätzen nicht exakt gestoppt. Schätze so 20 bis 30 Minuten.


    Ja. Nach dem Ätzen war war ein deutlicher "Grauschleier" auf der Klinge. Darum ging es dann noch mal mit 600er Papier vorsichtig drüber.


    Beim Rostfreien Damast hat er Damasteel und Bahlbach. Also zugekauft. Beim nicht rostfreien Damast (meistens bei den Küchenmessern genommen) weiß ich es nicht. Hab aber in seiner Riesen-Werkstatt nix gesehen, was auf Selbstschmieden hindeutet.


    Grüße,
    Stefan

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