Sinnvolle Mindestgroesse für "anlassloses" Hatchet - Eure Erfahrungen?

  • Die Idee des "anlasslosen Beilchens" erobert (wie auch andere grandiose Micha-Visionen wie z.B. lässiges Camo-Tragen im urbanen Bereich :) ) derzeit offenbar die Welt....



    Sowohl der Aspekt nerven- und leistenschonend geringen Gewichts und entsprechend schlanker Maße im Rucksack als auch die Möglichkeit, so ein Werkzeug als universell-robusten Begleiter zu dort evtl. irgendwann nur noch zugelassenen Kastraten-Messern in Hochsicherheitszonen à la Pistorius zur Verfügung zu haben, findet ja offenbar nicht nur m e i n Interesse.


    Und im letzten Schwarzwaldurlaub hab ich bei den ganzen umgestürzten Bäumen dann auch gleich live erlebt, wie vorteilhaft es sein kann, ohne vorherigen Plan zu Baumfäll- oder Blockhauserrichtungs-Aktionen so ein kleines Gerät dabei zu haben, mit dem man dann z.B. fürs Übersteigen schnell mal störende Äste entfernen kann.
    Gezeigt hat sich auch, daß es dazu nicht immer gleich das relativ langstielige Fiskars sein muß.


    Also halte ich weiter die Augen offen nach kompakten Beilchen, die man wirklich ohne vorher schon bekannte Großeinsatz-Absichten einfach gewohnheitsmäßig in den Daypack aufnehmen kann, ohne den damit gleich komplett auszufüllen oder sich einen Bruch zu heben.
    Mit dem Gerber bin ich da schon sehr gut zurecht gekommen, bin aber froh, daß die aufgekommene Fachdiskussion mir noch einen Kandidaten beschert hat, den ich erproben werde:


    https://www.umarex.de/suche/compact+axe/5.0798.html


    Das schneidige kleine Gerät mit gerade mal 23 cm Länge (allerdings bei der Schneidenlänge eines Fiskars....) und auch nur 280 g Masse hat wie das Gerber ein dünnes Blatt, erfreulicherweise sogar aus 440C...


    Und es kommt im Direktvergleich wirklich dem Gedanken an "kann man einfach beipacken und dann zur Verfügung haben" sehr entgegen:



    Also werde ich es demnächst öfter mal mit hinaus nehmen und ausprobieren und Euch dann vorstellen.


    Primär natürlich im Wald, wo es für Arbeiten wie das erwähnte Astabschlagen oder Zurichten auch kleine Messer ergänzen soll, wie es das Gerber schon tut....Hier mal als Teampartner eines ETE Datu....




    Interessant wird da auch der Ansatz sein, das Messer z.B. zum Schaben oder Wiegen kurz zu fassen mit dem Zeigefinger in der Aussparung im Blatt und ähnlich eines Ulu zu verwenden.....So etwas ist keine ganz neue Idee, TOPS und Italiener haben das auch schon bei Modellen mit dünnem Blatt so gestaltet, und es ist spannend auszuprobieren.


    Und außerdem passt es eben auch schlank und diskret selbst dort an den Gürtel, wo evtl. künftig im Messerbereich nur noch Slippies hin dürfen und man für Gröberes sonst nichts zur Verfügung hätte....



    Ich freue mich auf die Erprobung und werde berichten :)

  • Ganz so einfach finde ich das nicht, Pätte....
    Das hängt zu sehr davon ab, welches Aufgabenspektrum der einzelne Anwender ganz konkret für das Tool festlegt und welche Größen- und Gewichtsgrenzen für das Tool dann gelten.


    Ich kenne ja seit vielen Jahren solche Diskussionen z.B. auch von Messern, Du sicher auch.
    Da gibt es Anwender, die ein Messer als Werkzeug für alles, einschließlich grobem Mißbrauch, einsetzbar sehen wollen, während andere ein reines Schneidwerkzeug suchen. Und Leute wie ich schleppen ein Juchten mit 8mm-Klinge und mit Scheide einem Pfund Gewicht bei einem Viereinhalbzöller sehr gern, während andere Schwereres als ein Mora für eine Zumutung halten und beim Trecking Löcher in ihre Zahnbürstenstiele bohren, um 5 g Gewicht zu sparen.
    Oder ich trage einen 350g-Viereinhalbzöller wie das große Fox Forest auch als EDC, während bei anderen im Folderbereich alles über 100 g als Schwergewicht ausscheidet...


