Die unendlich(e) taktische Geschichte...

  • Hallo zusammen,


    ich habe da mal eine Idee, ob es eine Schnapsidee oder eine gute ist, werdet ihr letztlich entscheiden. ;) Gleich vorab:


    IN DIESEM THREAD BITTE NUR DIE GESCHICHTE, FÜR DISKUSSIONEN UND ABSPRACHEN GIBT ES EINEN EIGENEN THREAD!


    In diesem Thread soll eine Geschichte entstehen, an der alle mitschreiben können. Jeder schreibt ein Stück, es gibt keine Vorgaben, in welche Richtung es geht. Die einzelnen Abschnitte müssen lediglich plausibel zur Gesamtgeschichte passen. Wenn also plötzlich Magie eine Rolle spielt, erklärt schlüssig, warum und wieso. Gleiches gilt für Aliens, Cowboys, Delfine oder was auch immer.


    Das jeweilige Ende muss offen sein, so dass der nächste daran anknüpfen kann. Beendet ihr einen Handlungsfaden, dann macht möglichst einen neuen auf, der dann aufgegriffen werden kann. Da wir das Tacticalforum sind, müssen folgende Worte in jeden Geschichtenteil eingebaut und farblich gekennzeichnet werden:


    - anlasslos führen (oder) anlassloses Führen (meine persönliche Topp-Wortkonstuktion 2019 des Tacticalforums ;) )


    - Messer


    - taktisch



    - Rucksack

    (Den gestrichenen Teil würde ich gerne aus den Regeln nehmen, um den Einstieg nicht so schwer zu machen. ;))


    Gerne dürfen Personen aus dem Forum in der Geschichte verwendet werden, die man dann eventuell in den Protagonisten wiedererkennt. ;) Wenn ihr einen neuen Teil schreibt, kündigt das kurz im anderen Thread an, damit nicht zwei Leute parallel eine Fortsetzung zum letzten Teil schreiben und einer von beiden sich die Arbeit umsonst gemacht hat.


    Und jetzt viel Spaß, ich eröffne mal mit einem ersten Teil, der euch alle Möglichkeiten zum Weiterspinnen offen lässt... ;)

    It is useless for the sheep to pass resolutions in favour of vegetarianism, while the wolf remains of a different opinion.

    W. R. Inge

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  • Eine Weihnachtsgeschichte


    Thomas fröstelte und schlug seinen Kragen hoch, es war kalt geworden in der kleinen schwedischen Stadt, in die ihn sein Arbeitgeber auf Montage geschickt hatte. Nachdem der Tag sonnig und recht mild für die Jahreszeit gewesen war, zog jetzt kalte Luft herein und brachte Nebel mit sich. Er umgab die gelben Lichter der Straßenlaternen mit einer Corona und dämpfte die Geräusche der Stadt. Thomas ging spazieren, ziellos schlenderte er durch die Straßen. Nach einem späten Mittagessen hatte ihn irgendetwas herausgetrieben aus der kleinen Unterkunft, die sein Arbeitgeber ihm gemietet hatte. Völlig anlasslos hatten seine Schritte ihn zur Garderobe geführt, er hatte seine Jacke und Schuhe angezogen, sich seinen Rucksack genommen und war anschließend in die zunehmende Kälte hinausgetreten. Kurz hatte er vor der Tür in der beginnenden Dämmerung innegehalten und den Menschen zugesehen die vorbeihasteten, den Kopf tief zwischen die Schultern gezogen und mit ihren Gedanken ganz bei sich und ihren Angelegenheiten. Dann hatte er seinem Atem nachgesehen und war nach einem kurzen Moment in die gleiche Richtung losspaziert.



    Während Thomas nun die kleine Einkaufsstraße entlangging, drang plötzlich ein leises metallisches Geräusch in sein Bewusstsein. Er hatte es schon länger unterbewusst gehört, aber jetzt klopfte es beharrlich an seiner Bewusstseinstür an und wollte hereingelassen werden. Es schien von rechts aus einer kleinen Gasse zu kommen, die er vorher noch nie wahrgenommen hatte, und Thomas wechselte die Straßenseite, um seiner Herkunft auf den Grund zu gehen. Seine Schritte, jetzt zielgerichtet, wurden schneller, er bog in die Gasse ein und hinter ihm verschwanden der Trubel und die Geräusche der Einkaufsstraße langsam im Nebel. Dafür wurde das Geräusch vor ihm jetzt immer lauter und nach kurzer Zeit sah er den Grund dafür. An dem Pfosten einer Toreinfahrt war ein schwarzes Schild befestigt, auf dem mit weißen Buchstaben

    SMEDJA

    stand, und für alle, die eventuell nicht lesen oder kein schwedisch konnten, war daneben ein weißer Amboss abgebildet. Thomas ging noch ein paar Schritte, bis er durch die Toreinfahrt schauen konnte. Ein Schmied stand dort am Amboss und schlug auf ein glühendes Stück Metall ein, dass Thomas Mitleid mit dem armen Werkstück bekam. Der Schmied hatte Hände groß wie Bratpfannen, der Hammer sah darin fast aus wie ein Spielzeug. Thomas war selbst nicht klein, ganz im Gegenteil, aber solche Hände weckten Ehrfurcht. Er musterte den Mann am Amboss genauer. Er war vielleicht Mitte oder Ende fünfzig, hatte einen grauen Rauschebart und trug zu seiner schweren braunen Lederschürze Holzpantoffeln, die mit Fell besetzt waren. Auf seinem Kopf trug er eine kleine Wollmütze und in seinem Mundwinkel ruhte eine Pfeife. Nach kurzer Zeit drehte sich der Schmied um, schob das Werkstück wieder in die Esse und begann mit dem Fuß, einen Blasebalg zu betätigen. Sein Blick schweifte von der Esse in Richtung der Gasse und er sah Thomas fest in die Augen und lächelte.


    „Beeindruckend, nicht wahr?“ sprach ihn plötzlich eine Stimme von hinten an. Thomas erschrak sich ein wenig und drehte sich um. Hinter ihm stand ein kleiner alter Mann, graue Haare, ein rundliches Gesicht und eine runde silberne Brille, durch die ihn zwei Augen freundlich anschauten. Erst jetzt fiel ihm auf, dass ihn der alte Mann auf Deutsch angeredet hatte. „Woher wissen sie, dass ich Deutscher bin?“ fragte er ein wenig verwirrt. Der alte Mann lächelte nur und zeigte auf den taktischen Deutschland-Patch auf dem linken Ärmel seines Gegenübers. „Er schmiedet gerade ein Messer“, sagte der alte Mann und deutete wieder zur Schmiede. Thomas Interesse war nun endgültig geweckt, waren doch Messer seine Leidenschaft und seine Sammlung entsprechend groß. „Was für ein Messer wird das?“, fragte er. „Oh“, sagte der alte Mann, „ich kann ihnen welche zeigen. Ich verkaufe sie nebenan in meinem Laden.“ Das war ein Angebot, dem kein Messersammler der Welt je würde widerstehen können und so folgte Thomas dem alten Mann zu dem kleinen Laden neben der Toreinfahrt, den er erst jetzt bemerkte.


    Eine kleine Glocke über der Tür bimmelte, als die Ladentür geöffnet und wieder geschlossen wurde und Thomas fand sich in einem seltsamen kleinen Laden wieder, der wohl am ehesten als Antiquariat hätte bezeichnet werden können. Hohe Regale aus dunklem Holz säumten die Wände und unzählige Sachen lagerten darin. In der Mitte des Raumes stand ein alter reich verzierter Sekretär aus Mahagoni, der rötlich im warmen Licht der Ladenbeleuchtung schimmerte. Der Rest des Raumes bestand aus einem Sammelsurium von Möbelstücken, Lampen, allem möglichen Nippes und einem Verkaufstresen, hinter dem der alte Mann jetzt stand. Vor ihm ausgebreitet lagen diverse Messer in allen möglichen Formen und mit diversen Griffmaterialien. Thomas war freudig überrascht und nahm eins nach dem anderen in die Hand, prüfte die Handlage, strich über die Griffe und die Klingen und bewunderte die tollen Arbeiten des Schmieds, den er gerade noch bei der Arbeit beobachtet hatte. Er entschied sich schließlich für ein kleines Messer mit einer Klinge in Blattform und einem Knebel aus Messing, der Griff war aus Lederscheiben und einem Stück Hirschhorn kunstvoll gearbeitet.



