Die heiligen Steine - oder warum ich wieder zum freihändigen Messer schleifen zurückgefunden habe

  • Servus zusammen,


    Messer schleifen - eine Wissenschaft für sich, wahrlich...
    Aberhunderte Optionen zum maschinellen oder manuellen abtragen von Stahl an Klingen, auf diversen Schleifmedien in allen erdenklichen Körnungen. JIS und FEPA, Diamant und Korund, Keramik und Siliciumcarbid. Früher schärfte ich meine Messer auf einem alten Kombistein meines Opas, mit mäßigem Erfolg...


    In diesem Wust von Möglichkeiten war der Spyderco Sharmaker dann für mich die bisher beste Option gewesen, simpel aber effektiv. Die groben Stäbe aus 'alumina ceramic' - Aluminumoxid nehme ich an - und die weißen aus Keramik. Kein Problem den Winkel zu halten, die Ergebnisse waren zufriedenstellend.
    Allerdings hat das Gerät bei aller Genialität seine Grenzen - der Winkel ist auf 30 bzw. 40° fixiert, Umschleifen von falschen Schneidenwinkeln bzw. Reparieren von Ausbrüchen oder Dellen in der Schneide ist kaum möglich. Die Stäbe schmieren je nach Stahl schnell zu, und da lag bei mir das Hauptproblem. Sobald die Kanten der Steine zugesetzt sind, und das geht fix bei weicheren Stählen, geht kaum noch etwas vorwärts beim Abtrag. Außerdem bekam ich selten eine so knackige schärfe hin wie ich es will, auch nicht mit den ultrafeinen Steinen.


    Da ich jetzt verletzungsbedingt viel Zeit habe, habe ich mich auf die Ursprünge besonnen und mir wieder Wassersteine geholt. (aus dem Forum natürlich, danke dafür :thumbup: )


    Ein Konvolut aus diversen Körnungen kam vorgestern an, und ganz entgegen der Aussage dass Schleifen eine Wissenschaft sei, bin ich sehr pragmatisch an die Sache ran gegangen. Da die Körnungen der Steine irgendwie schlecht zusammen passten (ein mit 3000/6000 markierte Stein war deutlich gröber als ein 1000/3000) hab ich grob nach Gefühl sortiert und die Steine erstmal gereinigt. Nach dem Wässern musste das erste Opfer her, mein ältestes Messer, ein Nieto - Backlock.


    Da der Schneidenwinkel schon immer viel zu stumpf war, irgendwo bei 50°, wollte ich es komplett auf 30° Umschleifen, hauptsächlich um den Abtrag der Steine zu testen. Also Winkel abgeschätzt und los.


    Das ging problemlos, das Schliffbild war homogen und die Winkeländerung war schnell gemacht.


    Dann ging es die Körnungen hoch - bis zum 3000er und den kleinen Belgischen Brocken, danach ein Leder mit SiC - Paste. Was soll ich sagen? Ich war von den Socken. Eine absolut feine aber bissige Schärfe, und das bei einer wunderbar gleichmäßigen Schneidkante. Der 3000er Stein ist übrigens ein Traum, scheinbar sehr hart gebunden bei dennoch gutem Abtrag.



    Nächstes Opfer war mein UKPK bei gleicher Vorgehensweise, mit noch besserem Ergebnis - da kommt der Begriff 'tree-topping' ins Spiel, also scharf genug und Haare zu greifen und abzutrennen ohne mit der Klinge die Haut zu berühren :evil:




    Der nächste bitte : ein CDS Hobbit mit Mova 58, mit katastrophal zu Tode polierter Schneide, wie hoffentlich zu erkennen.



    Auch alle Körnungen durch, jetzt ist es unnötig scharf, fast schlimmer als das UKPK. Ich habe versucht das gespaltene Haar auf der Klinge zu fotografieren.



    Alles in allem bin ich absolut begeistert, nicht nur dass das Freihandschleifen einen meditativen Charakter hat, die Ergebnisse sind zudem mehr als überzeugend. Ich wollte nur irgendwie meine Euphorie teilen :D


    Habt ihr ähnliche Erfahrungen gemacht? Es ist nicht die schnellste Methode, aber für mich die überzeugendste.


    Grüße, Smokehead 8)


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    suck less.

  • 8) Hallo Zusammen


    Meine Erfahrung zeigt, dass es auf die Beschaffenheit des Klingenstahls sowie der Klingengrösse ankommt welches Tool ich zum schärfen verwende.


