Review: Arcteryx LEAF Minotaur Midlayer Softshell


  • Darf man Heilig Abend eigentlich Rasenmähen? Klar, solang du
    die Nachbarn nicht beim Grillen störst. Okay, zugegeben ziemlich armselig. Vom
    weiten Feld der Klima-Witze bringe ich den vermutlich lahmsten, um in mein
    Review einzusteigen. Aber was soll auch der Scheiß, da schreib ich hier von Layern,
    Fleeceeinlagen und dem Trotzen von Elementen – und draußen bricht der verdammte
    Frühling aus. Nun es muss nicht alles rational sein, schon gar nicht, wenn es
    um eine Jacke geht, die im Handel nicht mehr erhältlich ist und den albernen
    Namen “Minotaurus” trägt.




    Aber der Reihe nach. Bei dem Kleidungsstück handelt es sich
    um einen sogenannten Mid-Layer, also eine Jacke die wie ein Pullover über Feinripp
    getragen werden kann. Es gab noch eine Half-Shell Version, die im unteren nicht
    teilbaren Bereich aus reinem Fleece gemacht wird.


    Beide stammen aus Arcteryx’ LEAF Sparte. LEAF steht hierbei
    für Law Enforcement und Armed Forces, richtet sich also primär an spezielle
    Spezialagenten (“Frank Drebin!”) und Leute wie mich, die gern einer wären. So
    hat sich Arcteryx anscheinend den exklusiven Ausrüstervertrag des Sealteam 6
    gesichert, die nun nur noch in den Klamotten des Kanadischen Herstellers
    rumlaufen dürfen. Außerdem, so sagt man, muss jedes Mitglied eine
    Vertragsklausel unterschreiben, Arcteryx mindestens drei Mal in jedem ihrer
    monatlich erscheinenden Bücher zu erwähnen.





    Performance
    Die Jacke ist aus einer L2 Windstopper Goretex Schicht
    gefertigt, die mit einem dünnen Polartec Fleece gefüttert ist. Das macht sie
    ziemlich leicht, relativ warm und robust. Der Stoff ist abriebfest für eine
    Softshell.




    Die Atmungsaktivität ist ganz okay, auch wenn man bei
    anstrengenderen Aktivitäten als cool in der Gegend rum zu stehen schon mal
    schnell aufheizt. Die Nähte sind sehr sauber, was für die abartigen Preise auch
    zu erwarten ist. Experte und Ehrenmann “Black Knight Gear”, ein kleiner Asiate
    im Stimmbruch mit 18 Followern, beschreibt den Stoff als wind-, wasser- und
    ölabweisend. Ich vertraue seinem Urteil aus mehreren Gründen. Zum einen trägt
    er eine Balaclava und wirkt dadurch direkt seriös. Ich gehe davon aus, dass er
    gerade direkt aus dem Epizentrum der Hongkong-Proteste seine Eindrücke zu
    sündhaft teuren Arcteryx-Produkten sendet.




    Zum anderen habe ich selber schon in der Jacke Döner
    gegessen. Vom “Minotaurus” perlen Flüssigkeiten in der Regel gut ab und Wind
    geht nicht durch. Das kann bei fiesem Preußenwetter schon richtig angenehm
    sein.




    Für besseren Nässeschutz sind die Wasser abweisenden
    Reißverschlüsse mit einer Gummilasche unterlegt. Auf der Innenseite ist sie mit
    Flausch für besseren Tragekomfort gepolstert. Das verhindert nebenbei, dass der
    Reißverschluss unter einem Plattenträger unangenehm wird.







    Geschlossen werden die leichtgängigen Zipper, die mit
    hervorragend greifbaren Cord-Pulls ausgestattet sind, in kleinen Garagen
    geparkt. So kann keine Feuchtigkeit am Zipper eindringen.





    Aufbau
    Vom Schnitt her schafft Arcteryx den Spagat zwischen
    sportlicher Passform und ausreichend Raum für voluminöse Pullover oder sogar
    ballistische Schutzwesten (ohne viel Gerödel). Darüber geht’s natürlich auch,
    denn das Material ist für eine Softshell ziemlich abriebfest. Die Jacke ist
    dafür ausgelegt, die beiden wirklich großen Brusttaschen und
    Belüftungs-Reißverschlüsse sind so angeordnet, dass sie durch die Arm-Öffnungen
    eines Plattenträgers erreichbar bleiben. Im Schulterbereich gibt es keine
    Nähte, die durch das Gewicht der Schutzweste aufriffeln oder zur Druckstelle
    werden könnten.