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    W. R. Inge

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  • Nachdem er bezahlt, das Messer im Rucksack verstaut und sich schon zum Gehen gewandt hatte, fiel sein Blick noch auf ein Holzkästchen, das auf dem Sekretär stand. Neugierig trat er näher und öffnete es, um einen Blick hinein zu werfen. Im Inneren lag neben ein paar gefalteten Stücken Pergament oder Papier ein altes Taschenmesser. Die Griffschalen schienen aus Bunthorn zu sein, das beim Betrachten leicht schimmerte. Die Beschläge schienen aus Silber zu sein und das Messer übte auf Thomas sofort eine nicht zu erklärende Faszination aus. „Verkaufen sie mir das Messer?“, fragte er den alten Mann. „Nun“, sagte dieser. „es war dabei, als ich den Sekretär bei einer Antiquitäten-Auktion ersteigert habe. Wissen sie was, sie haben sich so an den Messern erfreut, ich schenke Ihnen das Kästchen mit dem Messer.“ Thomas war sprachlos, und bevor er noch zu einer Antwort ansetzen konnte war der alte Mann herangekommen und hatte ihm das Kästchen mit einem warmen Lächeln in die Hand gedrückt. „Danke“, stammelte Thomas und verstaute die kleine Kiste in seinem Rucksack. Der alte Mann aber schüttelte nur den Kopf, lächelte und öffnete die Tür, um seinen Kunden in die Dunkelheit zu entlassen. Thomas lenkte seine Schritte wieder in Richtung der Einkaufsstraße. Die Torflügel der Schmiede waren mittlerweile geschlossen, auch das Schmiedegeräusch war verstummt, der Schmied musste Feierabend gemacht haben, während er im Laden gewesen war.


    Wieder auf der Einkaufsstraße angekommen war seine Neugier mittlerweile so groß, was sich noch in dem Kästchen befand, dass er es am liebsten sofort untersucht hätte. Aber bei dieser Kälte schien das keine gute Idee zu sein und der Nebel wurde auch immer dichter. Ihm fiel ein, dass er vorhin an einer kleinen Konditorei mit Café vorbeigekommen war und so ging er schnellen Schrittes dorthin. Dort angekommen bestellte er sich bei dem Mann hinter der Glastheke einen Kaffee und eine Zimtschnecke und setzte sich damit an einen Tisch. Thomas hatte schon von der Konditorei gehört, sie war weit über die Stadtgrenzen hinaus für ihre Motivtorten bekannt. Der Konditor war, soweit er wusste, vor vielen Jahren aus Deutschland nach Schweden ausgewandert.


    Thomas nahm das Kästchen aus dem Rucksack und platzierte es vorsichtig vor sich auf der Tischplatte. Er öffnete den Deckel und nahm vorsichtig das Messer und die Papiere heraus. Das Messer besaß drei Klingen und war eine sehr schöne handwerkliche Arbeit. Es schien alt zu sein. Er legte es zunächst zur Seite und betrachtete die Papiere näher. Es waren drei Blätter, sie waren alt, vergilbt und gefaltet und Thomas entfaltete das erste. Auf dem Blatt befanden sich komische Schriftzeichen, die er nicht kannte und noch nie gesehen hatte. Auf dem zweiten Blatt war eine Zeichnung oder ein Karte und Thomas nahm sich das dritte Blatt, um es zu betrachten. Es handelte sich um einen Brief auf Englisch in einer altertümlichen Handschrift, er lehnte sich zurück und begann zu lesen. Ein außenstehender Betrachter hätte jetzt gesehen, wie der Mann am Tisch mit jedem Augenblick des Lesens aufgeregter wurde, wie sein Körper sich zusehends spannte und er schließlich alles schnell wieder in das Kistchen packte, selbiges schnell in seinem Rucksack verstaute, die Jacke anzog und das Café im Eiltempo verließ.


    Thomas eilte die Einkaufsstraße entlang in Richtung der kleinen Gasse. Was er soeben gelesen hatte, hatte den Wunsch in ihm geweckt, dem alten Mann noch einige Fragen zu stellen. Der Nebel war mittlerweile noch dichter geworden, man sah beinahe die Hand vor Augen nicht mehr. Thomas wechselte wieder die Straßenseite und suchte nach dem Eingang der Gasse, aber so sehr er auch suchte, er konnte ihn nicht finden. Die Gasse schien wie vom Erdboden verschluckt zu sein…




    To be continued…

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    W. R. Inge

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  • Thomas war ratlos. Nachdem er eine Weile umherirrte und sein Rucksack zunehmend schwerer wurde,fasste er einen Entschluss...


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    ...als er plötzlich leise,ihm unbekannte Musik vernahm.


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    Obwohl er etwas müde war,folgte er den Klängen bis zu einem im Nebel kaum wahrnehmbaren Haus. Beim Anblick des Schildes über der Tür traf ihn fast der Schlag:


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    Ohne zu zögern trat Thomas ein - und blickte auf ein längst vergessenes Ambiente. Es war noch recht früh; an der Theke stand ein einziger Gast,schlank und gross,bekleidet mit einem Kilt und trank ein Met.
    Thomas bemerkte sofort,dass auch dieser Mann - wie er selbst - ein Messer trug...


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    Als der Wirt,ein kleinwüchsiger,aber freundlicher Mann,der seinen Job als Lehrer gegen den im Wirtshaus eingetauscht hatte,Thomas erblickte,lächelte er ihn an und begann auch gleich ein Gespräch...


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    Natürlich ging es um das kleine Holzkästchen,das Thomas kurz zuvor bekommen hatte und auch direkt aus dem Rucksack holte,um es zu zeigen. Er wollte mehr wissen.


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    Thomas blieb nach diesem und noch weiteren anderen interessanten Gesprächen auf ein paar Hörnchen Met,bevor er sich auf den Weg zurück in seine kleine Unterkunft machte. Als er heraustrat,war der Nebel noch dichter geworden und ein wenig Schnee fiel.


    Er atmete tief durch und in ihm bildete sich ein Gedanke:


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    To be continued...

  • Kapitel 2


    „DONG…DONG…DONG…!“

    Der tiefe Gong der kleinen Uhr auf dem Kaminsims im Esszimmer holte Thomas zurück in die Gegenwart. Er hatte sich schon seitdem er die Unterkunft in der Pension bezogen hatte gefragt, wie eine so kleine Uhr so tiefe Töne von sich geben konnte und das schon so früh am Morgen. Wenn man die kleine Uhr das erste Mal hörte, suchte man automatisch nach einer riesigen Standuhr und wenn der Blick dann nach einiger Zeit etwas verwirrt auf der kleinen Uhr hängenblieb, schien sie zu grinsen und man hörte förmlich, wie sie sagte: „Da staunste, wa?“. Die Uhr beendete ihr stündliches Konzert mit einem letzten tiefen „DONG!“ und stand wieder still und unschuldig auf dem Kaminsims, nur leise vor sich hin tickend, als hätte sie nicht gerade versucht BIG BEN Konkurrenz zu machen. Thomas war nach erfolgloser Suche schließlich wieder in seine Unterkunft zurückgegangen und hatte sich ziemlich zeitig ins Bett begeben. Nach einer unruhigen Nacht mit wirren Träumen über eine Wikingerkneipe und irgendeinen geheimnisvollen Ort namens RON oder RÖN saß er jetzt mit den anderen Gästen der Pension zusammen am Tisch des Esszimmers und wartete auf das Frühstück. Seit er sich an den Tisch gesetzt hatte, hatte er über den gestrigen Nachmittag nachgedacht und sich nicht an den Unterhaltungen der anderen Gäste beteiligt, die jetzt über ihn hereinschwappten. Er betrachtete seine Tischnachbarn, während er versuchte ihrem Gespräch zu folgen, das sich um Computer und die Digitalisierung drehte. Eins hatten alle am Tisch gemeinsam, sie waren Deutsche.