    Bei diesen "Beilchen" ist jetzt hier die Aufgabenstellung eine "anlasslose" und möglichst auch "diskrete" Mitführbarkeit.


    Wir sind uns sicher einig, daß vernünftige Leute sowas wie das Fiskars oder das Estwing mit 35 cm Länge und zwischen 650 und 830 g Gewicht ausgewählt zu einer bereits vorher bekannten Aufgabe mitnehmen würden, die in "heftigeren" Holzarbeiten besteht. Aber wir sind uns sicher auch einig, daß beide Beile weit über der Größe und dem Gewicht liegen, das das Gros der Anwender wirklich OHNE diese Kenntnis bei jeder Tour an/in den Rucksack packen würde...


    Und beide größeren Beile sind auch zu groß, um sie z.B. - wie gewünscht - bedarfsweise auch mal "diskret" am Mann mitnehmen zu können.


    Also muß man schauen, was man an Aufgaben zu erledigen hat und was so ein Beil dann an Maßen und Masse mitbringen muß...und ggf. an anderen Eigenschaften.....und dann abwägen, ob man das tatsächlich "anlasslos" gewohnheitsmäßig in den Aussault Pack packt :)


    Mit dem Gerber habe ich aus Urlauben nun schon entsprechende Erfahrungen sammeln können.
    Zumindest für mich ist es SEHR nah an den Wunsch-Positionen von Maßen und Leistung. Aber auch das Gerber wiegt 520 g, es ist nicht wirklich länger als das Walther, aber breiter und nimmt mehr Platz und Masse in Anspruch.....Es mag Anwender geben, denen das zuviel ist oder die es gar nicht so schwer brauchen, weil sie ein anderes Aufgabenprofil haben, meinetwegen primär das angesprochene diskrete Mitführen im urbanen Bereich.


    NEIN; ich will jetzt hier nicht wieder die Diskussion aufkommen lassen, ob das sinnvoll ist, dazu habe ich mich positioniert und möchte diese Entscheidung SEHR gern jedem einzelnen Anwender überlassen und sie auch selbst treffen können :)


    Für das Walther wird die Erprobung im Schwerpunkt damit neben einer Bewertung der eigenen Gestaltungsdetails darauf hinauslaufen, wo Unterschiede zum Gerber vorliegen und wie sich die bemerkbar machen....

  • Mich interessiert das Thema seit kurzem auch. Mir ist persönlich schnell klar geworden, dass taktisch eben in sehr speziellen Parametern und "Gimmick" bedeutet. Ich würd für Holz und Alltagszeug aktuell immer ein kleines qualitatives Jagdbeil mit Holzstiel und geeignetem Schneidenprofil im Abmaß 30 cm +/- nehmen, das entweder einen Bart hat oder zumindest das hohe Greifen erlaubt. Wenns ganz schlank sein muss, so eine Backpacker-Variante wie Klecker ... gibts zum Schnüren glaub auch von TOPS. Aber so weit bin ich noch nicht vorangediegen. Und bekanntlich können sich Meinungen schnell ändern. Ist auf jeden Fall spannend, das auch von der Seite zu sehen.

    Die TF Sucht ist zu Ende!

  • Ich weiß um Deinen Ansatz Micha, und finde das auch wie gesagt Klasse, dass Du diese Vergleiche dazu hier machst! :thumbup:


    Ein oldschool-Beilchen daneben wäre noch gut, um den Vergleich etwas abzurunden.
    Das kleine Gränsfors würde sich da prima mit einfinden!

  • Das heißt ja auch nicht, daß meine langjährige Liebe zu großen Messern erloschen wäre, insbesondere eben gerade auch großen Field Knives, Camp Knives und Haumessern! :)


    Bei freier Wahl würde ich die immer noch vorziehen....




    Maße und Masse sind ja durchaus vergleichbar...Das MOD Pattern Survival Knife z.B. liegt längenmäßig ziemlich genau zwischen dem Estwing und dem Gerber, das Gewicht, so etwa 580 g, liegt ziemlich genau zwischen dem Gerber (520 g) und dem Fiskars (645 g)


    Und ich schätze das nostalgische Messer wirklich, das ja vor noch nicht so langer Zeit seinen Weg zu mir gefunden hat.
    Aber andere gehören zu meinen langjährigen Messer-Lieben und lassen sich ebenfalls gut vergleichen mit einer Länge von 38 cm (das Fiskars-Beil ist etwa 36 cm lang, das Estwing etwa 34) und Gewichten von etwa 500 g beim Becker BK-9 und knapp 600 g beim Marine Raider, zwei wunderbaren Messern....



