Nach meiner Rückkehr aus Absurdistan, möchte ich nach und nach meine Erfahrungen zum Thema Ausrüstung und Ausbildung von Soldaten im Jahr 2009 äußern. Wohlgemerkt, ich habe die Weisheit natürlich nicht mit Löffeln gefressen das heißt es dreht sich um meine Meinung. Wenn also einer der hier Anwesenden TF Kameraden anderer Meinung ist, freue ich mich auf rege Beteiligung und spannende Beiträge.
Beginnen möchte ich mit dem Thema „Der Soldat und sein Messer“:
Auch auf die Gefahr dass ein Aufschrei der Empörung durch unser Forum hallt, die Zeiten wo ein Messer dem Soldaten als Waffe diente sind in meinen Augen vorbei!
Wie komme ich zu dieser These? Wir sind uns sicher einig dass ein Messer eine Nahkampfwaffe ist. Bei der heutigen Gefechtsführung spielt aber der Kampf Mann gegen Mann, auf Tuchfühlung, eine untergeordnete Rolle. Die persönliche Bewaffnung und die Gefechtsentfernungen geben so etwas einfach nicht mehr her. Ein Beispiel. Bei meinem letzten Ritt durch AFG bestand meine Bewaffnung aus folgenden Elementen:
Ein G 36 A2 mit Laserlichtmodul und 150 Schuss Munition, eine MP7 mit LLM und 120 Schuss sowie eine P8 mit 60 Schuss. Die MP 7 und das G36 habe ich meistens im Wechsel geführt. Je nach Auftrag oder Tageszeit. Also hatte ich immer eine Waffe für lange bis mittlere Distanzen sowie meine Pistole als Back up oder für den Nahbereich am Mann. Die Bewaffnungskombination hatte ich nicht weil ich der super spezial Agent bin, sondern weil im Normalfall jeder Soldat im Jahr 2009 mit einer Lang und einer Kurzwaffe ausgestattet ist. Logischerweise ist man auch nie alleine unterwegs. Im Klartext bedeutet das, ich habe immer einen linken und rechten Nachbarn der genauso ausgestattet ist. Ich persönlich habe in 1900 Einsatztagen nicht eine Situation erlebt bei der die oben genannte Kombination nicht ausreichend gewesen wäre. Ich gehe sogar noch weiter. In meiner letzten Verwendung wurde ein Element unseres Zuges durch belgische Para-Commandos gestellt. Also durchaus Männer die wissen wo der Frosch die Locken hat. Jeder dieser 8 Kameraden, mit denen ich über die Thematik Messer gesprochen habe, hat mich in meiner Meinung bestärkt. Klar, im Bereich der spezial Operationen mag es Situationen geben wo ein Messer als Waffe durchaus seine Berechtigung hat. Die wenigsten Soldaten, genau wie ich, gehören aber zu dem erlauchten Kreis der Spezialkräfte. Also denke ich dass dieser Bereich in einer objektiven Betrachtung durchaus zu vernachlässigen ist.
Wofür brauche ich als Soldat dann ein Messer? Schlicht und ergreifend als Werkzeug. Angefangen von dem oft zitierten aufhebeln von Mun-Kisten bis zum schmieren von Broten, ohne Messer läuft nix.
Und nun zur entscheidenden Frage. Folder oder Fixed, groß oder klein und teuer oder billig? Die Antwort auf diese Fragen liegt immer in den persönlichen Vorlieben des Nutzers. Hier nun meine Erfahrungen.
Vor meinem letzten Einsatz habe ich mich für zwei Messer entschieden. 1) ein Fixed gefertigt von Martin. ( by the way, ich habe dich nicht vergessen Martin.) 2) ein Schanz Anduranz als Folder.
Fixed oder Folder?