    Da war zum einen Dominik, der Enkel der Pensionswirtin, ein schlanker, fast schmächtiger junger Mann, der in Würzburg Informatik studierte und der von seiner Großmutter liebevoll „Domi“ genannt wurde. Er war hier, um seine Bachelor-Arbeit fertigzustellen. Die Abwesenheit der „Ablenkungen“ einer Universitätsstadt sollte ihm dabei helfen, so zumindest die Theorie. Dominik hatte es sich aber anscheinend zur Aufgabe gemacht, den Unterschied zwischen Theorie und Praxis wissenschaftlich zu belegen, und so waren in den drei Wochen seiner bisherigen Anwesenheit keine bedeutenden Teile zu seiner Arbeit hinzugekommen. Als zweiter war da Ingo, ein Musiker aus der Nähe von München, der beim Ensemble des hiesigen Theaters ein dreimonatiges Engagement als Gastmusiker bekommen hatte. Ingo lachte gerne und viel und hatte immer kleine Anekdoten und Lebensweisheiten zur Hand, mit denen er jedes Gespräch bereicherte. Der letzte war Mario, ein Weltenbummler, der hier einen Freund besuchte. Dieser Freund war der Konditor des kleinen Cafés, in dem Thomas gestern nach seinem Erlebnis bei der Schmiede den Inhalt des Kistchens in Augenschein genommen hatte. Am Tischende war noch ein Platz unbesetzt, das war der Platz der Pensionswirtin, die jede Mahlzeit mit ihren Gästen zusammen einnahm.

    Sie war eine sehr resolute alte Dame, die vor 45 Jahren aus Deutschland eingewandert war um hier einen mittlerweile lange verstorbenen Herrn Johannson zu heiraten, was auch die ausschließlich deutschen Gäste erklärte. Sie wurde im Internet als Geheimtipp gehandelt, wenn man als Deutscher eine Unterkunft in der kleinen schwedischen Stadt suchte. Sie besaß eine derartige natürliche Autorität, dass Ingo eines gemeinsamen Abends den Witz gemacht hatte, dass die Schlacht bei Waterloo sicher anders verlaufen wäre, wenn sie neben Napoleon gestanden hätte. Sie war knappe einsfünfundfünzig „groß“, aber was ihr an Körpergröße fehlte, machte sie durch Ausstrahlung und Willensstärke wieder wett. Thomas erinnerte sich an den Tag seiner Ankunft. Er hatte gerade seine Sachen in den Schrank geräumt, als die Glocke zum Essen läutete und er war hinunter in den Speiseraum gegangen. Die anderen drei hatten dort bereits gesessen, man hatte sich kurz unter allgemeinem Händeschütteln vorgestellt und Thomas hatte sich auf einen freien Stuhl gesetzt. Als die Pensionswirtin mit zwei Tablets durch die Tür gekommen war, war er aufgesprungen und hatte ihr helfen wollen, den leicht panischen Blick und die wedelnden Hände Ingos sowie das breite Grinsen Marios und Dominiks ignorierend. Die anschließende Standpauke darüber, dass sie nicht gebrechlich sei und ob er glaube, dass man sie gleich mit den Füßen zuerst raustragen müsse hatte sie schließlich mit den Worten beendet: „…und jetzt setzen sie sich gefälligst auf ihren Hintern und lassen sie mich meine Arbeit machen!“ Thomas hatte völlig perplex getan, wie ihm geheißen worden war und Ingo, der schon die ganze Zeit glucksend in sich hineingelacht hatte, war in schallendes Gelächter ausgebrochen, was ihm wiederum einen recht bösen Blick der Hausherrin und von Thomas eingebracht hatte.


    Die Küchentür öffnete sich und die Hausherrin kam herein, in der einen Hand eine Kanne dampfenden Kaffees, in der anderen einen großen Korb mit Brötchen. Sie stellte beides auf den Tisch und drehte sich dann kurz zum Kamin und legte zwei weitere Holzscheite hinein, über die sich die Flammen sofort gierig hermachten. Dann setzte sie sich zu den Männern, die sich bereits mit Brötchen und Kaffee versorgt hatten und nahm sich ebenfalls ein Brötchen. Während sie es aufschnitt und mit Butter bestrich, schaute sie Thomas lange kritisch an und fragte dann: „Sie wirken heute so abwesend, junger Mann. Geht es ihnen nicht gut?“ Thomas drehte sich zu ihr hin und überlegte kurz, entschied sich dann aber dazu, die Geschichte vom gestrigen Tag und der vergangenen Nacht zu erzählen. Als er bei seinem Traum mit der Wikingerkneipe ankam, lachte Mario laut auf und rief: „Na, da muss wohl gestern eins der dreißig Bierchen schlecht gewesen sein, oder?“, verstummte aber sofort, als er die bösen Blicke der anderen aus den Augenwinkeln bemerkte. Thomas erzählte seine Geschichte zu Ende und holte dann das Kistchen aus seinem Zimmer, um es den anderen zu zeigen. Sie betrachteten gemeinsam den Inhalt und einer nach dem anderen nahm sich die drei Stücke Papier und das kleine Taschenmesser zur Hand, um die Sachen zu untersuchen und den Brief zu lesen.

    Dominik übersetzte für alle:

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    W. R. Inge

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  • Liebe Malin,


    ich sende dir mein geliebtes Taschenmesser, das du mir zu
    unserer Hochzeit geschenkt hast, um es sicher zu verwahren. Du weißt, es ist
    mir der liebste Gegenstand, erinnert er mich doch immer an dich, aber meine
    Suche hat mich an eine Schwelle gebracht, deren überschreiten mich ängstigt und
    ich möchte es sicher verwahrt wissen. Wir haben vor kurzem zwei Steintafeln
    gefunden. Auf der einen waren seltsame Zeichen abgebildet, auf der anderen war etwas,
    das wie eine Karte ausschaut. Ich habe Zeichnungen derselben angefertigt und
    lege sie dir mit in dieses Päckchen. Sobald wir die Zeichen und die Karte
    entschlüsselt haben bin ich mir sicher, dass wir…



    An dieser Stelle war der Brief leider einmal nass geworden und die Tinte war verlaufen. Gegen Ende des Briefs konnte man wieder Buchstaben erkennen, aber es waren nur noch private Dinge, die nur Malin etwas angingen. Unterschrieben war der Brief mit: „In Liebe, Alvar“. Als Dominik fertig gelesen hatte und das Taschenmesser bei Frau Johannson angekommen war, drehte sie es nachdenklich in den Händen und sagte: „Ich glaube ihnen ihre Geschichte ja“, sie sah zu Thomas auf, „aber die Schmiede ist seit dem Tod des Schmieds vor“, sie überlegte kurz, „sieben Jahren nicht mehr im Betrieb. Und es gab auch nie einen Laden daneben. Die Schmiede liegt in unserem Gewerbegebiet.“

    Thomas war verwirrt, und mitten in diese Verwirrung platzte das Klingeln seines Handys. Es war sein Arbeitgeber der ihm mitteilte, dass das dringend benötigte Ersatzteil es leider nicht mehr auf die Fähre geschafft hätte und somit erst morgen ankommen würde, er könne sich den Tag frei nehmen. Thomas bestätigte das und beendete das Gespräch. „Ich habe heute frei“, sagte er in die Runde, „dann kann ich mich ja ein wenig mit dem geheimnisvollen Kistchen beschäftigen.“ „Ich werde dir helfen“, sagte Dominik plötzlich, „ich werde im Internet recherchieren, ob ich etwas finden kann. Alvar und Malin sind zwar in Schweden keine seltenen Namen, aber wer weiß? Und vielleicht finde ich ja auch irgendetwas über den Ort RON oder RÖN.“ Die Aussicht, die Bachelor-Arbeit noch ein wenig liegen lassen zu können, versetzte Dominik in gute Stimmung, ganz im Gegensatz zu seiner Großmutter, die aber nur eine Augenbraue etwas hochzog. Dominik war ihr Lieblingsenkel und das wusste der auch sehr genau. Er schenkte ihr ein Lächeln und die Augenbraue sank wieder herab und wich einem Gesichtsausdruck, der bei ihr schon fast als Lächeln hätte gelten können. „Solange der Junge“, sagte Mario und schaute zu Dominik, „im Internet rumgräbt, kannst du eh nichts tun. Ich will gleich zu Rolf in die Konditorei. Was hältst Du von einer Zimtschnecke und einer Tasse Kaffee? Nicht, dass an ihrem Frühstück in irgendeiner Weise etwas auszusetzen wäre!“, beeilte er sich in Richtung des Tischendes hinzuzufügen und sah kurzfristig tatsächlich etwas ängstlich aus, was Ingo zu erneutem Glucksen verleitete. „Ich komme mit, wenn ihr nichts dagegen habt.“ Ingo saß mit auf dem Bauch gefalteten Händen zurückgelehnt auf seinem Stuhl und sah in diesem Moment tatsächlich ein wenig wie ein Buddha aus, glücklich in dem Gedanken an die Zimtschnecke, die vor seinem geistigen Auge schon Gestalt annahm. „Ok, also auf zu Rolf! Dann kann ich auch gleich bei Tageslicht noch einmal nach dem Eingang zu der kleinen Gasse schauen.“ sagte Thomas und sie gingen in den Flur, zogen sich die Jacken an und verließen die Pension in Richtung des kleinen Cafés, in dem Thomas schon gestern gewesen war…


