Ich habe dieses Jahr eine große Hand voll Messer aus CPM MagnaCut gebaut. Die WB habe ich Outgesourced, weil sich das für mich vom Aufwand so garnicht lohnt, aber dem Ausführenden vertraue ich 100% und sehe die abgesprochenen und gezeigten Voraussetzunge mal als gegeben an.
Der Kollege härtet mit Argon als Schutzgas, abgeschreckt wird zwischen Aluplatten, dann in den Stickstoff und dann drei Mal anlassen. Es wurde sich bei Temperatur und Haltezeit exakt an die Vorgaben von Larrin Thomas ( Knifesteelnerds.com) gehalten. Die Ergebnisse sind auf diversen längeren Survivaltouren in Schweden getestet worden und alle Nutzer waren absolut zufrieden. Die Härtewerte waren zwischen geprüften 62HRC und 64HRC, wobei sich die Schneidkantenstabilität bei 64HRC noch als sehr sehr anständig gezeigt hat. Darunter merkt man tatsächlich Unterschiede beim Schärfen auf gleichem Medium, die 64HRC scheinen mit Augenmerk auf Schnitthaltigkeit extrem robuste Schneiden, auch bei dünnen Geometrien zu ergeben. Die Bruchneigung ist gering, die Schneide legt sich immernoch eher um. Mr Thomas hat hier schon eine gute Legierung ersonnen und mit richtger WB ist der Stahl ein toller Allrounder für kleine und mittelgroße Gebrauchsmesser.
So jetzt kommt das ABER..... es gibt Firmen die haben ihre Wärmebehandlung technisch im Griff, aber lassen so viel Toleranz für Anwenderfehler das sie das Potential des Materials einfach nicht annähernd nutzen. Super fette Geometrien mal außen vor und nur auf die WB bezogen, seit Jahren gibt es CPM S30V mit 58HRC am Markt, z-
.B. Benchmade kann das ja auch mit anderen Stählen toll. ( CPM 3V auf 56HRC bei einem Folder ?!)
Das zeigt mir ganz deutlich das man gerne den Aufpreis fürs Material vom Kunden nimmt, aber halt irgendwie nen brauchbaren Durchschnitt für tausende Kunden finden will/soll/muss, der dem versierten Anwender viel Freude nimmt.
Gerade in den USA gibt es auch einige Customleute die die WB lieber suboptimal selbst erledigen als das jemandem anzuvertrauen der es noch besser umsetzen kann. Finde ich persönlich sehr schade um die Mühe, aber Härtefolie und Tiefkühler ersetzen halt weder Vakuum noch Schutzgas noch eine vernünftige TK.
Dann gibt es noch Firmen denen die WB relativ egal ist, bzw. die Qualität stark schwankt und es auch keine Informationen zum Vorgehen gibt, das war bis vor einigen Jahren noch bei vielen chinesischen Herstellern die Regel. Aber da kann man nicht davon ausgehen das so ein Stahl für was anderes als Marketing und höhere Margen verwendet wird.
Das bei solchen Prozessen mal was schief gehen kann ist klar und vorhersehbar. Dann hängt am Qualitätsmangement und der Umsetzung, das Produkt entweder in die Tonne zu kloppen oder dem Kunden anzudrehen und sich dann ein paar "Pro" Argumente für den Murks auszudenken.
In meinen Augen gibts also allgemein folgende Gründe warum man Stähle mehr oder weniger Fehl-Wärmebehandelt: nicht materialgerechte Ansprüche an Eigenschaften des Stahls, große Kompromisse bei der WB idR zugunsten der Robustheit = weicher, mangelndes Wissen bzw mangelhafte Ausstattung und Prozessfehler.
Für mich war besonders die Kompromisbereitschaft der Industrie, was die WB angeht einer der Gründe warum ich Messer nur noch selten kaufe und so weit es geht selber baue. Ich bin aber auch ein Knifenut und habe da hohe Ansprüche. Gefühlt ist es aber die letzten Jahre auch öfter zu größeren Fehleinschätzungen in der Industrie gekommen, wie z.B. das Benchmade Puukko in CPM 3V bei dem teilweise 52HRC gemessen worden sind.
Das die Solinger ihren 1.4112 idR "versauen" (Eickhorn und Puma z.B.) oder im optimal Fall mit viieeel Reserve härten ist ja quasi Tradition.
Ich finde einfach schade wenn man das Potential des Materials bewusst so verschenkt, ob der Kunde nun die idR +-2-3HRC tatsächlich bemerkt ist mal dahin gestellt. Mit den alten Sebenzas sind ja auch tausende zufrieden obwohl die "nur" bei 58-59HRC lagen.
Just my 5 Cents.
Beste Grüße,
Elric