Älteres, aber unbenutztes Messer mit "Krater" in der M390-Klinge. Woher kann der kommen? (Anschliff?)

  • meine Herren, das soll jetzt nicht in Streit ausarten.


    Zu dem Buch von Verhoeven kann ich sagen, das ist zwar "lockerer" geschrieben als die Edelstähle von Rapatz, ist aber kein Buch für "Dummies".
    Der Autor, Professor John D. Verhoeven, ist wie es aussieht, vermutlich derjenige , der über Stahl und Klingen mehr weiß als jeder andere Mensch. Nebenher hat er durch seine Forschungsarbeit, im Labor, im Stahlwerk, an Esse, Amboss und Tiegel die verloren gegangenen Geheimnisse des Wootzstahls wieder entdeckt.


    Bevor wir uns hier jetzt alle in Richtung gesteigerter Blutdruck vorarbeiten, würde ich vorschlagen, metallurgische Vorgänge mit zitierfähigen Textstellen zu belegen. Hier lesen nämlich nicht nur wir.


    Viele Grüße


    Roman

    panta rhei

  • Zu dem Buch von Professor John D. Verhoeven hat Juchten schon alles gesagt, danke dafür.


    Und abschließend zu der Chemie der Stähle, also auch dem 1.4021:
    Wir kaufen keinen Stahl ohne ein Zeugnis 3.1 oder 3.2 (die zu 100 % geprüft werden) gemäß EN 10204, da wird unter anderem die chemische Zusammensetzung angegeben. Wenn man höherwertige Stähle ohne Zeugnis kauft, sollte man sein Vorgehen überdenken.
    Zusätzlich machen wir an Vormaterial eine 100 % Prüfung mit OES oder XRF. Zumindest bei OES liegen wir extrem dicht bei den Zeugnisangaben.
    Ich weiß also sehr genau wie der Stahl, den wir verarbeiteten, zusammengesetzt ist.
    1.4021 kriegt man in der Praxis nur mit einem Cr Gehalt von über 12,5% wenn man im Werk eine Sonderschmelze fertigen lässt, was mit Mindestabnahmemengen im Bereich mehrerer Tonnen einhergeht, sehr lange Lieferzeiten mit sich bringt und im übrigen auch teuer ist.
    Mal wieder ein Nachtrag: Falls jemand eine Quelle für 1.4021 hat mit mehr als 12,5% Cr, Durchmesser 10 bis 14mm und einer Mindestabnahmemenge von max. 500 kg wäre ich dankbar.


    Anstatt Lunker hätte ich wohl besser Fehlstelle schreiben sollen.
    Und ja, die kommen in jedem Stahl vor, sonst hätte ich, wie bereits geschrieben, nicht immer wieder Ausfälle von Bauteilen bei der ZFP...


    Ich bin hier aber raus.

    3 Mal editiert, zuletzt von recurveman ()

  • Hier gibt es was zum Thema Korrosionsbeständigkeit:
    https://knifesteelnerds.com/20…est-corrosion-resistance/
    https://knifesteelnerds.com/20…gen-alloyed-knife-steels/


    Wenn man weis, das 204P/M390/20CV verschiedene Bezeichnungen für den gleichen Stahl sind gibt es hier noch unten auf der Seite ein Bild eines Testobjektes (1% saltwater spray corrosion test) und ein Diagramm mit 204P:


    https://knifesteelnerds.com/2019/11/01/crucible-s45vn-steel/
    https://knifesteelnerds.com/20…osion-resistance-testing/


    Auch hier ist eine Beurteilung verschiedener Stähle bezüglich Korrosionsbeständigkeit zu finden:
    https://www.bladehq.com/cat--Best-Knife-Steel-Guide--3368

    T.I.T.A.N. #0011

    2 Mal editiert, zuletzt von dark_star ()

  • War vielleicht etwas böse formuliert, aber bei meinem ehemaligen Chef gab es vielleicht eine Hand voll Bücher, die für gut befunden wurden. Alles andere durften wir garnicht als Quelle verwenden. Was irgendein einzelner Herr oder eine Kleingruppe in einem Buch zusammengefasst hat, bedeute ja nicht, dass es in jedem Punkt dem Stand der Dinge entspricht. Da sind sehr oft persönliche Einstellungen zu gewissen Themen, sachlich formuliert vom Hr. Prof. damit das auch als absolute Wahrheit wahrgenommen wird.