    To be continued…

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    W. R. Inge

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  • Kapitel 3



    Warme Luft schlug den dreien entgegen, als sie eine halbe Stunde später Rolfs Konditorei betraten und Ingos Lächeln wurde noch ein wenig breiter, trug sie doch den Geruch von frisch gebackenen Zimtschnecken mit sich und schien ihn regelrecht einzuhüllen. „Hallo Rolf“. begrüßte Mario den Mann hinter dem Tresen, bei dem Thomas schon gestern Abend seinen Kaffee bestellt hatte. Er stellte die anderen beiden Rolf vor und bestellte für alle einen Kaffee und eine Zimtschnecke. „Zwei bitte“, meldete sich Ingo von hinten mit glücklichem Lächeln, den fragenden Blick der anderen mit einem Schulterzucken quittierend. Sie setzten sich an einen Tisch und bereits kurze Zeit später wurde der Kaffee, vier Teller und ein großer Korb mit Zimtschnecken gebracht. Ingo lächelte die Kellnerin an, rieb sich die Hände und begann sich innerlich auf die Bekämpfung dieser unerwarteten Invasion einzustellen.


    Ingo und die Zimtschnecken.JPG


    Sie begannen zu essen und nach einigen Minuten kam Rolf hinter dem Tresen hervor und setzte sich zu ihnen. „Du warst doch gestern Abend schon hier“, bemerkte er an Thomas gewandt, „und bist dann Hals über Kopf verschwunden.“ Thomas nickte und nach einer kurzen Ermunterung durch Mario begann er Rolf die Geschichte zu erzählen. Am Ende angekommen holte er wieder das kleine Kistchen aus dem Rucksack und reichte es Rolf, der es zunächst in den Händen drehte, dann öffnete und den Inhalt untersuchte. Nach einem langen Moment des Schweigens sagte dieser, auf das Papier mit den Schriftzeichen deutend: „Ich habe so etwas noch nie gesehen, aber ich habe einen Kunden, der ab und an Torten bei mir bestellt, der dir vielleicht weiterhelfen könnte. Ich habe seine Adresse in meinem Karteikasten. Wartet kurz…“. Er ging hinter den Tresen und verschwand durch einen Durchgang in einem Hinterzimmer, kam aber bereits nach kurzer Zeit wieder, mit einem Karteikärtchen winkend. „Hier ist er, er heißt Andreas Stinson und ist Experte für nordische Geschichte. Er ist ein wenig speziell und erscheint im ersten Moment etwas schroff, ist aber eigentlich ein sehr umgänglicher und netter Mensch. Er wohnt im Valhallavägen 17, der liegt am Ortsausgang. Sein Haus ist das letzte in der Straße, bevor der Wald anfängt.“ las er weiter von der Karteikarte ab. „Dann lasst uns den Mann mal aufsuchen“, sagte Thomas, und er und Mario standen auf. Von Ingo kam leiser Protest, er war gerade dabei die Invasion der dritten Zimtschnecke erfolgreich abzuwehren, schließlich stand aber auch er auf. Rolf reichte ihm mit einem Lächeln eine Serviette, die Ingo sofort ergriff, um einen weiteren der Invasoren gefangen zu nehmen und in seiner Jackentasche zu verstauen. Sie verließen das Café und verharrten draußen einen Moment in der Kälte für ein allgemeines Jacken schließen, Mützen aufsetzen und Handschuhe überstreifen, als Thomas plötzlich erstarrte und wie gebannt über den Marktplatz, an dem die kleine Konditorei lag, schaute. Dort drüben stand der Schmied von gestern Abend, eingehüllt in einen dicken schwarzen Mantel, die Pfeife im Mundwinkel, die kleine Wollmütze auf dem Kopf und die Holzclogs mit Fellbesatz an den Füßen. Er stand einfach da und schaute herüber, die Hände tief in den Taschen seines Mantels vergraben. Thomas riss sich von dem Anblick los und drehte sich zu Mario und Ingo um: „Da drüben“, rief er, „da steht…“, er hatte sich wieder zurückgedreht, aber wo er eben noch den Schmied zu sehen geglaubt hatte, stand nun ein Mann in Anzug und Mantel, der sich ein Handy ans Ohr drückte und telefonierte. „Vergesst es!“, sagte er, „da haben mir meine Nerven wohl einen Streich gespielt.“ Mario und Ingo wechselten einen fragenden Blick, beließen es dann aber dabei und die drei machten sich auf den Weg zu der Adresse, die Rolf ihnen gegeben hatte.


    Sie waren bereits im Valhallavägen angekommen und hatten das gesuchte Haus fast erreicht, als Thomas Handy klingelte und Dominik sich meldete. „Ich habe tatsächlich etwas rausfinden können“, sagte er. „Es handelt sich bei diesem Almar wahrscheinlich um Almar Anderson, einen Experten für nordische Mythologie des frühen zwanzigsten Jahrhunderts. Es war der felsenfesten Überzeugung, dass es Thors Hammer wirklich gegeben hat und er hat viel Zeit seines Lebens mit der Suche danach verbracht. Seine Spur verliert sich in den Zwanzigern in Deutschland, als er auf einer Ausgrabung dort war. Ich werde schauen, ob ich noch mehr finden kann.“ Thomas bedankte sich und legte auf, dann erzählte er den anderen von dem, was ihm Dominik gerade erzählt hatte. Sie gingen weiter und erreichten das Haus mit der Nummer 17, ein recht großes Holzhaus mit zwei Etagen. Nachdem sie den Weg zum Eingang hinaufgegangen waren und vor der Haustür standen, drückte Thomas den Klingelknopf. Auf der anderen Seite der Tür erklang ein tiefer Gong und Thomas drehte sich etwas unsicher zu seinen beiden Begleitern um. Die Tür wurde geöffnet, Thomas drehte sich wieder in die Richtung und erstarrte. Vor ihm stand der Mann aus seinem Traum! Der, der in der Wikingerkneipe am Tresen gelehnt und den der Wirt zu dem Kistchen befragt hatte. „Ich“, Thomas war wie vor den Kopf gestoßen, „habe von ihnen geträumt“, stammelte er schließlich. Der Mann, der die Tür geöffnet hatte zog eine Augenbraue hoch und erwiderte: „Danke, aber ich bin schon verheiratet.“ Er wollte die Tür schon wieder schließen, als Mario sich von hinten meldete und sagte. „Er hat gestern ein Kästchen bekommen, in dem sich ein Brief von Almar Anderson sowie zwei Zeichnungen von ihm befanden.“ Die Tür verharrte, der Mann auf der anderen Seite wirkte jetzt doch interessiert. „Sind sie Herr Stinson?“, fragte Mario. „Ja, der bin ich.“, antwortete der Mann, „Und sie sind…?“ Thomas hatte seine Fassung halbwegs wiedergefunden und stellte sich und seine Begleiter vor, anschließend betrachtet er den Mann, der die Tür wieder ein wenig weiter geöffnet hatte. Der Hausherr war recht groß und mittleren Alters, vielleicht um die fünfzig und seine Haare waren kurz geschoren. Zum Glück trug er nicht mehr den Kilt aus Thomas Traum, stattdessen sah er mit seiner Strickjacke und der Brille (über deren Rand er die drei immer noch musterte) aus, wie man sich einen Professor einer alten englischen Universität vorstellen würde. Thomas holte das Kistchen aus dem Rucksack und hielt es dem Mann hin. Der nahm es und untersuchte kurz den Inhalt, dann schaute er die drei an: „Kommen Sie herein, hier draußen redet es sich schlecht.“