    Aber diese Messer unterliegen eben den bekannten Beschränkungen, von denen man halten mag, was man will.


    Ich will hier auch nicht die sozusagen "unsterbliche" Diskussion nun auf einmal auflösen, ob nun das Camp Knife (mit dem ich weniger genau treffen muß und dessen Anwendung mir leichter fällt als die eines Beils, was aber eben ein "Einzelschicksal" ist :) ), oder das Konzept des alten "Nessmuk" Sears mit kleinem Messer plus Beil doch eher der Stein der Weisen wäre. Ich glaub ja, jeder Jeck ist anders :)


    Das "Gegenkonzept", das sich hier ggf. zeigt, ist also ein Beil, das ein kleineres, rechtlich nicht eingeschränktes Messer sinnvoll unterstützt, ob nun im Outdoor-Bereich oder als Ergänzung zu einem Slippie oder einem Kastraten-Fixed in den möglichen "Hochsicherheitsttrakten"...von denen man ebenfalls halten mag, was man will...Also so ne Art zwangsweiser Körting-"Nessmuk" :)


    Beim Gerber wäre das z.B. also eine "Kombo" mit dem Böker / CLB XS-OD, ob im Wald oder der Stadt, oder draußen eben auch mit 42a-konformen Fixed mit entsprechend längenmäßig sehr eingeschränkter Hack-Leistung wie hier beim Mercworx Golgotha...



    Und beim Walther wäre das z.B. eben die "Kombo" mit einem Slippie wie dem Cognet / Perrin Vende-Douk oder draußen mit Foldern wie dem Müller Linerlock - Zweihänder oder kleinen Fixed wie hier meinem Lieblings-Boot-Knife, dem Spartan Enyo...


  • Wirklich interessant, dieser mittlerweile sehr angewachsene Thread.


    Für anlassloses Hatchet bzw. wie groß eine Axt/ein Beil sein müssen/sollen/brauchen, was man mitnimmt, um überhaupt was dabeizuhaben, bevor man gar nix dabei hat, hab ich mir diese drei Kandidaten angeschafft.


    Und die sind meiner Ansicht nach, angesichts ihrer Daten, nicht zu unterschätzen.


    Beginnend mit dem kleinsten,


    FOX OUTDOOR REDROPE:
    420er-Stahl rostfrei, stonewash-black, 264g, 208mm lang, Blattbreite 91mm, Schneide 66mm, Dicke 5,5mm+Kordelwicklung, Sechskantaufnahme 9/12/16mm im Kopf, Nylonscheide mit großer Schlaufe und Druckknöpfen. Preis ca. 13,-€


    Das nächste,


    MTECH 11B:
    Stainless-Steel (3Cr13-8Cr13?) +schwarz beschichtet, 276g, 244mm lang, Bl.br. 110mm, Schneide 90mm, Dicke 3,5mm+Kunststoffschalen insg. 16mm, am Kopfende eine 11mm breite scharfe Keilschneide, Schaftrücken komplett geriffelt, Nylonscheide mit Schlaufe und Druckknopf. Preis ca. 20-25,-€


    Zuletzt das


    JEEP / (auch mit MTECH-Logo erhältlich):
    Stainless 4Cr13-Stahl + schwarz beschichtet, 644g, 275mm lang, Bl.br. 115mm, Schneide 93mm, Dicke am Kopfende 19mm (Hammerfläche), am Ende des Gummigriffs 29mm. Preis ca. 20-30,-€


    Alle drei Beile haben stabile Fulltangs.


    Das JEEP punktet mit seiner schieren Masse in Bezug auf seine, doch sehr angenehm mitzuführende, Größe.
    Seine massive Kopfform verjüngt sich vom hinteren Ende bis zum Beginn des Blattschliff, ab da glatt bis zur Schneide hin verjüngend (19mm-0mm, je nach Anschliff. Meines habe ich ca. 8mm breit sekundär nahezu rasiermesserscharf ausgeschliffen, da hat Holz beim Hacken nicht den Hauch einer Chance.


    Das mittlere des Trios, das MTECH 11B, hat eine, auch nicht zu unterschätzende, handliche Größe. Erstaunlich bei diesem die Effektivität beim Hacken, oder auch Schnitzen, was dem dünnen Beilkörper von nur etwa 3,5mm zu verdanken ist.
    Messerscharf ausgeschliffen.
    Beim V-Hacken dürfte auch hier das Holz so ziemlich das Nachsehen haben.