    Die Ärmel sind so geschnitten, dass sie dem natürlichen
    Armwinkel folgen und nicht glatt nach unten fallen. Das Design ist so
    konzipiert, dass man die Arme über den Kopf heben kann, ohne dass die Jacke
    nach oben rutscht. Ein tolles Feature, auf das ich wegen meiner vielen, vielen
    täglichen Klimmzüge nicht verzichten möchte. Die Enden lassen sich mit Klett
    fest um Handschuhe schließen, sodass weder Wind noch Regen eindringen kann. An
    den Oberarmen sind außen große Klettflächen auf großzügigen flachen
    Karten-Taschen angebracht. Neben dem “Dead Bird” auf der Front sorgen die für
    den notwendigen taktischen Look, ohne den mein Sohn vermutlich sofort den
    Respekt vor seinem alten Herrn verlieren würde.



    Der Rumpf schließt ziemlich genau auf Höhe einer Koppel ab –
    zumindest, wenn man kein extremer Sitzriese ist. Unten lässt sich die Jacke mit
    Shock-Cords eng ziehen. Die Führung der Cords ist nach oben vernäht, es kann
    sich also nichts mit der Koppel verhaken.




    Der mit einer kleinen Klettfläche versehene Kragen verfügt
    über keinerlei Kaputze und ist halb hoch. Das sorgt für ausreichenden
    Wetterschutz, ohne dass er ständig nervig gegen den Unterkiefer stößt. Über das
    für und wider einer Kaputze lässt sich trefflich streiten, in meinen Augen wäre
    sie bei einer Mid-Layer Jacke eher fehl am Platz. Sie baumelt die meiste Zeit
    lästig rum, stört in Verbindung mit Schutzwesten und man kann damit hängen
    bleiben. Falls es wirklich richtig Bauklötze regnet ist eine echte Hardshell
    sowieso das Mittel der Wahl.




    Temperaturmanagement
    Die Jacke bietet die Möglichkeit, sollte es plötzlich
    anstrengend werden, Hitze durch große Öffnungen unter den Armen abzuleiten.
    Weiterhin sind die beiden vertikalen Brusttaschen mit Netzstoff unterlegt,
    sodass auch hier eine Belüftungsmöglichkeit besteht.




    Die Kehrseite der Medaille ist, dass speziell der Netzstoff
    gerne am verdeckt getragenen Plattenträger festklettet und leidet. Bislang kann
    ich nach zwei Jahren lediglich kosmetische Mängel feststellen, die Funktion ist
    nicht beeinträchtigt.




    Fazit
    Wer bis hierhin durchgehalten hat, mag sich immer noch
    fragen, was der Scheiß soll. Die Jacke gibt’s nicht mehr im Handel und die
    Preise bei Ebay sind meistens geistesgestört. Tatsächlich hat Arcteryx das
    gesamte Konzept der standalone Midlayer Jacken praktisch aus dem Repertoire
    gestrichen, wohl um die noch teureren Hardshells besser verkaufen zu können.
    Einzig die “Patrol Jacket” füllt die Lücke, hat jedoch viele Abstriche
    gegenüber “Minotaur”, “Drac” und “Bravo”. Wer aber über den Dead Bird
    Tellerrand schaut, wird sehen, dass andere Hersteller wie etwa UF Pro mit
    taktischen Softshells wie der Hunter oder der Delta Eagle die Lücken zu
    schließen begonnen haben. Zwar bleibt Arcteryx auf dem Sektor immer noch der
    König im Ring, jedoch bleibt abzuwarten wie lange. Solltet ihr jedoch die
    Gelegenheit haben, eine Minotaur, Drac oder Bravo in gutem Zustand günstig zu
    schießen, könnt ihr meiner bescheidenen Meinung nach bedenkenlos zuschlagen.




    Frohe Festtage!

    Insta: @bangaranggear

  • Zitat

    " Zum anderen habe ich selber schon in der Jacke Döner gegessen"

    :thumbup: :thumbup: :thumbup:



    Danke fürs zeigen! Interessantes Teil! Schade, dass sie nicht mehr produziert wird. Ich teste gerade die Helikon Trooper. Gefällt mir Preis-/Leistungstechnisch schon ziemlich gut, wenn natürlich auch nicht ganz auf Arc Niveau.

  • Von mir auch Danke fürs Review; mir ist es eher sekundär wichtig ob gezeigte Gegenstände noch erhältlich sind; primär geht es darum Intel zu typischem Gear zu bekommen.
    Würzig und informativ gemacht; wirklich cool zum lesen.

  • Danke für die ausführliche Beschreibung! :thumbup:


    Ich hatte mir damals überlegt, die Minotaur zu holen, habe mich aber dann wegen dem - für eine Softshell-Jacke - astronomischen Preis für die halb so teure Gamma AR (bin mir mit dem Modell nicht ganz sicher) von Arcteryx entschieden. Die ist auch aus Windstopper mit leichtem Futter. Sehr angenehm bei kühlen Temperaturen, mit Atom LT drunter auch unter Null Grad gemütlich, und bietet den typisch exzellenten athletischen Schnitt. Die Drac hatte ich mal, die war fürchterlich geschnitten, wie ein Sack.

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