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    W. R. Inge

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  • Die drei wurden ins Haus geführt. Der Eingangsbereich öffnete sich nach ungefähr fünf Metern nach oben hin und gab den Blick bis zum Dach frei. Über dem Eingangsbereich waren anscheinend die Schlaf und Gästezimmer, denn eine Holztreppe führte nach oben zu einem Balkon, von dessen Seite verschiedene Türen abgingen. Der große Wohnraum aber wurde dominiert von einem riesigen Bücherregal, das bis an die Decke reichte und über und über vollgestellt war mit Büchern. Auf der einen Seite stand ein Schreibtisch, auf der anderen Seite war eine Sitzecke so aufgestellt, dass man einen wunderschönen Blick aus der großen Fensterfront hatte. Thomas ließ den Blick kurz durch den Garten und den dahinterliegenden Wald schweifen. Andreas Stinson führte die drei zur Sitzecke und zeigte mit einer Handbewegung an, dass sie Platz nehmen mögen, dann stellte er das Kistchen auf den mit Schnitzereien verzierten Holztisch, der vor der Couch stand und ging zum Bücherregal hinüber, wo er längere Zeit die schier endlosen Reihen von Büchern absuchte. Schließlich schien er in etwa zwei Metern Höhe gefunden zu haben, wonach er suchte. Er griff ein altes Buch mit Ledereinband, nahm es aus dem Regal und blies den Staub herunter. Er kam zu den dreien hinüber, in dem Buch blätternd und vor sich hinmurmelnd. Er legte das Buch schließlich geöffnet vor Ihnen auf den Tisch und sagte: „Das Messer war mir bekannt vorgekommen.“ Er deutete mit dem Zeigefinger auf eine Fotografie in dem Buch, die einen Mann an einem Schreibtisch zeigte, der in einem Brief las. Thomas war wie vor den Kopf gestoßen. Der Schreibtisch auf dem Bild war exakt der Sekretär aus dem kleinen Laden von gestern Abend und auf der Schreibplatte lag neben einem aufgeschlitzten Kuvert das geöffnete kleine Taschenmesser aus dem Kistchen. „Und nun erzählen sie mir mal, wie sie dazu gekommen sind.“


    Thomas erzählte seine Geschichte erneut und Herr Stinson hörte interessiert zu. Als Thomas zu Ende erzählt und auch von der Dominiks Internetrecherche und den Ergebnissen daraus berichtet hatte, schob der Hausherr seine Brille zurecht und erzählte von Almar Anderson und seinem Leben. Zum Schluss kam er schließlich zu dem Punkt, der sich um den legendären Hammer des Thor drehte, den man Mjöllnir nannte. „Es gibt eine Sage, nach der Mjöllnir nach dem Kampf gegen die Midgardschlange und Thors anschließendem Tod versteckt worden sein soll. Sie berichtet weiter davon, dass der Hammer von einem Drachen bewacht wird, den kein Sterblicher überwinden kann.“ „Der soll nur kommen, der Drache“, ließ sich Ingo vernehmen. Ihn hatte bei den ganzen Mythen und Sagen wieder der Hunger gepackt, und er holte seinen Gefangenen der Zimtschneckeninvasion aus der Tasche und machte kurzen Prozess mit ihm. „Mit so einem Drachen werden wir doch locker fertig!“, er schaute in die Runde. „Sie sind also ein Drachentöter?“, fragte der Hausherr Ingo mit einem Lächeln. „Drachentöter“, wiederholte Ingo ebenfalls lächelnd, und der Klang des Wortes gefiel ihm.


    .
    .
    To be continued

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    W. R. Inge

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  • Kapitel 4



    Der Tag war mittlerweile dem Abend gewichen und die Sonne war schon lange hinter den Baumwipfeln verschwunden. Im Haus waren die vier Männer anscheinend immer noch dabei, die Lösung des Rätsels um das Kistchen zu suchen, als draußen ein Mann am Haus vorbeiging, den Kopf unter einer großen Kapuze verborgen, kurz zum Eingang schaute, dann die Straßenseite wechselte und unter der letzten Laterne der Straße stehenblieb. Die Lampe gab nur ein fahles Licht von sich. „Sind sie immer noch drin?“, fragte er in die Dunkelheit. Sein Atem bildete kleine Wölkchen in der kalten Abendluft. Aus dem Schatten löste sich die Gestalt des Schmieds und trat zu dem Mann unter der Laterne: „Ja, sie haben sich nur kurz etwas zu essen bringen lassen, ansonsten hat sich nicht viel getan.“ Er nahm einen tiefen Zug von seiner Pfeife und das rote Glühen im Pfeifenkopf erhellte kurz sein Gesicht und das des alten Mannes aus dem Laden. „Glaubst du, dass sie auf dem richtigen Weg sind?“, fragte dieser. „Wir werden sehen.“, brummte der Schmied. Er trat einige Schritte zurück und verschmolz wieder mit den Schatten, den alten Mann alleine auf der Straße zurücklassend.


    Nur einige Meter davon entfernt hatten die Männer mittlerweile Berge von Büchern um sich gestapelt. Man war sich ziemlich schnell näher gekommen und zu einem zwanglosen „Du“ übergegangen. Den ganzen Tag hatte man alle möglichen Bücher quergelesen, Sagen und Mythen, alte Reiseberichte, die Aufzeichnungen diverser Gelehrter und solcher, die sich dafür hielten. Thomas, Mario und Ingo saßen in der Sitzecke jeweils in Bücher vertieft, Andreas saß am Schreibtisch und blätterte gerade in einem besonders dicken Buch, als er plötzlich innehielt. „Bring mir bitte mal das Blatt mit den Schriftzeichen, Thomas.“ Thomas reichte es ihm und Andreas begann seinen Blick immer wieder vom Blatt zum Buch und zurück wandern zu lassen. Dann nahm er seine Brille ab und drehte wortlos das Buch herum, so dass Thomas hineinschauen konnte. Das Buch war aus dem späten neunzehnten Jahrhundert und befasste sich mit der nordischen Geschichte. Die betreffende Seite zeigte die Zeichnung eines Thingplatzes. Ein großer flacher Stein, der wie ein Tisch in der Mitte platziert war, darum Steine, die wohl die Sitzplätze gewesen sind. Das Interessante aber waren drei Steine, die im Hintergrund zu sehen waren. Zwei kleinere standen rechts und links neben einem großen Felsen, der den Thingplatz nach hinten begrenzte. Auf ihnen konnte Thomas die gleichen Zeichen erkennen, wie sie auf seiner Zeichnung zu sehen waren. Auf dem großen Felsen in der Mitte war ein Hammer abgebildet und Thomas war sich sicher, dass der Mjöllnir darstellen sollte. „Thingstätte in der Nähe der Wasserkuppe“, las Thomas die Bildunterschrift vor. „Die Wasserkuppe liegt im Dreiländereck von Hessen, Bayern und Thüringen. Ich war da schon des Öfteren, habe da Freunde in der Nähe“, merkte Mario an. „Und“, seine Stimme wurde leiser, „es gibt da einen Landstrich, der sich Rhön nennt.“


    Thomas verglich die Zeichen auf seinem Blatt aus dem Kistchen mit denen von den Steinen, der Text schien der gleiche zu sein, zumindest auf dem linken Stein. Der rechte Stein zeigte zwar ähnliche Zeichen, aber die Anordnung war eine ganz andere. „Ob die beiden Teile wohl zusammengehören? “Aufgeregt nahm sich Thomas ein Blatt Papier und einen Stift und begann die Zeichen auf dem zweiten Stein abzumalen. Er drehte sich zu den anderen um und sagte: „Ihr werdet mich jetzt garantiert für verrückt halten, aber ich würde gerne zur Wasserkuppe fahren und diesen Thingplatz suchen. Meinen Auftrag hier sollte ich in einer Woche erledigt haben, dann hätte ich zwei Wochen Urlaub.“ Mario grinste ihn an: „Was mich betrifft, ich müsste mich nur kurz von Rolf verabschieden, dann wäre ich dabei.“ Die beiden schauten zu Ingo, der zuckte nur mit den Schultern und sagte: „Mein Engagement endet eh in vier Tagen, ich bin dabei!“ Sechs Augen richteten sich auf Andreas, der aber schüttelte den Kopf, nahm seine Brille ab und meinte: „Ich kann hier doch nicht einfach weg, seid doch mal realistisch.“ Ingo schaute ihn an und sagte: „Jemandem, der so viele Bücher über nordische Geschichte und Mythologie gesammelt hat, wird die einmalige Chance geboten, Thors Hammer zu finden, und dann bekommt er seinen Arsch nicht hoch? Du hast wohl mittlerweile genauso viel Staub angesetzt, wie deine Bücher?“ Andreas Miene verdüsterte sich bei den Worten und Ingo setzte nach: „Gib dir einen Ruck und komm mit, Herr Stinson.“, und nach einer kurzen Pause, „na los, Stinni, obwohl, so wie du gerade guckst, sollte ich wohl eher „Stinki“ sagen. Nun reichte es Andreas: „Lass das“, sagte er, „bevor du mich gleich noch „Stinkiputzi“ nennst, und Andreas wusste im gleichen Moment, dass er einen Fehler gemacht hatte, als er das diabolische Grinsen in Ingos Gesicht sah. „Also „Stinkiputzi“ geht nicht, dafür bist du zu groß, bist ja eher ein ausgewachsener „Stinkeputz“.“ Ingo begann lauthals zu lachen. Die anderen beiden stimmten ein und es dauerte nicht lange, da entspannten sich auch die Gesichtszüge des Hausherren wieder und er lachte lauthals mit.