    Zu guter letzt das FOX REDROPE.
    Also wer mit einem Cold Steel 4-Max in der Buchs rumläuft, der hat dann auch sicher genug Platz für dieses Hosentaschen-Beil.
    Genauso fett wie ein Medford-Klopper, aber diese Massivität, unglaublich, wenn man das in Händen hält. Knapp 6mm massiver Stahl und ein bißchen Kordel.
    Also für „ich nehm nur das wirklich Allernötigste mit“ ist das Teil top. Vor einem 5cm-Ast braucht sich das Teil nicht verstecken.
    Die Primärfase beträgt ca. 15mm, danach ist auch dies messerscharf abgezogen, mit vorderem Griff also schneidende Arbeiten kein Problem. Mit den Sechskantaufnahmen zusätzlich ein brauchbares Werkzeug.


    Mein Favorit bisher: das JEEP. Mit dem hab ich schon Unterstände gebaut und Feuerholz ohne Ende gehackt.


    Die beiden kleineren: absolute Backups. Mitdabei haben, ohne zu merken, daß sie mit dabei sind.

  • Weiter mit der Erprobung des Walther…


    Wir erinnern uns an die Prämisse, daß bei absehbarer Erfordernis zu „größeren“ Holzarbeiten eher vernünftig sein wird, anlassbezogen etwas mit ausreichendem Impact und entsprechender Hackleistung mitzuführen.
    Die resultiert – neben den Eigenschaften der Schneide – vor allem aus der Kinetik, die sich aus der Masse des Tools (primär des Beilkopfes) und dem Schwung aus einem möglichst großen Schwung-Kreis ergibt, sprich: der Länge des Tools.
    Das sind Überlegungen, die wir genau so auch bei Hackmessern anstellen, bei denen die Hackleistung ganz wesentlich von der Klingengeometrie, aber eben auch der Klingenlänge und Vorderlast und der Masse der Klinge abhängt.
    Das macht ein „pummeliges“ noch relativ kompaktes Messer wie das MOD Pattern Survival Knife stark, weil da auch schon bei einer Länge von 12 Zoll durch die hohe, dicke Klinge vorn schon eine Menge Masse auftrifft – erst recht aber Messer wie das bauchige Marine Raider Bowie mit hoher Vorderlast und Masse..
    Will man Impact bei kompakter Länge, erhöht man die Vorderlast und möglichst die Masse, wie man das z.B. auch bei diversen Tracker-Knives umgesetzt hat…


    Und wir erinnern uns weiter, daß da durch die Vorgaben zu „anlasslosem“ Mitführen und den Grenzen von diskretem Gürtel-Tragen oder Beipacken in den Daypack eben irgendwo „Ende der Fahnenstange“ ist….


    Und ja, das limitiert die Leistung – vor allem, wenn man SOWOHL bei der Gesamtlänge als auch beim Gewicht, insbesondere beim Kopfgewicht und damit auch der Vorderlast, an sinnvolle Untergrenzen stößt.


    Im Wald fällt das weniger bei frischen weichen Ästen auf, in die eine dünne scharfe Schneide auch bei begrenzter Masse gut eindringt. Auch beim Spalten in Längsrichtung fällt es weniger auf, insbesondere wenn man – was man bei so einem Beilchen durchaus tun kann – nicht nur mit Eigenschwung arbeitet, sondern mit einem Schlagholz nachhilft wie bei einem Messer….


    Aber so richtig fällt es bei hartem trockenem Holz auf, wenn man es quer zerteilen will. Da ist Impact gefragt…..



    Bei den Versuchen war DIESE Anwendung wirklich befriedigend erst mit den beiden größeren Beilen zu lösen, am besten schlug (sich) dabei das Fiskars, das Estwing punktete durch die recht große Masse….


    Von den „anlasslosen“ Beilchen war da praktisch nur noch das Gerber so richtig im Rennen, das durch das große Blatt den Löwenanteil der Gesamtmasse von 520 g vorn hat und damit ein wenig die moderate Gesamtlänge ausgleicht.


    Steht auch so etwas an, würde ich mich nicht für das Walther entscheiden, sondern auf jeden Fall die Zusatzmasse des Gerber in Kauf nehmen, weil ich sie brauche….

