Mal Klartext:
Es sind zwei grundsätzlich verschiedene Dinge, durch die Vorschläge hier - oder meinetwegen auch durch darüber hinausgehendes direktes Engagement - den Hersteller in die Lage zu bringen, eine ANGEMESSENE Lederscheide anzubieten (A) oder eine den Kunden offenbar nicht vermittelbare "Zwangskauflösung" zu vertreten statt einer praxigerechten und kundenfreundlichen "Optionslösung".
Ich halte Leder für praxistaugliche Scheiden NICHT für tot. Leder ist eigentlich ein tolles Material, bringt kein Ziehgeräusch, deutlich weniger Kontaktgeräusch beim Anstoßen anderer Ausrüstung, Umgebungsgegenständen usw., ist robust und gut zu verarbeiten. Nicht umsonst ziehen Spezialeinheiten textile oder Lederscheiden zuweilen nach sorgfältiger Abwägung reinen Kydexmodellen vor. Ich hatte mal Gelegenheit, mir hervorragende Lederarbeiten anzusehen, die ein englischer Sattler für die SAS anfertigt (und für einzelne deutsche SEen).
Blöderweise hat man allerdings vor etwa 70 Jahren aufgehört, Erkenntnisse und Entwicklungen zu taktischen und ergonomischen Anforderungen, insbesondere auch die hier immer wieder angesprochenen heute bei Praktikern ganz selbstverständlichen Erwartungen an variable Trage- und Befestigungsmöglichkeiten, bei der Konstruktion von Serien-Lederscheiden auch nur ansatzweise mitzuverfolgen. Die Dinger sehen heute noch immer so aus wie 1940. Siehe die hier vorgestellte Scheide. Innovation und Überlegung ist in die Detailgestaltung von Cordura-, Kombi- und Kydexscheiden eingeflossen.
Man kann eine Scheide aus Leder durchaus so gestalten, daß man sie seitenwahlfrei auf verschiedenen Tragehöhen tragen, TekLoks oder MOLLE-Loks befestigen, sie an taktische Oberschenkelholster anschlaufen, wahlweise diagonal, tipup, tipdown tragen kann und, und.....
Nachdem Werner - offenkundig mit einer gewissen "Sprecherlaubnis" des Herstellers - das hier verlautbart hat, darf ich ja auch einen Ton dazu sagen. Die Vorschläge sind unterbreitet und wurden sehr offen aufgenommen. Man kann also die Hoffnung haben, eine Lederscheide für das Produkt zu bekommen, die in der Variabilität von Tragepositionen und Befestigungsmöglichkeiten einem modernen Kombischeidenmodell entspricht, einzelne Features zu verschiedenen möglichen Lok-Montagehöhen usw. können sogar ne Nummer besser werden...
Soviel zu A), sozusagen....
Zu B) kann ich allerdings immer noch nicht nachvollziehen, warum ein Anwender unbedingt eine Scheide kaufen muß, die er nicht haben will. Ich kann kaufmännisch den "Zwang" dazu weder für den Kunden noch für die Kalkulation des Herstellers verstehen. Es muß möglich sein, einen Basispreis für das Messer allein zu kalkulieren und bei einer Optionslösung mindestens zwei Varianten anzubieten:
1. mit (preisgünstigerer) Lederscheide - aber dann eben (...ich hoffe es immer noch...) mit einer, mit der man etwas anfangen kann und die unter den angesprochenen Aspekten eine echte Alternative zu Kydex sein kann;
2. mit einer Kydexscheide wie in der Konzeption entwickelt.
Es muß doch möglich sein, wahlweise je nach Kundenwunsch dem Messer die eine ODER die andere Scheide beizustellen! Schließlich dürfte es doch auch möglich sein, eine einzelne Scheide nachzukaufen, oder nicht? Also wird man das doch wohl auch getrennt kalkulieren können...
Es ehrt Werner, daß er hier so moderiert und sich für den Hersteller einsetzt. Freundlich ihm gegenüber ist allein schon der Preisunterschied zwischen dem Preis mit Lederscheide und dem mit der (unsäglich ZUSÄTZLICHEN) Kydex überhaupt nicht!! Wer die Kurse kennt, kann sich für die 51 Euro beliebig ne Custom-Kydex genau nach seinen Vorstellungen bauen lassen.
Ich sehe die Entwicklung also mit positiven UND negativen Aspekten:
Man wird hoffentlich ein praxistaugliches Lederscheidenmodell bekommen können - aber ich will das Ding noch immer nicht "zwangskaufen", wenn ich individuell Kydex vorziehe und keine zwei Scheiden für das Messer haben will.
Ich möchte mit meiner offenen Stellungnahme hier niemanden verärgern. Außerdem lege ich Wert darauf, hier nicht als Sprachrohr des Teams zu fungieren, sondern allein als sachkundiger Anwender und Messerkäufer.
Und obwohl ich mich natürlich über jeden Anwender freuen würde, den die von mir vorgestellte Konzeption einer Lederscheide vielleicht sogar so weit überzeugt, daß er sich für sie entscheidet, finde ich die "Zwangsbeglückung" mit dem Ding, so gut es hoffentlich auch wird, absolut falsch und nicht kundenfreundlich.