Beim Yurco Pocket bin ich in der Erprobung nun ein wenig anders vorgegangen als bei einigen anderen Testmessern: Kein „schneller“ Test-Parcours, nur sehr wenige ausschließlich zu Erprobungs- und Darstellungszwecken ausgewählte Aufgaben, dafür nun über den Zeitraum von 2 Monaten eine annähernd tagtägliche Erprobung im Alltag unter aufmerksamer Beobachtung der Leistung von Messer, Scheide, Tragevorrichtung und eine Anwendung zu allen sinnvollen in dieser Zeit tatsächlich anfallenden Schneidaufgaben.
Das Messer war mir schon sehr früh bei den Herbst-Vorstellungen von Böker aufgefallen und hat offenbar einiges an Interesse geweckt, nicht nur bei mir, ebenso vielleicht auch schon die bisherigen „Zwischen-Berichte“ aus der laufenden Erprobung. Dazu mag auch die Kombination mit dem ausgezeichneten Ulticlip als Tragevorrichtung beigetragen haben, die zusammen bislang ca. 7T Zugriffe lassen jedenfalls darauf schließen. Und – ohne allzu sehr vorgreifen zu wollen – beide haben dieses Interesse absolut „verdient“.
So grundsätzliche Ausführungen wie beim Böker/Burnley „Cub“ über 440C oder auch sein Kobalt-Brüderchen Böhler N690, die ausgezeichnete Solinger WB bei diesen Stählen oder auch D2 erspare ich Euch und mir in der Wiederholung, ebenso die Ausführungen über Schneiden-Stabilität „trotz“ Hohlschliff, ich hab zwischendurch dazu noch mal geschrieben und auch das für Schusch und andere Hohlschliff-Verächter „unvermeidliche“ Bild einer ohne Ausbrüche (…oder „Chips und Dents“, manchmal fehlt mir BFG….) aufgeschnittenen stabilen Weißblechdose beigefügt. M i c h überzeugen Material und Klingengeometrie jedenfalls wieder einmal.
Die Erprobung im Alltag war umfangreich, das Messer war beinahe täglich zumindest als Zweitmesser dabei, und ich habe gezielt alles auch mal damit gemacht. Es war im Dienst sowohl im Einsatz als auch am Konferenztisch dabei, privat sowohl bei Einkaufstouren im urbanen Umfeld als auch (dort in jedem Fall als Zweitmesser) beim Wandern in Wald und Schnee.
Ich habe, um das vorauszuschicken, KEINE Schneidaufgabe erledigen müssen, die im Rahmen einer „Durchschnittsverwendung“ gelegen hätte und mit dem Messer – für m i c h - unbequem zu erledigen gewesen wäre.
Bei mir hat es auch Brödel geschnitten und geschmiert, in der Küche Gemüse und einen Teil des in der Zeit vermutlich verbrauchten halben Zentners Knoblauch geschnitten, all das nicht irgendwie „gezwungenermaßen“, sondern durchaus organisch und bequem. EINE Einschränkung hab ich festgestellt: Als Tafelmesser ist mir etwas mit einem herkömmlichen Griff lieber….Brotzeit geht gut, fürs Steak ist mir ein alter CS-Spike oder z.B. auch das Cub aber einfach subjektiv lieber, obwohl das Yurco auch das kann / könnte…
So kommt es dabei eher nicht auf den Wirtshaus-Tisch (ich hab, wie gesagt und eh bekannt, ja ohnehin meist noch eine „Alternative“ am Mann….), führt aber dort auch nicht zu Aufsehen: Das Messer ist ja nur moderat groß und wirkt offenbar nicht auf Außenstehende wie ein „böses Kampfmesser“, die Sheeple-Freundlichkeit vergleiche ich nach meiner Erfahrung mit der z.B. eines klassischen Zweihand-Folders.
Der Griff – gar nicht mal so viel kürzer als bei anderen Kompaktmodellen – ist dabei schon „besonders“, er ist ja gezielt dazu gestaltet, das Messer in der Hosentasche gut tragen und an diesem Griff dort gut erfassen und ziehen zu können und durch seine Form auch nicht allzu sehr nach oben aus der Tasche zu ragen. All das gewährleistet er sehr gut.
Aber wie andere Formen außerhalb des Mainstream spaltet er, das zeigt sich sicher nun auch im Passaround, absehbar die Geister…..wie z.B. auch Ringmesser-Griffe oder die ultraschlanken Griffe der alten CS-Spikes, die dem einen Gänsehaut und dem anderen Wonneschauer verursachen….oder Modern-Tanto-EDC, die den einen erfahrenen Anwender schon beim ersten Brötchen nerven, den anderen jahrelang als EDC begleiten.