    So ging der Abend zu Ende und die drei machten sich auf den Heimweg in die Unterkunft. Dort angekommen wurden sie vom aufgeregten Dominik empfangen der sofort wissen wollte, was sich an Neuigkeiten ergeben hatte. Sie brachten ihn auf den neuesten Stand und eröffneten ihm auch, dass sie sich in einer Woche auf den Weg in Richtung Wasserkuppe machen würden um zu schauen, ob sie der Lösung des Rätsels dort ein Stück näher kommen könnten. Dominik schaute die drei geknickt an: „Ich kann nicht mitkommen, das würde meine Großmutter nie zulassen.“ Er wirkte sehr niedergeschlagen, und diesmal schien es nicht nur mit der Aussicht zu tun zu haben, sich nun wirklich mit seiner Bachelorarbeit befassen zu müssen. „Wir könnten jemanden brauchen, der uns eventuell bei Recherchen unterstützt, jemand den wir anrufen können, wenn wir nicht mehr weiter kommen.“ Dominiks Miene hellte sich ein wenig auf. „Eine Art Zentrale?“, fragte er. „Sowas in der Art, ja.“ sagte Thomas. Mittlerweile war es spät geworden allgemein Müdigkeit machte sich breit. Frau Johannson hatte den Dreien noch einen kleinen Imbiss hingestellt und so ging man noch kurz ins Esszimmer und ließ bei ein paar belegten Broten und heißem Tee die Ereignisse des Tages Revue passieren. Es dauerte aber nicht lange, bis sich alle auf ihre Zimmer zurückzogen.


    Thomas stand in seinem Zimmer am Waschbecken und putzte sich die Zähne. Immer wieder kam ihm das Bild des Schmiedes auf dem Marktplatz in den Sinn. Er hatte den anderen nichts davon erzählt, aber er war sich ziemlich sicher, wen er da auf dem Platz gesehen hatte. Er spülte sich den Mund aus, stellte seine Zahnbürste umgedreht in den Zahnputzbecher und letzteren auf die Ablage über dem Waschbecken. Dann wischte er sich noch kurz den Mund ab und legte sich ins Bett. Er fragte sich, ob er auch heute Nacht wieder wirre Träume haben würde und war bereits nach kurzer Zeit eingeschlafen…




    To be continued…

    It is useless for the sheep to pass resolutions in favour of vegetarianism, while the wolf remains of a different opinion.

    W. R. Inge

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  • Thomas schlief in dieser Nacht tatsächlich nicht sehr gut: Er wälzte sich von einer Seite zur anderen,wurde zwischendurch immer wieder wach und musste dann jedesmal nachsehen,ob das Holzkästchen auch noch da war.



    In den wenigen Stunden,wo er wirklich schlief,sah er nebulös eine Art Landschaft vor sich; Wälder,Täler,Wiesen...


    ...und irgendwo in diesem Nebel verworrener Eindrücke tauchten statt der drei Steine plötzlich sowas wie - naja.. - "Zelte" auf...


    tw8.JPG


    Nur was war das,was nicht weit davon entfernt in die Höhe ragte?? Die Umrisse erinnerten schon ein bisschen an einen Hammer - sollte das der sagenumwobene... ?


    Genau in dem Moment öffnete er wieder die Augen - und entschloss sich,den anderen am nächsten Morgen direkt beim Frühstück davon zu erzählen.

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  • Thomas fuhr unvermittelt hoch. Er hatte das Gefühl, er hätte überhaupt nicht geschlafen. Er war so müde, das er kaum die Augen aufbekam. Doch durch das Fenster drang bereits dämmriges Tageslicht herein und er erschrak, als er dies bemerkte.
    Es wurde hier zu dieser Jahreszeit erst spät hell und dann auch nicht so richtig, er hatte also, obwohl er sich doch sein Mobiltelefon als Wecker programmiert hatte, verschlafen.
    Und geweckt hatte Ihn ebenfalls niemand.


    Sein Blick richtete sich auf die Uhr an der Wand, doch die Uhrzeit die diese anzeigte, konnte nicht stimmen. Er war etwas verwirrt, was wohl auch dem Umstand zuzuschreiben war, das er immernoch nicht ganz wach war.
    Er war ja total benommen. Er mühte sich auf.
    Seine Knochen und Gelenke schmerzten, besonders sein Knie und er fühlte sich alt.
    Nachdem er zur Toilette gehumpelt war und zurück kam, ging er ans Fenster und blickte hinaus. Er öffnete es und atmete die kalte Morgenluft und wurde etwas klarer im Kopf. Seine Gedanken ordneten sich und er versuchte, seine Erinnerungen an seine verworrenen Träume zu sortieren.


    Er setzte sich auf den Rand seines Bettes und nahm sein Handy zur Hand. Verfluchtes Ding. Fluch und Segen zugleich war es seine Verbindung zur Heimat und zu seinen Lieben einerseits, andererseits aber auch Gängelleine und Kontrollinstrument seines Chefs, womit er Thomas zu jeder Tages- und Nachtzeit erreichen konnte.
    Warum hatte bloss die Weckfunktion versagt? Er benutze diese täglich und war sich sicher, sie vor dem Zubettgehen programmiert zu haben.
    Ein Blick auf das Display verwirrte Ihn erneut. Es war tot. Absolut schwarz. Er hatte das Gerät doch wie jeden Abend ans Ladekabel angeschlossen. Der Akku konnte doch nicht leer sein.
    Das Gerät widersetze sich jedoch hartnäckig jedem Versuch, es einzuschalten und blieb tot.
    Sein Blick richtete sich erneut auf die Uhr an der Wand die immernoch die gleiche, offensichtlich falsche Uhrzeit anzeigte. Es wurde Thomas klar, das auch die Uhr defekt war.
    Seine Armbanduhr, die er auf das Nachttischen gelegt hatte, war, wie ihm ein kurzer Blick verriet, ebenfalls stehen geblieben.
    Das war eine merkwürdige Anhäufung von technischen Defekten, doch Thomas war sich sicher, das es dafür eine einfache Erklärung gibt.


    Er widmete sich einer kurzen Morgentoilette und nachdem er sich angezogen hatte, verließ er sein Zimmer und ging nach unten in den Frühstücksraum.


    Eine merkwürdige Stille empfing ihn. Niemand war da und auch die Wirtin war weder zu sehen noch zu hören. Dabei hatte er sich schon auf einen guten Morgenkaffee gefreut.
    Seine anfängliche, ihm angeborene gute Laune wich langsam etwas anderem. Einem Anflug von Ärger. Auch seine Knie schmerzte immernoch beharrlich.
    Wo waren denn bloß alle? Und wieso hatte ihn niemand vermisst und geweckt?


    Er dachte sich, pragmatisch und unkompliziert wie er nunmal war, zwecks Morgenkaffee einfach das Cafe aufzusuchen, wo es das gute Zimtgebäck gab.
    Allein bei dem Gedanken daran besserte sich seine Laune wieder unvermittelt, er holte seinen Parka und verließ das Hotel mit der kleinen Bäckerei als Ziel.


