Edit: Zugehöriges Video:
Sooo, einige kennen vielleicht die Marke Ruike, die sich letztes Jahr klammheimlich auf den deutschen Markt gedrängt hat und durch gut verarbeitete und vor allem kostengünstige Folder (und später auch Fixed) auf sich Aufmerksam gemacht hat.
Ruike ist der Messerzweig des eher für Taschenlampen bekannten (chinesischen? japanischen? irgendwas asiatisches auf jeden Fall) Fenix, welcher laut Homepage im jahr 2004 gegründet wurde. Ruike stellt Messer aber laut Verpackung schon seit 1998 her. Bzw "produced", wie immer das auch zu interpretieren ist.
Wer schonmal ein Ruike Messer neben ein Sanrenmu, Real Steel oder ähnliches Chinamesser gelegt hat, wird erkannt haben, dass da durchaus eine Verwandschaft besteht. Die Taschenclips sind sich doch zu ähnlich, als dass da unterschiedliche Firmen zufällig dieselbe Taschenclipstanzundbiegmaschine genau gleich programmiert haben. Ich schieß jetzt mal ins blaue und behaupte, Ruike Messer laufen vom selben Band wie die oben genannten. Was keinen Nachteil darstellt, da die Qualität DIESER Hersteller durchaus in Ordnung ist. Was auch für Ruike Messer gilt.
Nundenn, mein erster Folder war ein Ruike P801 welches ich kurzerhand 42a konform machte. Mein Interesse an dieser Marke begann zu wachsen und so tat ich das, was alle coolen Kids heutzutage machen, wenn sie sich für eine Firma interessieren: Sie folgen ihr auf Instagram. (mein eigener Account ist btw. edcgermany, wenn diese kleine Eigenwerbung gestattet ist )
Dort stieß ich zum ersten mal auf ein Bild, das mich aufhorchen bzw. -schauen lies: Ein Zweihandfolder. Verriegelbar. Mit Deep Carry Clip. Und vernünftigem Stahl. Das Ruike P848-B.
Cool, dachte ich mir. Wenn das nach Deutschland kommt, dann hol ich's mir. Und wartete.
...und wartete...
...und wartete...
...und fragte schließlich mal nach.
Joah, als RUI verklagt RUIke, weil RUIke so ähnlich heißt wie RUI. Ausgerechnet RUI, deren Messer ja schon immer ein, wie man auf schwäbisch sagt "Gschmäckle" haben, da sie der einen oder anderen Marke schon etwas zu sehr "respektvoll nachempfunden" sind. Das gipfelte anscheinend darin, dass der deutsche Zoll auf der IWA den Ruike-Stand geschlossen hat (hab ich gehört, war nicht dabei). Tatsache war: Ruike darf in Deutschland erstmal nichts verkaufen, bis dieser Rechtsstreit geklärt ist.
So, und wie komm ich jetzt an mein Messer?
Wir leben in der EU. Und obwohl ich am liebsten bei Basti kaufe (Grüße gehn raus!) musste ich mich dieses mal tatsächlich bei der holländischen Konkurrenz bemühen, deren .de-Auftritt das Messer nicht führt, der .com-Auftritt aber schon. Also hatten sie es. Und jetzt hab ich es. Ganz legal in Holland erworben.
So, also, schaun wir uns das Dingens mal an. Zunächst die Fakten:
Gesamtlänge: 202mm
Klingenlänge: 84mm
Klingendicke: 3,1 mm
Gewicht 104 g
Klingenstahl: 14C28N
Griffschalen: G10 mit blau anodisierten Linern.
Verschluss: Linerlock
Mein erster Gedanke: hui, das ist aber schick. Schlanke, elegante Linie. Rasiermesserscharf. Butterweicher Klingengang. (sorry, nur blöde Handyfotos)
Und obwohl sich der Nagelhau sehr nah an der Klingenwurzel befindet, wodurch ein eher ungünstiger Hebel entsteht, lässt sich die Klinge durch das Kugellager (eigentlich ein Rollenlager) super gut anheben. Der Detent ist stark, erstaunlich stark, aber trotzdem gut zu überwinden.
Der Liner rastet mit einem satten "Klack" ein, und steht so knapp im ersten Drittel der Wurzel, also alles OK. Die Klinge steht mittig, ist leicht unsymetrisch angeschliffen aber das hab ich nach dem ersten nachschleifen schon wieder raus.
Was mir als nächstes aufgefallen ist, waren die herausstehenden Liner. Ja, richtig gelesen, die G10-Griffschalen schließen NICHT bündig zu den Linern ab. Ich hielt das zunächst für einen Fabrikationsfehler, allerdings habe ich dann feststellen dürfen, dass dieser Sachverhalt rund ums ganze Messer ging. Das ist also gewollt. Überall am ganzen Griff stehen die Liner nen guten halben Milimeter über. Ob es da bei längeren Arbeiten zu Druckstellen kommen kann vermag ich noch nicht zu beurteilen, aber in einem haben sie recht: Sieht schon cool aus.
Die Griffschalen sind mit Torx verschraubt, die Schraubenköpfe sind leicht versenkt, stehen aber noch ein bisschen heraus. Ist aber nicht schlimm. Der Clip ist deep carry. Das mag ich.
Die Klinge hat so nen Art Sabregrind, also so ne Mischung aus Skandi und Flachschliff. Macht die Klinge zugleich stabil und schneidfreudig. Zumindest in der Theorie. Praxistest steht noch aus.
Der 14C28N ist ein bekannter Stahl. Ich hab einige Messer mit diesem Stahl (von den oben genannten Herstellern), der ist in Ordnung, ich krieg den gut auf Rasurschärfe und die hält der Stahl auch einige Zeit. Für unter 50€ ist das OK.
Fazit: Ein verriegelnder, 42akonformer Zweihandfolder mit Deep-Carry-Clip für unter 50€ zu diesem Preis: Zugreifen!!! Im Ernst, der erste Eindruck ist ein sehr guter, jetzt wird das Ding erstmal ne zeitlang getragen und geguckt wie es sich im Alltag so schlägt.
Man kann nur hoffen, dass Ruike diesen Rechtsstreit bald beilegen kann, damit dieses tolle Messer auch ohne Umwege den Weg in deutsche Hosentaschen findet. Weil: Hier ist der Markt für diese Art Folder. Hier sind die dankbaren Abnehmer. Und wer weiß, vielleicht gibt es dann auch andere Hersteller, die nachziehen...?
Auf jeden Fall ein wirklich sehr gutes Messer zu einem fairen Preis. Kaufempfehlung!