Anmerkung: Die im Folgenden vorgestellten Messer habe ich im Hinblick auf dieses Review direkt von der Firma Kizer freundlicherweise zu sehr vergünstigten Konditionen erwerben können.
Vielen Produkten aus China stehe ich sehr kritisch gegenüber. Zu oft gab es was die Qualität betrifft große Diskrepanzen zwischen Erwartung und Realität. Spontan muss ich da z.B. an ein Modell namens “Bushcraft” einer Solinger Messermanufaktur denken. An diesem aus China importierten Modell stimmte wirklich gar nichts.
Aber auch sonst habe ich mit Messern aus Fernost in der Vergangenheit recht durchwachsene Erfahrungen gemacht. Der Preis erschien meist heiß aber in der Regel traf der abgedroschene Spruch “you get what you pay for" doch irgendwie zu. Natürlich soll man nicht pauschalisieren und gerade über die Firma Kizer habe ich die letzten Jahre sehr positives Feedback vernommen. So häufig, dass schließlich trotz meiner Vorbehalte eine Neugier geweckt wurde.
Die Wahl der von Kizer zu testenden Modelle fiel mir mir nicht ganz leicht. Die Firma hat wie viele Hersteller eine große und interessante Auswahl. Neben den Modellen Task II und Sealion fiel mein Blick aber zuerst auf das Modell “Bush Knife”, das von Justin Ginrich entworfen wurde. Justin ist ein seit vielen Jahren aktiver und recht bekannter amerikanischer Messermacher der seine taktischen Designs schon bei diversen Herstellern unterbringen konnte. Seine Entwürfe zeichnen sich in der Regel durch enorm robuste Bauweisen und bisweilen grenzwertig stark dimensionierten Klingenstärken aus. “Lieber eine unzerbrechliche Brechstange, als ein schneidfreudiges Messer” könnten ihm kritische Stimmen nachsagen. Trotzdem oder vielleicht gerade deshalb haben mich seine “taktischen” Entwürfe stets interessiert.
Als ich das Bush Knife schließlich in den Händen hielt, war ich in Anbetracht dessen, was ich mir ausgemalt hatte, dann aber doch sehr überrascht. Dieses Messer hat mit üppigen Dimensionen sonstiger Ginrich Modelle wenig gemein. Zugegeben in Relation zum Griff wirkt die Klinge stattlich. Das allerdings liegt weniger an der Klinge selbst, als vielmehr am erstaunlich kurz und filigran geratenen Griff. Mein erster Gedanke war, dass dieses Messer entweder für zierliche Frauenhände entworfen wurde oder beim Austausch der Zeichnungen zwischen Justin und Kizer etwas schief gelaufen sein musste. Nicht dass der Griff ein Arbeiten mit dem Messer unmöglich macht. Um einen wirklich festen Griff zu bekommen, hätten die Abmessungen aber gut und gerne 10-20% größer ausfallen müssen. So erinnert er mich eher an ein 4 ½ Finger Messer.
Ungeachtet der für mein Empfinden ungewöhnlichen Dimensionen ist das Messer aber sehr ordentlich verarbeitet. Sauber geschliffen und mit einer Pulverbeschichtung versehen wie man sie von vielen Outdoormessern westlicher Hersteller kennt. G10 und 1095 sind eine pragmatische Kombination für ein Outdoor Werkzeug. Bis auf den für mich zu klein geratenen Griff also eine solide Basis.
Die Kydexscheide, die wirklich sehr gut ausgeführt wurde, verfügt über einen Feuerstahl Halter und ist über einen Gurt am Gürtel zu befestigen.
Wer eher kleine Hände hat und am Design des Bush Knife gefallen findet, wird nicht enttäuscht sein. All diejenigen, die auf der Suche nach einem typischen Ginrich Messer sind, werden möglicherweise nicht das erhalten, was sie erwartet hatten. Zugegeben: Wer lesen kann und sich etwas Gedanken über die Maße macht, kommt da vielleicht eher drauf.
Das Messer gibt es neben der schwarzen Beschalung auch mit braunen Griffen. Leider konnte ich das Messer ad hoc nicht auf der Kizer Website finden.
