Dank Ama-ebi gerade noch mal in den Thread geschaut...
Ich glaube nicht, daß Roman Dich damit ansprechen wollte, Tony. Du bist ja gerade ein Beispiel dafür, wieviel Erfahrung in so einer Entwicklung stecken kann, ohne das Ergebnis mit missionarischem Eifer oder penetrantem Betonen heftigster "Spezialerfahrung" und trotzdem überzeugt vorzustellen
Zwei Dinge lese ich aus Romans Zeilen, und die beobachte ich ähnlich wie er:
1. Auch bei viel Erfahrung des Machers kann der Kunde weder im Outdoor- noch im Tactical-Bereich DAS ultimativ geeignete Messer erwarten, es geht nämlich um SEIN Messer. Betrachtet man die endlosen Diskussionen über große oder kleine Fighter, ein- oder zweischneidige Fighter, leichte oder große und klingenlange Outdoormesser, Trageweisen usw., wird da ja oft - und auch unter Betonung der Erfahrung aus eigener Zugehörigkeit zu irgendwelchen exklusiven militärischen Verbänden - irgendein angeblich alternativloser Königsweg propagiert oder ein Produkt als DIE ultimative Lösung vorgestellt.
Darüber bin ich hinaus und glaube (u.a. mit Leuten wie MacYoung, der ähnlich argumentiert), daß der Anwender ganz einfach seine eigenen Bedürfnisse, Gegebenheiten, Stärken und Schwächen usw. erkennen und sich danach das für IHN individuell geeignetste Produkt auswählen muß. Mr. Grylls Erfahrung ist da also allein kein Garant für ein für andere Anwender dann super-taugliches Messer, vielleicht würde Tom Brown das Ding verächtlich in die Ecke klatschen und Du wiederum beide Messer nicht mit spitzen Fingern anfassen - jeweils ganz unbeachtlich Eurer individuellen Erfahrung, aber eben auch basierend auf dem, was Ihr für EUCH als den besten Weg herausgefunden habt.
Das hat ja nichts damit zu tun, nicht auch den Rat eines Fachmanns anzunehmen und eigene Auffassungen zu überdenken und fortzuentwickeln. Mir ist gerade deshalb auch wichtig, meine Konzeptionen so detailliert darzustellen, um dem Anwender auch die präzise Möglichkeit zu geben, zu überdenken, wo er ggf. andere, abweichende Gegebenheiten hat, wo er Schlußfolgerungen auch auf die eigene Anwendungssituation übertragen kann - und wo nicht.
Ich habe in den letzten Monaten einige Interessenfreunde auf der Suche nach "IHREM" Messer beraten dürfen, für mich eine sehr interessante Betätigung. Auffallend war, daß die Ergebnisse völlig unterschiedlich ausgefallen sind, nachdem ein genaues Profil von Anwender und beabsichtigtem Einsatzbereich erstellt war. Natürlich entfernt mich das weiter von Serienmessern, das wird allerdings durch größere Marktübersicht und die Fülle des Angebots natürlich ein wenig aufgefangen...
Das Ergebnis soll ein zu dem individuellen Anwender passendes Messer sein. Und selbst aus DEM werden, näher zurück zu Romans Worten, dem Anwender keine Wunderkräfte erwachsen Er wird bei falscher Einstellung immer noch mit dem GEK oder dem Tracker am Gürtel da draußen zugrunde gehen, während er mit den richtigen Kenntnissen und vor allem auch der richtigen Einstellung vielleicht mit einem Primitivzachel durchkommen würde. Oder würde eben auch mit dem Raptor XL im Schulterholster oder nem tollen Randall Atack vom entschlosseneren Schurken mit dem Steakmesser gemeuchelt Ich denke, es ging Roman darum, den Nimbus mancher Produkte oder ihre Bewerbung mit der Verwendung durch wundertätige Spezialagenten einfach mal wieder auf den Boden der Tatsachen herunterzuholen.
Dabei leugnen weder er noch ich natürlich den Wert qualitativ hochwertiger Ausrüstung, aus der ich vergleichsweise eben bei gleichen Bedingungen mehr herausholen kann als aus manchem Billigkram. Sonst würde sich Roman wohl kaum soviel Mühe mit dem Handschmieden von Mehrschichtenklingen geben (...und ich hätte weniger Kohle für meine Eisenwaren ausgegeben...).
2. Auch im angesprochenen Bereich funktionieren Vermarktungsmechanismen wohl recht ähnlich wie im Tactical-Sektor:
Wenn ein taktisches Messer nicht gerade Standardausrüstung eines ganzen Truppenteils wird, funktioniert die Vermarktung hinsichtlich professioneller Verwendung meist nach einem recht ähnlichen Schema:
Der Hersteller heuert einen Profi an, der an der Gestaltung in irgend einer Art mitwirkt, damit das Produkt mit dem professionellen Background seines Schöpfers beworben werden kann. Oder er hat halt selbst mal zu irgendeiner Einheit von "Elitekämpfern" gehört.