    Er humpelte mit schmerzendem Knie die Straße entlang und hoffte, das die Bewegung etwas helfen möge. Er hatte sich schon so oft vorgenommen, damit mal einen guten Arzt aufzusuchen.
    Doch eine seltsame Empindung lenkte Thomas von seinem Schmerz ab, während er die Dorfstraße herunter schritt. Eine merkwürdige und drückende Stille umfing Ihn und unvermittelt fiel Ihm auf, das er völlig alleine war.
    Er drehte sich um, sah die Straße hinauf und wieder hinunter.
    Wirklich niemand zu sehen.
    Keine Menschenseele, auch kein Fahrzeug. Eine Gänsehaut schlich sich über seinen Rücken seinen Nacken hinauf und ließ Ihm die kurzen Haare auf seinem Kopf kribbeln. Es fröstelte Ihn.
    Er war kein schreckhafter Mensch oder eine ängstliche Natur aber instinktiv wäre er spontan lieber woanders.
    Der Morgen entwickelte sich wirklich zu nichts Gutem und er war sich für einen kurzen Moment nicht wirklich sicher, ob er nicht noch in seinen wirren Träumen gefangen war.
    Ein heißer Schmerz durchzuckte sein Knie und ließ Ihn diesen Zweifel vergessen.
    Während er sich noch ratlos umsah, drang ein Ruf an seine Ohren. Eine Stimme rief von der gegenüberliegenden Strassenseite seinen Namen.


    "Thomas, ! Thoomas ! , hier drüben, du olle Schlafmütze...!"


    Er erkannte Marios Stimme und sein suchender Blick erkannte Diesen an der Tür zur Dorfschule, die sich ebenfalls in der Straße befand.
    "Komm, komm her..." rief Mario und bedeutete Thomas mit einer Armbewegung, zu Ihm zu kommen.


    Er ging hinüber zum Eingang der Schule und folgte Mario in das Innere. Drinnen, im großen Klassenzimmer war annähernd die gesamten Dorfbewohner versammelt. Auch die übrigen Gäste des Hotels, die Wirtin, die Feuerwehr sowie die paar Dorfpolizisten waren anwesend.
    Also hier waren alle. Thomas atmete innerlich auf und ein Stein fiel Ihm vom Herzen.
    Erleichtert fragte er Mario, was denn der Anlass für diese frühe Versammlung sei.
    Mario antwortete, er hätte nicht viel verstanden. Aber was er wohl mitbekommen hat, das es in der Nacht wohl eine außergewöhnlich heftige Aktivität von Aurora Borealis, also dem Nordlicht gegeben hätte. Und noch außergewöhnlicher wohl nicht nur die Intensität sondern auch so weit südlich. So heftig, das wohl eine Menge elektronischer und elektrischer Geräte den Geist aufgegeben hätten.
    Jetzt wäre man wohl dabei sich zu beraten und ein Krisen- und Notfallmanagement zu organisieren.


    ...to be continued...

    Member of the "outer Bunch..."

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  • Kapitel 5


    Die Nacht war dunkel gewesen, so dunkel, als würde man in das südliche Ende eines nach Norden ziehenden Bäres schauen. Die ganze Nacht über hatten dicke Wolken am Himmel gehangen und gegen Morgen hin hatte es ein wenig geschneit. Das Städtchen war jetzt von einer dünnen Schicht aus Pulverschnee überzogen. Langsam begann es zu dämmern und die Sonne überlegte schon, ob sie vielleicht einmal über den Horizont schauen sollte, schließlich erschien einen Moment später der obere Rand der Sonnenscheibe und das Licht begann in Richtung des kleinen Städtchens zu fließen. Es bahnte sich seinen Weg durch die Gassen und Straßen und erreichte schließlich das Fenster, hinter dem sich Thomas unruhig im Bett wälzte. Zufrieden schaute der Rabe vom Fenstersims aus durch das Fenster zu Thomas, er hatte seinen Auftrag erfüllt. Nach einem letzten Blick in Richtung Bett erhob er sich mit kräftigen Flügelschlägen in einer Wolke frischen Pulverschnees und gewann schnell an Höhe, dann drehte er noch eine Runde über dem Haus und flog davon. Er glitt über die Häuser, erreichte den Waldrand, flog eine zeitlang über die Baumwipfel und landete schließlich erneut auf einem Fenstersims, diesmal auf dem einer kleinen Holzhütte im Wald, aus deren Schornsein sich weißer Rauch kräuselte. Kurz klopfte er mit dem Schnabel an die Scheibe und das Fenster wurde geöffnet. Der Rabe hüpfte hinein. Er hatte den Traum wie befohlen zu Thomas gebracht und begann jetzt, zufrieden sein Gefieder zu putzen, während das Fenster wieder geschlossen wurde. Ein Beobachter hätte vielleicht ein leichtes Glimmen einer Pfeife wahrnehmen können, bevor sich das Fenster vollends schloss, aber Beobachter gab es hier keine.


    Thomas schlug die Augen auf. Die Erinnerung an den Traum verblasste langsam, aber ein Detail blieb ihm fest im Bewusstsein: das Nordlicht. Nachdem er in seinem ersten Traum schon von Andreas geträumt hatte fragte er sich, was es mit diesem Nordlicht auf sich hatte. Was wollte, was sollte ihm dieser Traum sagen? Er begann mit der Morgentoilette, zog sich anschließend an und ging hinunter zum Frühstücksraum, immer noch über das Nordlicht und dessen Bedeutung nachdenkend. In seinem Traum war das Nordlicht als besonders intensiv beschrieben worden, aber Thomas konnte sich nicht erklären, was das mit seinem Kästchen oder den Runen zu tun haben könnte. Als er die Tür zum Frühstücksraum öffnete, begrüßte ihn ein tiefes "DONG". Die kleine Uhr stand unschuldig auf dem Kaminsims und schaute auf den Frühstückstisch herunter, an dem Dominik bereits Platz genommen hatte. "Guten Morgen", sagte dieser fröhlich, zog dann aber die Stirn in Falten, als er den Gesichtsausdruck seines Gegenübers bemerkte. "Schlecht geschlafen?", fragte er. ""Schlecht geträumt.", antwortete Thomas, aber bevor er von seinem Traum erzählen konnte, öffnete sich die Tür und Ingo und Mario kamen herein. "Guten Morgen", Ingo lächelte als er eintrat und es schien ziemlich eindeutig, dass zumindest sein Traum vermutlich irgendetwas mit Zimtschnecken zu tun gehabt haben musste. Sie setzten sich an den Tisch und kurz darauf erschien Dominiks Großmutter mit einem Korb Brötchen. Alle griffen zu und nach kurzer Zeit und einigen Bissen von seinem Brötchen fragte Dominik mit vollem Mund: "Waff hafft Du denn geträumt?" Die beiden anderen schauten Thomas fragend an, sie hatten ja noch nichts von dem Traum gehört, und Thomas erklärte zunächst an sie gewandt, was er in der Nacht "erlebt" hatte. Dann drehte er sich zu Dominik und erzählte von seinem Traum und dem Nordlicht und dass er keine Ahnung habe, was das zu bedeuten hätte. Dominik zog sein Handy aus der Tasche und gab in der Eingabezeile der Suchmaschine "Nordlicht Mythen" ein. Gleich der erste Treffer führte ihn zu der Internetseite der Hurtigruten, einem Anbieter für Kreuzfahrten, der unter anderem auch Nordlicht-Fahrten anbot. Darauf stand zu lesen:
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    "Helden erhellen den Himmel

    Odin war der Hauptgott und Regent von Asgard, verehrt von allen Wikingern. Sie glaubten, er lebe in Walhall, wo er sich auf Ragnarök vorbereite – eine Reihe von Ereignissen, die das Ende der Götter und den Beginn einer neuen Welt herbeiführen würden. In der Legende der Wikinger war Ragnarök vorherbestimmt und sollte Odins größte Schlacht werden, daher benötigte er die tapfersten Krieger an seiner Seite. Während jedes Kampfes auf der Erde wählte er die Kämpfer aus, die sterben sollten, um in Walhall an seiner Seite zu stehen. Die Walküren – weibliche berittene Krieger, die Rüstungen trugen und Speere und Schilde – hatten die Aufgabe, Odins auserwählte Krieger nach Walhall zu führen. Die Wikinger glaubten, die Nordlichter, die den Himmel erleuchteten, seien die Reflektionen der Rüstung der Walküren während sie die Krieger zu Odin brachten.