Bei mir als bekennender „Schmockist“ hat sich der Folder durchgesetzt. Während ich an der Kampfmittelweste ein Fixed sauber befestigen kann, sieht das bei der Verwendung eines Smocks ganz anders aus. Entweder schlackert das Teil mir in der Tasche oder ich befestige das Messer am Koppel. Dann drückt mir das Ding aber auf die Schutzweste und ich komme ( durch den Smock) schlecht ran. Einen Folder allerdings kann ich schön in der Beintasche tragen oder mit dem Klipp am Beinriemen des Pistolenholster befestigen. Abstriche muss ich natürlich bei der Stabilität machen. Also, das Anduranz hat zwar alle Aufgaben gemeistert ist aber jetzt reif für den Ruhestand. Hier hätte ein Fixed sicher besser bestanden. Ja ja, jetzt werden einige sich fragen warum ich Vogel denn nicht beides geführt habe. Dazu komme ich jetzt.
Groß oder Klein?
Die Frage sollte in meinen Augen eher Leicht oder Schwer lauten. Die Ausrüstung eines Soldaten wiegt cirka 35 bis 45 Kilo. Je nach mitgeführten Waffen, Kampfmittel etc. Das ist eine Hausnummer. Ihr dürft nicht vergessen das man mit dem Gewicht den kompletten Bewegungsradius erfüllen muss. Beginnend vom auf und absitzen vom Fahrzeug ( und unter Feuer entwickelt man da erstaunliche Geschwindigkeiten) bis zum überspringen von verkackten Lehmmauern oder dem hinaufwieseln von Höhen. Und das über Stunden, und wenn es dumm läuft über Tage. Das, in der Kombination mit den Temperaturen, bringt uns die Antwort recht schnell. Jedes überflüssige Gramm ist ein Gramm zuviel! Es ist immer wieder witzig zu beobachten welche Wandlung gerade einsatzunerfahrende Soldaten im Laufe ihrer Einsatzdauer machen. Die schmelzen Ausrüstungstechnisch wie ein Schneemann in der Sonne. Die Reihenfolge meiner „Taschenbefüllung“ ist schlicht und ergreifend Munition, Kampfmittel, Sanmaterial, Wasser dann wieder Wasser und am Ende die Gimicks die das Soldatenleben so erleichtern.
Teuer oder Billig?
Tja, hier bräuchte man die Eierlegende Wollmilchsau. Am besten ein Strider (oder vergleichbares) für unter 50 Euronen. Es ist schon verdammt ärgerlich wenn man ein Messer für 50 Euro verliert. Passiert einem das aber mit einem Teil aus der 300er Preisklasse ist das wie ein Tritt ins Gehänge. Mit Stöckelschuhen! Und glaubt mir, verloren hat man ganz fix etwas. Wenn ich daran denke was alles Ausrüstungstechnisch während b.z.w nach einem TIC (Troops in contact) auf der Strecke bleibt wird mir ganz anders. Dazu kommen leider auch immer wieder Menschen die mein von dein nicht unterscheiden können. Aus den Gründen tauchen in Publikationen, wie die von Dietmar, auch immer wieder Soldaten auf, die mit „Messermüll“ durchs Gelände toben.
Fazit:
Ein Soldat ohne Messer ist wie ein Fisch ohne Wasser. Geht gar nicht. Hier muss aber unterschieden werden zwischen Auftragserfüllung und Ego. Ich habe für den nächsten Einsatz folgende Kombi im Auge. Einen massiven Folder in der Klasse eines ER BF2 oder eines Pohl Force Alpha. Als Fixed, zum verhuren, werden es 2 ( ja 2) BW Matrosenmesser für schlappe 20 Scheine. So habe ich mein Ego und meine Einsatzbedürfnisse recht gut unter einen Hut gebracht. Da ich nächste Woche nach Florida ( Hurra Urlaub!) fliege hoffe ich dort ein Schnäppchen zu machen und den Part des Ego erfüllen zu können.
Schlussbemerkung:
Wie bereits erwähnt, meine Ausführungen entsprechen meinen Erfahrungen und sind nicht in Stein gemeißelt. Ich hoffe ich habe euch nicht gelangweilt und konnte ein wenig zum Forumswissen beitragen.