Zuhause angekommen:
Meine Erfahrung zeigt, dass eine der häufigsten Aufgaben, die ein Messer abkönnen muss, schlichtes Essenzubereiten ist.
Infolgedessen komme ich auch in diesem Test darauf zurück. Vorab eine kleine Übersicht der Aufgaben:
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Die Disziplinen sollten vergleichbar sein mit denen meiner letzten Reviews.
In diesem Sinne begann ich mit Papierschneiden. Dies ging, auch wenn man eine ausgeprägtere Längsbewegung der Klinge braucht für einen sauberen Schnitt, als wie wenn man eine schlankere Klinge hätte. Dies liegt darin begründet, dass ein Zugschnitt die Geometrie der klinge günstiger werden lässt.
Der Ansatzpunkt, also der Punkt, an dem die Schneide das Papier berührt wandert so über eine längere Strecke.
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Die grauen Dreiecke sollen den Klingenquerschnitt vereinfacht darstellen. Die dunkelgrauen Dreiecke stellen die tatsächliche physisch vorhandene Klinge dar, die hellgrauen Dreiecke sollen die Wirkung der Klinge darstellen. Ein längerer Weg zur gleichen maximalen Dicke bewirkt einen fiktiv anderen Winkel, ergo schneidet eine dicke Klinge bei Zugschnitt effektiver.
Ich hoffe, das ist so verständlich...?
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Kurz und gut, gibt man dem Messer genug Zug mit, schneidet es auch.
Anschließend stellte die Spitze unter Beweis, dass sie in Brot ebenso gut eindringt wie in Holz AUch hier war der deutliche Zugschnitt beim Aufschneiden des Brötchens hilfreich. Das Hunter stellt einen guten Piekser dar, dem ich auch durchaus zutraue, eine Kokosnuss zu öffnen, allerdings hätte ich mir dazu wohl etwas Überstand des Erls am griffende gewünscht, da man so auch ohne Beschädigung des Micartas mit Steinen auf den Messererl hämmern könnte.
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Dann die Königsdisziplin: Karotten.
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Wie man auf dem einen Bild sehen kann, hat die Klinge stark gespalten. Warum verhält es sich hier selbst bei Zugschnitt so? Das Material ist ebenfalls einflussreich auf den Vorgang des Schneidens. Hartes Material muss trotz Zugschnitt elastisch genug sein, um von der maximalen Stärke des Messers nicht zerrissen zu werden. Die Scherkräfte werden materialabhängig also irgendwann zu stark und das Material reißt auf, wird gespalten statt geschnitten. Die Faktoren sind hier also nur Materialeigenschaften und DIcke der Klinge, die Länge des Schnittweges greift hier nicht ein. Das hängt auch damit zusammen, dass bei so hartem Material starke Reibungskräfte auf die Klinge wirken und das Material die Schneide gar nicht mehr berührt.
Ich habe versucht, auch das genauer zu illustrieren.
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Infolge der Scherkräfte oben kommt es im unteren Bereich des Schnittgutes zu einer Stauchung und diese zunehmende Materialdichte sucht sich den Weg des einfachsten Widerstandes, von der Tischplatte weg, nach oben. Das Material arbeitet also in Richtung Schneide und spaltet sich so weiter auf. Dies ist der Grund, dass die Karotte sich nach oben durchbiegt.
Diese Probleme gibt es beim Brötchenschmieren nicht Das bedeutet aber nicht, dass sich keine Schokocreme in der Blutrille gesammelt hat. Diese stört hier etwas, aber das ist marginal und vernachlässigbar. Der Bauch der Klinge gibt einem die Möglichkeit, auch diese Arbeit zufriedenstellend auszuführen.
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Ein Kommentar zur Scheide noch: Ich persönlich mag keine Crossdrawscheiden. Insofern bin ich froh, dass man das Messer auch senkrecht tragen kann. Allerdings komme ich mit dem Verschluss nicht klar. Auch wenn die Scheide sehr genau sitzt, ich hatte immer wieder Probleme mit dem Druckknopf. MIt Handschuhen ist dieser nur schwer zu bedienen.
Würde ich mir das Hunter zulegen, so würde ich auf jeden Fall über eine zusätzliche Scheide nachdenken, Kydex wahrscheinlich.
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Abschließend noch ein Größenvergleich mit Bravo 1 und Randall Woodsman sowie einem Maßstab.
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Ich fasse zusammen und ziehe den Bilanzstrich:
Positiv fällt auf:
Die Daumenrampe ist sehr gut gelöst
Das Messer ist sehr stabil gebaut
Praxistaugliche Länge
Sehr gute Handlage
Starke Spitze
schöne Lederscheide (optisch ja tiptop)[/list]
Negativ fällt auf:
Starke Keilwirkung der Klinge schränkt Gebrauch bei hartem Schnittgut ein (man kann nicht alles haben )
Blutrille kann zum Dreckfang werden (allerdings gut zu reinigen, hier ist ein individueller Vergleich Vorteil/Nachteil sinnvoll)
Kein überstehender Erl für Meißelnutzung
Das Hunter ist ein guter Allrounder, das in keiner Disziplin glänzt, aber auch in keiner komplett durchfällt, wenn man den jagdlichen Aspekt außen vor lässt.
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Ich würde es als stabilen User in Erwägung ziehen, wenn ich in der größenklasse nicht bereits bedient wäre.
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So bleibt mir nur, mich bei Tony und der Gemeinde für die Teilnahme zu bedanken und hoffe, dass ich mit dem Review ein wenig etwas zurückgeben konnte.