Daten zum Bush Knife:
Klingenlänge: 12,8 cm
Grifflänge: 10 cm
Klingenstärke: ca. 4 mm
Klingenstahl. 1095 Kohlenstoffstahl
Griffmaterial: schwarzes G10
Scheide: Kydex/Nylon Kombination
Neben dem Bush Knife haben mich zwei weitere Fixed von Kizer interessiert. Beiden Modelle stammen aus der Feder von Uli Hennicke. Um das schon mal vorwegzunehmen: Sowohl das Task II, sowie das Sealion haben mich auf ihre jeweilige Art schnell überzeugen können. Sie sind nicht nur schön anzusehen sondern funktionieren auch für mich sehr gut. Es fällt mir auch schwer unter beiden einen Favoriten auszumachen.
Das Task II liegt sehr angenehm in der Hand. Dabei finde ich auch die für den Zeigefinger bestimmte Einbuchtung sehr interessant. Sie erinnert mich an einen Choil - ohne dass dafür unnötig Klingenlänge bzw. Schneide verschenkt würde. Der S35VN Stahl gehört sicherlich zu einem der begehrtesten rostfreien Stählen derzeit und kann durch eine überaus gute Schnitthaltigkeit brillieren. Die Klinge ist kurz genug, um wenig aufzufallen und das Messer kompakt zu halten. Groß genug um damit kleinere Arbeiten des täglichen Lebens zu erledigen ist sie dennoch.
Daten zum Task II:
Klingenlänge: 9,5 cm
Grifflänge: 10,5 cm
Klingenstärke: ca. 4 mm
Klingenstahl. S35VN PM-Stahl
Griffmaterial: grünes G10, andere Farben verfügbar
Scheide: Kydex
Das Design des Sealion gefällt mir wirklich außerordentlich gut. Erfreulicherweise sind die Abmessungen so gut ausbalanciert und kompakt, dass sich das Messer fürs unauffällige Tragen prädestiniert. Trotz des sehr schlanken (aber relativ langen) Griffs, liegt das Sealion angenehm in der Hand. Es qualifiziert sich insgesamt als idealer Begleiter im Alltag, das mit wenig Gewicht und ausreichender Funktionalität dem Träger zur Seite steht. Der VG10 Stahl ist zwar heute keine High-End-Legierung mehr, doch denke ich, dass er über die ganzen Jahre seine Qualitäten unter Beweis gestellt hat. Einzig und allein die Klingenstärke des Sealion hätte ich in Anbetracht der restlichen Proportionen auf ¼ oder gar â…“ reduziert und die graue Klingenbeschichtung eliminiert. Zwei Punkte die ich allerdings fast schon vernachlässigbar finde.
Daten zum Sealion:
Klingenlänge: 9,3 cm
Grifflänge: 11,3 cm
Klingenstärke: ca. 4 mm
Klingenstahl. VG10
Griffmaterial: schwarzes G10, andere Farben verfügbar
Scheide: Kydex
Was die Verarbeitung der Kydexscheiden von Kizer angeht, bin ich wirklich beeindruckt. Eine entsprechend gute Qualität ist leider unter der Konkurrenz nicht selbstverständlich. Die Scheiden sitzen stramm, ohne jedoch hässliche Kratzer auf dem Klingenfinish zu hinterlassen. Auch der aus Kydex gebogene Clip der Scheiden der Hennicke Messer gefällt mir sehr gut. Wenn nun noch die Schnittkanten poliert wären, könnte man die Kydexscheiden auch ohne Messer in die Vitrine stellen :-).
Zusammenfassend kann ich sagen, dass mich die Produkte von Kizer in Sachen Qualität und Verarbeitung doch sehr überzeugt haben. Es wird deutlich, dass man sich große Mühe gibt, mit den alteingesessenen Herstellern zu konkurrieren oder sie gar zu übertreffen. Das hinterlässt auch seine Spuren am Preisschild. Dieses ist für mein Empfinden zwar gerechtfertigt. Von der Vorstellung eines Dumpinpreis, weil aus Fernost, muss man sich aber ggf. verabschieden. Kizer ist kein “Billigheimer”. You get what you pay for! Unterm Strich scheint das aufzugehen, denn Kizer hat sich über die letzten Jahre fest in der Szene etabliert.
In Bezug auf die Designs bin ich von der Wahl Kizers größtenteils überzeugt. Zwar kann ich den kleinwüchsigen Griff des Bush Knife nicht ganz nachvollziehen. Gerade aber die von Hennicke beigesteuerten Entwürfe wirken zu Ende gedacht und irgendwie auch mal erfrischend anders. Ich bin auf jeden Fall gespannt, was wir von Kizer in der Zukunft noch erwarten dürfen.