    Ich kennen den Herrn nicht, hatte aber jetzt ein Jahr das Vergnügen mit einem Schmied zusammenzuarbeiten, der sich zufälligerweise mit dem Thema Wootz auseinandergesetzt hat. Lässt sich derzeit eine Charge in Donawitz schmelzen.


    recurveman
    Hat sich zu Beginn anders gelesen, sorry für meinen Schnellschuss. Dann weißt du es natürlich. Zumindest von dem einen Stück, das du analysiert hast.


    Ja Fehlstelle ist jetzt wieder etwas lau formuliert. Du hast diverse Herstellrouten und bestimmte Fehler die auftreten können. Bei einem PM Stahl von Lunker zu sprechen, den man mit bloßem Auge erkennt? Was soll ich davon halten?


    Was soll 100% Prüfung bei Vormaterial bedeuten? Meinst du damit ihr prüft jedes Halbzeug, das zur Bearbeitung ansteht, vollständig, jeden Centimeter?
    Ich kenne "100% Prüfung" nur von Bauteilen, die dann wirklich vollständig von oben bis unten geprüft werden und die 100% beziehen sich dann auch nur auf die jeweilige Untersuchung.


    Ich will hier niemanden beleidigen und meinen Blutdruck habe ich mittlerweile gelernt zu kontrollieren. Ansonsten könnte man nie über solche Themen oder generell diskutieren. Davon lebt die Forschung und Praxis. Setzt euch mal zu einer internationalen Tagung oder zu einer Präsentation im Werk und wartet dann auf die Fragen an den Vortragenden. Da werden teilweise Doppeldoktoren auf der Bühne zerlegt, was mich auch wieder zum Anfangs erwähnten Punkt bringt. Einzelne Meinung? Was sind die schon wert. Noch kurz zum Thema Damaszener und Wootz: Eine beeindruckende Kunst, ja. Kunst bzw. Handwerkskunst ist hier das Stichwort, denn mehr ist es nicht. Metallurgisch gesehen bleibt es Stahl mit enormen Mengen an "Stahlschädlingen" also Dreck. Das soll aber die Kunst daran in keiner Weise schmälern.

  • 100 % Prüfung bedeutet in dem Zusammenhang jeder Stab oder Schmiedestück wird in der chemischen Zusammensetzung analysiert und an den Stabenden sowie der Stabmitte härtegeprüft.
    Es wird eine US Prüfung von 100% des Volumens durchgeführt, dies aber durch externe Labore.
    MP oder PT Prüfungen werden je nach Bestellvorgaben am fertigen Bauteil gemacht.


    Zu dem 1.4021: Da habe ich tatsächliche ca. 250 Zeugnisse durchgeschaut, kein einziges hatte mehr als 12,3 % Chrom, durchmesser lag zwischen 8 und 250 mm.
    In meiner Zeugnisverwaltung habe ich übrigens mehr als 40000 Zeugnisse aus 20 Jahren, das meiste im hochwarmfesten Bereich. Die allermeisten davon habe ich übrigens selbst geprüft...

  • Beachtliche Menge an Daten. Schön wenn man einen Langzeitvergleich vom selben Mitarbeiter hat.
    Müsste man fast andere Hersteller miteinander vergleichen, aber sie werden sich aus Rohstoffsicht eher am unteren Ende der min./max. Werte befinden. (Sofern der Schmelzer erfahren ist und sich das traut :D)
    So Punktgenau immer einen ähnlichen Dezimalwert beim Chrom zu erreichen ist aber auf jeden Fall sehr gut.

  • offen gesagt ist es ohne Bedeutung wieviele Bücher dein Chef zum einzig wahren Wissensfundus erklärt hat und wen Du/Ihr für würdig erklärt den Stein der Weisen zu verwalten. Wer sagt denn, das Eure Meinung immer richtig ist und ob Ihr nicht selbst zu denen gehört, über die andere wieder lachen.