  • Da zeigen sich also schon praktische Unterschiede, und wenn im angepeilt „anlasslosen“ Bereich von den vier Kandidaten eben erst mal nur Gerber und Walther in dieser Gruppe im Rennen bleiben, schauen wir uns mal genauer Gemeinsamkeiten und Unterschiede an:



    Längenmäßig sind beide Beile absolut vergleichbar im Bereich von 23-24 cm im Vergleich mit den 34-36 bei Fiskars und Estwing.


    Auch die Schneidenlänge ist mit ca. 80 mm (Walther) und ca. 90 mm (Gerber) durchaus vergleichbar und steht den größeren Mitbewerbern nicht nach, im Gegenteil.
    Mit dem Gerber mit seiner vergleichsweise längsten Schneide und seinem dünnen Blatt hab ich auch schon unterwegs Speck geschnitten. Das ließ sich gut schneiden, das war kein Hacken…




    Unterschiede sieht man auf dem gemeinsamen oberen Bild aber natürlich auch sofort trotz gleicher Länge:


    So ist das Walther insgesamt eben viel schlanker mit geringerer Masse und Vorderlast (280 zu 520 g). Und das ist natürlich ein fundamentaler Unterschied, der sich in der Leistung bei Outdoor-Arbeiten auch ausgedrückt hat….





    Während das Gerber mit seinem großen relativ dünnen Blatt einen Stahl-Erl hat, der in Kunststoff und Gummi eingebettet ist, ist das Blatt des Walther in einen Hartkunststoffgriff eingeschraubt, der entsprechend links und rechts oben am Kopf anliegt.


    Nun habe ich dem Walther keinen Schaden zugefügt und mag daher auch keine mangelnde Stabilität dieser Lösung mutmaßen, die ja bei meinem Fiskars ähnlich auch schon über Jahre hält und sich bewährt.


    Der Unterschied ist aber objektiv, daß das Gerber durch die Gummierung den Prellschlag besser dämpft. Und bedarfsweise kann man mit der flachen Seite des Blattes (also seitlich) auch mal auf hervorstehende Dinge wie Nägel schlagen und muß nicht die Hinterseite der Beile dafür wählen, die sehr schmal gehalten ist, wir werden darauf noch kommen…..
    Meine Zimmermanns-Qualitäten sind, gelinde gesagt, sehr bescheiden, und Nageleinschlag-Wettbewerbe zum Bier-Ausspielen habe ich wohlweislich früher immer gern vermieden….


    Mit der Seite des Walther kann man so etwas nicht machen, beim Gerber geht das.



    Einen weiteren Unterschied sieht man hier:







    Die Schneide des Walther ist tatsächlich hohlgeschliffen, während das dünne Blatt des Gerber eine flachgeschliffene Schneide aufweist.


    Für viele Beil-Anwender ist Hohlschliff bei einem Beil ein Ausschlußgrund.
    Dringt die Schneide in härteres Schneidgut ein, neigt ein Hohlschliff zum Verklemmen im Schneidgut, während gerade ein dünnes flachgeschliffenes Blatt besser durchs Schneidgut getrieben werden kann. Bei weicherem Schneidgut wirkt sich das nicht so negativ aus, hier kann Hohlschliff sogar die Schneid-/Trennleistung der Klinge fördern.
    Aber bei einem Allrounder und Outdoor-Tool finde ich das schon ein wenig überraschend und problematisch…

  • Ein weiterer vergleichender Blick zwischen Walther und Gerber, diesmal zu den Scheiden.
    Beide aus Cordura, durchaus stabil wirkend, nicht so ein dünnes Fludder-Zeugs.
    Warum ich mir die anschaue?
    Weil ich glaube, daß der Praxisnutzen solcher Tools nicht unwesentlich davon abhängt, ob man sie wirklich bequem und praktisch mitführen kann, wie bei Messern auch, bei denen ich der Scheide mindestens ein Drittel des Gesamt-Praxisnutzens zurechne.


    Bei Beilen mag das weniger sein, vor allem bei Mitführen im Rucksack. Da reicht vielen Herstellern ja ein oftmals rudimentärer bis primitiver Schneidenschutz. Aber wir erinnern uns: Die Dinger sollen bei unserem Anforderungsprofil eben auch ggf. außen an den Assault Pack, vor allem aber eben auch mal an den Gürtel, bestenfalls dabei auch „diskret“ unter der Feldbluse…Da wird die Beilscheide also schon wichtiger.




