vielleicht ist alles eine Frage des Blickwinkels. Wenn ich fragen würde, wer eine Passion wie Messersammeln merkwürdig findet, dann würden sich ganz andere Sichtweisen auftun.
Wir leben in einer "portionieren Gesellschaft", möchte ich hier zitieren, das Zitat ist aus dem Film -Fightclub-, der Hauptprotagonist sagt es, bevor sein Verstand Segel setzt und auf eine destruktive Reise geht.
Alles wird portioniert angeboten, selbst Brot wird auf Wunsch in Scheiben geschnitten, Fleisch gibt es perfekt zugerichtet und lutschzart in Schalen aus Plastik und in Plastik eingeschlagen.
In dieser Zeit scheint es normal zu sein, sich schlecht fühlen zu müssen bei allem, was immer normal war. Vielmehr scheint es normal zu sein, nur Grünzeug zu essen und Pillen schlucken zu müssen, um einigermaßen einen Allesfresserorganismus am Laufen zu halten.
Die Gesellschaft entfernt sich immer mehr vom Natürlichen und lebt in ihrer glücklichen digitalen Scheinwelt, während man die Versorgung der "Akkugesellschaft" den Versorgungsprofis überlässt, die für das Beschaffen und Portionieren zuständig ist.
Dieser Gesellschaft reicht ein Plastikmesser, um das ganze verkochte
Grünzeug noch kleiner zu portionieren und wabbeliges Fleisch in Stückchen zu drücken.
Wenn es auch für viele schwer zu glauben ist, das Messer kann man nicht einfach portionieren und als nicht existent deklarieren. Sämtliche Versuche dahingehend sind eigentlich untaugliche Versuche am untauglichen Objekt. Die Versuche sind untauglich, weil sie gar nicht flächendeckend ausgeführt werden können, das Messer ist das untaugliche Ziel, weil es uns seit kurz nach der Faustkeilzeit begleitet, es hat sämtliche Zeiten, Regierungsformen und Verbote überstanden.
Ich denke nicht, dass der jetzige Gesellschaftszustand dem Messer etwas anhaben kann, der Bezug Mensch-Messer scheint mir mehr Ewigkeitsgarantie zu haben als ein bisschen scheinzivilisiertes Gebrabbel.
Es geht hier vielmehr um ein Werkzeug, ohne dass wir nicht da wären wo wir sind.
Sammler und Jäger waren wir, viel länger als wir uns in festen Gesellschaften etablierten, mit welcher Arroganz bilden sich Leute ein, das älteste, immer noch im Gebrauch befindliche Werkzeug, als schlecht einzustufen, nur weil sie eine Hausmauer und eine Heizung von der Natur trennen.
Mit Verlaub, das ist eine trügerische Sicherheit, auf ein paar Steine und eine elektrische Wärmequelle zu vertrauen.
Wenn man sich an einer blanken Klinge erfreuen kann, dann ist das nicht seltsam, es ist vielmehr der Sammler und Jäger in jedem, der weiß, das Messer ist Gewähr für Versorgung und Sicherheit. Wenn ich mehrere Messer habe, so ist das zwar keine Garantie für mehr Sicherheit oder Versorgung, aber Ersatz kann kein Fehler sein, Reserve war schon für Herrn Clausewitz unabdingbar.
Messer sammeln, das ist eigentlich immer der zweite Schritt, sobald der Mensch sich an etwas erfreut. Die Beispiele hierfür sind Geschichte, sammeln ist eine menschliche Eigenschaft, der Zustand stellt sich ein, nachdem man warm hat und satt ist, also kein Grund darin etwas seltsames zu sehen.
Seltsam finde ich vielmehr, das Verhalten von Verbrechern zu entschuldigen und gleichzeitig bei einem Messersammler die Reinkarnation von Jack the Ripper zu vermuten.
Wir werden wohl mit unserem ewigen Begleiter auch diese Zeit überstehen, aus den imaginären Augen des Messers betrachtet nicht einmal ein Augenblick.
Wenn ich den Professoren meines Sohnes Glauben schenken darf, der Mensch wird keine totale Überpopulation erreichen, es gibt anscheinend einen "point of return", wie immer das auch aussehen mag, das Messer wird immer dem Menschen zur Seite stehen.
Wie sagte einst der Vater von Conan? "Nur dem Stahl kannst Du vertrauen".
Viele Grüße
Roman