Das hier ist mein erster Beitrag in der Bastelecke und ich bitte um etwas Nachsicht mit dem folgenden Projekt, was mir schon seit mehreren Jahren im Kopf rumschwirrte, ich aber leider aus verschiedenen Gründen nie umgesetzt habe.
Das Böker Kwaiken ist mir seit den ersten Modellen sehr ans Herz gewachsen, und macht mir Tag ein - Tag aus sehr viel Spass. Ich hatte bislang immer Glück mit einem guten Flipper, die Anschliffe aller vorliegenden Modelle sind (nach der einen oder anderen Umtauschaktion) in Ordnung. Es gäbe nichts zu mäkeln...wäre da nicht der §42a. U.a. Anso hat es mit seinem Monte Carlo vorgemacht, dass man elegante Klappmesser haben kann, die das leidige Thema §42a beherrschen. Eine neue Platine nachbauen, um den Linerlock loszuwerden, war mir bislang immer zu aufwendig. Die Alternative, den Flipper und damit dem Messer das einhändige Öffnen abzugewöhnen..damit konnte ich mich bei meinen liebgewonnenen Modellen nicht durchringen.
Und dann kam das Böker Kwaiken Duplexgrind um die Ecke. Gesehen ... bestellt ... enttäuscht.
Die Idee mit dem Anschliff war spannnend. Das, was man in der Hand hielt, um so enttäuschender.
Es hatte sich einiges an den Innereien getan:
- Kein IKBS, sondern Käfig-geführte Kugellager (zumindest keine Verschlechterung)
- ein Stopp-Pin, der in die Klinge eingelassen wurde - wieso das ?
- zusätzliche Bohrung in der Klinge ?
- wunderliche Kombinationen aus hochglanz-poliertem Clip und Backspacer zu matt-perlgestrahtlen Stahllinern ?
- Klingenachs-Schraube auf der einen Seite nahezu blank und glänzend - auf der anderen Seite nahezu lieblos unbehandelt mit deutlichen Bearbeitungsspuren
- die Burnley und Böker Prägungen auf der Klinge sind nicht mehr geschwungen (v.a. Burnley), sondern plump längs ausgerichtet positioniert. Wirkt weniger wertig als zuvor
- unterschiedlich tiefe Senkbohrungen für die kleinen Schrauben der Griffschalen mit dem Ergebnis, dass die unterschiedlich weit hinaus schauen
- Linsenkopf-Schrauben zur Fixierung von Liner und backspacer – die Köpfe schauen zu weit raus, also wurde in die Innenseite der Griffschalen ein Gegenloch gebohrt, damit es passt – wieso nicht Senkkopf oder flacherer Linsenköpfe?
Das ganze Ding wirkte lieblos zusammen geworfen und verschlimmbessert.
Kurz um: Ich war genervt und wollte das blöde Ding zurück schicken ...und dann ist es mir aus der Hand gefallen...auf die Messerspitze. Toll - so konnte ich es nicht mehr zurück schicken. Also ab in die Schublade damit.
Irgendwann packte mich dann die Bastelwut :knueppel: und ich zerlegte das Teil, um zu überlegen, wie es mit uns beiden nach so einem schwierigen Start weiter gehen sollte. Wieso nicht zu einem sorglos-EDC umfunktionieren.
Kurzerhand wurde der Flipper abgeschliffen.
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Zum Öffnen des Messers war eine Nagelhau notwendig. Der wurde (und hierfür gebe ich mir nur eine 3-) mit einer Dremelscheibe auf der Bohrmaschine und Koordinatentisch eingeschliffen. Hätte das nicht funktioniert, wäre alles in der Tonne gelandet. Tat es aber...puhh. Optisch ist es nicht 100% gerade, vermutlich ist die Klinge beim ständigen Kontrollieren (Schleifen, nachmssen, schleifen, nachmessen...) des Schliffs verrutscht.
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Um an den Nagelhau besser ranzukommen, wurde kurzerhand die Platine um eine kleine Aussparung erweitert.
Im Rahmen der Bereinigung der Arbeitsspuren ging es dann mit mir durch. Weil die Platinen nicht richtig plan waren, hab ich zunächst die Außenseiten per Hand plangeschliffen.
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Nach dem Foto kamen noch ein paar Durchgänge, bis es einheitlich war.
Dann fand ich noch einen kleinen Sonnenschliff-Kopf von Jürgen Schanz in der Schublade, den ich noch nie ausprobiert habe. Das Ergebnis war überzeugend, bis ich versehentlich zu viel vom Stift abgeschliffen habe. Das Schliffmuster war versaut. Also kurzerhand mit einem 6mm Dübel und dickem Leder sowie feiner Ventilschleifpaste einen neuen Stift gebaut. Ist ok, muss aber mit feinerer Schleifpaste nochmal nachgearbeitet werden. Für den ersten Versuch hätte es schlimmer kommen können, braucht aber noch was Zuwendung.
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Dann hat mich die Klingenprägung geärtert. Sie wirkt im Vergleich zu den vorherigen Versionen lieblos und plump. Der erste Versuch meines Lebens mit Satinieren einer Klinge, hier auch noch mit dem Duplex Grind war nicht ganz einfach und braucht noch Nacharbeitung. Für den ersten Versuch aber ok. Das hab ich mir schlimmer vorgestellt.
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Die vorhandene Griffschale wurde um eine kleine Ausssparung erweitert, um an den Nagelhau besser dranzukommen.
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Letztendlich bin ich mit dem Zwischenstand, wie ich es nennen will, zufrieden. Einige Ärgernisse sind beseitigt, einige Dinge sind noch zu machen. U.a.:
- Sonnenschliff nacharbeiten
- Satinierung nacharbeiten
- Neue Griffschalen (Material vielleicht CF)
- Clip ja oder nein
- Schrauben austauschen
- Anschliff nacharbeiten, damit die verbliebenen Spuren des Sturzes verschwinden
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Prinzipiell gefällt mir die Haptik und Optik ohne den Clip. Es fällt bei der täglichen Nutzung ohne Clip und ohne Flippernase jedoch auf, dass wenn man den Schlingel aus der Hose holt, die Orientierung der Spitze schwierig fällt. Sprich „Wo ist der NAgelhau“. Das würde für einen Clip sprechen.
Wenn so ein Gebastel fast abgeschlossen ist, fragt man sich natürlich das eine oder andere:
Hab ich eigentlich einen an der Waffel? Ja, aber das ist nicht neu.
Macht es Sinn, einfach einen Flipper abzuschleifen? Nein – oder doch nur eine Ansichtssache?
Hat es Spass gemacht? Ja
Hab ich was dabei gelernt? Ja, massig
Werden die anderen meine Motivationsgründe nachvollziehen? Bestimmt!
Würde ich es nochmal machen? Wenn der Spender so voll Ärger steckt wie hier: Ja. Beim Kwaiken Tuxedo: Nein.
Und das lustige an der Sache ist, dass Böker mit dem neuen Kwaiken Auto scheinbar auch auf die Idee gekommen ist, dass dem Modell ein fehlender Flipper gut steht.
Ich hoffe, mein Bastelbericht hat dem einen oder anderen gefallen. Die Bilder sind vom letzten Zwischenstand und fernab davon, mich zufrieden zu stellen. Jetzt muss ich mit mehr Zeit und Geduld die kleinen Schönheitsfehler nacharbeiten. Dann könnte es was werden.