    Meine Küchenmesser (VG10 und Blauer Papierstahl Laminate) schärfe ich mit einem Wasserstein von Shun Kaji (Körnungen 1000 und 6000). Bei den genannten Klingen funktioniert es hervorragend und sie werden rasiermesserscharf. Grössere Klingen sind für mich einfacher zu auf dem Stein zu führen. Die Materialabtragung ist angemessen und eventuelle Fehler lassen leicht korrigieren.


    Alle kleineren Messer (Klingenlänge bis 12cm) schärfe ich in der Regel mit dem Edge Pro und Naniwa Chosera steinen (Körnung bis 10000). Vor allem pulvermetallurgische Stähle lassen sich mit Diesem
    Tool hervorragend bearbeiten. Je nach Nutzungsgebiet der Klinge bekommt sie noch einen Feinabzug am Lederriemen mit Diamantpaste (0.5 Mikron) oder eben nicht.


    Gruss ChilliHeaD 8)

    Wenn etwas verdächtig aussieht, dann ist es das!

  • Sehr geile Ergebnisse!!!!


    Ich hab auch mit Wassersteinen, Schleifpapier + Mauspad, Sharpmaker angefangen. Inzwischen ist noch ein Wicked Edge System dazugekommen. Ich komm aber auch immer wieder gerne zu den Wurzeln zurück. =) Beim ersten Messer ist die Fase krass gleichmäßig, dann hast du schon gute Übung! =)


    Übrigens: Bei Kochmessern nehm ich immer Banksteine, damit ist am entspanntesten zu arbeiten.


    LG,
    Peter

  • Klasse Bericht! Ich nehme mein Edge Pro Professional und mein Wicked Edge für die "Hauptschärfe"! Dazwischen immer meinen Lieblingsstein, den schwarzen Arkansas, und das Leder. Der Schwarze ist für alle meine Stähle, außer für den UHC von Roselli, da muß ein DMT her. DMT nehme ich auch, wenn's mal schnell gehen muß, oder ich keine Muße zu schleifen habe.
    Grüße!

  • Danke an alle :)


    was ich mit dem Thread hauptsächlich zeigen will ist : Freihandschleifen ist keine Zauberei! Ich bin beileibe kein Experte darin, und habe mit durchschnittlichen Materialien prima Ergebnisse bekommen.


    Erste Voraussetzung ist wohl der Stein, der schon halbwegs was taugen sollte. Genug Schleifkorn, hart genug gebunden, nicht zu schnell verschleißend oder zuschmierend. Bis auf eine Seite eines Kombisteines (vieeeel zu weich) sind alle meine Steine prima , besonders der 1000/3000, von dem mich schon interessiert was das genau ist.


    Zweite Voraussetzung ist wahrscheinlich der Stahl. Alles was ich bisher probiert habe ist relativ simpel und weich (Mova 50
    8=AN58, BD1) und stellt daher auch kein Problem dar. Bei meinem S90V am Müller würde ich mir wahrscheinlich DMT wünschen ;)


    Und dann die Technik, das wovor die meisten wahrscheinlich zurückschrecken, genau wie ich vorher.
    Meine Erfahrung bisher : den Winkel kann man getrost Pi-Mal-Daumen irgendwo zwischen 15 und 20° pro Seite wählen, solang man beide Seiten symmetrisch bekommt. Wenn man von einem symmetrischen Klingenanschliff ausgeht, kann man dazu die Breite der Schneidfase nehmen. Das gilt aber auch nicht immer, wie sich beim CDS Hobbit gezeigt hat, da ist die Linke deutlich breiter als die Rechte. Will man den Werksanschliff beibehalten, gibt's ja die Eddingmethode.


    Außerdem ist es sinnvoll, wenn man sich mal für einen Winkel entschieden hat, Ruhig 10-15 Züge bei diesem Winkel zu machen, und nicht nach drei Zügen zu kontrollieren und wieder neu anzusetzen. Das führt schnell zu vielen verschiedenen Winkeln auf der Schneide und beeinträchtigt dad Endergebnis.


    Auch wichtig : bereits bei groben Körnungen unbedingt auf der ganzen Schneide einen Grat aufwerfen, sonst bekommt man das bei höheren Körnungen nur noch schwer hin.
    Der Bewegungsablauf selber ist wahrscheinlich Übungssache, und läuft bald sehr mechanisch und gleichmäßig ab.
    Das letzte mal freihändig Schleifen er bei mir drei Jahre her, und mein Körper schien sich schnell an die Bewegung zu erinnern.