    Beim Gerber ein relativ breiter unterer Durchlass für den Stiel, beim Walther ist es hier zu eng, das gibt ärgerliches Gefummel ohne irgendeine fachliche Rechtfertigung. Beide Scheiden werden oben mit einer überdeckenden Lasche klettgesichert geschlossen, beide fest und zuverlässig.


    Während beim Gerber hinten zwei senkrechte Gürtelschlaufen und eine waagrechte Anhänge-Schlaufe verbaut sind, weist das Walther nur eine mittige Schlaufe auf.


    Das wirkt sich bei traditioneller Trageweise nicht so sehr aus, der Stiel pegelt das Tool aus, und ein wenig seitliche Bewegungsfreiheit ist wegen des nach unten ragenden Stiels da auch gar nicht falsch.
    Aber man kanns ja auch für diskretes Tragen ganz anders machen und so ein Beilchen mit dem Stiel nach oben an den Gürtel machen und dann nach unten herausnehmen, was den Vorteil hat, daß unten kein Stiel unter der Feldbluse oder West oder Joppe hervorlugt. Meine Messer trage ich seit vielen Jahren oft so und habs hier schon häufig gezeigt….


    DAS ginge mit zwei Schlaufen natürlich deutlich besser, da kippelt nichts oder legt sich dann in den Grenzen einer Schlaufe schräg.
    Das alles jetzt als Überlegungen im Anwendungsbereich eines Outdoor-Begleiters….


    Wo es in den urbanen Bereich geht, drängt sich natürlich der Gedanke an eine nach unten oder nach hinten öffnende Hartscheide auf…Ohne ins Detail gehen zu wollen, wird sich jeder Anwendungssituationen vorstellen können, in denen es sehr vorteilhaft sein kann, das definiert am Gürtel oder z.B. natürlich auch im Auto befestigte Tool schnell, sicher und ohne kompliziertes Gehampel einfach abziehen und einsetzen zu können, z.B. eben auch in Rettungs-Situationen…..


    Zusammenfassend: Walther liefert da eine für die „Normalanwendung“ brauchbare Scheide mit, die aber zu Stiel-Durchlass und Befestigungsoptionen schon noch Luft nach oben hat….

  • Schauen wir mal abseits vom Direktvergleich auch noch auf ein paar Gestaltungsdetails des Walther….




    Zwei mir aufgefallene Bereiche sieht man hier gut:
    Die Hinterseite und die Durchbrechung im Blatt, durch die man das Beilchen Ulu-artig führen können soll.


    Fangen wir mit dem einfacheren Teil an, der „Schlagfläche“….oder was auch immer.



    Es ist natürlich ein Problem, eine Hammerfläche aus der Hinterseite an einem Flachstahl-Stück zu gestalten – wie kriegt man das breit genug für einen tauglichen Hammerkopf?


    Nun, etwas links und rechts anzuschrauben würde gehen…..


    So wie jetzt hat man jedenfalls etwas, das unerfreulich wenig Breite fürs Hämmern aufweist (sozusagen was für den Sniper-Zimmermann….), andererseits aber zu breit zum Schrauben oder Hebeln ist….
    Denn das wäre ja eine Alternative gewesen: Meißelförmig abflachen, um dann eine schöne Hebelkante zu haben oder ggf. etwas für große Schlitzschrauben, gar nicht mal uninteressant wegen der hohen Kraftwirkung des dann um 90 Grad winkligen Stiels….
    Und mit der Flachseite kann man, wie oben ausgeführt, eben auch nicht hämmern wie beim Gerber.
    Für mich irgendwie verschenktes Potenzial…



    Kommen wir zu dem Durchbruch im Blatt, in den man mit dem Finger fassen und dann die Schneide frontal nach vorn bewegen kann wie bei einem Ulu oder einem Schaber. Das gabs schon bei einigen Mitbewerbern, u.a. TOPS (da hieß das Outfitters Axe…) Andere Hersteller ziehen die Schneide nach unten, so daß man zwischen Schneide und Stiel ebenfalls gut hinter die Schneide fassen und diese linear nach vorn treiben kann, wie z.B. bei Viper aus Italien oder dem Toma-Hook von Despins…..




    Macht man da aber ein Loch ins Blatt, sollte das schon groß genug sein, um erstens mit dem Finger bei geschlossener Handhaltung gut durchfassen zu können, zweitens sollte der „Steg“ zwischen dem Loch und dem Bereich unter dem Blatt, wo man dann den Mittelfinger hält, nicht übermäßig breit sein, damit es nicht in der Anwendung schnell unbequem wird…


    Richtig gelungen finde ich das bei Walther nicht….