    In manchen heißt es, die Aurora war der Atem der tapferen Soldaten, die im Gefecht ihr Leben ließen.

    Im Kampf zu sterben, galt bei unseren nordischen Ahnen als Ehre, und viele ihrer Legenden erzählen von großen Schlachten und feiern die Krieger, die im Kampf starben. In manchen heißt es, die Aurora war der Atem der tapferen Soldaten, die im Gefecht ihr Leben ließen. In anderen Geschichten war die Aurora die „Bifröst Brücke“, ein leuchtender, pulsierender Bogen, der die gefallenen Krieger zu ihrer letzten Ruhestätte in Walhall wies."

    (Quelle: http://www.hurtigruten.de)
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    Die vier schauten sich an. "Also ist das Nordlicht so eine Art Wegweiser?", fragte Thomas schließlich. "Oder es kündigt die Ankunft einer Menge böser Frauen an.", kicherte Ingo. "Was mich übrigens etwas an der Wegweisertheorie stören würde,", fuhr er nach einer kurzen Pause fort, "wäre die Tatsache, dass es TOTEN Kriegern den Weg weist. Aber vielleicht nehme ich es ja zu wörlich." Die Falten auf Thomas Stirn hatten ihn den letzten Satz noch schnell hinzufügen lassen. "So oder so, wir werden es nur herausfinden, wenn wir uns den Thingplatz bei der Wasserkuppe anschauen.", sagte Thomas. "Also, lasst uns unseren Kram hier beenden und am Samstag geht´s los in Richtung Rhön." "Dominik", wandte sich Ingo an den jungen Mann, "kannst du eventuell mit deinem Computer einen Platz auf der Fähre buchen? Da ich als einziger mit dem Auto hier bin, bin ich ja wohl der Fahrer, oder?" Er schaute in die Runde. Die anderen erwiderten den Blick skeptisch. Zwar war er wirklich der einzige mit einem Auto, aber dieses Auto war ein kleiner Abarth, so eine niedliche kleine Knutschkugel, und das ließ die Aussicht auf eine stundenlange Autofahrt nicht sonderlich erstrebenswert erscheinen. Dominik, der sich gerade vorstellte, wie sich die drei und dieser Andreas in das Auto quetschen würden grinste breit und nickte. "Braucht ihr eine Kabine, oder wollt ihr im Auto schlafen?" Er schaffte es knapp durch die Tür, bevor drei halbwegs gut gezielte Brötchen rechts und links neben dem Türrahmen einschlugen...



    Ein leises "tac tac tac" kam vom Fenster herüber. Der Schmied erhob sich von seinem Stuhl am Tisch und öffnete das Fenster. Ein zweiter Rabe kam herein, wartete kurz, bis der Schmied das Fenster wieder geschlossen hatte und sprang dann auf die Schulter des Mannes. Er streckte seinen Schnabel in Richtung des Ohrs des Mannes und es schien fast so, als würde er ihm etwas zuflüstern. "Danke dir!", sagte der Schmied und hielt dem Vogel die Hand hin, auf die dieser sprang um kurz danach in der Ecke auf einen dort hängenden Ast gesetzt zu werden, auf dem schon der erste Rabe saß. Die beiden begrüßten sich indem sie kurz die Schnäbel aneinander rieben. Der Schmied ging zum Tisch zurück und setze sich wieder hin, nahm einen Schluck aus dem dampfenden Becher und schaute in die Flammen des Kamins, der einzigen Lichtquelle in der Hütte, wenn man von den zwei winzig kleinen Fenstern absah. "Sie sind auf dem Weg.", sagte er schließlich in Richtung der Flammen. Auf der anderen Seite des Tisches lehnte sich der alte Mann aus den Schatten nach vorne, so dass das Licht des Feuers auf sein Gesicht schien: "Dann wird es Zeit!" Stille. "Hmmm...", brummte der Schmied schließlich, nahm einen tiefen Zug aus seiner Pfeife und ließ den Rauch langsam wieder in Richtung des Kamins entweichen, "...da hast Du Recht, alter Freund, da hast Du Recht!"



    To be continued...

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    W. R. Inge

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  • Leise näherte es sich dem Haus, wie ein Jäger seiner Beute. Der Schnee dämpfte alle Geräusche, aber dieses Wesen hätte man wohl auch ohne Schnee nicht kommen hören. Noch fühlte es sich schwach in seiner irdischen Gestalt, aber es wurde beständig stärker und das wusste es. Es schlich zur Rückseite des Hauses und schaute durch die Terassentür ins Innere des Hauses. Dort saß er. Ein leises Knurren kam tief aus der Kehle des Wesens, zu leise, als dass es der Mann drinnen hätte hören können. Das Wesen näherte sich dem Fenster noch etwas und in der Scheibe spiegelten sich seine roten Augen. Sein Atem dampfte in der Kälte der Nacht und die Scheibe beschlug leicht. Es musste einen Weg hinein finden.

    Andreas Stinson saß gemütlich in seinem Lesesessel und schmökerte in seinem "5 Freunde" Buch. Neben ihm auf dem Tischchen stand ein dampfender Kakao und eine Zimtschnecke, von der er von Zeit zu Zeit abbiss. Er hatte, nachdem ihn Thomas morgens angerufen hatte, seine Sachen für die Reise zusammengepackt und danach noch weiter versucht, Genaueres über den Thingplatz herauszufinden, wovon noch viele aufgeschlagene Bücher auf seinem Schreibtisch zeugten. Jetzt aber hatte er sich zur Entspannung in seinen Lesesessel zurückgezogen und ließ sich ganz von der Geschichte von Enid Blyton einfangen. Er war am unteren Ende einer Seite angekommen und wollte gerade umblättern, als er eine gewisse Unruhe verspürte. Er hätte nicht sagen können, was es war, aber irgendetwas hatte sich verändert. Ihm war, als wäre es gerade einige Grad kälter geworden. Er drehte sich um und schaute zum Fenster, dann zur Terassentür, aber da war nichts. Er zuckte mit den Schultern, nahm einen Schluck Kakao, biss von der Zimtschnecke ab und widmetete sich dann wieder seinem Buch.

    Das Wesen schaute zu dem offenen Fenster hoch und sprang. Es landete auf dem Fenstersims und sprang von da aus hinunter in das Badezimmer. Auf leisen Sohlen schlich es in Richtung Tür, die nur angelehnt schien. Als es an dem Badezimmerschrank vorbei kam, dessen Spiegel bis zum Boden reichte, verharrte es kurz und betrachtete sein neues Ich. Ein großer tiefschwarzer Wolf schaute aus roten Augen zurück. Für einen Wolf war er wirklich groß gewachsen, aber er kam sich noch immer klein und schwach vor, schließlich war er gerade erst wieder erwacht. Er schaute wieder zur Tür und setzte seinen Weg fort.


    Andreas war sich jetzt sicher, das etwas nicht stimmte. Er war auch der Meinung, etwas gehört zu haben. Vielleicht waren Einbrecher im Haus? Er stand auf und suchte sein Handy, er wollte lieber die Polizei rufen. Wo hatte er das blöde Ding bloß hingelegt? Schließlich fiel es ihm wieder ein, es lag noch auf dem Schreibtisch, wo er es nach dem Telefonat mit Thomas hatte liegen lassen. Er ging hinüber und fand es unter dem aufgeschlagenen Buch, das das Foto vom Thingplatz zeigte. Er zog es hervor und hörte plötzlich ein leises, aber böses und tiefes Knurren. Andreas erstarrte. Er konnte sich nicht bewegen, und blieb einfach, das Handy immer noch in der Hand haltend, am Schreibtisch stehen. Plötzlich spürte er etwas auf seinen Schultern und wurde nach vorne auf den Schreibtisch gedrückt. Der Wolf drückte ihn mit seinen Vorderläufen auf die Tischplatte und Andreas spürte den heißen Atem im Nacken. Sein Gesicht wurde auf das Buch gedrückt und aus dem Augenwinkel sah er das Bild des Thingplatzes. Dann schlossen sich die Kiefer des Wolfes um seinen Nacken und die Fangzähne durchbohrten die Haut... das Bild des Thingplatzes verschwand vor seinem Auge und Dunkelheit umfing ihn, tiefschwarz wie das Fell des Wolfes...


    To be continued...

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