Hinweis: Das Viper Gianghi wurde mir von der Firma Lamnia kostenlos für diesen Test zur Verfügung gestellt. Für diese Unterstützung möchte ich mich herzlich bedanken!
Aus Bella Italia kommt eine Vielfalt erstklassiger Produkte. Marken wie Ferrari, Barilla und Prada sind jedem bekannt und ihre Erzeugnisse sehr beliebt. Doch wie siehts auf der Halbinsel mit den von uns geliebten Messern aus? Bewegen die sich ebenfalls auf Spitzenniveau?
Nachdem ich in den letzten Jahren einige vielversprechende italienische Modelle auf dem Schirm hatte, ist es nun das neue Viper Gianghi geworden, anhand dessen ich mir exemplarisch ein Bild der aktuellen italienischen Qualität machen durfte.
Angelockt wurde ich dabei vom außergewöhnlichen Design des Gianghis, das von einem Herren namens Fabrizio Silvestrelli entwickelt wurde. Ich kann nicht genau festmachen, woran es liegt aber für mich hat das Messer etwas von einem Custom. Natürlich ist es ein Serienmesser und vermutlich größtenteils maschinell hergestellt - was ich zumindest trotz des Aufdrucks “hande made” unterstelle. Es sind vielmehr die geschwungenen und eleganten Formen des Griffs und der Klinge, die man in industriell gefertigten Messern so selten findet.
Als Liebhaber von Canvas-Micarta und N690 ist die Materialwahl natürlich ein home run für mich. M390 oder ähnliche High End Stähle hätten mir auch gut gefallen. Oder zur Abwechslung mal was rostendes. N690 ist aber bei Italienern zu einem Dauerbrenner geworden und letztlich auch eine solide Wahl, die den Preis in einem vernünftigen Rahmen hält. Als rostfreier Allrounder hat er im Übrigen in der Vergangenheit in unzähligen Modellen diverse Hersteller seine Fähigkeiten unter Beweis gestellt.
Wer die Ausführung der Griffschalen, die übrigens in vernünftiger Stärke gewählt wurden, klassischer bevorzugt, kann auf eine Version mit Oliven- oder Bocote-Holz zurückgreifen, die optisch ebenfalls zu gefallen wissen. Sie lassen das Messer noch edler wirken. Wer sich für Holz entscheidet erhält das Messer übrigens satiniert, während die Micarta Version mit einer Klinge im stonewash look ausgeliefert wird. Bei der Scheide wird es Freunden von Plaste & Kydex wurmen, denn es steht nur Leder zur Auswahl. Mir gefällt die Scheide, auch wenn sie in einem dunkleren braun noch besser gepasst hätte und das Nahtbild auf der Rückseite Platz für Verbesserungen bietet.
Kommen wir aber auf die inneren Werte dieses “Schneidteufels” zu sprechen. Die Klinge des Gianghi wurde mit einem Flachschliff versehen der sich mehr oder weniger von Schneide bis zum Rücken durchzieht. Das, sowie eine halbwegs fein ausgeschliffene Schneide, machen das Messer wenig überraschend sehr schneidfreudig und vielseitig einsetzbar.
Beim Gianghi beeindruckt die Vielzahl verschiedener Schliffe und Kantenbrüche. Häufig wurde der Stahl auch abgerundet, was mir persönlich immer gut gefällt, da es unangenehmen Einschnitten in die Haut vorbeugt und irgendwie edler aussieht. Sämtliche Schliffe und Fräsungen scheinen auf beiden Seiten des Griffs bzw. der Klinge absolut identisch zu sein. Selbst wenn heute viele Messer aus CNC Fräsen purzeln und die Präzision oftmals beeindruckend ist, setzt das Viper für mich neue Maßstäbe. Das mag subjektives empfinden sein, doch ich konnte bisher keine einzige Asymmetrie oder sonst einen Verarbeitungsmangel feststellen. Bis in die kleinste Nuance wurde hier Liebe zum Detail bewiesen. Ich habe bisher noch kein Messer von Chris Reeve begutachten dürfen und mein Fokus liegt seit jeher auf reinen Gebrauchsmessern. Ich kann mir jedoch kaum vorstellen, dass man diese Genauigkeit noch wesentlich übertreffen kann, mit der das Gianghi aufwartet. Trotz meiner Liebe zu Solinger Messer; an Maniago kann sich so mancher Hersteller in Punkto Verarbeitungsqualität noch was abgucken. Und das besonders in Anbetracht des moderaten Preises dieses Exemplars. Vermutlich ist das auch der Grund, warum viele Messerfirmen (z.B. Cold Steel, DPX, Steel Will, etc) heute ihre Produkte in Italien fertigen lassen, sofern sie nicht gleich die Hose enger Schnallen und nach Fernost vergeben. Aber ich schweife ab.
Zur Form hatte ich bereits gesagt, dass sie mir sehr gut gefällt. Das ist auch tatsächlich der Fall, bis auf eine Kleinigkeit. Wer in der Vergangenheit das ein oder andere Review von mir gelesen hat, wird vielleicht wissen, dass ich verschenkten Platz im Bereich vor dem Ricasso hasse, wie der Teufel das Weihwasser. Choils, große Schleifkerben, etc. lassen meine Nackenhaare zu Berge steigen. Genau diese Aversion war es, die mich zweifeln ließ, ob das Gianghi mit seiner zu großen Schleifkerbe mein Ding sein würde. Tatsächlich komme ich im Gebrauch damit klar. Zugegeben ohne sie hätte ich Luftsprünge gemacht. Andererseits ist sie für mich im Umgang mit dem Messer zu verschmerzen. Von der Vorstellung eines perfekten Messer habe ich mich vor einigen Jahren schon verabschiedet. Kaum ein anderes Serienmesser hat mich bisher aber so weggehauen, wie das Viper Gianghi. In diesem Sinne wirklich Chapeau an die Jungs aus Maniago für die gebotene Leistung.
Über das Griffgefühl kann ich beim Gianghi ebenfalls nur positives berichten. Wie man sehen kann, bietet er meiner Hand (Handschuhgröße 9) viel Platz, weshalb er auch für Menschen mit größeren Händen noch gut in der Hand liegen dürfte. Die dem Griff vorgelagerte Daumenauflage ist für mich perfekt ausgeführt, da sie nicht aggressiv aber trotzdem griffig ist.
Zu guter Letzt weiß auch die Funktion des Gianghi zu überzeugen. Egal ob Schnitzen oder Essen zubereiten, beides geht locker von der Hand. Das Gianghi ist ein erstklassiges Werkzeug in einer attraktiven Verpackung. Durch seine kompakte Größe lässt es sich auch gut mitführen - egal ob am Gürtel oder im Daypack. Wem das Messer gefällt oder wer weitere Fakten darüber erfahren möchte, kann z.B. bei Lamnia vorbeischauen. Insofern kann ich dieses Modell von Viper als Allrounder jedem Messerfreund empehlen, der sich von dem Design angezogen fühlt und mit dem Gedanken spielt, sich das Gianghi zuzulegen.
Über eure Erfahrung mit dem Messer jetzt oder in der Zukunft würde ich mich freuen. Es gibt mir auch ein Feedback, ob sich meine subjektiven Eindrücke mit denen der Leser decken.