    Der untere Steg ist zu breit für mich, das wird schnell unbequem.


    Vor allem, weil das Loch ziemlich schmal ist und selbst den Zeigefinger meiner bekanntermaßen ziemlich kleinen Hand kaum ganz durchlassen will und dann sofort seitlich drückt….


    Handschuhe „gehen“ da eh nicht, und ohne wird Schaben und Anspitzen so dann ziemlich unbequem.


    Durch mehr Breite des Lochs hätte man gleichzeitig den unteren Steg schmaler bekommen…


    Auch eine für mich naheliegende Überlegung wäre es gewesen, so einen Durchbruch nicht gleichmäßig oval zu gestalten, sondern wie einen Schäkelöffner, also nach vorn enger zulaufend. Das hätte den Nutzen erhöht.


    Und ganz ehrlich: Wenn man eh sieht, daß so ein gerade mal gut halbpfündiges Tool „Luft nach oben“ hat, müßte man ggf. über eine moderate Vergrößerung des Blatts nachdenken, wenn man so einen Schäkelöffner sonst nicht unterbringt.


    So, wie es jetzt gestaltet ist, kann man jedenfalls weniger gut hebeln, nicht schrauben und nur mit Beschwernissen schaben, wenn man nicht gerade elegante Mädels-Finger hat…Kein Nagel-Auszieher, keine schmale Schraub- oder Hebelkante, kein Schäkelöffner oder Schraub-Öffnungen….Wenn man da schon was wunderbar Griffiges und Schlankes anbieten wollte, mit dem man eben eher keine Bäume fällt, wäre doch ein wenig mehr durch bessere Vielseitigkeit aufzufangen gewesen…


    Eine Randerscheinung noch:
    Das Griffende gefällt mir nicht so recht, da wäre ein geschlossener Abschluß mehr nach meinem Gusto gewesen:



  • Wo punktet das Walther?


    Meine Präferenz für das Gerber im Outdoorbereich dürfte erkennbar geworden sein.
    Aber das ist eben auch dem Umstand geschuldet, daß ich gern freiwillig ein Pfund Messer und ein Pfund Beil trage und beim Wandern mit einem Assault Pack unterwegs bin, in den das Gerber wunderbar passt….


    Wer aber mit extrem leichtem Gepäck unterwegs ist, kleinen Gürteltaschen usw., der muß anders bewerten und für sich selbst entscheiden, ob er „anlasslos“ mehr können will, als das schlanke und eben sehr leichte Walther hergibt. Zahnbürstenstielbohrer sowieso….Selbst im Viereinhalbzöller-Wandermesser-Bereich sind ja welche von meinen Messern schon schwerer als der kleine Spalter…


    Bei dem geringen Gewicht ist die Handlage wirklich gut, wenn man im Normalgriff damit umgeht. Das Walther ist maximal führig und läßt sich ohne Leistenzerrung immer mitführen, und das vor allem auch bedarfsweise diskret, denn das schlanke Gerät läßt sich ebenso verdeckt mitführen (z.B. um andere Wandersleut nicht zu erschrecken…..) wie ein normales Wandermesser.


    Und da sind wir eben auch in dem anderen Teil des am Anfang mal angedachten Anwendungsprofils: Mitführen im eher urbanen Bereich als Ergänzung der dort ansonsten noch zulässigen Tools.
    Und DA punktet das Walther. Keine längeren Holzarbeiten, größere Bedeutung diskreter Mitführbarkeit auch „am Mann“, schnelle wendige Einsatzmöglichkeiten für Rettungsarbeiten, Kleinmachen von Verpackung und sonstigen eher urbanen Jobs.


    Auf bestimmte Anwendungsmöglichkeiten, die man allerdings mit jedem ähnlichen Werkzeug oder sonstigen Alltagsgegenstand hat und die aus dem Beilchen keine „böse Waffe“ machen!, will ich hier nicht im Detail eingehen. Wo ich die Verwendung ALLER Alltagsgegenstände in diesem Bereich unterrichte, würde es jedenfalls keine schlechte Figur machen in seiner Nützlichkeit, NICHT seiner Zweckbestimmung!