    Und wenn dein Schmied sich ein Jahr mit dem Thema Wootz befassr hat, dann sollte er eigentlich selbst einen Tiegel füllen und den Inhalt schmelzen können.


    Viele Grüße
    Roman

    panta rhei

  • Das sind alles verschiedene Hersteller.
    Eigentlich alle aus Europa die sich in dem Stahlspektrum bewegen, aus Asien kaufen wir nur in Notsituationen. Für Exoten kaufen teilweise auch in den USA.

  • Die Formulierung Fehlstelle habe ich deshalb gewählt, weil ich nicht genau weiß was es ist.
    Was ich aber sicher weiß ist, dass es in jedem Stahl und bei jeder noch so aufwendigen Fertigung zu Fehlern im Material kommt.
    Das habe ich in den langen Jahren als QS und QM Leiter und inzwischen Prokurist gelernt.


    Die chemische Analyse machen wir ja auch nicht weil wir das so interessant finden, sondern weil uns auch schon sehr angesehene deutsche Stahlhersteller unter 24 Stangen eine aus dem falschen Werkstoff geliefert haben. Die Stempelung lautete auf den bestellten Werkstoff, die Analyse zeigte bei einer Stnage etwas anderes.
    Dürfte auch nicht passieren...

  • Ich verlass mich da auf Ihn da er ganz einfach einige Jahre Böhler Forschungsleiter war und diese Stähle von denen hier im Forum diskutiert wird (mit)entwickelt hat inkl. Wärmebehandlungen usw. Aber genug von einzelnen Meinungen. Nur mal am Rande: Es gibt weltweit eine recht überschaubare Gruppe die zu den Experten zählt, in der Theorie, im Labor und an der Produktionsanlage. Das sind ein paar Österreicher, Amerikaner, Japaner und Russen. Irgendwann bemerkt man, das sich die selben Leute ständig gegenseitig in ihren Veröffentlichungen zitieren inkl. der Grundlagenliteratur. Mit Grundlagen meine ich aber keine Bücher, sondern die Veröffentlichungen von 1940 bis 1980 aus den Dissertationen der wirklichen Genies. Das sind Grundlagen.


    Das in der Steiermark eine der besten Stahlqualitäten auf der Welt produziert werden und das seit Jahrzehnten, ist denke ich nichts Neues. Somit kann ich das, bezüglich Literaturwahl, mit Überzeugung "behaupten". Es ging mir ja eher um den Punkt "Literatur vergleichen und bewerten". Dazu muss man aber auch einiges gelesene haben, nicht nur die "Einführungen" und "Grundlagen".


    Genug der Hochnäsigkeit.


    Nicht direkt Wootz, aber derzeit ist seine abgeänderte Legierung (80kg Versuchsschmelze) in Auftrag ;)
    Aja juchten, wäre dir dankbar wenn du dir nicht irgendetwas aus meinem Satz zusammenreimst.

  • dann ist alles im grünen Bereich, von Hochnäsigkeit ist hier keine Rede, bestenfalls Eifrigkeit.
    Das mit dem Literaturzeitraum unterschreibe ich mit, so gesehen hast Du mit der Grundlagenforschung recht. Ich habe übrigens einiges an Büchern aus diesem Zeitraum, und auch gelesen, von Rapatz bis Brearley.


    Ich habe sogar noch etwas von der Firma Böhler, ein Buch von 1917, was übrigens sehr aufschlussreich ist.


    Viele Grüße
    Roman

  • dann ist alles im grünen Bereich, von Hochnäsigkeit ist hier keine Rede, bestenfalls Eifrigkeit.
    Das mit dem Literaturzeitraum unterschreibe ich mit, so gesehen hast Du mit der Grundlagenforschung recht. Ich habe übrigens einiges an Büchern aus diesem Zeitraum, und auch gelesen, von Rapatz bis Brearley.
    Ich habe sogar noch etwas von der Firma Böhler, ein Buch von 1917, was übrigens sehr aufschlussreich ist.


    Roman, sehr schön zu sehen. Ich habe leider nur Kopien, davon aber extrem viel, alter Bücher und Veröffentlichungen.

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