    Tipp für alle sturen Rechtshänder wie ich einer bin : wenn ihr von der rechten Schneidfase (von vorne betrachtet) auf die linke wechselt, wechselt nicht die Hand! Früher nahm sich den Griff dann immer in die linke und vermurkste dadurch den Winkel. Diesmal hab ich das Messer in der rechten behalten und nur umgedreht, dabei "auf mich zu" geschliffen. Dabei kann ich den Winkel fast konstanter halten als wenn ich "von mir weg" schleife.



    So genug des gelabers. :p


    Grüße, Smokehead 8)


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    suck less.

  • Tach auch,


    ich habe vor Jahren, als ich mit dem Thema Messer schleifen anfing, auch vorab im Netz mit dem Thema befasst,
    und mir alle gängigen Methoden angesehen.
    Durch diverse YT Videos und Tutorials kam ich dann auch zu dem Entschluss mit Wassersteinen anzufangen.


    Gerade auch der meditative Charakter macht es in meinen Augen so attraktiv. Man bekommt dabei den Kopf
    frei und schaltet die ganze Umwelt für eine Weile ab.
    Am liebsten bei schönen Wetter im Garten, da stört auch die anfallende Sauerei nicht.
    Angefangen habe ich auch mit den ältesten und vermurksten Messer die ich finden konnte, und war am Ende
    überrascht was für ordentliche Schneidfasen man wieder auf die alten Stähle zimmern kann.


    Ein weiteren Vorteil vom Freihandschleifen finde ich auch, dass man mit ein wenig Üben jeden beliebigen Winkel
    mal schnell schleifen kann ohne groß irgendwelche Halterungen umzubauen. Egal was zu schleifen anfällt, Outdoormesser,
    Küchenmesser usw. egal welcher Winkel, mit der Zeit hat man das gut raus.


    Habe dann im Laufe der Zeit noch andere Systeme getestet, das einzige was davon noch übrig geblieben ist, ist ein
    Apex Klon, der bei mir mittlerweile fest montiert im Keller auf einer Werkbank steht, und zum schnellen nachschärfen
    der daily User dient. Diese geschieht dann aber nur mit einem 3000er Stein und einem Lederblock und bringt auch sehr
    schnell wieder die Schärfe zurück.


    MfG, IronDice

  • Ich habe jahrelang so geschliffen wie man es eben kennt, Stein auf den Tisch und das Messer über den Stein geführt.
    Die Ergebnisse waren nach einiger Zeit des Übens gut.
    Dann aber zeigte mir unser lieber Markus, dass es noch besser und einfacher geht und das ganze klang auch noch logisch.
    Bei sämtlichen (oder zumindest den meisten) Methoden Material abzutragen wird das Werkstück eingespannt und das Werzeug bewegt, nur beim Schleifen eines Messers wird es genau anderes herum gemacht, warum?
    Spannt man das Messer ein und führt den Stein darüber, fällt das Einhalten des Winkels viel leichter, was gerade für Anfänger eine enorme Erleichterung darstellt.
    Manchmal muss man nur drauf kommen.
    Gruß Eiserner


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    SEX, KNIVES AND ROCK'N'ROLL

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  • Das Thema schärfen und wie man es am einfachsten, effektivsten gestalten kann ist auch an mir nicht spurlos vorüber gegangen und so habe ich mir vor einiger Zeit, das für mich beste System ersonnen. Es ist eigentlich weder Fisch noch Fleisch, aber es funktioniert.


    Das Prinzip ist das selbe wie beim Sharpmaker. Die Steine stehen in einem bestimmte Winkel und man führt das Messer in einem immer gleich bleibenden Winkel an den Steinen entlang.


    Beim Sharpmaker hält sich der Winkel auf 30 bzw 40 Grad zu einer gedachten lotrechten Mittellinie des Messers. Mein System funktioniert gleich, nur dass die gedachte Mittellinie des Messers waagerecht liegt und das Schleifmedium diverse, jedoch genormte Shaptonsteine sind.


    Ich hab das System hier mal vorgestellt, solltest du Interesse haben. Click



    Mfg Andreas

    Mfg Andreas




    Ist das Spiel vorbei, landen Bauer und König in der selben Kiste.

