1. Einladung zum Messer-Plausch
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Messerfreunde, das hier wird kein knappes Review im Sinne eines rein technischen Blicks auf ein bestimmtes einzelnes Messermodell und der Dokumentation einiger beispielhafter Anwendungen. Man kann so etwas machen, es informiert und ist sicher eher nach dem Gusto der textknappen Twitter-Generation. Man würde dann hier erfahren, daß das vorgestellte Messer prima schneidet, gut in der Hand liegt und sehr gut ausschaut. Falls das reicht, einfach scrollen und Bilder schauen!
Hin und wieder bekommt man aber ein Messer in die Hand, das Lust macht und/oder die Notwendigkeit ergibt, mal genauer hinzuschauen, zu vergleichen, auch mal abzuschweifen, Hintergründe auszuleuchten– um zu verstehen und nachvollziehbar zu machen, warum man das Messer für etwas Besonderes hält. So etwa, wie man sich an einem langen Abend über Messer unterhalten würde in einer Runde bequemer Sessel um einen Kamin und einen Tisch voller Eisenwaren und vielleicht einiger Gläser. Das mach ich nicht oft so, auch bei guten Messern nicht, weil es viel Zeit kostet – zuletzt mußte das beim bemerkenswerten Bastinelli „R.E.D.“ sein.
Also, Messer-Aficionados der eher epischen Fraktion, macht es Euch bequem, holt Euch einen Drink und gern auch das eine odere andere Messer aus Eurem Bestand zum direkten Vergleich, und laßt Euch ein auf eine längere und dabei hoffentlich trotzdem kurzweilige Plauderei über das Böker / Burnley „Cub“:
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Und verzeiht, wenn ich für Euch vielleicht längst Bekanntes zum Vergleich heranziehe. Denkt an die vielen jungen Leute, die vielleicht erst angefangen haben, sich für unsere gemeinsame Leidenschaft für Eisenwaren auch zu begeistern, die noch nicht soviele Vergleichsmuster aus Erinnerung oder Erfahrung oder gar eigenem Bestand abrufen können.
Leuchten wir sozusagen erst einmal das Gefechtsfeld aus…
Was die Messermacher des Böker-Portfolios angeht, finden sich auch für besonders messer-affine langjährige Szene-Kenner immer wieder ein paar besonders leckere und attraktive Kirschen in der traditionell zweimal jährlich aufgetragenen Produkt-Torte:
Da zaubert Böker Plus – ansonsten eher praktisch als übermäßig schnieke – einen blitzsauberen Subhilt-Fighter von Dietmar Kressler (auf den Spuren von Bob Loveless) für etwa zehn Prozent des Custom-Preises.
https://agrussell.com/files/pr…/bo-p190bm.jpg?1474585171
Die Böker Manufaktur läßt Bill Harsey Hand an das Applegate-Fairbairn legen und liefert mit dem Five-Five ein Meisterstück des Haptik-Magiers.
https://mygoodknife.com/wp-con…irbairn-5_5-3-800x532.jpg
Als eigene Produkte bringt Böker seit geraumer Zeit viele Modelle namhafter Macher wie Anso, Voxnaes, Martin Knives, Krein, Mosier, Nealy, Burke, Folts, Wally Hayes, dem „American Kami“ Urbanovsky und vielen anderen anerkannten und zuweilen auch erfreulich innovativen Messermachern auf den deutschen Markt; was man nicht unterm eigenen Banner anbieten kann, wird bedarfsweise zumindest als Fremdmarke vertrieben, wie Walter Brend über das Protech-Label oder seit einiger Zeit z.B. der erfrischend innovative „Bastinelli“ Bastien Coves.
Diese Modell- und Kooperationspolitik, die ein „Ohr am Puls der (Messer-)Zeit“ der Verantwortlichen im Unternehmen zeigt, hat Würze ins Programm gebracht und dabei immer wieder auch Modelle beschert, an die man sich auch nach Jahren in der Flut internationaler Neuerscheinungen noch erinnert. Da verzeiht man dann sogar auch, daß Böker zeitweise so seine Probleme hatte, die teils bemerkenswerten Messer in adäquate Scheiden zu packen und läßt der Firma Zeit, die sie allerdings auch genutzt hat…
Je nach Beuteschema und Gusto sind dabei für viele von uns auch regelrechte „Klassiker“ herausgekommen – mir persönlich geht das bei den Eigen-Produkten ausgesprochen mit dem Mosier-Entwurf „Small Trigonaut“ so, das in der Breite vielleicht nicht so wahrgenommen wird, für mich aber ein großer Wurf auf dem Serienmarkt war und ist; das „Five-Five“ habe ich schon erwähnt. Und bei den Fremdmarken gilt das für mich insbesondere für Bastinellis „R.E.D.“ im Böker-Portfolio, das für mich eines der besten Serien-Fixed der letzten Jahre ist und Zeug zum Klassiker bei den kompakten Tactical Knives hat.
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(alle in Custom-Kydex; Trigonaut und R.E.D. eingekleidet von Kytac-Wernersen, R.E.D. dabei auf großem Blackhawk-Paddle für Tipup-Tragen; Five-Five mit userorientiert umhülltem Griff und in einer phantastischen Camo-Stoff-Kydex von „Messerdepot“ Sven Kienast)
Beim ersten Blick auf die Neuvorstellungen Herbst 2017 habe ich ein Modell ausgemacht, das nach meiner Einschätzung das Zeug hat, so ein „herausstechendes“ Exemplar zu werden, wenn nicht gar ein Klassiker im EDC-Bereich: das „Cub“ des US-Messermachers Lucas Burnley, das Böker im eigenen Betrieb fertigt (…was dann auch den langen Titel mit der Manufaktur allemal wert ist…).
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“Cub” ist im Englischen ein Begriff mit einiger semantischer Breite. Für ein EDC dieser moderaten Größe ist aber aus dem Begriffsfeld sicher die Bedeutung „Tierjunges“ (z.B. bei jungen Löwen oder Bären) gar nicht mal so abwegig, jedenfalls wirkt das Messer nicht wie ein „Flegel“ (…was Cub ebenfalls heißen kann), ganz im Gegenteil. Die Kompaktheit für ein Messer mit Fullsize-Griff ergibt sich hier aus der in Relation zum Griff klein gehaltenen Klingenlänge, und so ist die Assoziation mit einem Löwen- oder Bärenjungen durchaus gelungen. Außerdem kann man das bei Messern dann passend auch noch als Kürzel für „C ompact U tility B lade“ verstehen und trifft es sehr gut.