Der zweite Schritt ist dann der Versuch, ein taktisches Messer entweder bei irgendeiner Spezialeinheit anzubringen oder zumindest einige Mitglieder solcher Einheiten dazu zu bekommen, es selbst zu beschaffen, damit man damit werben kann. Variante eins ist mit dem Erfüllen von Merkmalen von „Pflichtenheften“ verbunden, das spricht für Robustheit und Qualität, auf den zweiten Blick ist die offizielle Beschaffung aber eine drastisch ambivalente Geschichte: Da kommen Auswahlkriterien durch politische Einflüsse sachunkundiger Schwachköpfe zustande, durch die Untiefen europa- oder weltweiter Ausschreibungen oder schlichtweg durch Restriktionen sachferner Haushälter. Zuweilen ist also auch krude Scheiße im offiziellen Gebrauch. Da lohnt sich also schon mal ein Blick auf die genauen Kriterien, falls man ihrer habhaft werden kann. Bei Eigenbeschaffung geht es eher um Qualität – dort aber auch wieder gepaart mit Kostenerwägungen und deutlich unterschiedlichen persönlichen Vorlieben.
Peilt der Hersteller meinetwegen 2000 verkaufte Messer an, gehen vielleicht 200 davon in den wirklich professionellen Bereich, mit Eigenbeschaffung vielleicht 400, gutwillig gerechnet. Die restlichen 1600 landen bei Sammlern und anderen Privatleuten, die das Glitzern in den Augen haben, wenn sie über die Verwendung bei SEALS, Rangern und anderen Nobelkriegern lesen.
Trotzdem werden diese Messer natürlich beworben, als seien sie kompromiss- und ausnahmslos für den professionellen Anwender hergestellt und als sei professionelle Verwendung ein Garant einer objektiv ausschließlich leistungsorientierten Gestaltung. Gleichzeitig werden sie dann gern mit ein paar Features ausgestattet, die den Praktiker viel weniger interessieren als den Sammler.
Ich kenne die Mühe, die sich Hersteller geben, bestimmten militärischen Anforderungen zu entsprechen, und weiß dabei mittlerweile ein wenig zwischen „Gschmäckle“ und wirklich leistungsorientierten Vorgaben zu unterscheiden. Gespräche mit den Chefs von Kizlyar und ER waren da aufschlussreich. Insofern schätze ich durchaus die Vorzüge einer professionellen Orientierung in summa.
Nach meiner Überzeugung wollte uns Roman auf diesen genauen Blick auf das Produkt wieder zurückbringen, weg vom Nimbus und hin zu der von jedem potentiellen Anwender für sich nüchtern zu klärenden Frage, welche Problemlösung er da zu welchem Preis einkauft...
Zum Messer selbst:
Ich finde das Messer im Vergleich mit anderen gleichwertigen Produkten heftig teuer, den Wellenschliff halte ich angesichts der geringen Klingenlänge und Einschneidigkeit ebenfalls für keine optimale Lösung, aus den angesprochenen Gründen. Die Griffergonomie finde ich interessant, die angedeutete Zweifingermulde wie bei Trident oder ER bringt sicher auch schon in dieser geringen Ausprägung zusätzlichen Halt.
Was für mich gar nicht geht, ist die Sache mit der Quertrageweise auf dem Rücken. Das ist beim Tragen von längeren Jacken, Umhängen, großem Gepäck usw. nur Murks und außerdem brandgefährlich:
Ein Kollege ist durch die mittig auf dem Rücken getragene Handfesseltasche nun schwerbehindert: Er ist im Einsatz gestürzt bzw. wurde gegen eine Wand geschleudert, die Tasche ist ihm wie ein Hammer auf die Wirbel geknallt. Ein stabiles Messer quer zu den Wirbeln "schafft" das sicher auch.
Da ist mir jede andere Trageweise, ob am Schenkel, an der Weste, vorn cross wie bei Tony oder traditionell auf Hüfthöhe auf der Seite der starken Hand weit lieber. Ich bin draußen jedenfalls auch schon mal gestürzt, selbst ohne heftige Survival-Umstände...
Ich wäre jedenfalls draußen mit einm Fällkniven, meinen kompakten ERs, einem genau auf meine Hand abgestimmten B-S (für kleineres Geld!) oder meinetwegen mit einem vergleichsweise gleich großen Rangerknives RD 4 für ein knappes Drittel des Geldes SUBJEKTIV und INDIVIDUELL besser bedient als mit Grylls Wunschmesser...