Wie gesagt: Ich hab nichts gefunden, bei dem diese spezielle Form für m i c h unbequem gewesen wäre, und ich habe auch deutlich mehr nicht nur mögliche, sondern auch sinnvoll-bequeme Handhaltungen gefunden als der eine oder andere sonstige bisherige Berichterstatter.
Ein Jimping auf dem Klingenrücken würde mir da – wie anderen Berichterstattern – schon gut gefallen; denn das Messer lädt ganz außerordentlich dazu ein, entweder den Daumen im „Säbelgriff“ oben aufzulegen oder den Zeigefinger ähnlich wie in der jagdlichen Sharpfinger-Anwendung. Hübscher wärs auch noch.
Ich finde auch, daß die Konzeption des Messers als Taschenmesser-Alternative aufgeht. Es verschwindet bedarfsweise komplett in meinen Cargo-Hosentaschen, dann unten angebunden mit Static Cord am Taschenboden, die Klinge entspricht einem „normalgroßen“ Folder. Man hat das Messer aber deutlich schneller einsatzbereit als einen Zweihänder, und beim Wandern im Winter ist mir auch der Vorteil sehr bewußt geworden, nicht mit dicken Winterhandschuhen ein Buck 110 auffalten zu müssen, sondern das Yurco gut in die Hand zu bekommen….und dann gabs draußen im Schnee erst mal ein Scheibchen Speck
Man kann da wohl nur raten, das Messer vorher mal irgendwo probeweise in die Hand zu nehmen…fühlt die sich wohl mit dem krummen Knubbel am Handballen und dem Finger in der tiefen Zeigefingermulde, dann: Press Order-Button!
Ich hab viele nicht nur mögliche, sondern auch sinnvolle Tragepositionen gefunden und Euch zwischenzeitlich immer wieder mal präsentiert, dazu trägt natürlich wesentlich auch die Kombi mit dem Ulticlip bei. Wenn die Verdienste des Yurco Pocket „nur“ darin liegen würden, den Ulticlip bekannt zu machen, würden sie das Messer schon vor vielen Mitbewerbern auszeichnen…
Getragen wurde es bei mir z.B. mit dem Clip am Taschensaum innen in der Tasche, außen an der Tasche, hinter oder am Hosengürtel, im Hosenbund, in der Jacken-Innentasche oder in der Jacken-Hüfttasche beim Winter-Wandern, ja selbst wie das Spartan Enyo auf der Haix-Zunge. Das alles geht wirklich SEHR gut, der Ulticlip und die flache Scheide und die flache Messer-Bauweise ergeben da schier unendliche Möglichkeiten.
EINEN Kritikpunkt zur Scheide teile ich dabei: Die hätte am Mund ein w e n i g aufgeweitet sein können, dann müßte man sich beim Zurückstecken nicht ganz so konzentrieren….
Insgesamt ist beim Durchschnitts-Anwender (falls er mit der Griffgestaltung eben „warm wird“) das Messer m.E. sehr gut in der Lage, auch als Solospieler alle anfallenden Alltags-Schneidarbeiten nicht nur „irgendwie“ zu erledigen, sondern sinnvoll und beqeum, die spezielle Form, die Scheide und das Tragesystem sorgen dabei für eine ausgezeichnete und variable Mitführbarkeit. Für Leute mit meinen Vorlieben ist das Messer eher kein Solist, aber ein sehr interessantes Teammitglied. Es soll nicht JEDES Fixed ersetzen, sondern eher eine Alternative zu Zweihändern darstellen, meinetwegen auch zu anderen Fixed der Kompakt-Klasse.
Es ist kein Messer für jeden Anwender, nicht so „allgemeingültig“ wie meinetwegen ein WM1, ein Izula oder ein Spartan Enyo.
Aber wenn man mit dem Griffkonzept klarkommt, ist es ein sehr praktisches und interessantes Messer – und das zu einem wirklich erträglichen Preis, der zum Ausprobieren ebenfalls einlädt.
Es hat mich an die Ulticlips herangeführt, die bei mir nun an diversen kleineren Messern verbaut sind und für mich ein ausgezeichnetes und sehr variables Befestigungssystem darstellen.
Das Yurco Pocket Knife wird, schon wegen künftiger Erprobungen wiederum anderer Messer und auch wegen des Bestands mit glücklicherweise diversen weiteren sehr guten kompakten Fixed, künftig dann nicht mehr so gut wie jeden Tag als EDC dabei sein – aber sicher noch oft und gern!
Danke, Marc, für die Gelegenheit, das Messer so gut kennenzulernen und zu erproben!