    Das Ding sieht Walther-typisch „tactical“ aus (für den Wald hätte ich mir das Gesamtpaket eh viel eher in Olivgrün gewünscht….), und da hat es auch eher seine Stärken.
    Allerdings muß man dann darauf schauen, ggf. in einer Fortentwicklung dieses Modells dann auch die gerade dann bedeutsame Vielseitigkeit zu verbessern (siehe oben) in Richtung Schrauben, Hebeln, Stemmen. Dann macht es im Auto oder auch im eher urbanen Day-Pack noch mehr Sinn.

    Einmal editiert, zuletzt von Micha M. ()

  • Und damit sind wir zum Walther auch schon in der Zusammenfassung:


    Wer ein „anlassloses Beilchen“ für den Wald sucht und KEIN Zahnbürstenlochbohrer ist und Platz und Kraft genug hat, ggf. auch ein Pfund anlasslos einzupacken, dem rate ich im Direktvergleich eher zum Gerber. Ultraleicht-Trekker oder Freunde des verdeckten Tragens auch beim Wandern sollten aber einen genaueren Blick auch auf das Walther wagen und schauen, ob das dann – gewichts- und größengeschuldet – eben noch genug für ihn kann.


    Spannender wird das Walther, je mehr der Schwerpunkt in den urbanen und den verdeckten Bereich geht und eher kein Hartholz als Ziel zu erwarten ist. Da punktet es mit seiner gut verdeckt und unbelastend mitführbaren Schlankheit und Führigkeit. In dem Bereich könnte man nun noch viel mehr ausführen, darauf verzichte ich aber in diesen hysterischen Zeiten und fühle mich auch so im Potenzial verstanden, ohne eine Zweckbestimmung damit andeuten oder gar unterstellen zu wollen! Das ist ein Tool.


    Einige Punkte an dem Beilchen haben mich nicht recht überzeugen können, in den Gestaltungsdetails sehe ich Spielraum für Verbesserungen.


    Ich selbst werde im Wald beim Gerber bleiben, solange ich nicht anlassbezogen eines der schwereren vierzehnzölligen Beile wähle. Das Walther bleibt aber im Bestand….fürs Handschuhfach, ggf. für den urbanen Day-Pack usw., wie ausgeführt.

    Einmal editiert, zuletzt von Micha M. ()

  • Ich hab zwar kein kleines Beil aber möchte mal ein interessantes Juchten zeigen, das vielleicht auch ein bisschen zur Idee des anlasslosen Führens bei gleichzeitig ausreichender Leistung passen könnte. Zwar nicht im Bezug auf Waffenverbotszonen, aber mMn zumindest im Bezug auf 42a.


    Es handelt sich um ein Messer mit ca. 10,5 cm langer Klinge und sehr langem Griff. Dadurch dürfte es bei der Hackleistung und Reichweite einem großen Fixed mit 27 cm Gesamtlänge kaum unterlegen sein. Ich hab es aber ehrlich gesagt ohne Hintergedanken gekauft sondern nur, weil es mal was anderes ist und mir das Design gefallen hat.


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  • Ja, das ist ein interessantes Konzept.
    Zumindest im 42a-Kontext ist das auf jeden Fall spannend.


    Und das Konzept "überlanger" Griffe, die ein kurzes Fassen für Messeranwendung und ein langes Fassen für Hiebe ermöglichen, ist ja durchaus nicht unerprobt.
    Messer wie die Tracker arbeiten konzeptionell damit, auch andere Messer wie z.B. das Mete von Mineral Mountain.


    Man bekommt mehr Impact durch verlängerten Schwungkreis - und hat z.B. für ein eher stemmendes Arbeiten oder das Durchdringen sehr widerstandsfähigen Schneidguts die Möglichkeit, den Griff mit beiden Händen zu fassen.

  • Upgrade für mein anlassloses Gerber, das sich nun wirklich prima an meine Rucksäcke schlaufen läßt:


    Hier am Assault Pack, rechts befestigt.




    Läßt sich in dieser Position auch bei getragenem Rucksack ziehen und sitzt sicher.
    Und wenns irgendwo eng und sperrig wird, verschwindet der Stiel unter dem unteren Riemen...


    Und am Gürtel läßt sich das Beil mit dieser Scheide sowohl traditionell tragen als auch "kopfunter", man dreht es dann bequem heraus. So läßt sich das Gerber diskret selbst unter kürzeren Jacken/Westen mitführen, ohne dass der Stiel unter dem Saum herausschauen würde...





    Perfekt gemacht, Chapeau!

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