  • Guten Abend,
    dank dieses Threads habe ich auch Lust bekommen, meine Messer mit Schleifsteinen zu schärfen.
    Ich habe mir Diamantsteine von DMT ausgesucht.
    Ist das sinnvoll oder eher nicht?
    Gruß Marco

  • Diamantschleifplatten kenne ich auch, DMT hatte ich persönlich noch nicht.
    Die DMTs sind sicher nicht schlecht, vor allem auch geeignet für sehr harte und karbidreiche Stähle, CPM-SxxxV etc.
    Bieten natürlich auch den Vorteil dass sie immer flach bleiben!
    Die sind nur am Anfang sehr abrasiv und tragen sehr schnell ab bis sie sich etwas 'eingeschliffen' haben.


    Grüße, Smokehead 8)

    suck less.

  • Danke für deine Antwort.
    Ich bin mir bei der Körnung nicht sicher, ich würde 325, 600, 1200 und dann Leder zum abziehen nehmen.
    Dein feinster Stein ist ja um einiges feiner, bin mir nicht sicher ob 1200 reichen.
    Oder ist das bei Diamantschleifplatten anders mit der Körnung?
    Gruß Marco

  • Tach auch,


    hier mal ein Bild von meinem fest auf einem Brett montierten Apex Klon.
    Hinten mit einer Schraube am Tisch fixiert, vorne mit einer Schraubzwinge, so kann man das Teil
    bei Bedarf auch mal nach hinten wegdrehen.


    Apex_Mod.jpg



    In der Halterung an der Unterseite sind auch zwei Neodym Magneten zur besseren Fixierung der Klinge
    während dem Schleifen eingeklebt.


    Apex_Mod_Magnet.jpg



    Nutze ich regelmäßig, wie oben erwähnt, um ein Klinge am Ende eines Arbeitstages schnell wieder auf Schärfe zu bringen.


    MfG, IronDice

  • wodan84 Also grundsätzlich gibt es zwei Standards bzgl. Schleifmedien, den europäischen FEPA und den japanischen JIS. Dazu gibt es Tabellen im Netz die die Körnungen gegenüberstellen, JIS arbeitet mir höheren Zahlen bei gleicher Körnung. Bei den DMT ist 1200 nach FEPA gemeint denke ich, und das reicht für eine gute Rasurschärfe (vor allem mit einem Leder) absolut. Alles drüber raus is zum Spaß :D


    Iron Dice sowas mach ich mir definitiv auch, sobald ich genug Platz hab. Eigentlich bin ich auch Schneidenwinkelfanatiker (ganz entgegen dem freihändig Schleifen) und da passt sowas ideal.


    Grüße, Smokehead 8)

    suck less.

  • Ich muss IronDice zu 110% Recht geben!


    Ich muss sagen i bin noch nie mit einem diese Schleifwerkzeuge glücklich geworden!
    Für mich kommt immer nur ein Wasserstein in Frage; was hald die meisten Leute wirklich nicht berücksichtigen ist dass Handschleifen schon sehr viel Übung bedarf, und ein gutes Auge für die zu schleifende Klinge, und auch die Option wie ich das Messer über den Stein ziehe ist Messer bedingt.
    Ich habe kein 2 Messer in meinem Sortiment welche ich im gleichen Stil schleife (vom Bewegungsablauf her, nicht vom Winkel); Auch der Stahl ist immer Ausschlaggeben wie ich schleife.
    (Ich weis dass sich das ein bisschen dubios lesen wird, aber ich kanns nicht anders erklären)



    Ps: bei den meisten Messern, welche ich ERWORBEN habe, ist kein gleichmäßiger Winkel über die ganze Klinge ersichtlich, wodurch das Schleifen auf einem Stein erheblich mehr sinn macht! Ich kann mich Manuell einfach besser auf das Messer einlassen/stellen!

    Have you my go-stop over-meadow’d?.

  • Tach auch,


    Neodym: Wenn ich 2 gleiche Magnete übereinder lege, verstärkt sich dann die Magnetwirkung?


    Auf http://www.supermagnete.de steht dazu:


    "Ja, aber nur bei genügend flachen Scheibenmagneten.
    Beim Stapeln gilt: Der Magnetstapel sollte maximal halb so hoch werden wie der Durchmesser eines einzelnen Scheibenmagneten.
    Bis zu dieser Höhe multipliziert sich die Haftkraft mit jedem zusätzlichen Magneten, danach nimmt der Kraftzuwachs laufend ab. "


    MfG, IronDice

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